Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200351/2/WEI/Ba

Linz, 21.01.2010

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Herrn X, geb. X, Geschäftsführer, X, X, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28. Oktober 2008, Zl. Agrar 96-32-2007, wegen 19 Verwaltungsübertretungen nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in sämtlichen Spruchpunkten aufgehoben und die Strafverfahren werden gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren und zur Leistung von Gebühren an das Bundesamt für Ernähungssicherheit entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG; § 66 Abs 1 VStG; § 6 Abs 6 GESG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X, X, X, und somit gemäß § 9 VStG. 1991 idgF. Verantwortlicher – wie durch ein Kontrollorgan des Bundesamtes für Ernährungssicherheit am 18.10.2007 festgestellt wurde – zu verantworten, dass in ihrem Betrieb folgende Pflanzenschutzmittel gelagert und zum Verkauf vorrätig gehalten wurden.

 

1.      Bayleton 25, Pflanzenschutzmittelregisternummer 1966, 6 Packungen zu je 5 x 100g, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 31.03.2004 aufgehoben wurde, und die Abverkaufsfrist mit 31.12.2004 endete.

 

2.      Dithane M-22, 7 x 1 kg Pflanzenschutzmittelregisternummer 879, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 29.01.2003 aufgehoben wurde, und die Abverkaufsfrist mit 29.01.2004 endete.

 

3.      Unden flüssig, Pflanzenschutzmittelregisternummer 1633, 4 x 0,1 l, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 25.07.2003 aufgehoben wurde, und die Abverkaufsfrist mit 31.12.2003 endete.

 

4.      Unden flüssig, Pflanzenschutzmittelregisternummer 1633, 1 x 1 l, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 25.07.2003 aufgehoben wurde, und die Abverkaufsfrist mit 31.12.2003 endete.

 

5.      Malathin, Pflanzenschutzmittelregisternummer 429, 1 x 0,1 l, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 31.07.1994 aufgehoben wurde.

 

6.      Pantopur, Pflanzenschutzmittelregisternummer 332, 2 x 0,2 kg, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 29.10.1991 aufgehoben wurde.

 

7.      Pyramin, Pflanzenschutzmittelregisternummer 1078, 1 x 1 kg, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 29.11.2002 aufgehoben wurde, und die Abverkaufsfrist mit 29.11.2003 endete.

 

8.      Golf Totalspray, Pflanzenschutzmittelregisternummer 1890, 16 x 0,665 kg, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 29.10.1991 aufgehoben wurde.

 

9.      Weedone T 80, Pflanzenschutzmittelnummer 1369, 19 x 1 l, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 04.10.1991 aufgehoben wurde.

 

10.  Aservo, Pflanzenschutzmittelregisternummer 427, 14 x 1 kg, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 29.10.1991 aufgehoben wurde.

 

11.  Euparen, Pflanzenschutzmittelregisternummer 1093, 1 x 0,1 kg, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 25.07.2003 aufgehoben wurde, und die Abverkaufsfrist mit 31.12.2003 endete.

 

12.  Gesal Insektizid, Pflanzenschutzmittelregisternummer 1701, 1 x 0,1 l, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 01.08.1994 aufgehoben wurde.

 

13.  Ceresan, 1 x 2 kg, 1 x 9,5 kg und 1 x 0,5 kg.

     Pflanzenschutzmittelregisternummer und exakte Angabe der Handelsbezeichnung war auf den vorgefundenen Gebinden nicht angegeben, ebenso waren keine weiteren Kennzeichnungselement vorhanden.

 

     In Österreich waren folgende Pflanzenschutzmittel mit dem Bestandteil 'Ceresan' zugelassen:

 

-         Ceresan Nassbeize, Pflanzenschutzmittelregistriernummer 105, obwohl                    die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 25.07.1991 aufgehoben wurde.

-         Ceresan Trockenbeize, Pflanzenschutzmittelregistriernummer 115

-           die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 25.07.1991 aufgehoben wurde.

-         Ceresan Universal Trockenbeize, Pflanzenschutzmittelregistriernummer 374,

-           die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 25.07.1991 aufgehoben wurde.

-         Ceresan Nassbeize U 564, Pflanzenschutzmittelregistriernummer 474

-           die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 25.07.1991 aufgehoben wurde.

-         Ceresan Schlämmbeize, Pflanzenschutzmittelregistriernummer 535

-           die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 25.07.1991 aufgehoben wurde.

-         Gamma-Ceresan, Pflanzenschutzmittelregistriernummer 748

-           die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 03.06.1988 aufgehoben wurde.

-         Ceresan Morkit, Pflanzenschutzmittelregistriernummer 781

-           die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 03.06.1988 aufgehoben wurde.

-         Ceresan Flüssigbeize a, Pflanzenschutzmittelregistriernummer 936

-           die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 28.11.1991 aufgehoben wurde.

 

14.  Neodendrin forte, Pflanzenschutzmittelregisternummer 1048 1 x 2 l, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 06.12.1991 aufgehoben wurde.

 

15.  Potablan, Pflanzenschutzmittelregisternummer 1249, 12 x 1 l, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 25.07.2003 aufgehoben wurde, und die Abverkaufsfrist mit 31.12.2003 endete.

 

16.  Basirose, Pflanzenschutzmittelregisternummer 1511, 1 x 0,1 l, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 29.10.1991 aufgehoben wurde.

 

17.  Ekatox 20, Pflanzenschutzmittelregisternummer 197, 2 x 1 l, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 31.07.1994 aufgehoben wurde.

 

18.  Lentagran WP Pflanzenschutzmittelregisternummer 1963, 8 x 1 kgl, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 01.01.2006 aufgehoben wurde, und die Abverkaufsfrist mit 01.01.2007 endete.

 

19.  BASF Rosenspritzmittel universal, Pflanzenschutzmittelregisternummer 1162, 5x 0,025 kg, obwohl die Zulassung dieses Pflanzenschutzmittels mit 29.10.1991 aufgehoben wurde."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde zu den Spruchpunkten 1) bis 19) jeweils § 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 1 Z 1 lit a) Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen zu den Spruchpunkten 1) bis 19) je eine Geldstrafe von 50 Euro (insgesamt 950 Euro) und für den Fall der Uneinbringlichkeit je eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden. Als Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren wurden gemäß § 64 VStG je 10 % der Geldstrafen (insgesamt 95 Euro) und als "Barauslagen für Untersuchungskosten" des Bundesamtes für Ernährungssicherheit je 405,07 Euro (insgesamt 7.696,33 Euro) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 30. Oktober 2008 zugestellt worden ist, richtet sich die am 13. November 2008 bei der belangten Behörde rechtzeitig eingelangte Berufung vom 12. November 2008, mit der in der Hauptsache die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung der Strafverfahren, hilfsweise unter Annahme eines Sammeldelikts eine Ermahnung gemäß § 21 VStG oder die Reduktion der Strafen und der Untersuchungskosten auf 1 x 405,07 Euro angestrebt wird.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens und Sachverhalt:

 

2.1. Der Begründung des Straferkenntnisses ist zu entnehmen, dass am 18. Oktober 2007 im Betrieb der X in X eine Kontrolle gemäß § 28 Abs 1 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 von einem Kontrollorgan des Bundesamts für Ernährungssicherheit (im Folgenden nur BAES) durchgeführt worden sei. Dabei wäre bei 19 Produkten die Übertretung nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz festgestellt worden. Der Bw sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer dafür verantwortlich.

 

Die belangte Behörde hat auf Grund von 19 getrennte eingebrachten Anzeigen gemäß § 3 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 des BAES je vom 24. Oktober 2007 dem Bw in einem zusammenfassenden Verfahren mit einheitlicher Aufforderung zur Rechtfertigung vom 6. Dezember 2007, eigenhändig zugestellt am 19. Dezember 2007, die Verwaltungsübertretungen genau wie im angefochtenen Straferkenntnis angelastet.

 

2.2. Am 11. Jänner 2008 erschien der Bw auf Grund der Aufforderung zur Rechtfertigung zur Einvernahme als Beschuldigter. Dabei wurde ihm Fristerstreckung gewährt, um die Angelegenheit mit seinem Rechtsvertreter besprechen zu können. Mit Bevollmächtigungsanzeige vom 13. März 2008 teilte der Rechtsvertreter dann mit, dass er die Vertretung des Bw übernommen habe.

 

Eine Rechtfertigung zu der dem Bw zugestellten "Aufforderung zur Rechtfertigung" wurde mit Eingabe des Rechtsvertreters vom 10. April 2008 erstattet. Darin gesteht der Bw zu, dass er aus Unachtsamkeit die Lagerung der vorgefundenen Pflanzenschutzmittel, deren Zulassungen seit längerem abgelaufen waren, übersehen habe, was er sehr bedauere. Dadurch, dass er nicht für eine fristgerechte Entsorgung der Pflanzenschutzmittel vor Ablauf der Zulassungs- bzw Abverkaufsfristen sorgte, habe er fahrlässig ein Fehlverhalten gesetzt. Aus einer Aufstellung über die letzten Verkäufe zu den 19 Pflanzenschutzmitteln, geht hervor, dass diese viele Jahre (jüngstes Datum 14.07.2001) und teilweise sogar Jahrzehnte (bis 1989) zurückliegen. Der Bw wies auf diesen Umstand und, dass es sich um geringe Restmengen gehandelt habe, hin. In den letzten Jahren sei keines der Pflanzenschutzmittel veräußert worden, weshalb auch keinerlei nachteilige Folgen eingetreten wären.

 

In der Rechtfertigung wird weiter die Rechtsansicht vertreten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs hinsichtlich der 19 Pflanzenschutzmittel von einem "Sammeldelikt" auszugehen sei, zumal die Einzeltaten funktional und wertmäßig einen Einheit bildeten (Hinweis auf VwSlg 10.138 A/1980; VwGH 98/18/0197 und 90/10/0080). Außerdem seien die Gebühren für das BAES nur in einem Fall vorzuschreiben, weil von einem Sammeldelikt auszugehen sei und die Pflanzenschutzmittel auch bei nur einer Überprüfung vorgefunden worden wären.

 

2.3. Das BAES trat in der von der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme vom 10. Juli 2008 der Darstellung des Bw betreffend die Jahre bzw sogar Jahrzehnte zurückliegenden Verkäufe insofern entgegen, als die unbelegte Aufstellung des Bw nicht als Beweis zu würdigen wäre. Es sei daher hinsichtlich der lagernd vorgefundenen Pflanzenschutzmittel nach wie vor von einem Inverkehrbringen gemäß § 2 Abs 10 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 durch Lagern und Vorrätighalten zum Verkauf auszugehen. Auch ein Sammeldelikt liege nicht vor, weil es sich um unterschiedliche Pflanzenschutzmittel und verschiedenen Tatbestände und nicht um Tateinheit handle.

 

Zu den Gebühren des BAES wird auf die Kosten laut Gebührentarif (Kontrollgebührentarif-2007) für die Bearbeitung vor Ort (Code 12010), für die Beschlagnahme (Code 12012) sowie für das Kontrollverfahren (Code 12011) hingewiesen, welche in jedem Verfahren angefallen und daher 19 Mal vorzuschreiben wären. Gemäß Code-Nr. 12014 werde für diese Stellungnahme des BAES zusätzlich 319,79 Euro in Rechnung gestellt.

 

2.4. Die belangte Behörde verständigte den Bw unter Wiederholung des Tatvorwurfes wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme und übermittelte die Stellungnahme des BAES unter Einräumung der Möglichkeit zur weiteren Stellungnahme binnen zwei Wochen.

 

Mit rechtsfreundlich eingebrachter Stellungnahme vom 12. September 2008 wendet sich der Bw zunächst gegen die Ansicht des BAES, wonach die Auflistung der Verkäufe nicht als Beweismittel gelten könne. Diese sei selbstverständlich ein zulässiges Beweismittel, welches die Behörde zu würdigen habe.

Dann wiederholt der Bw sein Ansicht, dass funktional und wertmäßig eine Einheit vorliege und daher rechtlich von einem "Sammeldelikt" auszugehen sei. Die Gebühren des BAES könnten daher nur für einen Fall vorgeschrieben werden. Die beanspruchten Gebühren von 8.016,12 Euro stünden in keinem angemessenen Verhältnis zu der Kontrolltätigkeit des BAES und zu der zu verhängenden Verwaltungsstrafe. Die nunmehr auch noch für die Stellungnahme des BAES begehrten Kosten gemäß Code Nr. 12014 in Höhe von 319,79 Euro seien keinesfalls zuzusprechen, weil nach dieser Codenummer allenfalls Kosten für ein "Gutachten" in Betracht kämen.

 

2.5. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis das Tatsachenvorbringen des Bw nicht in Frage gestellt, die Ansicht des Vorliegens eines "Sammeldelikts" aber abgelehnt. Die Beurteilung als Dauerdelikt bzw fortgesetztes Delikt hätte einen gemeinsamen Vorsatz verlangt, der schon aus dem Grunde der fahrlässigen Begehung nicht herangezogen hätte werden können. Die Untersuchungskosten wären für jede Übertretung gesondert zu verrechnen gewesen, da es sich um eigenständige Tatbestände handelte. Der Umstand des Lagerns und Vorrätighaltens zum Verkauf sei ausreichend erwiesen und wäre auch nicht bestritten worden. Die zusätzlich geforderten Kosten für die Abgabe einer Stellungnahme hält auch die belangte Behörde für ungerechtfertigt

 

Da der Bw von der Möglichkeit zur Bekanntgabe seiner persönlichen Verhältnisse keinen Gebrauch machte, schätzte die belangte Behörde sein Einkommen auf 1.800 Euro monatlich bei fehlenden Sorgepflichten. Die Geldstrafe von insgesamt 950 Euro (6,5 % der Höchststrafe) erscheine dem Unrechtsgehalt und Grad des Verschuldens angepasst und auch erforderlich, um den Bw in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten. Als mildernd wertete die Behörde die Unbescholtenheit, das Geständnis und den Umstand, dass die Produkt entsorgt wurden. Erschwerende Umstände seien nicht vorgelegen.

 

2.6. Die Berufung bekämpft das Straferkenntnis vollinhaltlich, macht unrichtige Tatsachenfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und wendet sich auch gegen die Strafe.

 

Zum Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung wird als unzutreffend gerügt, dass das Untersuchungsorgan des BAES am 18. Oktober 2007 eine Kontrolle im Betrieb des Bw durchgeführt und dabei 19 verschiedene Produkte beanstandet hätte. Dieser angenommene Tatzeitpunkt sei falsch. Hinsichtlich der Punkte 8 bis 10 sei vielmehr richtig, dass diese Pflanzenschutzmittel bereits am 16. Oktober 2007 vorgefunden wurden. Dies ergebe sich unzweifelhaft aus den Bezug habenden Anzeigen und aus dem nicht aktenkundigen Inspektionsbericht Nr. LC00867 des BAES samt Bescheinigungen, welcher zum Beweis als Beilage ./1 beigelegt werde.

Die übrigen Pflanzenschutzmittel in den weiteren Spruchpunkten seien bereits am 17. Oktober 2007 vorgefunden worden, was sich unzweifelhaft aus dem Inspektionsbericht LC00870 des BAES ergebe, der ebenfalls nicht im Akt einliege und als Beilage ./2 vorgelegt werde. Die vorläufige Beschlagnahme habe diesbezüglich am 17. Oktober 2007 stattgefunden. Zu den Spruchpunkten 8, 9 und 10 erfolgte die Beschlagnahme gemäß § 29 Pflanzenschutzmittelgesetz am 16. Oktober 2007. Mit der Beschlagnahme sei dem Bw jede Verfügungsmöglichkeit über die Pflanzenschutzmittel genommen worden. Er hätte daher entgegen der belangten Behörde am 18. Oktober 2007 gar keine Verwaltungsübertretung begehen können.

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung sei das Straferkenntnis hinsichtlich sämtlicher Verwaltungsübertretungen rechtswidrig und ersatzlos aufzuheben, weil von Verfolgungsverjährung auszugehen sei. Bei der Tatzeit handle es sich um ein wesentliches Tatbestandsmerkmal, weshalb ein Austausch im Berufungsverfahren ausscheide (Hinweis auf VwGH 15.11.1994, Zl. 92/07/0139; VwGH 19.9.1996, Zl. 96/07/0002).

 

Unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird die Rechtsansicht der belangten Behörde zum "Sammeldelikt" als unzutreffend bekämpft, weil sie zu einer Besserstellung des Vorsatztäters führe. Es sei sehr wohl von einem Sammeldelikt auszugehen, zumal die Einzeltaten vom Deliktstyp her gesehen, funktional und wertmäßig eine Einheit bilden würden. In der Folge führt die Berufung Leitsätze aus der Judikatur an. Im Ergebnis hätte die belangte Behörde nur eine Strafe verhängen sowie einmal Verfahrenskosten sowie Untersuchungskosten von 405,07 Euro zusprechen dürfen.

 

Die Geldstrafe von 19 x 50 Euro sei weitaus überhöht. Der Bw sei unbescholten und bei richtiger Würdigung als "Sammeldelikt" und unter Berücksichtigung des bloß geringen Verschuldens und der fehlenden Tatfolgen wäre überhaupt keine Strafe notwendig gewesen, sondern hätte man mit einer Ermahnung das Auslangen finden können.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und dabei festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Die im Tatzeitpunkt geltenden Bestimmungen des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 (im Folgenden: PMG), BGBl. I Nr. 60/1997 idF BGBl. I Nr. 55/2007, - eine begünstigende Änderung der Rechtslage iSd § 1 Abs. 2 VStG ist nicht eingetreten –, lauten wie folgt:

 

"Begriffsbestimmungen

 

         § 2. (1)

         ...

         (10) "Inverkehrbringen" ist das Lagern und Vorrätighalten zum Zwecke des Verkaufs oder der sonstigen Abgabe an andere, das Feilhalten, das Verkaufen und jedes sonstige Überlassen an andere - insbesondere auch die Abgabe in Genossenschaften, Vereinen oder sonstigen Vereinigungen an deren Mitglieder - sowie die Einfuhr aus Drittländern.

         ...

Voraussetzungen für das Inverkehrbringen

 

         § 3. (1) Es dürfen nur die Pflanzenschutzmittel, die nach diesem Bundesgesetz zugelassen sind, in Verkehr gebracht werden.

         (2) Einer Zulassung bedürfen nicht

1. die nachweisliche Abgabe zur Lagerung mit anschließender Ausfuhr aus dem Gebiet der Gemeinschaft und

2. die Lagerung und der Verkehr von Pflanzenschutzmitteln, die nachweislich zur Anwendung in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt und dort zugelassen sind.

         (3) Ein neuer Wirkstoff, der zu einem in § 2 Abs. 1 genannten Zweck bestimmt ist, darf nur in Verkehr gebracht werden, wenn der Kommission und den Mitgliedstaaten Unterlagen, von denen anzunehmen ist, dass sie den Anforderungen von Anhang II der Richtlinie 91/414/EWG genügen, sowie zu mindestens einer Zubereitung, die diesen Wirkstoff enthält, Unterlagen gemäß Anhang III der Richtlinie 91/414/EWG mit einer Erklärung übermittelt worden sind, dass der Wirkstoff zu einem in § 2 Abs. 1 genannten Zweck bestimmt ist.

         (4) Wer beabsichtigt, gewerbsmäßig in erster Vertriebsstufe gemäß § 12 Abs. 10 zugelassene Pflanzenschutzmittel in Österreich in Verkehr zu bringen, hat dies vor Aufnahme der Tätigkeit dem Bundesamt für Ernährungssicherheit unter Bekanntgabe der Kennzeichnung der Pflanzenschutzmittel und seiner Anschrift oder gegebenenfalls des Firmensitzes sowie gegebenenfalls unter Nachweis des rechtmäßigen In-Verkehr-Bringens anzumelden (Meldepflichtiger). Der Meldepflichtige unterliegt den Meldepflichten gemäß § 25. Das In-Verkehr-Bringen von Pflanzenschutzmitteln ist unzulässig, wenn der begründete Verdacht besteht, dass die Konformität mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union, insbesondere des Annex I der Richtlinie 91/414/EWG, nicht gegeben ist, oder die Gebühr für die Eintragung in das Pflanzenschutzmittelregister nicht entrichtet wurde.

 

Strafbestimmungen

 

         § 34. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen

         1. mit Geldstrafe bis zu 14 530 €, im Wiederholungsfall bis 29 070 €, wer

         a) Pflanzenschutzmittel entgegen § 3 Abs. 1, 2 oder 4 in Verkehr bringt,

         ...

         c) Pflanzenschutzmittel im Inland entgegen § 20 oder § 21 in Verkehr bringt,

         ...

         (2) Die Frist für die Verfolgungsverjährung beträgt ein Jahr.

         (3) Der Versuch ist strafbar.

         (4) Das Bundesamt für Ernährungssicherheit hat Parteistellung einschließlich Rechtsmittelbefugnis in Verfahren nach diesem Bundesgesetz, die vor den Bezirksverwaltungsbehörden oder unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern durchgeführt werden. Die Bescheide sind dem Bundesamt für Ernährungssicherheit zuzustellen. Dem Bundesamt für Ernährungssicherheit steht das Recht auf Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu."

 

 

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

4.3. Die belangte Behörde hat auf die Verwaltungsübertretung nach § 34 Abs 1 lit a) iVm § 3 Abs 1 PMG abgestellt, wonach strafbar ist, wer entgegen dem Gebot des § 3 Abs 1 leg.cit. Pflanzenschutzmittel in Verkehr bringt.

 

Demnach begeht die Tat, wer nicht zugelassene Pflanzenschutzmittel iSd § 2 Abs 10 PMG in Verkehr bringt. In den vorliegenden Fällen geschah dies nach dem Tatvorwurf durch Lagern und Vorrätighalten zum Verkauf am 18. Oktober 2007.

 

Die Berufung hat als Beilage ./1 die Inspektionsberichte Nr. LC00867 und Nr. LC00868 des Kontrollorgans betreffend Amtshandlungen des BAES bei der Firma am 16. Oktober 2007 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass bei der Kennzeichnungskontrolle im landwirtschaftlichen PSM-Lager die abgelaufenen Pflanzenschutzmittel Golf-Totalspray (Spruchpunkt 8), Weedone T 80 (Spruchpunkt 9) und Aservo (Spruchpunkt 10) vorläufig beschlagnahmt wurden. Die entsprechenden Bescheinigungen Nr. VC00105, VC00104 und VC00103 gemäß § 29 Abs 6 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 vom 16. Oktober 2007 wurden ebenfalls vorgelegt.

 

Dem als Beilage ./2 vorgelegten Inspektionsbericht Nr. LC00870 des Aufsichtsorgans X betreffend die Kennzeichnungskontrolle des BAES vom 17. Oktober 2007 im landwirtschaftlichen PSM-Lager der Firma X ist zu entnehmen, dass an diesem Tag die in den übrigen Spruchpunkten des Straferkenntnisses aufgelisteten Pflanzenschutzmittel in den angeführten Mengen vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

Das Berufungsvorbringen, wonach der Tatzeitpunkt entgegen der strafbehördlichen Anlastung keinesfalls der 18. Oktober 2007 gewesen sein konnte, weil der Bw an diesem Tag wegen der schon zuvor erfolgten Beschlagnahme keine Verfügungsgewalt mehr hatte, trifft demnach offensichtlich zu.

 

Die belangte Behörde hat in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 6. Dezember 2007, der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 22. August 2008 und im angefochtenen Straferkenntnis stets den gleichen Tatvorwurf unter Anführung des falschen Datums 18. Oktobers 2007 formuliert. In den meisten Anzeigen des BAES je vom 24. Oktober 2007 wird (Ausnahme: Fälle der Pflanzenschutzmittel Golf Totalspray, Weedone T 80 und Aservo, wo zutreffend der 16. Oktober 2007 genannt ist) wird der nicht zutreffende 18. Oktober 2007 als Kontrolltag und Tag des Vorfindens der Pflanzenschutzmittel angegeben. Deshalb erfolgte die Anlastung durch die belangte Behörde wohl von Anfang an unrichtig.

 

4.4. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofs hat ein Tatvorwurf im Spruch des Straferkenntnisses den Zeitpunkt der Begehung der Tat und im Falle eines Zeitraumes dessen Anfang und Ende kalendermäßig genau zu umschreiben (vgl bspw Hauer/Leukauf, Handbuch6, E 16 und E 267 zu § 44a VStG).

 

Im Fall des Inverkehrbringens abgelaufener Pflanzenschutzmittel durch Lagern zum Verkauf oder zur sonstigen Abgabe handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats um ein Dauerdelikt, das naturgemäß so lange wie das verbotene Lagern selbst dauert. Auch bei einem Dauerdelikt sind grundsätzlich Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Bescheides anzuführen. Der Verwaltungsgerichthof hat aber diesen Grundsatz mit dem Argument abgeschwächt, dass bei Dauerdelikten auch die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes pönalisiert wird, weshalb die Festlegung der Tatzeit mit jenem Zeitpunkt, zu dem die Tat entdeckt wurde, nicht rechtswidrig sei (vgl Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch6, E 21a und 21b zu § 44a VStG)

 

Im vorliegenden Straferkenntnis wird allerdings auch der vom Verwaltungsgerichtshof vorausgesetzte Umstand, dass die Tatzeitangabe bei Entdeckung der Tat zumindest noch innerhalb des in Betracht kommenden Tatzeitraumes liegt, verfehlt. Denn wie die Berufung insofern mit Recht betont hat, ist es im Hinblick auf die behördlichen Beschlagnahmen schon vor dem 18. Oktober 2007 denkunmöglich, dass an diesem Tag noch ein verbotenes Lagern von Pflanzenschutzmitteln vorlag, das dem Bw oder seiner Firma zugerechnet werden könnte.

 

Die einjährige Verfolgungsverjährungsfrist des § 34 Abs 2 PMG ist im Hinblick auf die Beschlagnahmen am 16. und 17. Oktober 2007 mittlerweile längst abgelaufen. Innerhalb dieser Frist hat die belangte Behöre nach Ausweis der Aktenlage in zeitlicher Hinsicht keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt. Eine Auswechslung wesentlicher Tatmerkmale außerhalb der Verjährungsfrist ist unzulässig, wenn dem Beschuldigten kein geeigneter Vorwurf innerhalb der Verjährungsfrist gemacht wurde (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch6, 1525, letzter Absatz, in Anm 8 zu § 44a VStG). Selbst wenn bei Angabe der Tatzeit ein Schreibfehler unterlaufen wäre, was gegenständlich ohnehin nicht der Fall ist, vermag dies nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs keine berichtigende Auslegung zu Lasten des Beschuldigten zu bewirken (vgl Nachw aus der Judikatur bei Hauer/Leukauf, Handbuch6, 1526, in Anm 8 zu § 44a VStG).

 

4.5. Abgesehen vom dargelegten Spruchmangel, der schon für sich allein die Aufhebung des Straferkenntnisses in sämtlichen Spruchpunkten zur Folge haben muss, wurde von der belangten Behörde auch die Subsidiaritätsklausel im § 34 Abs 1 PMG nicht beachtet. Denn eine Verwaltungsübertretung liegt nur vor, sofern "die Tat" nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

Wie der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schon in seinem Erkenntnis vom 29. Oktober 2009, VwSen-200355/21/SR/Sta u.a. Zlen., ausgesprochen hat, ist eine mögliche Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 in Betracht zu ziehen, wenn es bei der Tat um das Lagern von nicht (mehr) zugelassenen Pflanzenschutzmitteln nach Überschreiten des Verfalldatums geht.

 

Im gegenständlichen Verfahren hat der Bw schon in seiner ersten Rechtfertigung vom 10. April 2008 vorgebracht, dass es sich bei den vorgefundenen Pflanzenschutzmitteln nur um Restbestände handelte, bei denen die Zulassungen seit längerem abgelaufen waren. Aus einer Aufstellung zu den einzelnen Produkten ergibt sich, dass diese schon seit Jahren und teilweise sogar Jahrzehnten nicht mehr verkauft wurden. Tatsächlich habe die Firma X seit Jahren nur mehr Schneckenkorn, Rattengift und Kleinpackungen für Privatkunden im Sortiment gehabt. Der Bw bedauerte, dass er aus Unachtsamkeit übersehen habe, zur Lagerung der seit längerem abgelaufenen Pflanzenschutzmittel nicht berechtigt gewesen zu sein. Es ist ihm anzulasten, dass ein ordentlicher Pflanzenschutzmittelhändler solche Pflanzenschutzmittel, deren Zulassungen bereits vor Jahren bzw. sogar vor Jahrzehnten aufgehoben worden sind, schon längst hätte entsorgen lassen.

 

4.5.1. Die hier in Frage kommenden und im Tatzeitpunkt in Geltung gestandenen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (im Folgenden: AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002 idF BGBl. I Nr. 43/2007, – eine begünstigende Änderung der Rechtslage iSd § 1 Abs. 2 VStG ist nicht eingetreten – lauten wie folgt:

 

"Begriffsbestimmungen

 

         § 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und

         1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

         2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

         ...

         (4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

         ...

         3. "gefährliche Abfälle" jene Abfälle, die gemäß einer Verordnung nach § 4 als gefährlich festgelegt sind.

 

Abfallverzeichnis

 

         § 4. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ermächtigt, mit Verordnung festzulegen:

         ...

         2. die Abfallarten, die gefährlich sind; dabei sind die gefahrenrelevanten Eigenschaften gemäß Anhang 3 heranzuziehen;

         als gefährlich zu erfassen sind jene Abfallarten, welche im Verzeichnis im Sinne des Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 91/689/EWG über gefährliche Abfälle, ABl. Nr. L 377 vom 31. 12. 1991, S 20, in der Fassung der Richtlinie 94/31/EG, ABl. Nr. L 168 vom 2. 7. 1994, S 28, enthalten sind;

         ...

 

Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer

        

         § 15. (1)

         ...

         (5) Ist der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande, hat er die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben. Die Übergabe hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) vermieden werden; Abfälle zur Beseitigung sind regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, Abfälle zur Verwertung sind regelmäßig, mindestens einmal in drei Jahren, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben.

         ...

Strafhöhe

         § 79. (1) Wer

         ...

         2. gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 5 nicht oder nicht rechtzeitig einem entsprechend Berechtigten übergibt,

         ...

         begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 € bis 36.340 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3.630 € bedroht.

         ...“.

 

§ 4 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über ein Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnisverordnung), BGBl. II Nr. 570/2003 idF BGBl. II Nr. 89/2005, lautete wie folgt:

 

Gefährliche Abfälle

 

         § 4. (1) ...

         (2) Bis zum 31. Dezember 2008 gelten jene Abfallarten der Anlage 5 und jene der ÖNORM S 2100 "Abfallkatalog", ausgegeben am 1. September 1997, und der ÖNORM S 2100/AC 1 "Abfallkatalog (Berichtigung)", ausgegeben am
1. Jänner 1998, erhältlich beim Österreichischen Normungsinstitut, Heinestraße 38, 1020 Wien, als gefährlich, die mit einem "g" versehen sind. Die Zuordnung eines Abfalls zu einer Abfallart in Anlage 5 hat nach den in Anlage 5 festgelegten Zuordnungskriterien zu erfolgen. Sofern für die Zuordnung Untersuchungen erforderlich sind, haben diese gemäß Anlage 4 zu erfolgen."

 

 

4.5.2. Bei den am 16. und 17. Oktober 2007 im Betrieb des Bw vorgefundenen Pflanzenschutzmitteln handelt es sich sowohl um Abfall gemäß § 2 Abs 1 Z 1 (subjektiver Abfallbegriff) als auch gemäß § 2 Abs 1 Z 2 (objektiver Abfallbegriff) AWG 2002. Den durchaus glaubhaften und von der belangten Behörde auch nicht widerlegten Angaben des Bw ist zu entnehmen, dass er die schon lange abgelaufenen Pflanzenschutzmittel nicht mehr im Sortiment und auch Jahre nicht mehr verkauft hatte. Die vorgefundenen Pflanzenschutzmitteln wurden daher als Restbestände im Keller nur mehr zum Zwecke ihrer Entsorgung gelagert. Außerdem sind Altbestände von Pflanzenschutzmitteln nach dem § 2 Abs 4 Z 3 AWG 2002 iVm § 4 Abs 2 Abfallverzeichnisverordnung iVm der ÖNORM S 2100, Schlüsselnummer 53103, als "gefährliche Abfälle" zu qualifizieren.

 

Die im Spruch aufgelisteten Produkte sind seit Jahren nicht mehr zugelassen. Die meisten Zulassungen endeten in den 90er Jahren, manche erst in den Jahren bis Ende 2005. Damit verletzte der Bw schon nach seinem eigenen Vorbringen die Pflichten als Abfallbesitzer gemäß § 15 Abs 5 AWG 2002, weil er zu einer entsprechenden Behandlung dieses Abfalls nicht berechtigt oder imstande war und er ihn nicht rechtzeitig – nämlich innerhalb der vorgesehen Jahresfrist ("mindestens einmal im Jahr") – einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zur Beseitigung übergab.

 

Nach der Subsidiaritätsklausel im § 34 Abs 1 PMG liegt eine Verwaltungsübertretung nur vor, sofern "die Tat" nicht nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Nach dem Strafrahmen des § 79 Abs 1 AWG 2002 ist "die Tat" mit einer Geldstrafe von 730,-- bis 36.340,-- Euro zu bestrafen, während im § 34 Abs 1 PMG nur eine Geldstrafe bis zu 14.530,-- Euro, im Wiederholungsfall bis 29.070,-- Euro, vorgesehen ist. Damit ist "die Tat" nach AMG 2002 jedenfalls mit strengerer Strafe bedroht. Das dem Beschuldigten angelastete Tatverhalten des "Lagerns und Vorrätighaltens zum Verkauf" (Verkaufsabsichten des Bw sind im Verfahren gar nicht bewiesen worden) von längst nicht (mehr) zugelassenen Pflanzenschutzmitteln wäre nicht nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, sondern wegen der länger als ein Jahr aufrechterhaltenen Lagerung der als gefährliche Abfälle zu qualifizierenden Pflanzenschutzmittel nach dem strengeren AWG 2002 zu verfolgen gewesen.

 

5. Im Ergebnis war daher das angefochtene Straferkenntnis in sämtlichen Spruchpunkten aufzuheben und die Einstellung der Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG zu verfügen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren. Die im Straferkenntnis gemäß § 32 PMG iVm § 6 Abs 6 Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz - GESG (BGBl I Nr. 63/2002 idgF) zugunsten des BAES vorzuschreibenden Gebühren hatten damit ebenfalls zu entfallen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

 

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