Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-570000 und 570001/6/WEI/Bk

Linz, 29.07.1999

VwSen-570000 und 570001/6/WEI/Bk Linz, am 29. Juli 1999

DVR.0690392

B E S C H L U S S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlaß der Berufungen der Ehegatten E, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. März 1999, Zlen. UR-304952/33-1999 Gb/Wa e.o. und UR-304952/34-1999 Gb/Wa e.o., betreffend die Verhängung einer Ordnungsstrafe in einem abfallwirtschaftsrechtlichen Verfahren den Beschluß gefaßt:

Aus Anlaß der Berufungen werden die angefochtenen Bescheide wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm §§ 34, 36 Abs 2 AVG 1991 idF BGBl I Nr. 158/1998

B e g r ü n d u n g:

1. Mit den oben bezeichneten Bescheiden des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. März 1999 wurde über die Berufungswerber auf der Rechtsgrundlage des § 34 Abs 3 AVG 1991 wie folgt abgesprochen:

"Über Herrn L wird aufgrund des im Berufungsvorbringen vom 11. März 1999, eingelangt am 15. März 1999, UR-304952/32-1999, erhobenen Vorwurfs

'wenn man oben genannten Bescheid liest und sieht mit welcher Arroganz alle Argumente sowie alle subjektiven Rechte in einer gesunden Umwelt zu leben mißachtet werden, erscheint es eigentlich sinnlos hier noch weiter zu argumentieren.

Es wird vermutlich wieder alles vom Tisch gewischt und rigoros 'keine Folge gegeben', und dies nennt man dann Bürgerbeteiligung. Wenn man diesen Bescheid betrachtet ist es kaum zu glauben daß wir in einem Rechtsstaat leben sollen, sondern man fühlt sich in einer Diktatur der schlimmsten Art oder Pseudo-Demokratie wie man es dann nennen mag",

eine Ordnungsstrafe in der Höhe von ATS 5.000,-- verhängt.

Dieser Betrag ist binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides auf das Konto der Oberbank Linz, Konto Nr. , einzuzahlen."

Nach Ausweis der Akten wurde der S, mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 24. Februar 1999, Zl. UR-304952/31-1998 Gb/Wa, die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung gemäß § 29 AWG für die Errichtung und den Betrieb einer Bodenaushubdeponie (Deponievolumen ca. 366.000 m3) auf den Grundstücken Nr. , alle KG. P, Gemeinde S, unter Vorschreibungen erteilt. Die Berufungswerber haben im erstbehördlichen Genehmigungsverfahren zahlreiche Einwendungen erhoben, denen im oben bezeichneten Bescheid mit näherer Begründung keine Folge gegeben wurde. Gegen den Genehmigungsbescheid erhoben sie inhaltlich gleichlautende Berufungen vom 11. März 1999, beim Amt der Oö. Landesregeirung eingelangt am 15. März 1999.

Im ersten Absatz ihres Berufungsschriftsatzes führen die Berufungswerber wie oben im Spruch der belangten Behörde wiedergegeben aus. Die belangte Behörde sah darin unter Berücksichtigung von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine beleidigende Schreibweise iSd § 34 Abs 3 AVG, zumal der Behörde nach objektivem Verständnis der Meinungsäußerung der Berufungswerber eine den Grundsätzen eines demokratischen Rechtsstaates widersprechende Handlungsweise und Geisteshaltung unterstellt werde.

2. Gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 29. März 1999 brachten die Berufungswerber mit Schreiben vom 2. April 1999, eingelangt am 6. April 1999, rechtzeitig "Einspruch" (richtig: Berufung) ein und beantragten die Aufhebung der ergangenen Bescheide. Sie bringen im wesentlichen vor, daß der Berufungswerber die inkriminierte Aussage nach seinem subjektiven Empfinden formuliert habe. Seine Gattin habe zwar mitunterschrieben, die Aussage aber als zu drastisch beeinsprucht und schließlich darauf vertraut, daß nur das subjektive Empfinden des Berufungswerbers zum Ausdruck gebracht worden sei. In einem Rechtsstaat müsse es möglich sein, Empfindungen zu artikulieren, widrigenfalls dies einer Abschaffung der freien Meinungsäußerung gleichkäme. Diese Empfindungen seien auch ausführlich begründet worden und es sei eine Tatsache, daß den großteils berechtigen Einwänden keine Folge gegeben wurde. Abschließend versichern die Berufungswerber, daß sie auch in Zukunft mit allen ihnen zur Verfügung stehenden demokratischen Mitteln gegen die Schottergrube kämpfen werden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat ist seit der AVG-Novelle BGBl I Nr. 158/1998 gemäß dem § 36 Abs 2 AVG 1991 zur Entscheidung über eine Berufung gegen den Bescheid, mit dem eine Ordnungs- oder Mutwillensstrafe verhängt wird, zuständig, wobei er durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat.

Der Oö. Verwaltungssenat hat telefonisch bei der belangten Behörde erhoben, daß aus Anlaß der Berufungen gegen den abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsbescheid keine Berufungsvorentscheidung getroffen wurde. Der Verfahrensakt wurde vielmehr dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Wie im folgenden noch darzulegen ist, ergibt sich deshalb schon nach der Aktenlage, daß die angefochtenen Bescheide wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos aufzuheben sind.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß im gegenständlichen Fall das AVG 1991 in der Fassung der Novelle BGBl I Nr. 158/1998 anzuwenden ist.

Gemäß § 34 Abs 1 AVG hat das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen. § 34 Abs 2 AVG bestimmt, daß Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zunächst zu ermahnen sind. Bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorheriger Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis S 10.000,-- verhängt werden.

Nach § 34 Abs 3 leg.cit. können die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

Seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senats des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1987, Zl. 86/11/0145, 0150, (vgl VwSlg 12.429 A/1987) ist zur Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise im Hinblick auf eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 34 ff AVG entsprechend dem Grundsatz des gesetzlichen Richters nach Art 83 Abs 2 BVG nur eine bestimmte Behörde zuständig. Dabei handelt es sich um jene, die die Angelegenheit, in der die Eingabe eingebracht worden ist, zu erledigen oder sonst in Verhandlung zu nehmen hat. In bezug auf eine in einer Berufung enthaltene Ordnungswidrigkeit ist die Berufungsbehörde und nicht etwa die Erstbehörde als Einbringungsstelle zuständig. Betrifft die Eingabe zwei oder mehrere Angelegenheiten, sind jeweils zwei oder mehrere bestimmte Behörden zur Verhängung der Ordnungsstrafe zuständig, wobei aber das Zuvorkommen entscheidet.

In der gegenständlichen abfallwirtschaftsrechtlichen Angelegenheit nach § 29 Abs 1 Z 6 AWG ist gemäß § 29 Abs 17 AWG der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft die Berufungsbehörde. Da eine Berufungsvorentscheidung nach dem § 64a AVG 1991 von der belangten Behörde nicht erlassen wurde, war jedenfalls der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft jene Behörde, die im Sinne der zitierten Entscheidung eines verstärkten Senats des Verwaltungsgerichtshofes die Berufung zu erledigen hatte. Deshalb war auch die Berufungsbehörde und nicht die Einbringungsbehörde zur Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise in der Berufung zuständig.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß

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