Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252178/14/Kü/Ba

Linz, 05.11.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte x, diese vertreten durch x vom 9. Jänner 2009 gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. Dezember 2008, SV96-55-2-2007, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. August 2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Das angefochtene Straferkenntnis wird in den Fakten 1. bis 5., 8., 9., 11.-18. und 20. behoben und diesbezüglich das Verwaltungs­strafverfahren wegen eingetretener Strafbarkeitsver­jährung eingestellt.

 

Im Übrigen wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die in Fakten 6., 7., 10. und 19. verhängten Geldstrafen auf jeweils 1.500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 25 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.     Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde wird auf 600 Euro herabgesetzt; für das Berufungsverfahren ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 31 Abs.3, 45 Abs.1 Z2, 19, 20 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG).

zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. De­zember 2008, SV96-55-2-2007, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) in 20 Fällen Geldstrafen von jeweils 2.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 40 Stunden verhängt.

 

Dem Bw wurde in seiner Funktion als handelrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der x  mit Sitz in x angelastet im dort geführten Betrieb (Nahrungs- und Genussmittelindustrie) namentlich genannte Ausländer, die von der Fa. x, x, als Leiharbeitskräfte überlassenen wurden zu näher bezeichneten Zeiten als Hilfskräfte beschäftigt zu haben, ohne dass die notwendigen arbeitsmarkt­rechtlichen Papiere vorgelegen sind.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Rechtsvertretung des Bw eingebrachte Berufung, mit der das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wurde.

 

Nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 27. August 2009 wurde die vorliegende Berufung mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2009 auf eine Berufung wegen der Strafe eingeschränkt. Gleichzeitig wurde erklärt, dass auf die Fortsetzung der mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet wird.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung mit Schreiben vom 02.07.2009, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 09.07.2009 vorgelegt und die Verspätung der Vorlage mit schweren gesundheitlichen Problemen des Sachbearbeiters erklärt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. August 2009, an welcher die Rechtsvertretung des Bw und ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben sowie Herr x und Herr x als Zeugen einvernommen wurden. Die mündliche Verhandlung wurde nach Durchführung der Zeugeneinvernahmen auf unbestimmte Zeit vertagt und wurde von der Rechtsvertretung um Bedenkzeit bezüglich der weiteren Vorgangsweise ersucht.

 

Wie bereits erwähnt, wurde mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2009 erklärt, dass die Berufung auf die Strafe eingeschränkt wird und gleichzeitig auf die Fortsetzung der mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet wird.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Zunächst ist festzuhalten, dass die Berufung auf das Strafausmaß des erstinstanzlichen Straferkenntnisses eingeschränkt wurde. Der Schuldspruch ist damit in Rechtskraft erwachsen und hat sich demnach der Unabhängige Verwaltungssenat in der Berufungsentscheidung damit nicht auseinander zu setzen.

 

5.2. Gemäß § 31 Abs.3 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem Tatzeitpunkt drei Jahre vergangen sind.

 

Der in dieser Vorschrift normierte Eintritt der Strafbarkeitsverjährung bewirkt, dass eine Bestrafung nicht mehr erfolgen darf und das Strafverfahren nach § 45 Abs.1 Z 2 zweite Alternative VStG einzustellen ist; falls schon das Berufungsverfahren anhängig ist, hat der Unabhängige Verwaltungssenat das erstinstanzliche Straferkenntnis zu beheben.

 

Festzuhalten ist, dass im gegenständlichen Straferkenntnis in den Fakten 1. bis 5., 8., 9., 11. bis 18. und 20. Beschäftigungszeiträume genannt sind, deren Ende drei Jahre, bezogen auf den Zeitpunkt der Berufungsentscheidung, überschreitet. Die Berufung gegen das Straferkenntnis wurde zwar am 12.1.2009 bei der Erst­instanz eingebracht, jedoch erfolgte die Vorlage der Berufung erst am 9. 7. 2009. Vom Unabhängigen Verwaltungssenat wurde umgehend mit der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung das Berufungsverfahren eingeleitet, doch war es aufgrund der Urlaubszeit nicht möglich, sämtliche Beteiligten an der mündlichen Verhandlung zu hören. Dem Unabhängigen Verwaltungssenat war es daher nicht möglich, vor dem Ende der Strafbarkeitsverjährungsfrist in den genannten Fakten ein den rechtsstaatlichen Anforderungen genügendes Verfahren durchzuführen. In den genannten Fakten ist daher Strafbarkeitsver­jährung gemäß § 31 Abs.3 VStG eingetreten, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat aus Anlass der Berufung gehalten war, in diesen Fakten das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Festzuhalten ist, dass sich der von der Erstinstanz im Rahmen der Strafbemessung dargestellte Erschwerungsgrund der großen Anzahl unerlaubter Beschäftigter im Berufungsverfahren durch die eingetretene Strafbarkeits­verjährung in 16 Fakten relativiert hat. In den übrigen 4 Fakten, in denen bislang Strafbarkeitsverjährung nicht eingetreten ist, kann allerdings von einer kurzfristigen Beschäftigung nicht ausgegangen werden.

 

Dem gegenüber steht, dass der Bw unbescholten ist, die sozialversicherungs­rechtlichen Bestimmungen im gegenständlichen Fall eingehalten wurden, zumal seitens des Arbeitskräfteüberlassers die Anmeldungen zur gesetzlichen Sozialversicherung vorgenommen wurden und für die Arbeitskräfteüberlassung marktübliche Preise bezahlt wurden. Des Weiteren ist festzuhalten, dass aufgrund des Naheverhältnisses des Arbeitskräfteüberlassers zur BBRZ-Gruppe der Oö. Arbeiterkammer der Bw von einer besonderen Vertrauenswürdigkeit des Geschäftspartners ausgegangen ist. Zudem wurde die Gewerbeberechtigung des Arbeitskräfteüberlassers kontrolliert sowie Auskünfte bei der Gebiets­krankenkasse bezüglich der Anmeldung der überlassenen Arbeitskräfte eingeholt ebenso wurden Unbedenklichkeitsbescheinigungen eingefordert. Aufgrund dieser Umstände ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass es zu keiner Wettbewerbsverzerrung gekommen ist.

 

In der Firma x existiert ein Qualitätsmanagementsystem, welches auch den Bereich der Personaleinstellung umfasst. In diesem Qualitätsmanage­mentsystem finden sich auch Regelungen hinsichtlich der Beschäftigung von ausländischen Staatsangehörigen, und zwar in Form von Verfahrensanweisungen über die Vorgehensweise bei der Einstellung ausländischer Staatsangehöriger. Dieses Qualitätsmanagementsystem wurde laufenden Kontrollen und auch Editierungen von externer Stelle unterzogen. Aufgrund dieses bestehenden Systems, welches zwar im gegenständlichen Fall der Arbeitskräfteüberlassung nicht im geplanten Ausmaß funktionierte, ist jedenfalls nur von leicht fahrlässigem Verhalten des Bw auszugehen.

 

Zu beachten ist im gegenständlichen Fall auch die lange Verfahrensdauer. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses über 2 Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Aufgrund dieser Umstände kommt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Überzeugung, dass im gegenständlichen Fall von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen ist und deshalb die Anwendung des § 20 VStG zur Unterschreitung der gesetzlichen Mindeststrafe geboten ist. Im Hinblick auf die doch als längerfristig zu wertende Beschäftigungsdauer der ausländischen Staatsangehörigen ist es gegenständlich nicht geboten, eine Reduzierung der Mindeststrafe im gesetzlich möglichen Gesamtausmaß vorzunehmen. In diesem Sinne konnte daher die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe nur in dem im Spruch dieses Erkenntnisses ausgewiesenen Ausmaß reduziert werden.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Der Kostenbeitrag zum Verfahren der ersten Instanz war gemäß § 64 VStG mit 10 % der nunmehr verhängten Strafen neu festzusetzen. Da die Berufung teilweise Erfolg hatte, hat der Bw gemäß § 65 VStG keinen Verfahrenskosten­beitrag zum Berufungsverfahren zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

 

 

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