Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164574/8/Br/Th

Linz, 13.01.2010

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt  durch  sein Mitglied Dr. Bleier  über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, vom 13. Oktober 2009, Zl: VerkR96-2059-2009, nach der am 13. Jänner 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51e Abs.1  Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 - VStG.

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Übertretung  nach § 37 Abs.1 FSG iVm § 3 Abs.1 FSG eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 69 Stunden verhängt weil er am 8. Juni 2009 11:40 Uhr der Gemeinde Lembach i. M., Gemeindestraße Ortsgebiet, Schulstraße 12, das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen X, welches auf Grund seiner Ausstattung mit elf Sitzplätzen (einschließlich Lenkersitz) als Omnibus zu qualifizieren gewesen sei, ohne einer von der Behörde erteilte gültige Lenkberechtigung der Klasse D und somit entgegen der Bestimmung des § 1 Abs.3 Führerscheingesetz gelenkt habe, da ihm auf Grund der ihm erteilten Lenkberechtigung für die Klassen A, B und F das Lenken dieser Fahrzeugkategorie nicht erlaubt gewesen sei.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch auf die Anzeige der Landespolizeiverkehrsabteilung vom 15.6.2009. Im Ergebnis wurde von der Annahme ausgegangen, dass dieses Fahrzeug von seiner Beschaffenheit für die Beförderung von mehr als neun Personen bestimmt gewesen sei, weil es außer dem Lenkerplatz mehr als acht Sitzplätze aufgewiesen habe.

Mit Blick auf die Strafzumessung wurde von einem monatlichen Einkommen in Höhe von 1.300 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

 

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Im Ergebnis wird darin ausgeführt, dass er sich als Chauffeur vor Antritt der Fahrt mit dem PKW X den Zulassungsschein angesehen habe. Dem sei zu entnehmen gewesen, dass der PKW mit dem Kennzeichen RO- als PKW mit 9 Sitzplätzen zum Verkehr zugelassen ist. Für ihn gelte als Kontrolle ob er ein Kraftfahrzeug lenken darf, der Zulassungsschein. Er sei kein Techniker vom TÜV, daher könne er die angebliche Einstufung als Bus nicht feststellen.

Die Prüfstelle des Landes Oberösterreich Abteilung Verkehr, Bahnhofplatz 1, 4021 Linz, habe sehr wohl die rechtmäßige Zulassung als PKW festgestellt. Wegen der Sitzplätze erfolgte auch die Überprüfung. Die Ansicht der Behörde, wonach die Zulassung als PKW nicht geprüft worden sei, stimme nicht.

Zum Nachweis legte er dem Rechtsmittel den Zulassungsschein und das Gutachten gemäß §  56 KFG 1967 mit dem Prüfstempel der Landesprüfstelle bei.

Falls ich doch noch Recht bekomme so der Berufungswerber abschließend, bitte er ihm die einbezahlte Strafe von € 165,-- auf sein Konto Kto: X BLZ: X zurückzuzahlen.

 

2.1. Dieses Vorbringen erwies sich letztlich aus stichhaltig!

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da in keinem Punkt der betroffenen Straferkenntnisse eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zwecks unmittelbarer Abklärung der Fakten in Wahrung der gemäß Art. 6 Abs.1 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

Aus verfahrensökonomischen Gründen wurden die im Sachzusammenhang stehende auch gegen das Zulassungsbesitzerin geführte Verfahren (VwSen- 164540) im Sinne der h. Geschäftsordnung zusammengefasst geführt.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die oben genannten Verwaltungsstrafakte der Behörde erster Instanz. Verlesen wurde das eingeholte Sachverständigengutachten v. 30.11.2009, das beiliegende Fotomaterial und zuletzt durch die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers GI X, sowie durch Anhörung des Berufungswerbers und des Vertreters der Zulassungsbesitzerin.

 

4.1. Laut der nicht näher ausgeführten Anzeige (Gendis-Anzeige) befanden sich am 8.6.2009, wie anlässlich einer Fahrzeugkontrolle festgestellt wurde, in diesem Kraftfahrzeug inklusive dem Fahrersitz 11 Sitze eingebaut.

Der Berufungswerber (der Lenker) legte bereits mit der Berufung die Kopie eines Zulassungsscheines vor. Demnach ist dieses KFZ erstmals am 14.9.1999 für Frau X zugelassen. Am 13.9.2001 erfolgte eine Einzelgenehmigung nach § 31 KFG. Es handelt sich demnach um einen Personenkraftwagen M1, Marke Daimler Chrysler Type A212 D Sprinter mit einer höchsten zulässigen Gesamtmasse von 2950 kg und 9 zugelassenen Sitzplätzen. Er ist laut Zulassungsschein für die entgeltliche Personenbeförderung bestimmt.

Ebenso weist dieses Kraftfahrzeug auch die offenbar aus Anlass dieser Anzeige am 4.8.2009 beim Amt der Oö. Landesregierung gemäß § 56 KFG 1967 durchgeführte gesonderte Überprüfung, Gutachten-Nr.: 77451, als eines der Kategorie M1, PKW, Kombi aus.

Es findet sich darin jedoch die Anmerkung, „11 Sitze eingebaut, 9 Sitze gem. 2 Sitze Gurte und Kopfstütze ausgebaut“ (lt. Ing. X Landesprüfstelle).

Das unter der eingeholte ergänzende Gutachten des technischen Amtssachverständigen Ing. J. X vom 30.11.2009, AZ: Verk‑210002/182-2009/LJ) kommt schließlich zum Ergebnis, das Fahrzeug sei in der zum Kontrollzeitpunkt benützten Ausführung genehmigt gewesen, die Bestuhlung habe jedoch nicht dem Genehmigungszustand entsprochen.  Bei der Genehmigung waren an den in der 2. und 3. Sitzreihe montierten "Dreier"-Sitzbänke lediglich zwei Sicherheitsgurten und Kopfstützen angebracht. Die Festsetzung der Sitzplatzanzahl erfolgte somit mit max. 9 Personen (incl. Lenker), wobei in der ersten, zweiten und dritten Sitzreihe max. 2 Personen, sowie in der vierten Reihe max. 3 Personen befördert werden dürfen.

Der Berufungswerber hat zum Kontrollzeitpunkt jedenfalls nicht mehr als die für einen Pkw zulässige Anzahl von Personen befördert.

Die von den einschreitenden Beamten am Kontrolltag angefertigten Fotos zeigen die Kopfstützen wieder eingebaut. Letzteres erklärt der Vertreter (der Ehegatte) der Zulassungsbesitzerin mit dem Umstand, dass Schüler mehrfach Holzstücke in die Öffnungen für die Trägerstangen der Kopfstützen gesteckt hätten. Gurten waren an diesen Sitzen nicht angebracht, sodass dort niemand legal hätte sitzen dürfen. Der Vertreter der Zulassungsbesitzerin wies auch darauf hin, dass offenbar selbst Techniker des Amtes der Oö. Landesregierung an dieser Fahrzeugbeschaffenheit diese Beschaffenheit laut Überprüfungsgutachten vom 4.8.2009  nicht als Umrüstung auf einen Bus bewertete. Dort findet sich die Bemerkung 11 Sitze eingebaut, 9  Sitze genehmigt, 2 Sitzgurte und Kopfstützen ausgebaut. Dieser Auffassung schließt sich auch die Berufungsbehörde an.

Zusammenfassend kann das Ergebnis des bei der Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen dahingehend bewertet werden, dass jedenfalls kein Sicherheitsgurt an den nachgerüsteten Sitzen vorhanden war, sodass dort niemand sitzen hätte dürfen. So gelangt letztlich – wenn auch in nicht gänzlicher klarer Ausführung – auch das Gutachten vom 30.11.2009 zum Ergebnis, dass jedenfalls die zusätzlichen Sitze ohne Gurte ein als Pkw zugelassenes Fahrzeug aus technischer Sicht noch nicht zu einen Bus  aufrüstet.  Das letztlich mit diesem Ein- oder Umbau  laut Gutachten ein Zustand geschaffen wurde, welcher nicht dem nach § 33 KFG genehmigten Zustand entsprochen hat, muss letztlich auf sich bewenden.

Der Lenker hat sich bei seiner ersten Fahrt jedenfalls durch Einschau in den Zulassungsschein über die Qualifizierung dieses Fahrzeuges als Pkw überzeugt. Es kann ihm daher jedenfalls darin gefolgt werden, auf Grund der Angaben im Zulassungsschein zur Überzeugung gelangt zu sein, dass es sich bei diesem Kraftfahrzeug um einen Pkw handelt der mit dem B-Führerschein gelenkt werden darf.

Auch aus dem im Zuge der Anzeige aufgenommenen Fotos handelt es sich augenscheinlich um einen sogenannten Kleinbus.

Dem Berufungswerber konnte demnach in seiner Verantwortung gefolgt werden.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß den Begriffsbestimmungen des § 2 Abs.1 Z5 KFG gilt als „Personenkraftwagen ein Kraftwagen (Z3), der nach seiner Bauart und Ausrüstung ausschließlich oder vorwiegend zur Beförderung von Personen bestimmt ist und außer dem Lenkerplatz für nicht mehr als acht Personen Plätze aufweist;

Nach § 3 Abs.1 KFG 1967 werden die Kraftfahrzeuge und Anhänger in nachstehende Ober- und Untergruppen eingeteilt

……

2.1.1.   Personenkraftwagen (Klasse M1);

Nach § 2 Abs.1 Z2a FSG bedarf es zum Lenken von Kraftwagen mit nicht mehr als acht Plätzen für beförderte Personen außer dem Lenkerplatz und mit einer höchsten zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3.500 kg einer Lenkberechtigung der Klasse B.

Hier reduziert sich die Klärung der Rechtsfrage auf den Aspekt ob die (allenfalls unzulässig) nachgerüsteten Sitze überhaupt als Sitze im Sinne des Kraftfahrgesetzes zu beurteilen sind, sodass der Pkw rechtlich als Bus zu qualifizierbar sein könnte. Dies ist hier im Einklang auch mit den Gutachten angesichts des Fehlens der Sicherheitsgurte jedenfalls zu verneinen.

Darüber hinaus spricht sowohl der Zulassungsschein als auch der Typenschein gegen die erstinstanzliche Beurteilung.

Auch die Judikatur stellt primär auf den Inhalt des Zulassungsscheins ab wenn es um die Frage der Lenkberechtigung iSd § 1 Abs.3 FSG geht (vgl. VwGH 16.6.2003, 2002/02/0312). Dafür spricht nicht zuletzt auch der Vertrauensschutz in einen öffentliche Urkunde.

Zuletzt kann auch nicht den eingeholten Gutachten abgeleitet werden, dass dieses Kraftfahrzeug in seiner Bestimmung nicht für die Verwendung von mehr als acht Sitzplätzen (außer dem Lenkersitz)  – trotz der allenfalls von der Zulassungsbesitzerin zu verantwortenden unzulässigen Änderungen – geändert wurde und demnach rechtlich (noch) nicht als Bus zu qualifizieren war.

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher zu beheben und das Verfahren einzustellen.

Die Rückzahlung der laut Berufungsvorbringen vor Rechtskraft einbezahlten Geldstrafe wird im Wege der Behörde erster Instanz zu betreiben sein.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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