Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522429/10/Bi/Th

Linz, 13.01.2010

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Mag. Dr. X, vom 12. November 2009 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 10. November 2009, FE-1487/2009, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot, Aberkennung des Rechts, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, Anordnung einer Nachschulung und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, aufgrund des Ergebnisses der am 9. Dezember 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7, 24, 25, 26, 29, 30, 32 FSG die von der BPD Linz am 8.3.1988, X, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuver­lässigkeit für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab 14. Oktober 2009, entzogen, ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge für den gleichen Zeitraum erteilt und für die Dauer der Entziehung das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländi­schen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Weiters wurde gemäß § 24 FSG die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker spätestens bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung angeordnet. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer Berufung dagegen die aufschiebende Wirkung aberkannt. 

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 12. November 2009.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Am 9. Dezember 2009 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung in Anwesenheit des Bw und der Zeugen X (X), Insp. X (Insp. X) und BI X (BI X) durchgeführt. Der Vertreter der Erst­instanz war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich ver­kündet.   

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, in den 10 Minuten zwischen dem Alkoholvortest um 20.44 Uhr und dem Einsteigen in das Polizeifahrzeug um 20.55 Uhr, als Insp X nicht anwesend gewesen sei, habe er jeweils 2x einen kräf­ti­gen Schluck der Medikamente Metavirulent und Prospan zu sich genommen um 20.46 Uhr, 20.49 Uhr, 20.51 Uhr und 20.53 Uhr, was sein Sohn bezeugen könne. Als er das Metavirulent leergetrunken gehabt habe, habe er die Flasche im Auto zurückgelassen. Das Prospan habe er in der rechten Manteltasche gehabt und beim Aussteigen einen kleinen Schluck wegen seines Hustens genommen. Da die Beamten auf der anderen Seite ausgestiegen seien, hätten sie das nicht wahrge­nommen. Die um 20.49 Uhr, 20.51 Uhr und 20.53 Uhr durch Zeugen belegbare Einnahme sei Grund genug, der Berufung stattzugeben.

Laut Bescheid dürften nach den Verwendungsrichtlinien Testpersonen 15 Minuten vor der Messung keine Flüssigkeiten und Nahrungs- oder Genussmittel zu sich nehmen. Um 20.50 Uhr habe der BI X zu ihm gesagt, das Zuckerl bringe nun auch nichts mehr – das Zuckerl sei eine Lutschtablette Halsett gewesen, die er beim Eintreffen im Wachzimmer Landhaus im Mund gehabt habe. 

Die Zeugenaussage von Insp. X sei wertlos, weil sie sich auf einen irrelevanten Zeitraum beschränke. Die Messergebnisse von 21.03 Uhr und 21.04 Uhr seien nicht verwertbar und ihm sei eine Alkoholbeeinträchtigung nicht nachweisbar. Beantragt wird Bescheidaufhebung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Bescheides berücksichtigt, das Straferkenntnis der BPD Linz vom 12. November 2009, S-46.368/09-1, mit dem der Bw einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.1 StVO 1960 schuldig erkannt und bestraft wurde, erörtert und die Polizeibeamten Insp. X und BI X unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB sowie X; der Sohn des Bw, unter Hinweis auf sein Entschlagungsrecht und § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen wurden.  

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw besuchte zusammen mit seinem Sohn X am Abend des 14. Oktober 2009 ein Lokal in Linz und trank dort zwischen 20.15 Uhr und 20.30 Uhr eine Halbe Bier. Nach eigenen und den Angaben des Zeugen X aß der Bw im Lokal nichts, nahm jedoch 30 Tropfen Metavirulent mit Wasser auf einem Löffel zu sich, zumal er Husten hatte und verkühlt war. Da beide um 21.00 Uhr einen Termin in der Leharstraße hatten, lenkte der Bw den Pkw X gegen 20.40 Uhr in Richtung Rosseggerstraße, wobei er beim Verlassen des Parkplatzes erneut hustete und aus dem in der Manteltasche eingesteckten Prospan-Fläschchen eine Dosis Tropfen schluckte.

Nach seinen eigenen Angaben hatte der Bw sowohl Prospan als auch Metavirulent in seinen Manteltaschen eingesteckt, wobei beide Fläschchen einen Plastiktropfteil mit Schraubverschluss hatten. Da er keinen Löffel bei sich hatte, nahm der Bw die Tropfen direkt vom Tropfteil ohne Wasser. X bestätigte in der Verhandlung, dass sein Vater beim Verlassen des Parkplatzes Tropfen direkt aus einem Fläschchen zu sich genommen hatte.

In der Rosseggerstraße war zu diesem Zeitpunkt wegen der zahlreichen Einbrüche im Bereich Freinberg eine aus drei Streifenfahrzeugen mit Beamten bestehende Dämmerungsstreife postiert; dabei wurde jedes Fahrzeug angehalten und kontrolliert, so auch das vom Bw gelenkte. Dabei fiel der Alkoholgeruch aus dem Mund des Bw auf, sodass dieser von der Meldungslegerin BI X zu einem Alkoholvortest aufgefordert wurde, der insofern positiv verlief, als um 20.44 Uhr ein Wert von 0,5 mg/l AAG erreicht wurde. Daraufhin erging seitens der Beamtin die Aufforderung zum Alkotest, der der Bw zustimmte.

BI X führte bei der Dämmerungsstreife selbst Kontrollen durch, konnte sich jedoch in der Verhandlung nicht mehr konkret an die damaligen Aussagen des Bw erinnern, insbesondere nicht an Angaben bezüglich einge­nommener Medikamente. Unbestritten ist aber, dass der Bw zum Alkotest in die PI Landhaus gebracht werden sollte und dafür ein Streifenwagen von dort angefordert wurde, auf den der Bw warten musste.

Zwischen dem Bw und dem Zeugen X wurde vereinbart, dass X den Termin alleine wahrnehmen werde; dieser verließ dann auch gegen 20.55 Uhr den Anhalteort zu Fuß, während der Bw samt Pkw dort blieb. Da es kalt war, setzte sich der Bw laut eigenen und den Angaben seines Sohnes ins Fahrzeug – auch daran konnte sich BI X nicht erinnern, ebensowenig konnte Insp. X sagen, ob der Bw bei seinem Eintreffen im Fahrzeug saß oder heraußen wartete.

Sowohl X als auch der Bw bestätigten in der Verhandlung, dass der Bw im Fahrzeug sitzend noch in Anwesenheit seines Sohnes erneut Metavirulent aus dem Fläschchen zu sich genommen habe – dazu konnte BI X in der Verhandlung nichts sagen.

   

Nach seinen Angaben in der Verhandlung nahm der Bw während der Zeit bis zum Eintreffen des Streifenfahrzeuges, dh zwischen 20.44 Uhr (Alkoholvortest) und dem Eintreffen des Streifenwagens um 20.55 Uhr, abwechselnd aus beiden Fläschchen Tropfen direkt aus dem Tropfteil zu sich, wobei das Metavirulent-Fläschchen dann leer war, sodass er es im Fahrzeug zurückließ, während er das Prospan-Fläschchen in der Mantel­tasche einge­steckt behielt. Außerdem nahm er eine Halset-Lutschtablette, was BI X zur Äußerung veranlasste, das Zuckerl werde ihm wohl auch nichts helfen, worauf der Bw ihm mitteilte, dass das eine Lutschtablette gegen Halsweh sei – auch daran konnte sich BI X in der Verhandlung nicht erinnern.

 

Insp. X holte den Bw vom Anhalteort ab und die Meldungslegerin händigte ihm den Führerschein des Bw aus. Das von Insp. X gelenkte Streifenfahrzeug benötigte nur kurze Zeit bis zur PI Landhaus, wobei Insp. X hinten links neben dem Bw saß. Während der Fahrt nahm der Bw nach eigenen Angaben keine Tropfen zu sich, was auch Insp. X bestätigte. Gesprochen wurde darüber, dass der Bw vor dem Lenken Bier getrunken habe, aber laut Insp. X war keine Rede von Medikamenten und er bekam auch kein Fläschchen zu sehen. Vor der PI Landhaus stieg Insp. X links aus dem Streifenfahrzeug, der Bw rechts, wobei er nach eigenen Angaben erneut aus dem Prospan-Fläschchen Tropfen nahm, wovon aber Insp. X nichts auffiel.

 

Der um 21.03 und 21.04 Uhr mit dem Atemalkoholmessgerät Dräger Alcotest 7110 MK IIIA, Id.Nr. ARWK-0001, von Insp. X mit dem Bw durchgeführte Alkotest ergab laut Messstreifen einen günstigsten Wert von 0,56 mg/l AAG um 21.04 Uhr. Nach den vorgelegten Unterlagen war das Gerät zuletzt vorher am 9. Mai 2008 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2010 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen ordnungsgemäß geeicht und zuletzt am 21. September 2009 vom Hersteller einer Überprüfung unterzogen und für in Ordnung befunden worden.

Insp. X gab in der Verhandlung an, er habe die 15minütige Wartezeit berechnet ab der Verständigung seiner Kollegen, der Bw sei von der Rosseggerstraße zum Alkotest abzuholen, weil der Alkoholvortest positiv ausgefallen sei. Das Alkotest­gerät sei auf Stand-By-Modus gestanden und er habe dem Bw die Durchführung des Tests erklärt. Der Bw habe die Blasversuche anstandslos durchgeführt. Vorher sei von einem Grippemedikament nie die Rede gewesen, jedoch habe der Bw nach dem Alkotest ausgeführt, er trinke an und für sich nichts, der Atem­alkoholwert könne nur von dem Medikament kommen, und er habe ihm bei seinen Alkoholangaben sogar den Namen "Metavirulent" aufge­schrieben. Auf die Frage, wann er zuletzt Alkohol getrunken habe, habe der Bw das Bier angeführt und dass er den ganzen Tag bereits Erkältungstropfen genommen habe. Insp. X hat die Angaben des Bw so verstanden, dass das Bier der letzte konsumierte Alkohol sei. Ein Fläschchen habe ihm der Bw nie gezeigt. und auch von der Meldungslegerin BI X, die in der Rosseggerstraße geblieben sei, sei davon nichts erwähnt worden. Er habe dem Bw danach die Fahrzeugschlüssel abnehmen wollen, die ihm dieser erst nach Kontaktaufnahme mit seinem Sohn geben habe können, und er habe ihm auch den Führerschein gegen Bestätigung gemäß § 39 FSG vorläufig abgenommen.

 

Der Bw erklärte in der Verhandlung, er habe die Tropfen die ganze Zeit über im Fahrzeug alle zwei Minuten genommen, und zwar so, dass er sie ohne Wasser direkt von Tropfteil "getrunken" habe. Es sei durchaus möglich, dass Insp. X, der naturgemäß auf der anderen Fahrzeugseite ausgestiegen sei, nicht gesehen habe, dass er wieder Tropfen unmittelbar vor der PI Landhaus beim Aussteigen genommen habe, aber er habe es sicher nicht darauf angelegt, das heimlich zu machen. Den Fahrzeugschlüssel habe sein Sohn gehabt, der ihn dann mit einem Taxi von der PI abgeholt habe. Er finde es eigenartig, dass sich BI X an so vieles nicht erinnern könne oder wolle. Die von Insp. X auf dem Alkotestprotokoll angeführten Trinkangaben, er habe um 15.00 Uhr, 17.00 Uhr, 19.00 Uhr und 20.15 Uhr je 1/8l 45%ige "Metavirolent"-Tropfen eingenommen, seien Blödsinn – so habe er das nie gesagt. Niemand habe ihm gesagt, dass er selbst von sich aus eine Blutabnahme veranlassen könne, wenn er das Alkotestergebnis für falsch halte, obwohl er keine Zweifel habe, dass das verwendete Alkotestgerät technisch in Ordnung gewesen sei.

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Auffassung, dass die Aussagen des Bw in mehrfacher Hinsicht, ua hinsichtlich der Häufig­keit der angeblich eingenommenen Tropfen zweifelhaft sind. Dass der Bw verkühlt war und im Lokal verdünnt und beim Verlassen des Parkplatzes unverdünnt Tropfen nahm, wie von seinem Sohn bestätigt, ist glaubhaft.

 

Bei Einsichtnahme in die Beipacktexte der homöopathischen Tropfen fällt folgendes auf:

Metavirulent-Tropfen enthalten 37 Vol% Alkohol und sind in Fläschchen zu 100 ml und 50 ml erhältlich, wobei der Bw angab, er habe das 100 ml-Fläschchen besessen. Die laut Beipacktext empfohlene Dosis beträgt bei Erwach­senen 20 bis 30 Tropfen 2-3x täglich, im Akutfall stündlich 10 bis 20 Tropfen. Empfohlen wird, die Tropfen entweder mit Flüssigkeit zu nehmen oder direkt auf die Zunge zu tropfen. 34 Tropfen Metavirulent sind laut Beipacktext 1g = 1,05 ml zu 37 Vol%, was beim Körpergewicht des Bw von 90 kg 0,3 g Ethanol ergibt (Alkoholmenge in g = Vol%/100 x 0,8 x ml). 0,3 g Ethanol ergeben beim red KG des Bw von 63 kg (90 x 0,7) 0,0047 %o, dh eine volle Dosis von 34 Tropfen würde sofort wieder abgebaut werden und keinen relevanten BAG hervorrufen, selbst wenn diese Dosis stündlich eingenommen würde.

Prospan-Tropfen enthalten 47 Vol% Alkohol und sind in Fläschchen zu 20 ml, 50 ml und 100 ml erhältlich; laut Bw besaß er das 50 ml-Fläschchen. Laut Bei­packtext beträgt die empfohlene Dosis bei Erwachsenen 3 x täglich je 24 Tropfen, wobei 29 Tropfen 1 ml Flüssigkeit entsprechen, da sind 0,37 g Ethanol und damit beim red KG des Bw von 63 kg 0,0058 %o BAG.

Selbst beide Tropfen zusammen genommen haben beim Bw keinen relevanten Blutalkoholgehalt zur Folge, während 1/2 Bier (500 ml = 20,8 g Ethanol bei 5,2 Vol%)  einen BAG von 0,33 %o (nach der Widmarkformel Alkohol in g/redKG) ergibt. Der AAG-Wert von 0,56 mg/l von 21.04 Uhr entspricht 1,12 %o BAG, dh er ist nicht mit dem konsumierten Bier allein erklärbar. 

 

Abgesehen davon, dass bei den Prospan-Tropfen im Beipacktext ausdrücklich angeführt ist, dass die Dosis von 3x täglich nicht erhöht werden soll, weil dies zu Übelkeit uä führen kann, ist nicht logisch erklärbar, warum der Bw im Fahrzeug sitzend, wie er nach dem Vorfall vom 14. Oktober 2009 in der Berufung vom 12. November 2009, also fast einen Monat später, erstmals ausgeführt hat, alle 3 Minuten von 20.46 Uhr bis 20.53 Uhr, dh 4x, je eine unbekannte Dosis Prospan und Metavirulent direkt vom Tropfteil des jeweiligen Fläschchens eingenommen haben soll. Abgesehen davon ist auch nicht als erwiesen anzunehmen, dass der Bw während der Wartezeit überhaupt in seinem Fahrzeug saß, weil sonst nicht erklärbar wäre, warum sein Sohn die Fahrzeug­schlüssel hatte, zumal er sie ihm für die Abnahme mit dem Taxi zur PI Landhaus bringen musste und keine Rede davon war, dass der Bw das Fahrzeug unversperrt in der Rosseggerstraße stehengelassen habe. Außerdem konnten weder BI X noch Insp. X bestätigen, dass der Bw im Auto gewartet habe. Wenn aber der Bw im Fahrzeug tatsächlich alle drei Minuten von einem Fläschchen "getrunken" hätte, hätte dies einem Beamten aufgefallen müssen, zumal dazu nach dem Öffnen des Schraub­verschlusses das Fläschchen längere Zeit an die Lippen gehalten werden muss, weil die Flüssigkeit nur relativ langsam aus dem Fläschchen tropfen kann. Dass der Bw das Plastiktropfteil entfernt hätte, hat er nie behauptet. Selbst wenn X bestätigt hat, dass der Bw, als er die für seinen Termin benötigten Unterlagen gegen 20.55 Uhr aus dem Fahrzeug nahm, erneut Tropfen zu sich genommen habe, vermag das die Richtigkeit der vom Bw angegebenen Einnahmehäufigkeit nicht zu stützen. Der Bw hat außerdem in der Verhandlung ausgeführt, er habe am Vorfallstag um 12.00 Uhr mit der Einnahme begonnen, wobei die Zeitangaben laut Alkotestprotokoll, nämlich 15.00, 17.00, 19.00 und 20.15 Uhr, wohl nicht von Insp. X "erfunden" worden sein können. Ob der Bw überhaupt Prospan-Tropfen genommen hat, ist ebenfalls nicht erwiesen, weil vom Zeugen X nur das Metavirulent-Fläschchen bestätigt wurde, das der Bw aber angeblich leer im Fahrzeug zurückgelassen hat, und ansonsten niemand zu bestätigen vermochte, ein derartiges Medikament beim Bw gesehen zu haben. Dieser hat auch Insp. X nur den Namen "Metavirolent" aufgeschrieben und die erstmaligen Angaben vom angeblich vor der PI Landhaus getrunkenen Tropfen stammen vom 27. Oktober 2009 (Datum der Vorstellung). X hat lediglich bestätigt, er wisse, dass sein Vater bei Husten auch Prospan-Tropfen nehme; er hat nicht gesagt, dass er ein solches Fläschchen am Vorfallstag beim Bw gesehen habe.   

 

Dass die Tropfen einen Alkoholanteil enthalten und dieser möglicherweise einen Alkotest verfälschen könnte, musste dem Bw, der diese Tropfen nach eigenen Angaben immer bei Erkältungen nimmt, bestens bekannt sein, auch wenn er in der Verhandlung betont hat, das sei ihm nicht bewusst gewesen. Dass Zweck eines Alkotests die Feststellung eines eventuellen Atemalkoholgehalts ist, um daraus Rückschlüsse auf eine eventuelle Alkoholbeeinträchtigung beim Lenken eines Fahrzeuges  zu einem bestimmten Zeitpunkt ziehen zu können, musste dem Bw als Inhaber einer Lenkberechtigung schon aus logischen Gesichtspunkten bekannt sein, auch wenn ihm das Erfordernis der Einhaltung einer 15minütigen Frist vor der Durch­führung eines Alkotests unbekannt ist. Wenn er daher unmittelbar vor Durch­führung einer Atemalkoholuntersuchung – nach eigenen Angaben hielt er schon den Vortest für den Alkotest und war ihm eigentlich unklar, was von ihm in der PI erwartet würde – homöopathische Tropfen zu sich nahm, wobei er zufällig die kurze Zeit nutzte, die Insp. X auf der anderen Fahrzeugseite zum Aussteigen benötigte – auch diesbezüglich sind die Angaben und insbesondere die Dosis zweifelhaft, weil zum Aufschrauben, Auftropfen und Zuschrauben des in der Manteltasche verwahrten Fläschchens, das auch nie jemand zu Gesicht bekommen hat, geraume Zeit erforderlich wäre – wäre naheliegend und auch aus beweistechnischen Überlegungen für den Bw zweckmäßig gewesen, Insp. X darauf hinzuweisen.      

 

Insgesamt gesehen sind aus all diesen Überlegungen die Angaben des Bw für den Unabhängigen Verwaltungssenat in keiner Weise nachvollziehbar. Dass sich die befragten Polizeibeamten nicht an das Verhalten des Bw konkret erinnern können, ist nicht nur mit der Vielzahl von Alkoholamtshandlungen seit Oktober 2009 erklärbar, sondern kann auch daran liegen, dass der Bw nach der Anhaltung in der Rosseggerstraße neben ihnen stand, weil er keinen Fahrzeug­schlüssel hatte, keine Tropfen aus irgendwelchen Fläschchen zu sich nahm und die beim Ausparken vom Zeugen LP bestätigten Tropfen die letzten waren. Nachdem der Bw selbst ausgesagt hat, dass das Metavirulent-Fläschchen leer war, ist auch nicht erwiesen, dass er, als sein Sohn gegen 20.55 Uhr den Anhalteort verließ, tatsächlich noch Tropfen zu sich nahm, auch wenn er das Fläschchen an die Lippen hielt.

Damit ist aber die erstmals in der Berufung aufgestellte Behauptung des Bw, die 15minütige Wartezeit, von der er erst aus der Begründung des angefochtenen Bescheides erfahren habe, sei nicht eingehalten worden, in objektiver Hinsicht nicht als erwiesen anzusehen, während die Berechnung von Insp. X, der die 15 Minuten ausgehend von der Verständigung durch die Kollegen nach dem Vortest um 20.44 Uhr bis zum relevanten Alkotestwert von 0,56 mg/l AAG um 21.04 Uhr angenommen hat, durchaus schlüssig ist.

 

Wenn der Bw aber das Alkotestergebnis im Hinblick auf den seiner Ansicht nach tatsächlich bei ihm vorliegenden Alkoholgehalt für falsch hielt – wobei er in technischer Hinsicht weder vorher noch in der Verhandlung Zweifel äußerte und diesbezüglich auch beim Unabhängigen Verwaltungssenat keinerlei Bedenken an der technisch einwandfreien Funktion des geeichten und vom Hersteller wartungsmäßig für in Ordnung befundenen Atemalkoholmessgerätes bestehen – musste ihm nach logischen Überlegungen klar sein, dass der von ihm erzielte Atemalkoholwert von immerhin 0,56 mg/l nicht durch einfaches Behaupten des Gegenteils aus der Welt geschafft werden würde sondern die Möglichkeit des Gegenbeweises durch einen Blutalkoholwert im Sinne des § 5 Abs.8 Z2 StVO 1960 ("Ein bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabender Arzt hat eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen, wenn eine Person dies verlangt und angibt, bei ihr habe eine Untersuchung nach Abs. 2 (Atem­luftalkoholuntersuchung) eine Alko­hol­beeinträchtigung ergeben. Der Arzt hat die Blutprobe der nächstgelegenen Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu übermitteln und dieser im Fall der Z 2 Namen, Geburts­datum und Adresse des Probanden sowie den Zeitpunkt der Blutabnahme bekannt­zugeben.") offensteht, den er allerdings selbst zB in einem der der PI Landhaus nahegelegenen  Krankenhäusern veranlassen hätte müssen. Hätte er gegen­über Insp. X Zweifel an der Richtigkeit des erzielten Atemalkoholwertes geäußert, wäre er mit Sicherheit von diesem darauf hingewiesen worden. Abgesehen davon unterscheidet § 5 StVO Alkohol im Sinne von Getränken nicht von Alkohol, der als Medikament genommen wird, zumal die schädliche Wirkung von Alkohol unbestritten ist und bei Einnahme alkoholhaltiger Medikamente der Konsum von alkoholhaltigen Getränken entsprechend zu reduzieren ist.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist der vom Bw um 21.04 Uhr erzielte günstigste Atemalkoholwert von 0,56 mg/l verwertbar und, da vom Bw lediglich das Gegenteil behauptet aber nicht erwiesen wurde, als Grundlage für den Tatvorwurf gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1b StVO 1960 heranziehbar. 

Das in diesem Zusammenhang seitens der Erstinstanz ua wegen Übertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1b StVO 1960 ergangene Straferkenntnis, S-46.368/09-1, wurde dem Bw am 12. November 2009 mündlich verkündet; Berufung wurde dagegen nicht erhoben.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunken­heit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beein­trächtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des
§ 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahr­zeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer in einem Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt. - In der Zusammenschau der Alkoholbestimmungen der StVO 1960 und des FSG umfasst diese Bestimmung einen Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 %o oder mehr, aber weniger als 1,2 %o, oder einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,6 mg/l.   

 

Der vom Bw erzielte günstigste Atemalkoholwert um 21.04 Uhr von 0,56 mg/l ist nach den oben zusammengefassten Ergebnissen des durchgeführten Beweisver­fahrens als Grundlage für den Vorwurf der Begehung einer Verwaltungsüber­tretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1b StVO 1960 heranzuziehen, sodass kein Zweifel daran besteht, dass er eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG verwirklicht hat, für die bei erstmaliger Übertretung gemäß § 26 Abs.1 FSG, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs.3 Z1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für einen Monat zu entziehen ist. Da es sich beim Bw aber nicht mehr um die erstmalige Begehung handelt, zumal ihm bereits vom 13. März 2005 bis 13. April 2005 wegen Minderalkoholi­sierung die Lenkberechtigung entzogen worden war, beträgt die Mindestent­ziehungs­dauer gemäß § 25 Abs.3 FSG im ggst Fall drei Monate.

Im Rahmen der Wertung ist dabei zu bedenken, dass zwischen den beiden Alkoholübertretungen viereinhalb Jahre liegen, in denen sich der Bw wohl­verhalten hat. Die festgesetzte Entziehungsdauer war im Sinne einer Prognose, wann der Bw die Verkehrszuverlässigkeit wieder­erlangt haben wird, ausreichend aber zweifellos auch geboten und unabdingbar, wobei die Entziehungsdauer mit der vorläufigen Abnahme des Führerscheins am 14. Oktober 2009 begann.

 

Die Entziehungsdauer gilt auch für das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraft­fahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen und die Aber­kennung des Rechts gemäß § 30 FSG.  

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG in der Fassung BGBl.I Nr.93/2009 hat die Behörde unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, ... bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 eine Nachschulung anzuordnen.

Da am 14. Oktober 2009 bereits die Bestimmungen der 12. FSG-Novelle in Geltung standen, war auch die Anordnung einer Nachschulung zu bestätigen.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

0,56 mg/l AAG – Einnahme von homöopathischen Tropfen innerhalb 15 Minuten vor Atemalkoholuntersuchung nicht eruierbar –> 2. Übertretung nach § 99 Abs.1b StVO innerhalb von 4,5 Jahren –> 3 Monate FSE –> Nachschulung (12. FSG Nov.)

 

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