Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522471/2/Bi/Th

Linz, 11.01.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Mag. X, vertreten durch Herrn RA Dr. X, vom 4. Jänner 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 22. Dezember 2009, VerkR21-506-2009, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot, Aberkennung des Rechts zum Gebrauch einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7 Abs.3 Z3, 24 Abs.1, 25 Abs.1 und 3, 29 Abs.4 und 32 Abs.1 FSG die von der BH Kirchdorf/Krems am 28. Juli 1995, VerkR20-709-1-1994/KI, für die Klassen A, B, B+E erteilte Lenkberechtigung auf die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab dem Datum der Abnahme des Führerscheins am 17. November 2009, dh bis einschließlich 17. Februar 2010, entzogen und ihm für den gleichen Zeitraum das Recht zum Gebrauch einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich aberkannt. Weiters wurde ihm das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen ab dem Datum der Zustellung des Mandatsbescheides vom 7. Dezember 2009, dh von
11. Dezember 2009 bis einschließlich 17. Februar 2010, verboten. Einer allfälligen gegen den Bescheid gerichteten Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 23. Dezember 2009.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, bei durchaus vergleichbaren Fällen sei es zu keiner vorläufigen Abnahme des Führerscheins gekommen. Eine Beeinträchtigung durch Alkohol, Suchtmittel oder Medikamente sei in seinem Fall auszuschließen und auch Hinweise auf einen außergewöhnlichen Erregungs- oder Ermüdungszustand seien nicht zu finden. Die Voraussetzungen für eine vor­läufige Führerscheinabnahme seien nicht gegeben, weil eine solche verhindern solle, dass ein Lenker am Straßenverkehr teilnimmt, der sich in einem Zustand befindet, in dem er das Kraftfahrzeug nicht zu beherrschen vermag. Gerügt wird daher nicht nur die vorläufige Abnahme des Führerscheins als rechtswidrig, sondern auch die Entziehung der Lenkberechtigung mittels Mandatsbescheid, zumal keine Gefahr im Verzug gegeben gewesen sei, die unaufschiebbare Maßnahmen gefordert hätte.

Die Erstinstanz stütze sich auf § 7 Abs.3 Z3 FSG und hinsichtlich der Dauer der Entziehung auf § 25 Abs.3 FSG. Sie habe aber keine Wertung im Sinne des § 7 Abs.4 FSG vorgenommen, obwohl die Verkehrszuverlässigkeit aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung zu beurteilen sei.

Festgestellt werde seitens der Erstinstanz, dass er am 17. November 2009 gegen 16.00 Uhr mit seinem Pkw auf der A8 bei km 19.8 die Abfahrtsrampe von Richtung Passau kommen entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung befahren habe, obwohl sich dies nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Boden­markie­rungen ergeben habe. Dabei habe er einen Verkehrsunfall verschuldet. Trotz der Ergebnisse der polizeilichen Berichterstattung samt Fotos und seiner korrespondierenden Aussage sei nicht festgestellt worden, dass er nach dem Verlassen der RFB Passau der A8 über die Abfahrtsrampe Pichl nach dem Überfahren der Sperrlinie auf die Abfahrtsrampe der RFB Wels gelangt sei, anstatt an einer anderen Stelle, ohne eine Sperrlinie zu überfahren, auf die Auffahrtsrampe Richtung Wels zu fahren. Eine solche Feststellung sei deshalb wichtig, weil er erst als Folge der Übertretung nach § 9 Abs.1 StVO auf die Abfahrts- statt auf die Auffahrtsrampe gelangt sei. Es werde ihm wohl ein Überfahren der Sperrlinie vorzuwerfen sein und im Verwaltungsstrafverfahren wohl auch eine Übertretung gemäß § 46 Abs.4 lit.a StVO, aber ein Fahren entgegen der Richtungsfahrbahn, das sich im übrigen auf die Abfahrtsrampe, aber nicht auf die Autobahn schlechthin beschränkt habe, könne nicht als maßgebliche Übertretung der Verkehrsvorschriften gemäß § 7 Abs 3 Z3 FSG und als verwerflich gemäß § 7 Abs.4 FSG beurteilt werden, weil dieses Fehlverhalten nicht mehr von seinem Bewusstsein im Sinne schuldhaften und vorsätzlichen Verhaltens erfasst gewesen sei. Ein Überfahren der Sperrlinie sei zwar unzu­lässig, aber nicht mit einer der in § 7 Abs.3 Z3 FSG demonstrativ aufgezählten Übertretungen vergleichbar. Die Gefährlichkeit im Sinne des § 7 Abs.4 FSG sei erst in der Folge des Überfahrens der Sperrlinie im Weiterfahren gegen die RFB auf der Abfahrtsrampe zu erblicken. Dieser Sachverhalt sei aber nicht mit dem Befahren der Autobahn gegen die Fahrtrichtung im Sinne des § 7 Abs.3 Z3 FSG gleichzusetzen. Diese besondere Konstellation sei von dem vom Gesetzgeber angenommenen Tatbestand ausgenommen, weil diese von der typischen Gefähr­lichkeit des "Geisterfahrens" erheblich abweiche, was nicht nur im Gegen­satz zum Fahren auf der Autobahn schlechthin sondern auch mit der wesentlich niedrigeren Geschwindigkeit begründet werden könne.

Sein Befahren der Abfahrtsrampe entgegen der Fahrtrichtung sei nicht durch vorbedachtes und rücksichtsloses Verhalten sondern durch eine zeitlich davor liegende "Kurzschlusshandlung" begründet. Erst durch die wenngleich selbst zu verantwortende Übertretung gemäß § 9 StVO sei er entgegen der Fahrtrichtung auf die Abfahrtsrampe gelangt, in der Meinung, seine Fahrt berechtigterweise fortsetzen zu können. Ein solches Verhalten sei nicht mit dem eines typischen Geisterfahrens zu vergleichen und eine derartige Verwerflichkeit nicht gegeben.

Außerdem sei bei der Wertung zu berücksichtigen, dass er nach der Aktenlage vorher im Straßenverkehr nicht auffällig in Erscheinung getreten sei und auch keine Verwaltungsvormerkungen vorlägen. Das habe die Erstinstanz wohl bei der Entziehungsdauer berücksichtigt, nicht aber bei der Wertung gemäß § 7 Abs.4 FSG. Bei ihm könne keine Sinnesart angenommen werden, die seine Verkehrs­zuverlässigkeit sowohl zum Tatzeitpunkt als auch im darauffolgenden Zeitraum ausschließe.

Er erachte sich auch durch den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung geschwert, zumal die Erstinstanz sich in der Begründung auf § 64 Abs.2 AVG und seine bislang nicht rechtskräftig festgestellte Verkehrsunzu­verlässigkeit stütze. Nach § 64 Abs.2 AVG könne die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten sei, wobei der VwGH für die Annahme von Gefahr im Verzug eine sachverhaltsbezogene fachliche Beurteilung durch die Behörde verlange, die aber hier nicht vorliege. Auch dieser Ausspruch sei unzulässig erfolgt, weshalb er beantrage, den Bescheid hinsichtlich Entziehung der Lenkberechtigung und Lenkverbot und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Berufung aufzuheben.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw als Lenker eines Pkw am 17. November 2009, 16.08 Uhr, in Krenglbach, Innkreisautobahn A8 bei km 19.4 in Fahrtrichtung Graz, insofern an einem Frontalzusammenstoß im Abfahrtsbereich Pichl bei Wels ursächlich beteiligt war, bei dem der Lenker des ihm auf der Abfahrtsrampe aus Richtung Passau entgegenkommenden Fahrzeuges X schwer verletzt (Bruch des Brustbeines, Prellungen linkes Handgelenk und Knie rechts) wurde, als er die Abfahrtsrampe von der A8 für den aus Richtung Passau abfahrenden Verkehr entgegen der vorgeschrieben Fahrtrichtung befuhr.

Der Bw wurde im Zuge der Unfallerhebungen befragt und gab bei der API Wels an, er sei am Flughafen Wels angekommen und habe mit seinem Pkw gegen 15.30 Uhr nach Kirchdorf heimfahren wollen. Er sei in Wels-Nord auf die A25 aufgefahren in Richtung Passau, habe aber die Abfahrt Richtung Graz beim Knoten Wels wegen eines Telefonats versäumt und in Richtung Passau weiter­fahren müssen. Bei der Abfahrt Pichl bei Wels sei er abgefahren und sein Navigationssystem habe ihm eine Umkehrmöglichkeit weiter vorne gezeigt, jedoch habe er eine kürzere Variante zu erkennen gemeint und sei irrtümlich nicht auf die Auffahrt Pichl in Richtung Wels aufgefahren sondern auf die Abfahrt von der A8 aus Richtung Passau gelangt. Er sei im 4. Gang mit ca 68 km/h unterwegs gewesen und habe plötzlich am Scheitelpunkt der Linkskurve einen Mercedes auf ihn zufahren gesehen, dem er trotz starker Bremsung nicht mehr ausweichen habe können, sodass es zum Frontalzusammenstoß gekommen sei.

 

Dem von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt ist zum einen die Anzeige der API Wels angeschlossen, aus der sich keinerlei Anhaltspunkt für eine wie immer geartete geistige oder körperliche Unzulänglichkeit des Bw zum Unfall­zeitpunkt ergibt. Angeschlossen ist auch eine Fotobeilage, aus der einwandfrei ersichtlich ist, dass der Bw bei der Abfahrt Pichl in Richtung Bad Schallerbach nicht bloß die Sperrlinie, die den von der A8 abfahrenden Verkehr aus Richtung Passau vom von der A8 abfahrenden Verkehr aus Richtung Wels trennt, über­fahren hat, sondern auch eine Fahrtrichtungsänderung in annähernd spitzem Winkel nach links ausgeführt hat, die ihm schon von der Kurvenführung für den Bereich einer Autobahn – der Bw hat beim Fahrmanöver die A8, zu der auch die Aus- bzw Auffahrtsrampen gehören, nie verlassen, zumal er auch kein Hinweiszeichen "Ende der Autobahn" gemäß § 53 Abs.1 Z8b StVO passiert hatte – zweifellos als bedenklich erscheinen hätte müssen, sodass er seine vermeintlich gefundene "kürzere Variante" jedenfalls in Zweifel ziehen und erkennen hätte müssen, dass seine "Abkürzung" tatsächlich unzulässig ist. Insbesondere musste ihm auch bedenklich erscheinen, dass er sich nach dem spitzwinkeligen "Einbiegemanöver" offensichtlich auf einer Richtungsfahrbahn befand, die baulich durch zwei Leitschienen von einer rechts von ihm befindlichen weiteren Richtungsfahrbahn gelegen war. Er ist nach eigenen Angaben nach seinem spitzwinkeligen Fahrmanöver im 4. Gang mit 68 km/h bis zum Scheitelpunkt der Linkskurve gefahren, dh von einer geringen Fahr­geschwindigkeit im Sinne der Berufungsausführungen und der darin zitierten VwGH-Judikatur (E 11.4.2000, 99/11/0351) kann keine Rede sein, auch wenn ihm bis dahin noch kein Fahrzeug entgegengekommen war. Der Bw ist auch nicht im Sinne der von ihm zitierten VwGH-Judikatur (E 23.10.2001, 2000/11/0017) auf die Autobahnabfahrt Pichl aus Richtung Passau "geraten", sondern er hat diese eigentümlich winkelige Fahrstrecke auch entgegen der Hinweise seines Navigations­systems aus eigenem Entschluss "gewählt". Auch wenn er die Bezeichnung "Geisterfahrer" nicht auf sich bezogen haben will, ist ihm vor Augen zu führen, dass ein Kfz-Lenker nicht nur unter Alkoholeinfluss, bei Mutproben oder bei witterungsbedingt schlechter Sicht zu einem solchen werden kann, sondern zB auch durch (vorwerfbaren) Irrtum im Sinne einer krassen Fehl­einschätzung der Realität.

 

Auf der Grundlage des vom Bw selbst glaubwürdig bis in Einzelheiten geschilderten und anhand der Fotos dokumentierten sowie im Digitalen Oberösterreichischen Raum-Informations-System (DORIS) einwandfrei nachvoll­zieh­baren Fahr­manö­vers steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat unzweifelhaft fest, dass der Bw als "Geisterfahrer" im Sinne des § 46 Abs.2 1.Satz und Abs.4 lit.a StVO 1960 anzusehen ist, wobei mit Sicherheit nicht von Vorsatz, wohl aber von zumindest fahrlässiger Begehung auszugehen ist – gemäß § 6 Abs.1 StGB handelt fahr­lässig, wer die Sorgfalt außer acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt ver­wirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; gemäß Abs.2 dieser Bestimmung handelt auch fahrlässig, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirklicht, ihn aber nicht herbeiführen will; gemäß § 5 Abs.1 VStG ist Fahrlässigkeit bei Zuwider­handeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) an­ge­­nommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraft­fahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunken­heit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beein­träch­tigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gilt insbe­sondere das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

 

Das Befahren einer Autobahn (auch einer Autobahnabfahrt) gegen die Fahrtrichtung geschieht regelmäßig unter besonders gefährlichen Verhältnissen (vgl VwGH 11.4.1000, 99/11/0351, mit Vorjudikatur). Im ggst Fall ist aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates eine Konstellation, die von der typischen Gefährlichkeit des "Geisterfahrens" erheblich abweicht, nicht zu erkennen. Das Befahren einer Autobahnabfahrt entgegen der Fahrtrichtung nach Einbiegen in einem für den Verlauf von Zu- bzw Abfahrten auf Autobahnen völlig atypischen annähernd spitzen Winkel mit anschließender Einhaltung einer dem Kurven­verlauf angepassten höheren Geschwindigkeit (laut Bw über 60 km/h) stellt keinen wie in der Berufung geltend gemachten Ausnahmefall dar. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat besteht aus all diesen Überlegungen kein Zweifel, dass der Bw durch sein Befahren der Autobahnabfahrt Pichl entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs 3 Z3 FSG verwirklicht hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Ein solches Fahrmanöver auf einer Autobahn, wie es der gegenständlichen Beurteilung zugrundezulegen ist, stellt einen gravierenden Verstoß gegen die Verkehrssicherheit dar und ist sohin allgemein als äußerst verwerflich anzu­sehen. Die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen die bestimmte Tatsache vom Bw verwirklicht wurde, ist zweifelsohne gegeben und musste als solche auch für den Bw erkennbar sein, als er auch entgegen den Hinweisen seines Navigationsgerätes ein für Autobahnen atypisch spitzwinkeliges Einbiegemanöver über eine Sperrlinie durchführte, obwohl dabei schon erkennbar war, dass er sich danach auf der linken von zwei baulich durch zwei Leitschienen mit einer Grünfläche dazwischen erkennbar getrennten Richtungsfahrbahnen befinden würde. Auch wenn es zum Zeitpunkt des Vorfalls gegen 16.00 Uhr Mitte November bereits dunkel war, hätten dem Bw all diese Umstände bei den im Scheinwerferlicht erkennbaren örtlichen Gegebenheiten jedenfalls bedenklich erscheinen und ihn zum Überdenken seiner Entscheidung bewegen müssen. Dass die die Autobahnabfahrt benutzenden Fahrzeuge eine dem Kurvenverlauf angepasste, aber zweifellos höhere Geschwindigkeit einhalten – der Bw fuhr nach eigenen Angaben selbst über 60 km/h – und sich darauf eine massive Gefährdung eines schließlich dann auch tatsächlich entgegen­kommenden Gegenverkehrs gründen würde, musste dem Bw ebenfalls bekannt sein.    

Der Bw ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, bisher in Bezug auf Verkehrs­zu­verlässigkeit nie negativ in Erscheinung getreten und der ggst Vorfall, der einen Verkehrsunfall mit Personenschaden zur Folge hatte, ist nicht auf eventuelle gesundheitliche Beeinträchtigungen des Bw zurückzu­führen, der sich seit dem Vorfall im November 2009, also für die bislang kurze Zeit von ca 2 Monaten, wohlverhalten hat.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs­zuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzu­setzen. Die Verkehrsunzuverlässigkeit beginnt mit der Tatbegehung, wobei dem Bw auch am 17. November 2009 der Führerschein vorläufig abgenommen wurde, sodass die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit gemäß § 29 Abs.4 FSG ab diesem Zeitpunkt zu berechnen ist. 

Die festgesetzte Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit stellt die gesetzlich bestimmte Mindestent­ziehungsdauer dar, sodass selbst im Umweg über die Wertung diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit zu finden ist, auch wenn das Verhalten des Bw einen Frontalunfall mit Personenschaden zur Folge hatte.

 

Da die Verkehrsunzuverlässigkeit einziges Kriterium für das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen (gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides) und die Aberkennung des Rechts gemäß § 30 FSG darstellt, war auch diesbezüglich die behauptete Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen.

 

Zum Berufungsvorbringen der behaupteten Rechtswidrigkeit der vorläufigen Abnahme des Führerscheins gemäß § 39 FSG ist darauf zu verweisen, dass es sich bei der vorläufigen Abnahme des Führerscheins um eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handelt, gegen die fristgebunden Maßnahmenbeschwerde gemäß Art.129a B-VG iVm 67c AVG direkt an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden kann. Die Frage der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Abnahme des Führerscheins ist unabhängig von der Beurteilung der Zulässigkeit der Entziehung der Lenkberechtigung im ggst Verfahren.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Geisterfahrer Autobahn, Einbiegen in spitzen Winkel über Sperrlinie und Benutzung der linken von 2 Richtungsfahrbahnen – Frontalunfall – 3 Monate FE bestätigt.

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 18.12.2012, Zl.: 2010/11/0025-6

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