Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310363/14/Kü/Sta

Linz, 10.12.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn x, x vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, x, vom 6. Oktober 2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 8. September 2008, UR96-26/8-2007 wegen Übertretung des Abfallwirtschafts­gesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.  Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 8. September 2008, UR96-26/8-2007, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen 4 Verwaltungsübertretungen gemäß § 79 Abs. 2 Z. 18 iVm. § 69 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) jeweils Geldstrafen von 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 4 Tagen verhängt.

 

 

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben es als persönlich haftender Gesellschafter der x GmbH und somit als das gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz verantwortliche Organ der x GmbH mit Sitz in x zu verantworten, dass gemäß nachstehender Auflistung die Verbringung von nicht gelisteten Abfällen gemäß der EG-Abfallverbringungsverordnung Nr. 295/93 nämlich "Spukstoffe/Reject", Abfall-Code 191212 "sonstige Abfälle (einschließlich Materialmischungen) aus der mechanischen Behandlung von Abfällen mit Ausnahme derjenigen die unter 191211 fallen", von Österreich über den Autobahn-Grenzübergang Suben in die Bundesrepublik Deutschland durchgeführt wurde, obwohl eine dafür gemäß § 69 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 idgF. erforderliche Bewilligung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nicht vorhanden war:

a)      am 12. Juni 2007 gemäß Wiegeschein Nr. 538476/A 24,90 to

b)      am 12. Juni 2007 gemäß Wiegeschein Nr. 538521/A 23,78 to

c)      am 14. Juni 2007 gemäß Wiegeschein Nr. 539382/A 24,30 to

d)      am 14. Juni 2007 gemäß Wiegeschein Nr. 539547/A 24,06 to"

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung mit der das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wird.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die im Straferkenntnis genannten Lieferungen nicht beprobt worden seien, sondern die Beprobung anlässlich einer behördlichen Anhaltung bei einer Lieferung von einem Mitarbeiter des Umweltbundesamtes durchgeführt und anschließend eine Analyse des beprobten Material beim Umweltbundesamt vorgenommen worden sei. Die Feststellung des Anteils an Papierfaser von 83 % und der Kunststofffolie von 17 % in der Probe durch den Amtssachverständigen des BMLFUW stelle lediglich eine Interpretation des Analyseergebnisses des Umweltbundesamtes dar, die in dieser Form nicht richtig sei.

 

Der händisch aussortierte Kunststoffanteil – bestehend aus fossilem Kohlenstoff – bewege sich laut Gutachten DI x zwischen 2,8 und 5 %. Auf Grundlage dieser Analyseergebnisse des Bundesumweltamtes sei der vom Bundesministerium ermittelte Anteil von 17 % Kunststoff in der Probe nicht erklärbar.

 

Der Sachverständige des BMLFUW, Herr x, führe in seiner Stellungnahme aus, dass er den Kunststoffanteil mit etwa 17 % angenommen habe, da in guter Nährung der Anteil an Papierfaser als Summe der Biomasse und des Aschegehaltes angenommen werden könne, wobei er jedoch einen geringen Fehler bei seinen Berechnungen in Kauf nehme. Der dem Strafverfahren zu Grunde liegende Sachverhalt passiere daher offensichtlich nicht auf einer tatsächlichen Ermittlung des Kunststoffanteiles, sondern auf einer Annahme des Amtssachverständigen.

 

Herr x errechne auf Grund des Analysenergebnisses des Prüfberichtes Nr. 0707/190 vom 26. Juli 2007 (Biomasse 54 %, Aschegehalt 29 %) den Kunststoffanteil mit 17 %. Die auf Grund der manuellen Sortierung gewonnenen Ergebnisse laut Prüfbericht Nr. 0605/130 und Nr. 0607/196 würden bereits eindeutig zeigen, dass diese Art der rechnerischen Ermittlung des Kunststoffanteiles falsch sei. So habe laut Prüfbericht Nr. 0607/196 vom 04. Juli 2006 der Biomasseanteil 58,3 % und der Aschegehalt der Probe 33,1 % betragen, laut der Interpretation x würde sich daher der Kunststoffanteil mit 8,6 % errechnen, laut händischer Aussortierung betrage der tatsächliche Kunststoffanteil aber nur 2,8 %.

 

Der von der Firma x GmbH beauftragte Gutachter, Herr DI x komme nach umfassenden Recherchen und Studium der einschlägigen Fachliteratur zur Auffassung, dass die beauftragte Analyse der Biomasse und des Aschegehaltes nicht zur Feststellung des Kunststoffanteiles ausreichen würde. Die Stellungnahme x stelle eine Interpretation der Analyse des Umweltbundesamtes dar, die mit großen systematischen Unsicherheiten behaftet sei, auf die im Folgenden näher eingegangen würde.

 

Herr Mag. X vernachlässige laut eigener Angabe selbst einen geringen Fehler, der sich auf Grund des Carbongehaltes des Papiers ergebe. Fraglich sei dabei, wann ein Fehler als gering einzuschätzen sei. Auf Grund der einschlägigen Fachliteratur gehe der Gutachter von einem Fehler von 7 % aus, der in keinem Fall als geringfügig einzuschätzen sei.

 

Die angewandte Methode des selektiven Lösens (CEN/TS 15440: 2006) diene der Feststellung des Anteils an Biomasse in einer Probe, sei jedoch nicht dafür vorgesehen, den Kunststoffanteil in einer Probe zu ermitteln.

 

Auf Grund der nicht qualifizierten systematischen Fehler die Herr x bei seiner oberflächlichen Berechnung in Kauf nehme, sei der von ihm rechnerisch ermittelte Kunststoffanteil mehr als fragwürdig. Für den Bw sei es nicht erklärbar, warum nicht die Sortieranalyse gewählt worden sei, die für diese Art der Aufgabenstellung das geeignetere Verfahren gewesen wäre. Wäre die Sortieranalyse angewendet worden, so wäre richtigerweise lediglich ein Kunststoffanteil von maximal 5 % festgestellt worden.

 

Wenn Herr x auf der letzten Seite seiner Stellungnahme ausführe, das auch die zu vermutende mechanische Behandlung (Zerkleinerung) nichts an der stofflichen Qualität der Abfälle ändere, so übersehe er, dass die Firma x GmbH als Abfallbehandlungs- und –verwertungsunternehmen sehr wohl in der Lage sei, die stoffliche Qualität zu beeinflussen. Im gegenständlichen Fall würde bei den Produktionsrückständen aus der Papiererzeugung der Kunststoff von der Papierfaser durch Siebung getrennt und würde von der x GmbH das gegenständliche Material in laufend gleichbleibender Qualität und Zusammensetzung mit einem Kunststoff­anteil von maximal 5 % hergestellt. Auch die in der Aufforderung zur Rechtfertigung genannten Lieferungen hätten einen Kunststoffanteil von maximal 5 % aufgewiesen.

 

Aus den genannten Gründen entbehre die Annahme, dass bei der gezogenen Probe ein Abfallgemisch von 83 % Papierfaser und 17 % Kunststofffolien vorgelegen wäre, jeglicher Grundlage.

 

Der Bw habe die ihm vorgeworfenen Tathandlung, nämlich die grenzüberschreitende Verbringung von Papierfasern ohne Notifizierung, obwohl Notifizierungspflicht bestanden hätte nicht begangen. Die gegenständlichen Abfälle können der Gruppe "GI-Abfälle von Papier, Pappe und Waren aus Papier" der Verordnung 259/93/EWG bzw. dem Code "B3020 Abfälle aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren" der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 der Grünen Liste zugeordnet werden. Es handle sich sowohl bei der Papierfaser als auch bei den Kunststoffanteilen um Abfälle der Grünen Liste, die chemisch untereinander nicht in einer Form reagieren würden, dass eine Erhöhung des Risikos für Mensch und Umwelt zu erwarten sei. Eine umweltverträgliche Verwertung sei ebenfalls sichergestellt. Diese ergebe sich bereits aus der Stellungnahme von x. Eine Notifizierungspflicht habe daher nicht bestanden.

 

Im gegenständlichen Fall seien die Folgen jedenfalls unbedeutend. Es sei niemanden ein Schaden entstanden und das Ergebnis einer Verbringung wäre selbst bei Notifizierung kein anderes gewesen.

 

Der vom Bundesministerium herangezogene Bundesabfallwirtschaftsplan 2006 sei nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und entfalte daher keine unmittelbare Rechtswirksamkeit für die Normunterworfenen, sondern stelle lediglich eine Auslegung der Verbringungsverordnung durch das Bundes­ministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und daher eine nicht verbindliche Rechtsmeinung dar.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Schreiben vom 08. Oktober 2008 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung an welcher der Rechtsvertreter des Bw teilgenommen hat und Herr DI x, ein Mitarbeiter der x GmbH mit Sitz in x, als Zeuge einvernommen wurde.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH mit dem Sitz in x. Die Firma des Bw hat keine Zweigniederlassung in Österreich. Geschäftszweig der x GmbH ist der Handel mit verwertbaren Abfällen. Die Firma ist daher gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig.

 

Auf der Suche nach verwertbaren Abfällen ist die x GmbH mit der x GmbH mit dem Sitz in x in Kontakt getreten. Der Bw hat bei der x GmbH Proben von gelagerten Papierfaserabfällen genommen, diese in Deutschland untersucht und in Deutschland einen Verwertungsweg gefunden.

 

Bei diesen Papierfaserabfällen der x GmbH handelt es sich um Materialien, die von der x AG übernommen werden. Die Besonderheit beim Verfahren der x AG besteht darin, dass nicht sämtliche aufgelösten Papierfasern wiederum der Papierproduktion zugeführt werden, sondern auch zu kurze oder zu lange Fasern sich in den Reststoffen, den sogenannten Rejecten befinden. Diese Rejecte der x AG werden der x GmbH übergeben. Die x GmbH betreibt eine mechanische Aufbereitungsanlage zur Weiterverarbeitung der von der x AG übernommenen Papierfasern. In der Aufbereitungsanlage werden diese Papierfasern gesiebt und fallen danach Papierfasern- und Kunststoffteile als getrennte Fraktionen an. Der ausgesiebte Kunststoffanteil wird nochmals zerkleinert und geht schlussendlich als Ersatzbrennstoff in die Zementindustrie.

 

Der abgeschiedene Papierfaseranteil stellt für verschiedene Industriebetriebe einen interessanten Brennstoff dar, da es sich hierbei um einen biogenen Brennstoff handelt, für dessen Einsatz keine Immissionszertifikate zu erwerben sind. Zur Qualitätsbestimmung der aufbereiteten Papierfaserabfälle wurden von der x GmbH bei Frau DI x, x, ein Gutachten zur Bestimmung des Biomasseanteils in Auftrag gegeben. Diesem Gutachten vom 21.7.2006 lagen Analysen des Materials durch das Umweltbundesamt zu Grunde. Im Prüfbericht des Umweltbundesamtes Nr. 0605/130 ist aufgelistet, dass der Kunststoffanteil der Probe 5 % beträgt. Der Prüfbericht Nr. 0607/196 weist als Ergebnis einen Kunststoffanteil von 2,8 % auf. Die Bestimmung des Kunststoffanteils erfolgt in beiden Analysen durch die Sortieranalyse, der händischen Aussortierung der Kunststoffe. Das Gutachten zur Bestimmung des Biomasseanteils hält bei der Beschreibung des Materials fest, "dass der Abfall hauptsächlich aus hellgrau gefärbten Zellstofffasern mit geringen Anteilen an Kunststofffolien besteht. Das tatsächlich Aussehen des Rejectes entspricht also eher der Beschreibung der Abfallartrückstände aus der Papiergewinnung (Spukstoffe) ohne Altpapie­raufbereitung (Schlüsselnummer 18401) nach dem europäischen Abfallverzeichnis können die Spukstoffe den Code 030307 mechanisch abgetrennte Abfälle aus der Auflösung von Papier und Pappeabfällen bzw. auf Grund der Zusammensetzung eher dem Code 030310 Faserabfälle, Faser-, Füller- und Überzugsschlämme aus der mechanischen Abtrennung zugeordnet werden."

 

Am 30. August 2007 wurde vom BMLFUW bei der x GmbH eine Kontrolle betreffend grenzüberschreitende Abfallverbringung vorgenommen. Dabei wurde festgestellt, dass die aufbereiteten Papierfaserabfälle, bezeichnet als Spukstoffe/Rejecte von der x GmbH übernommen wurden und zur x GmbH verbracht wurden. Auf Grund einer Stellungnahme des Sachverständigen des BMLFUW, Herrn x von 1. August 2007 zur näheren Zusammensetzung und Klassifizierung dieser Abfälle kommt das Ministerium zum Schluss, dass das Abfallgemisch Spukstoffe/Rejecte nicht als Einzeleintrag in Anhang III, IIIa, IIIb, IV oder IVa der EG-Verbringungsverordnung eingestufte zur Verwertung bestimmte Abfallgemische darstellen und diese daher dem Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung bedürfen.

 

Ausgangspunkt für die Stellungnahme des Sachverständigen bildet eine vom Umweltbundesamt durchgeführte Beprobung und Analyse dieses Materials. Die Probe wurde bei 105 ° getrocknet und daraus die Trockenmasse der Probe durch Rückwiegung mit 40 % der Masse bestimmt. Weiters wurde der Anteil an Biomasse mit 54 % und der Aschegehalt mit 29 % bestimmt. Der Chlorgehalt der Probe lag unter 0,5 %. Auf Grund dieser Analysen führt der Sachverständige aus, dass der Anteil an Papierfaser mit etwa 83 % und der Kunststoffanteil mit etwa 17 % angenommen werden kann. Ausgehend von diesen Werten hält der Sachverständige in seiner technischen Stellungnahme fest, dass eine Zuordnung zur reinen Papierfaser und zur Gruppe GI des Anhanges II der EG-Verbringungsverordnung nicht möglich ist. Auf Grund der Verunreinigung mit 17 % Kunststoff ist aus fachlicher Hinsicht jedenfalls von einem nicht gelisteten Stoffgemisch auszugehen.

 

Weiters führt der Sachverständige aus, dass auf Grund der Herkunft die Abfälle prinzipiell nach dem europäischen Abfallverzeichnis dem Code 030307 mechanisch abgetrennte Abfälle aus der Auflösung von Papier- und Pappeabfällen zuordenbar wären. Da dem Augenschein nach auch eine mechanische Behandlung erfolgte (der Kunststoffanteil war sehr kleinteilig) wäre aber die Zuordnung zum Code 191212 sonstige Abfälle (einschließlich Materialmischungen) aus der mechanischen Behandlung von Abfällen mit Ausnahme derjenigen, die unter 191211 fallen, vorzuziehen. Zur Zuordnung nach Abfallverzeichnis führt der Sachverständige aus, dass gemäß Anlage 5 der Abfallverzeichnisverordnung die Abfälle prinzipiell der Schlüsselnummer 18407 Rückstände aus der Altpapierverarbeitung zugeordnet werden können, auf Grund der zu vermutenden mechanischen Vorbehandlung wäre aber die Schlüsselnummer 91103 vorzuziehen.

 

Mit der Berufung wurde ein von der x GmbH beauftragtes Gutachten, erstellt von DI x, x vom 1. August 2008 vorgelegt, in welchem sich der Gutachter mit der vom Sachverständigen des BMLFUW vorgenommenen Einstufung auseinandersetzt. Der Sachverständige kommt zum Schluss, "dass die Interpretation der Analysenergebnisse auf Grund der nicht quantifizierten systematischen Fehler, die vom Sachverständigen des BMLFUW in Kauf genommen werden, der rechnerisch ermittelte Kunststoffanteil mehr als unsicher ist. Die Sortieranalyse, die im ursprünglichen Gutachten zur Bestimmung des Biomasseanteils des Materials gewählt wurde, ist für die spezielle Aufgabenstellung eindeutig das geeignetere Verfahren. Der Sachverständige des BMLFUW ermittelt den Kunststoffanteil, indem er die Biomasse und den Aschegehalt addiert und von 100 % in Abzug bringt. Bei dieser Vorgangsweise nimmt er an, dass die gesamte Nicht-Biomasse als Kunststoff vorliegt. Diese Annahme ist nicht gerechtfertigt, da auch die Papierfaser fossile Anteile enthält. Als fossile Anteile in der Papierfaser kommen beispielsweise Druckfarben oder Füllstoffe sowie sonstige Additive aus der Papierherstellung in Frage. Diese Anteile wurden nicht festgestellt. Daher ist die Feststellung, dass der Anteil an Nicht-Biomasse gleich dem Kunststoffanteil in der Probe ist, nicht zulässig."

 

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde eine weitere gutachtliche Stellungnahme von Herrn DI x zur Frage der Zuordnung der verfahrensgegenständlichen Papierfaserabfälle zum österreichischen Abfall­katalog (Ö-NORM S 2100), europäischen Abfallverzeichnis und Basler-Code bzw. OECD-Code vorgelegt. In seiner Stellungnahme führt der Sachverständige Folgendes aus:

 

"Aus dem beilegenden Prozess-Schema (aus der Umwelterklärung 2008) der x AG ist ersichtlich, dass im gegenständlichen Prozess weder Füllstoff- oder Füllerschlämme noch de-inking-Schlämme anfallen. Der Sachverständige des Lebensministeriums bezieht sein Gutachten offensichtlich auf eine Lehrbuchsdarstellung des Altpapierrecyclings bzw. aus Internet-Enzyklopädien (zB. Wikipedia, siehe Beilage), nicht jedoch auf die prozesstechnische Realität bei der x AG.

Der Kartion der x AG besteht aus mehreren Schichten und hat eine Grammatur von 300 bis 350 g/. Lediglich die Deckschicht von 5g/ wird einem Flotationsprozess unterworfen. Dieser Vorgang passiert prozesstechnisch lange nachdem das "Reject" abgetrennt wurde.

Reject besteht also im wesentlichen aus nicht aufgelöstem Altpapier und Kunststoffen. Die Verweildauer des Altpapierts im Pulper beträgt nur wenige Minuten, die Prozesstemperatur beträgt etwa 25°C. Prozessbedingt gelangt ein grosser Anteil nicht aufgelöstes Altpapier in das Reject, das unmittelbar nach dem Pulper vom Stoffbrei abgetrennt wird.

Die x GmbH übernimmt das Reject und trennt in einem weiteren rein mechanischen Verfahren durch Siebung den Kunststoff vom nicht aufgelösten Altpapier ab.

Mit Bezug auf das Prozess-Schema kann auch ausgeschlossen werden, dass es sich bei der abgetrennten Papierfraktion um Faserschlamm handelt. Faserschlamm ist ein Klärschlamm, der aus der Abwasserkläranlage der x AG stammt. Daher ist die vom Sachverständigen des Lebensministeriums getroffene Zuordnung der gegenständlichen Papierfraktion zum Code AC 270: Abwasserschlamm als völlig unzutreffend zu qualifizieren.

 

Hinsichtlich der Ermittlung des Kunststoffanteils muss die sehr vereinfachende Abschätzung des Lebensministeriums an dieser Stelle nochmals kritisiert werden. Es bleibt die offene Frage, warum nicht eine Sortieranalyse durchgeführt wurde. Die Untersuchungsanstalt ist ja dieselbe, die bereits im Jahre 2006 die ersten Materialprüfungen durchgeführt hat. In den zur Verfügung stehenden Normen und Gesetzen sowie im Bundesabfallwirtschaftsplan existieren keine Vorgaben hinsichtlich chemischer Untersuchungsverfahren. Papier ist sehr einfach von Kunststoff zu unterscheiden. Unter dem Gesichtspunkt, dass es um die Deklaration und Zuordnung des fraglichen Materials zu einem Abfallcode geht, ist das Verfahren der Sortieranalyse absolut ausreichend.

 

Hinsichtlich der Zuordnung von Abfällen zu den genannten Abfallkatalogen darf ich eingangs ausführen, dass die genannten Abfallverzeichnisse zum Teil keine Zuordnungskriterien enthalten (Basler Übereinkommen bzw. OECD-Ratsbeschluss) bzw. zum anderen nur sehr vage Formulierungen hinsichtlich der Zuordnung treffen.

a) Zuordnungskriterien zum österreichischen Abfallkatalog gemäß      Abfallverzeichnisverordnung, BGBl II 2003/570:

I. Allgemeine Zuordnungskriterien

1. Hierarchie der Abfallcodes

Bei der Zuordnung eines Abfalls zu einer Abfallart ist in folgenden vier Schritten vorzugehen:

1. Bestimmung der Herkunft der Abfälle in den Kapiteln 01 bis 12 bzw. 17 bis 20 und des entsprechenden Abfallcodes (ausschließlich der auf 99 endenden Codes dieser Kapitel). Der Abfallbesitzer hat die Abfälle, die in einer bestimmten Anlage anfallen, je nach der Tätigkeit gegebenenfalls auf mehrere Kapitel aufzuteilen. So kann zB ein Automobilhersteller seine Abfälle je nach Prozessstufe unter Kapitel 12 (Abfälle aus Prozessen der mechanischen Formgebung und Oberflächenbearbeitung von Metallen), 11 (anorganische metallhaltige Abfälle aus der Metallbearbeitung und -beschichtung) und 08 (Abfälle aus der Anwendung von Überzügen) finden. Anmerkung: Getrennt gesammelte Verpackungsabfälle (einschließlich Mischverpackungen aus unterschiedlichen Materialien) werden nicht der Gruppe 20 01 sondern der Gruppe 15 01 zugeordnet.

2. Lässt sich in den Kapiteln 01 bis 12 und 17 bis 20 kein passender Abfallcode finden, so sind zur

Bestimmung des Abfalls die Kapitel 13, 14 und 15 zu prüfen.

3. Trifft kein Abfallcode aus diesen Kapiteln zu, dann ist der Abfall gemäß Kapitel 16 zu bestimmen.

4. Beschreibt auch kein Code in Kapitel 16 den Abfall zutreffend, dann ist der Code 99 „Abfälle a. n. g.“ (Abfälle anders nicht genannt) in dem Teil des Verzeichnisses zu verwenden, der der in Schritt 1 bestimmten abfallerzeugenden Tätigkeit entspricht. Die Zuordnung zu einer nicht gefährlich eingestuften Abfallart mit dem Code 99 darf nur erfolgen, wenn auf Grund der Entstehung oder der Art des Abfalls zuverlässig angenommen werden kann, dass keine gefahrenrelevante Eigenschaft

gemäß Anlage 3 zutrifft.

2. Zuordnung

Die Zuordnung eines Abfalls hat unter Berücksichtigung des Punktes 1 zu jener Abfallart zu erfolgen, die den Abfall in seiner Gesamtheit am besten beschreibt. Hierbei sind die Herkunft sowie sämtliche stoffliche Eigenschaften des Abfalls einschließlich möglicher gefahrenrelevanter Eigenschaften zu berücksichtigen. Es muss die konkretest mögliche Abfallbezeichnung einschließlich einer allfälligen Spezifizierung gemäß § 3 Z 3 lit. b und c verwendet werden, die einer Abfallart gemäß Anlage 2 entspricht. Sonstige Spezifizierungen gemäß § 3 Z 3 lit. a müssen nur dann verwendet werden, wenn diese Unterteilung im Materienrecht oder in einem Bescheid vorgesehen ist. Eine freiwillige Verwendung ist möglich. Ist für die Zuordnung eines Abfalls die Kenntnis der chemischen Zusammensetzung erforderlich, so ist diese durch eine sachverständige Beurteilung auf Basis einer chemischen Analyse der relevanten Parameter nachzuweisen. Ist für die Zuordnung eines Abfallstroms eine chemische Untersuchung erforderlich, so ist die Ausarbeitung des Probenahmeplans, Durchführung der Probenahme und die chemische Untersuchung durch eine befugte Fachperson oder Fachanstalt vorzunehmen. Als Abfallstrom im Sinn des vorigen Satzes gilt eine größere Menge eines bestimmten Abfalls, welcher aus einem definierten Prozess in gleichbleibender Qualität regelmäßig bei einem Abfallerzeuger anfällt. Die für die Zuordnung notwendigen Beurteilungsgrundlagen, wie zB die sachverständige Beurteilung, der Analysenbericht, das Probenahmeprotokoll, der Probenahmeplan oder eine Prozessbeschreibung einschließlich der Einsatzstoffe für Abfälle, die in einem gleichbleibenden Prozess anfallen, sind Teil der Aufzeichnungen betreffend die Abfallart.

Für die Differenzierung zwischen Abfällen mit gefährlichen Inhaltsstoffen und Abfällen ohne gefährliche Inhaltsstoffe sind die gefahrenrelevanten Eigenschaften gemäß Anlage 3 heranzuziehen. Im Falle von Spiegeleinträgen, bei denen nicht bereits durch die Abfallbezeichnung eine eindeutige Zuordnung vorgegeben ist (zB Altfahrzeuge, die nicht nach dem Stand der Technik schadstoffentfrachtet sind, sind dem Code 16 01 04 „Altfahrzeuge“ zuzuordnen; bei nach dem Stand der Technik schadstoffentfrachteten Altfahrzeugen ist der Code 16 01 06 „Altfahrzeuge, die weder Flüssigkeiten noch andere gefährliche Bestandteile enthalten“ zu verwenden), ist eine Zuordnung zu einem gefährlichen Eintrag vorzunehmen, sofern nicht auf Grund der Entstehung oder der Art des Abfalls zuverlässig angenommen werden kann, dass keine gefahrenrelevante Eigenschaft zutrifft.

 

b) Zuordnungskriterien zum europäischen Abfallverzeichnis gemäß    Abfallverzeichnisverordnung, BGBl II 2003/570:

Es gelten die Schlüssel-Nummern, Bezeichnungen und Hinweise des Punktes 4 der ÖNORM S 2100 „Abfallkatalog“, ausgegeben am 1. September 1997, sowie der ÖNORM S 2100/AC 1 „Abfallkatalog (Berichtigung)“, ausgegeben am 1. Jänner 1998, erhältlich beim Österreichischen Normungsinstitut, Heinestraße 38, 1020 Wien, mit folgenden Zuordnungskriterien, Abänderungen und Ergänzungen:

I. Allgemeine Zuordnungskriterien

1. Zuordnung

Die Zuordnung eines Abfalls hat zu jener Abfallart zu erfolgen, die den Abfall in seiner Gesamtheit am besten beschreibt. Hierbei sind die Herkunft sowie sämtliche stoffliche Eigenschaften des Abfalls einschließlich möglicher gefahrenrelevanter Eigenschaften zu berücksichtigen. Es muss die konkretest mögliche Abfallbezeichnung einschließlich einer allfälligen Spezifizierung gemäß § 3 Z 3 lit. b und c verwendet werden. Sonstige Spezifizierungen gemäß § 3 Z 3 lit. a müssen nur dann verwendet werden, wenn diese Unterteilung im Materienrecht oder in einem Bescheid vorgesehen ist. Eine freiwillige Verwendung ist möglich. Ist für die Zuordnung eines Abfalls die Kenntnis der chemischen Zusammensetzung erforderlich, so ist diese durch eine sachverständige Beurteilung auf Basis einer chemischen Analyse der relevanten Parameter nachzuweisen. Die sachverständige Beurteilung hat nach dem Stand der Technik zu erfolgen und vorhandene Informationen zu Abfallherkunft und Abfallqualität sowie vorliegende Untersuchungsergebnisse zu berücksichtigen. Die für die Zuordnung notwendigen Beurteilungsgrundlagen, wie zB die sachverständige Beurteilung, der Analysenbericht, das Probenahmeprotokoll oder eine Prozessbeschreibung einschließlich der Einsatzstoffe für Abfälle, die in einem gleichbleibenden Prozess anfallen, sind Teil der Aufzeichnungen betreffend die Abfallart.

 

Zur Frage der Deklaration des Materials (Papierfaser) möchte ich folgendes ausführen: Im konkreten Fall handelt es sich ja um nicht aufgelöstes Altpapier, das gemeinsam mit Kunststoffanteilen nach einer relativ kurzen Verweildauer im Pulper abgetrennt wird. Stofflich unterscheidet sich dieser Papieranteil unwesentlich von Altpapier. Im Pulper kommt es lediglich zu einer Abtrennung von leicht "auflösbaren" Altpapiersorten. Im Reject finden sich die schwer "auflösbaren" Altpapiersorten. Die nachfolgende Abtrennung und Reinigung des schwer "auflösbaren" Altpapiers erfolgt bei der x GmbH rein mechanisch. Dieses wiedergewonnene Altpapier stammt damit aus einem mechanischen Sortierprozess. Daher ist eine Zuordnung zur SN 18718 nach der ÖNORM S2100 und zum EWC-Code 19 12 01 als zutreffend anzusehen. Auch eine Zuordnung zu Abfällen der "Grünen Liste" und dem Code B3020 "Abfälle und Ausschuss von Papier und Pappe" ist ohne weiters möglich."

 

Nach Durchführung der erwähnten eigenen Beprobungen hat die x GmbH von der x GmbH ein Angebot für die Übernahme von Papierfasermaterial gelegt. Zwischen den Firmen hat Übereinstimmung dahingehend bestanden, dass die Papierfaserabfälle der Grünen Liste der EG-Verbringungsverordnung angehören und daher nicht notifizierungspflichtig sind.

 

Von der x GmbH wurden am 12. Juni und am 14. Juni 2007 Transportfahrten mit diesen Abfällen von Österreich über den Autobahn­grenzübergang Suben in die Bundesrepublik Deutschland durchgeführt. Am 12. Juni wurden 24,90 to bzw. 23,78 to befördert. Am 14. Juni 2007 wurden 24,30 to und 24,06 to nach Deutschland transportiert. Ein Notifizierung dieses Materials wurde zuvor nicht durchgeführt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den oben bereits bezeichneten Prüfberichten und Gutachten. Des weiteren ist festzuhalten, dass der in der mündlichen Verhandlung einvernommene Zeuge glaubwürdig und nach­vollziehbar dargestellt hat, dass der Kunststoffanteil in den gegenständlichen Papierfaserabfällen zweifelsfrei mit der Sortieranalyse feststellbar ist. Im Gegensatz dazu führte er aus, dass die vom Bundesministerium gewählte Analysenmethode mit Aufschluss durch Schwefelsäure unter Nachbestimmung des Kohlenstoffanteils seines Wissens nach wissenschaftliche Bücher füllt und mit Unsicherheiten behaftet ist. Neuere Analysen würden zeigen, dass immer wieder unterschiedliche Ergebnisse bei verschiedenen Materialien erzielt werden. Weiters führt der Zeuge aus, dass von ihm vergleichsweise die Analyse von Altpapier in Auftrag gegeben wurde und die Ergebnisse keine chemischen Unterschiede zu den gegenständlichen Papierfaserabfällen gebracht hätten. Im Ergebnis sei daher festzuhalten, dass die Altpapierabfälle mit dem Papier­faserabfällen, die bei der x GmbH hergestellt werden vergleichbar sind. Nachvollziehbar schilderte der Zeuge auf Basis dieser Analysen, dass bei der x GmbH keine Bedenken bestanden sind, die durch Siebung hergestellten Brennstoffe, die nur aus Papierfaserabfällen zusammengesetzt sind, als grüngelistete Abfälle einzustufen sind und daher nicht notifizierungspflichtig sind. Auf Grund dieser Einstufung stellt der Zeuge auch nachvollziehbar dar, dass keine Notifizierung im gegenständlichen Fall stattgefunden hat, da nach Ansicht des Herstellers, dem auch die Einstufung des Materials obliegt, die Papierfaserabfälle im Anhang II. GI der Abfallverbringungsverordnung gelistet sind.

 

Die von der x GmbH durchgeführte Transportfahrten und die transportierten Mengen ergeben sich aus den vorliegenden Wiegescheinen. Die Tatsache der Verbringung der Materialien in die Bundesrepublik Deutschland ist nicht bestritten worden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 66 Abs.1 AWG 2002 sind für grenzüberschreitende Verbringungen von Abfällen die gemeinschaftsrechtlichen Abfallvorschriften, insbesondere die EG-VerbringungsV (Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen, ABl. Nr. L 190 vom 12.07.2006 S. 1), anzuwenden.

 

Nach § 67 Abs.1 AWG 2002 hat, wer eine gemäß EG-VerbringungsV oder gemäß einer Verordnung nach § 72 Z 1 notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen aus Österreich durchzuführen beabsichtigt, dies dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu notifizieren.

 

Gemäß § 69 Abs.1 AWG 2002 hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über jede von der EG-VerbringungsV erfasste notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen nach, aus oder durch Österreich bescheidmäßig abzusprechen.

 

Gemäß § 79 Abs. 2 Z. 18 AWG 2002 begeht eine Verwaltungsübertretung wer entgegen § 69 Abfälle ohne die erforderliche Bewilligung oder ohne die sonstigen erforderlichen Zustimmungen gemäß der EG-VerbringungsV oder entgegen Art. 22 Abs. 4 der EGVerbringungsV verbringt oder Auflagen in den Bescheiden gemäß § 69 nicht einhält, und ist – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – mit Geldstrafe von 360 bis 7 270 € zu bestrafen; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1 800 € bedroht.

 

5.2.  Zunächst ist auf den Einwand des Bw im Zuge der mündlichen Verhandlung einzugehen, wonach es sich gegenständlich um einen Auftrag für den Transport von Papierfasern gehandelt hat, welcher, wenn überhaupt, von einem einheit­lichen Tatvorsatz umfasst gewesen ist, sodass nicht von vier Einzeldelikten sondern einem fortgesetzten Delikt auszugehen ist. Dem Bw ist dabei grund­sätzlich in seiner Argumentation zu folgen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei einem fortgesetzten Delikt um eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch) erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten (z.B. VwGH 19.11.1986, 86/09/0142 ua.). Vom Bw war beabsichtigt, als Wertstoffhändler eine von der x GmbH hergestellte Menge an Papierfaserabfällen zu übernehmen und diese in Deutschland einer Verwertung zuzuführen. Das Material wurde entsprechend beprobt und wurde vom Bw in Übereinstimmung mit der x GmbH davon ausgegangen, dass das Material der Grünen Liste der EG-Verbringungsverordnung angehört und deshalb nicht notifizierungspflichtig ist. In der Folge wurde vom Bw der Transport dieses Materials von der x GmbH nach Deutschland über den Grenzübergang Suben vorgenommen. Wegen der Menge dieses Materials konnte dieses nicht auf ein Transportfahrzeug verladen werden, sondern wurden mehrere Lkw-Transporte vorgenommen. Bei Bw bestand allerdings der Wille, das von der x GmbH übernommene Material zur Gänze nach Deutschland zu verbringen. Es ist daher davon auszugehen, dass nicht der einzelne Lkw-Transport maßgeblich sein kann sondern der Bw das Gesamtziel hatte, eine größere Menge nach Deutschland zu verbringen und der einzelne Transport mittels Lkw nur einen Teilakt dieser Verbringung darstellt. Auch wenn vom Bw um eine allfällig notwendige Genehmigung der Verbringung angesucht worden wäre, hätte sich die Genehmigung auf die Gesamtmenge des zu verbringenden Materials und nicht auf einen einzelnen Transport bezogen. Bei der Wahl eines anderen Transportmittels wäre es vielleicht möglich gewesen, die Gesamtmenge in einem nach Deutschland zu verbringen. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates liegen daher keine vier getrennt zu verfolgenden Delikte sondern ein fortgesetztes Delikt vor, welches gegebenen­falls mit einer Geldstrafe zu verfolgen wäre.

 

5.3. Der Bw wendet ein, dass die gegenständlichen Abfälle dem Code B3020 "Abfälle aus Papier, Pappe (Karton) und Papierwaren" der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 der Grünen Liste zugeordnet werden können. Seinem Vorbringen zufolge handelt es sich sowohl bei der Papierfaser als auch bei den Kunststoff­anteilen um Abfälle der Grünen Liste, die chemisch untereinander nicht in einer Form reagieren, dass eine Erhöhung des Risikos für Mensch und Umwelt zu erwarten ist. Eine umweltverträgliche Verwertung ist ebenfalls sichergestellt, dies ergibt sich auch aus der Stellungnahme des Sachverständigen des BMLFUW. Nach Ansicht des Bw hat daher eine Notifizierungspflicht nicht bestanden. Festzuhalten ist, dass der Bw seine Rechtsansicht durch Vorlage einer Reihe von Gutachten und Analyseergebnissen untermauert.

 

Grundlage für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren bildet die technische Stellungnahme des Sachverständigen des BMLFUW vom 1. August 2007, in der, ausgehend von einer Beprobung des gegenständlichen Materials, als Ergebnis festgehalten ist, dass dieses aus 83 % Papierfasern und 17 % Kunststofffolien zusammengesetzt ist, weshalb  davon auszugehen ist, dass es sich um ein nicht in der Grünen Liste gelistetes Stoffgemisch handelt. Nach Ansicht des Sachver­ständigen ist eine Einstufung des gegenständlichen Abfalls zum Code 191212 "Sonstige Abfälle (einschließlich Materialmischungen) aus der mechanischen Behandlung von Abfällen mit Ausnahme derjenigen, die unter 191211 fallen" vorzuziehen.

 

Der vom Sachverständigen des BMLFUW vorgenommenen Analyse der Papier­faserabfälle der x GmbH wird vom Bw mit der Vorlage von ebenfalls durch das Umweltbundesamt im Jahr 2006 durchgeführten Analysen des gleichen Materials begegnet. Die im Jahr 2006 vom Umweltbundesamt durchgeführten Analysen ermittelten den Kunst­stoffanteil in den Abfallproben durch die Analysenmethode der Sortieranalyse. Hingegen wurde vom Sachverständigen des BMLFUW der Kunststoffanteil in der Abfallprobe auf Grundlage einer chemischen Untersuchung rechnerisch ermittelt. Zu dieser Rechenmethode der Beurteilung des Kunststoffanteils in der Probe wurde vom Bw ein Gutachten des Sachverständigen für technische Chemie, Herrn x vom 1. August 2008 vorgelegt. In diesem Gutachten führt der Sachverständige schlüssig dar, dass die gewählte Rechen­methode bei der Ermittlung des Kunststoffanteils mit nicht quantifizierten systematischen Fehlern behaftet ist, weshalb der rechnerisch ermittelte Kunststoffanteil mehr als unsicher ist. Der Sachverständige kommt zum Schluss, dass die Sortieranalyse, die in den ursprünglichen Analysen durch das Umwelt­bundesamt gewählt wurde, für die spezielle Aufgabenstellung eindeutig das geeignetere Verfahren darstellt.

 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ist daher durch die vorgelegten Analysen des Umweltbundesamtes aus dem Jahre 2006 sowie den nachvollziehbaren Gegendarstellungen des Sachverständigen Dipl.Ing. x zu der vom Sachverständigen des BMLFUW gewählten Bestimmungsmethode hinsichtlich des Kunststoffanteiles ein Beweis dafür erbracht, dass jedenfalls nicht mit Sicherheit und unter allen Umständen von einem 17 %igen Kunststoffanteil in den Spukstoffen/Rejecten ausgegangen werden kann. Insofern erscheint auch die vom Sachverständigen des BMLFUW vorgenommene Zuordnung der Spukstoffe/Rejecte der x GmbH zum Abfallcode 191212 des europäischen Abfallverzeichnisses nicht schlüssig.

 

Insgesamt ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat die im Sachverhalt bereits wiedergegebene Einstufung der gegenständlichen Materialien durch Dipl.Ing. x auf Basis der vorliegenden Analysen des Materials als nachvollziehbar zu werten. Der Sachverständige kommt in Berücksichtigung der Zuordnungskriterien der Abfallverzeichnisverordnung zum österreichischen Abfallkatalog bzw. zum europäischen Abfallverzeichnis, welchen beiden gemeinsam ist, dass die Zuordnung eines Abfalls zu jener Abfallart zu erfolgen hat, die den Abfall in seiner Gesamtheit am besten beschreibt, zum Schluss, dass eine Zuordnung zur Schlüsselnummer 18718 Altpapier, Papier und Pappe, unbeschichtet der ÖNORM S 2100 und zum EWC-Code 191201 Papier und Pappe als zutreffend angesehen werden kann. Demnach ist nach Darstellung des Sachverständigen eine Zuordnung zu Abfällen der Grünen Liste und zwar dem Code B3020 Abfälle und Ausschuss von Papier und Pappe ohne weiteres möglich. Dies rechtfertigt aber die Vorgehensweise des Bw ohne vorheriger Notifizierung eine Verbringung der gegenständlichen Abfälle zur Verwertung nach Deutschland vorzunehmen.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die vom Sachverständigen des BMLFUW vorgenommene Einstufung der von der x GmbH aufbereiteten Papierfaserabfälle nicht in jenem Ausmaß zu überzeugen vermag, die für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens notwendig ist. Jedenfalls hat der Bw durch Vorlage von Analysen und eines Gegengutachtens des Sachverständigen für technische Chemie nachvollziehbar dargelegt, dass die vom Sachverständigen des BMLFUW getroffene Einstufung mit Unsicherheiten behaftet ist. Dem Bw kann daher nicht vorgeworfen werden, Abfälle verbracht zu haben, die nicht der Grünen Liste der EG-Verbringungsverordnung zuordenbar sind, vielmehr ist von einer bewilligungsfreien Verbringung von Abfällen auszugehen. Mithin war aufgrund der Sachlage dem Berufungsvorbringen Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger