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VwSen-100398/6/Weg/Ri

Linz, 22.04.1992

VwSen - 100398/6/Weg/Ri Linz, am 22. April 1992 DVR.0690392 E M, L; Straferkenntnis wegen Übertretung der StVO 1960 Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung der E M vom 30. Oktober 1991 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 9. Oktober 1991, Cst 8190/90-G, auf Grund des Ergebnisses der am 22. April 1992 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 24, § 45 Abs.1 Z.1, § 51 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991; § 2 Abs.1 Z.10 i.V.m. § 8 Abs. 4 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl.Nr. 159/1960, i.d.F. BGBl.Nr. 615/1991.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Übertretung des § 8 Abs.4 StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt, weil diese am 13. November 1990 von 10.45 Uhr bis 11.15 Uhr in L, gegenüber Nr. , das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen auf einem Gehsteig abgestellt und diesen somit vorschriftswidrig verwendet hat.

2. Dagegen wendet die Berufungswerberin im Zuge des ordentlichen Verfahrens sowie in der Berufungsschrift u.a.

sinngemäß ein, der Gehsteig sei nicht als solcher erkennbar gewesen.

3. Die Berufung ist rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß mit der Berufungsvorlage der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Sachentscheidung berufen ist. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war ein Einzelmitglied zur Sachentscheidung zuständig. Nachdem ein ausdrücklicher Verzicht auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung von den Parteien des Verfahrens nicht abgegeben wurde, war eine solche anzuberaumen.

Zu dieser Verhandlung wurden lediglich die Parteien des Verfahrens geladen, nicht jedoch der Meldungsleger, weil auf Grund der vorgelegten Lichtbilder und der Unstrittigkeit der zum Abstellen benützten Verkehrsfläche keine Notwendigkeit hiefür bestand.

4. Auf Grund des Ergebnisses der am 22. April 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, der ein Lokalaugenschein des Unterfertigten vorausging, ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevante Sachverhalt:

Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung stellt sich die gegenständliche Verkehrsfläche anders dar als zum Zeitpunkt der "Tat". Heute ist jene Verkehrsfläche, die die Beschuldigte benützt hat, eindeutig als ein Gehsteig zu erkennen. Es sind nämlich zwischen der Fahrbahn und dem Gehsteig als Verkehrsleiteinrichtungen zu wertende Pflöcke aufgestellt, die die Abgrenzung zwischen Fußgänger- und Fahrzeugverkehr deutlich erkennbar machen. Erst ab dem Aufstellen dieser Pflöcke kann von einem für den Fahrzeuglenker deutlich erkennbaren Gehsteig im Sinne des § 2 Abs.1 Z.10 StVO 1960 gesprochen werden. Vor diesem Zeitpunkt bestand diese deutlich erkennbare Abgrenzung zwischen Fußgängerverkehr und Fahrzeugverkehr nicht. Es war weder eine Bodenmarkierung angebracht, noch war der Gehsteig, etwa durch Randsteine, deutlich als solcher sichtbar gemacht. Die Undeutlichkeit der Kennzeichnung der gegenständlichen Verkehrsfläche als Gehsteig kann nicht einem Fahrzeuglenker mit der Konsequenz zum Vorwurf gemacht werden, daß die Benützung dieser Verkehrsfläche strafrechtlich sanktioniert wird.

Indiz dafür, daß zum Tatzeitpunkt die Erkennbarkeit dieser als Gehsteig gedachten Fläche nicht in der notwendigen Deutlichkeit gegeben war, ist die schließlich erfolgte und mit einem entsprechenden Kostenaufwand für den Straßenerhalter verbundene Montage dieser Pflöcke.

Von der Berufungswerberin wird noch glaubhaft vorgebracht, daß zum Tatzeitpunkt auf dem äußerst rechten Rand der gesamten damals baustellenmäßigen Verkehrsfläche auf einem Holzgestell ein Park- oder Halteverbotszeichen montiert war. Auf einem Gehsteig aber bräuchte man - so die Berufungswerberin - das Parken nicht verbieten.

Beim Lokalaugenschein wurde noch festgestellt, daß die Anführung der Tatörtlichkeit - gleichwohl sie unbestritten blieb - nicht den Erfordernissen des § 44a Z.1 VStG entspricht, weil die Verkehrsfläche gegenüber dem Haus S auch Bereiche umfaßt, die eine andere Rechtfertigungsargumentation verlangen und somit die Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt wurden.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 8 Abs.4 erster Satz StVO 1960 ist die Benützung von Gehsteigen mit Fahrzeugen aller Art verboten.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z.10 StVO 1960 ist ein Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl. abgegrenzter Teil der Straße.

Dafür, ob ein Gehsteig vorliegt, sind nur die äußeren Merkmale entscheidend. Wenn kein Randstein und keine Bodenmarkierung angebracht ist, so muß die Erkennbarkeit der sonstigen Abgrenzung für den Fahrzeuglenker so deutlich sein, daß er keinen Zweifel an der Qualifikation dieser Verkehrsfläche haben kann.

Diesem Erfordernis hält die niveaugleiche Ausgestaltung durch zwei Reihen Pflastersteine angedeutete Abgrenzung nicht stand, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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