Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252359/2/BP/Eg

Linz, 21.01.2010

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwälte x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 18. Dezember 2009, GZ.: 0049776/2009, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 146 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 18. Dezember 2009, GZ.: 0049776/2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 112 Stunden) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x, welche unbeschränkt haftender Gesellschafter der x Ges.m.b.H. & Co.KG., welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt habe und somit als nach § 9 VStG verwaltungsrechtlich Verantwortlicher, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten habe:

Die oa. Firma habe als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG am 13. Oktober 2009 Herrn x als Dienstnehmer, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (Gegenleistung für die kostenlose Benützung des Fahrzeuges, um ein Motorrad von Tarvis Italien nach Hause bringen zu können), mit dem Lenken des Firmenfahrzeuges der Firma x, amtl. KZ. x, von Kopfing nach St. Veit an der Glan (Ladung: Fenster) beschäftigt. Herr y habe das ggst. KFZ bei einer Kontrolle am 13. Oktober 2009 um 8:25 Uhr auf der B 143 bei Aurolzmünster (beim Parkplatz Freibad) gelenkt. Der in Rede stehende Beschäftigte sei der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen gewesen. Auch habe eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit bestanden. Die Höhe des Entgelts – Sachbezug – sei objektiv über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG von 27,47 Euro pro Arbeitstag gelegen. Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert gewesen sei, sei hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung, bei der Oö. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet worden. Als verletzte Rechtsgrundlagen werden §§ 33 Abs. 1 und 1a iVm 111 ASVG in der jeweils gültigen Fassung genannt.

Begründend führt die belangte Behörde nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen aus, dass sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite im vorliegenden Fall gegeben seien. Hinsichtlich der Strafbemessung geht die belangte Behörde als strafmildernd von der bisherigen Unbescholtenheit des Bw, als straferschwerend von keinem Umstand aus.

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw durch Hinterlegung am 31. Dezember 2009 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung vom 13. Jänner 2010.

Darin ficht der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Bw das Straferkenntnis zur Gänze an und führt darin zunächst aus, dass Herr x und der Bw Mitglieder in einem zahlreiche Personen umfassenden Motorradklub seien. Anlässlich eines Zusammentreffens in diesem Klub habe Herr x den Bw ersucht einen Transporter bei seiner Firma ausborgen zu können, um ein Motorrad aus Italien nach Österreich zu transportieren. Der Bw habe dies zugesagt und bevor Herr x mit dem Fahrzeug von seinem Betrieb weggefahren sei diesen gefragt, ob er auf der Fahrt nach Italien bei einer Kunde des Unternehmens des Bw in x ein paar Fenster abliefern könne. Herr x habe sofort zugesagt, zumal dies für ihn keinen Umweg auf der Fahrt nach Italien bedeutet habe und er sich selbstverständlich auch für den Freundschaftsdienst habe erkenntlich zeigen wollen.

Abgesehen davon sei dem Bw zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht bekannt gewesen, dass Herr x arbeitslos sei.

Vollkommen ungerechtfertigt sei im angefochtenen Straferkenntnis die Feststellung, x wäre als Beschäftigter des Unternehmens des Bw der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsplatzes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen gewesen. Davon könne überhaupt keine Rede sein. Herr x habe den Tag seiner Fahrt, die Zeiteinteilung, die Wahl der Fahrtstrecke selbst und ohne irgendwie an Weisungen des Bw gebunden  zu sein, festlegen können. Es könne auch keine Rede davon sein, dass die leihweise Benützung des Firmenfahrzeuges für den Motorradtransport einen Sachbezug für eine von Herrn x zu erbringende Arbeitsleistung anzusehen wäre. Der Bw habe ihm den Transporter aus reiner Freundschaft durch die gemeinsame Mitgliedschaft im Motorradklub leihweise überlassen und allein aus der Tatsache, dass Herr x damit nach Italien fahren werde, habe sich die Gelegenheit ergeben, auf der Hinfahrt die Fenster für die Kunde in St. Veit an der Glan mitzunehmen und abzuliefern. Nachdem die für die Erfüllung des dem Bw angelasteten Tatbestandes notwendigen Voraussetzungen: Beschäftigung des x in der Firma, organisatorische sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgebliche Unterwerfung, persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit sowie keinerlei Sachbezug oder sonstige Entlohnung weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit erfüllt seien, sei eine Strafbarkeit des Verhaltens des Bw im Sinne der §§ 33 Abs. 1 und 1a, 111 ASVG nicht gegeben. Dies umso mehr, als der Bw ja von einer Arbeitslosigkeit des Herrn x keinerlei Kenntnis gehabt habe und auch nicht habe müssen.

Abschließend stellt der Bw den Antrag die Behörde möge im Wege einer Berufungsvorentscheidung gemäß § 64a AVG das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben und außer Kraft setzen. Sollte diesem Antrag nicht entsprochen werden, stellt der Bw hilfsweise den Antrag den Akt an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung über diese Berufung vorzulegen, welcher ebenfalls im Sinne des oben gestellten Antrages entscheiden und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben möge.

2.1. Mit Schreiben vom 15. Jänner 2010 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Nachdem im in Rede stehenden Verfahren lediglich die Klärung einer Rechtsfrage vorzunehmen war, der Sachverhalt völlig unwidersprochen ist und kein diesbezüglicher Parteienantrag vorliegt, konnte gemäß § 51e Abs. 3 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen.

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter den Punkt 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 33 Abs.1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl 189/1955 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr. 130/2008 haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß Abs.1a leg.cit. kann der Dienstgeber die Anmeldungsverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet und zwar

1.     vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.     die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Abs.1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Gemäß § 111 Abs.1 handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete er Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß Abs.2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

3.2. "Zuständiger Krankenversicherungsträger“ i.S.d. § 33 Abs. 1 ASVG ist für sämtliche im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangene Verwaltungsübertretungen die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse mit Sitz in Linz. Somit ist der Bürgermeister der Stadt Linz grundsätzlich die für die Erledigung sämtlicher aus Anlass einer im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangenen Übertretungen des § 33 Abs. 1 ASVG durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren örtlich zuständige Behörde i.S.d. § 27 Abs. 1 VStG.

3.3. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass den Bw als Beschäftiger grundsätzlich die Anmeldepflicht zur Sozialversicherung von, von seinem Unternehmen beschäftigten, Personen trifft.

 

3.4. Für den vorliegenden Fall entscheidend ist, ob Herr x bei der in Rede stehenden Firma tatsächlich beschäftigt war. Dass er beim zuständigen Sozialversicherungsträger nicht angemeldet war, bedarf keiner weiteren Feststellungen.

 

3.4.1. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1991, Zl. 91/08/0101, knüpft dieser die Anmeldepflicht nach § 33 ASVG an das Vorliegen der Beschäftigung nach § 4 Abs. 2 ASVG und die dort angeführten Kriterien. Eine Entscheidung nach § 33 iVm § 111 leg. cit. kann demnach nur unter genauer Erörterung dieser Kriterien erfolgen.

Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, [].

3.4.2.1. Was die Merkmale persönlicher Abhängigkeit (also der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit einer Person durch ihre und während ihrer Beschäftigung) anlangt, so sind nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0152, nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen rechtlicher Gestaltung der Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall auch vorliegender Umstände wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. 

3.4.2.2. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. u.a. VwGH vom 19. März 1984, Slg. Nr. 11361/A).

Das Angewiesensein dessen, der nicht über die Produktionsmittel verfügt, auf die Ware "Arbeitskraft" erstreckt sich sowohl auf die wirtschaftliche als auch auf die persönliche Sphäre des Arbeitenden (vgl.  VwGH vom 22. Jänner 1991, Zl. 89/08/0349).

3.4.2.3. Nach dem Erkenntnis des VwGH vom 27. November 1990, Zl. 89/08/0178, genügt es für die Annahme persönlicher Abhängigkeit – in Übereinstimmung mit dem zu beurteilenden Gesamtbild der Beschäftigung -, wenn die konkrete – wenn auch nur in Form einer Teilzeitbeschäftigung – übernommene Verpflichtung zu einer ihrer Art nach bestimmten Arbeitsleistung den Arbeitenden während dieser Zeit so in Anspruch nimmt, so dass er über diese Zeit auf längere Sicht nicht frei verfügen kann und ihre Nichteinhaltung daher einen Vertragsbruch mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen darstellen würde.

3.4.2.4. Die Erteilung von Weisungen betreffend die eigentliche Arbeitsleistung kommt im Wesentlichen in zwei (von einander nicht immer scharf zu trennenden) Spielarten in Betracht: in Bezug auf das Arbeitsverfahren einerseits, das arbeitsbezogene Verhalten andererseits.

Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren können in der Realität des Arbeitslebens nicht immer erwartet werden, weil sich schon bei einer geringen Qualifikation des Arbeitenden ein gewisser fachlich eigener Entscheidungsbereich findet, der sich mit steigender Qualifikation und Erfahrung erweitert. Deshalb ist das Fehlen von das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungen in der Regel von geringer Aussagekraft (vgl. VwGH vom 27. Jänner 1983, Zl. 81/08/0032).

Die Erteilung von Weisungen betreffend das arbeitsbezogene Verhalten unterbleibt in der Regel dann, wenn und sobald der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich im Betrieb des Dienstgebers zu bewegen und zu verhalten hat (vgl. VwGH vom 25. Februar 1988, Zl. 86/08/0242). In solchen Fällen lässt sich die Weisungsgebundenheit in Bezug auf das arbeitsbezogene Verhalten jedoch in Form "stiller Autorität des Arbeitgebers" feststellen (vgl. VwGH vom 25. Mai 1987, Zl. 83/08/0128).

3.4.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs u. a. vom 11. Dezember 1990, Zl. 88/08/0269, ist wirtschaftliche Abhängigkeit bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit und findet ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel.

3.4.4. Die Entgeltlichkeit ist kein bloßes Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses, sondern eine weitere Voraussetzung der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs 2 ASVG (vgl. u.a. VwGH vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0003). Unter dem Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG ist unter dem Gesichtspunkt der Entgeltlichkeit grundsätzlich das entgeltliche (und nicht unentgeltliche) Beschäftigungsverhältnis gemeint, an das Voll- und Teilversicherungspflicht in differenzierender Weise anknüpfen (vgl. VwGH vom 29. November 1984, Zl. 83/08/0083).

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst (Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst (Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Überdies ist hier wohl auch § 1152 ABGB einschlägig, wonach für den Fall, dass vertraglich kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart ist, ein angemessenes Entgelt als bedungen gilt.

3.5. Im hier zu beurteilenden Fall liegen die der eben dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu entnehmenden Kriterien vor.

3.5.1. Zunächst ist festzuhalten, dass der Arbeitsort, nämlich die Ablieferung der Fenster am Standort des Kunden in St. Veit an der Glan und somit die Wegstrecke vom Bw determiniert wurde. Dass Herr x dabei keinen gröberen Umweg zur Abholung des Motorrads aus Tarvis in Kauf nehmen musste, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Von einem – wenn auch eher geringen – Umweg ist allerdings auszugehen, da die Abholung des Motorrads und die damit verbundene Wegstrecke kein Verlassen der Autobahn oder kein Anfahren des Standortes des Kunden erforderlich gemacht hätte.

Dass die Fenster mit dem Betriebsmittel des Unternehmens des Bw (Firmen-KFZ) angeliefert wurden, steht außer Zweifel, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass hiebei eine Bindung bzw. Abhängigkeit dem Unternehmen gegenüber zu bejahen ist.

Hinsichtlich der Arbeitszeit bringt der Bw vor, dass Herr x diesbezüglich völlig frei gewesen sei. Wie jedoch vom Bw selbst geschildert herrschte eine Übereinkunft zwischen ihm und Herrn x, die Fenster auf der Hinfahrt abzuliefern. Für die Annahme dieses Kriteriums der zeitlichen Gebundenheit ist es nicht erforderlich, dass ein genauer Zeitplan von Seiten des Bw erstellt worden wäre, den Herr x zu akzeptieren gehabt habe. Faktum bleibt, dass eine Übereinkunft – basierend auf dem Auftrag des Bw und der Akzeptanz des Herrn x – darüber bestand, dass die Fenster am Tag der Fahrt abzuliefern seien.

Hinsichtlich der Weisungsgebundenheit ist Bezug nehmend auf die oa. Darstellungen festzuhalten, dass die Durchführung einer Anlieferung mit bekanntem Ausgangspunkt und Zielort – nach allgemeiner Lebenserfahrung - keiner näheren Determinierungen von Seiten eines Dienstgebers bedarf, sondern die Angabe des Zielortes im Regelfall im Sinne einer Weisung ausreichend sein wird.

Es ist also – entgegen der Ansicht des Bw – durchaus von einer organisatorischen Eingliederung in sein Unternehmen auszugehen und die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit im Sinne der obigen Darstellungen zu bejahen.

3.5.2. Insbesondere bringt der Bw vor, dass er Herrn x das Firmen-KFZ aus reiner Freundschaft geliehen habe und Herr x aus reiner Dankbarkeit dafür die Lieferung der Fenster übernommen habe. Unbestritten ist zunächst, dass die Zur-Verfügung-Stellung eines KFZ für eine Fahrt nach Tarvis und wieder zurück im vorliegenden Fall als durchaus sachbezugsfähige Leistung angesehen werden kann. Dasselbe gilt auch für eine Transportfahrt von Kopfing nach St. Veit an der Glan. Es liegt im hier zu beurteilenden Fall also eine "gegenseitige" Erbringung von Diensten vor. Betrachtet man den wahren wirtschaftlichen Wert dieses gegenseitigen Leistungsverhältnisses, das sich im Übrigen – wie auch vom Bw glaubhaft geschildert – reflexiv causal gestaltete, so ist, auch wenn es den beiden Beteiligten in dieser Klarheit nicht bewusst gewesen sein mag, aus dem Blickwinkel eines redlichen Dritten von keinem unentgeltlichen Verhältnis auszugehen. Nicht zuletzt wurde von den Beteiligten in diesem Sinne auch nicht Unentgeltlichkeit, sondern die gegenseitige Erbringung von geldwerten, sogenannten – sich aber wohl bedingenden - "Freundschafts- bzw. Dankbarkeitsdiensten" vereinbart. Auch die Entgeltlichkeit ist somit in Form des Sachbezuges gegeben.

Es liegen somit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 ASVG vor, weshalb grundsätzlich die Anmeldepflicht gemäß § 33 ASVG bestand. Zu prüfen bleibt jedoch, ob die in § 5 ASVG genannten Ausnahmen von der Vollversicherungspflicht, von der im bekämpften Bescheid ausgegangen wird, in Anwendung gebracht werden können.

3.6. Gemäß § 5 Abs. 2 gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es

 

1.  für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 26,80 €, insgesamt jedoch von höchstens 349,01 € gebührt oder

2.  für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 349,01 € gebührt.

Keine geringfügige Beschäftigung liegt hingegen vor, wenn das im Kalendermonat gebührende Entgelt den in Z 2 genannten Betrag nur deshalb nicht übersteigt, weil

-   infolge Arbeitsmangels im Betrieb die sonst übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreicht wird (Kurzarbeit) oder

-   die Beschäftigung im Laufe des betreffenden Kalendermonates begonnen oder geendet hat oder unterbrochen wurde.

Auch gilt eine Beschäftigung als Hausbesorger nach dem Hausbesorgergesetz, BGBl. Nr. 16/1970, nicht als geringfügig, außer während der Zeit

-          eines Beschäftigungsverbotes gemäß den §§ 3 und 5 des Mutterschutzgesetzes (MSchG), BGBl. Nr. 221/1979, oder

-          eines Karenzurlaubes gemäß den §§ 15, 15a, 15b und 15d MSchG und den §§ 2, 5 und 9 des Eltern-Karenzurlaubsgesetzes (EKUG), BGBl. Nr. 651/1989, bei Anspruch auf Wochengeld bzw. auf Karenzgeld nach dem Karenzgeldgesetz (KGG), BGBl. I Nr. 47/1997.

Auf Beschäftigungsverhältnisse, die mit Dienstleistungsscheck entlohnt werden, ist ausschließlich die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (Z 2) anzuwenden. An die Stelle der im ersten Satz genannten Beträge treten ab Beginn jedes Beitragsjahres (§ 242 Abs. 10) die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachten Beträge.

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass für die zu leistende Tätigkeit des Herrn x am 13. Oktober 2009 von einem Sachbezug, der 27 Euro pro Tag übersteigt, ausgegangen werden kann.

3.7.  Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahr­läs­siges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

Es ist nun zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaub­haft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. ua. VwGH vom 25. Jänner 2005, 2004/02/0293).

Dem Bw wird zugestanden, dass er sich der rechtllichen Tragweite der gegenseitigen Freundschaftsdienste nicht in vollem Ausmaß bewusst sein mag, und dass er diesbezüglich allenfalls auch einem Irrtum unterlag. Allerdings kann im Lichte der oa. Judikatur dieser Irrtum nicht als entschuldend angesehen werden. Es wäre dem Bw unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben durchaus zumutbar gewesen sich entsprechend zu orientieren. Der Bw brachte keinerlei weiteren Schuldentlastungsgründe vor. Solche werden auch vom erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht erkannt. 

Das Verschulden liegt hier in der Form der – durchaus nicht zu vernachlässigenden – Fahrlässigkeit vor.

Auch die subjektive Tatseite ist somit als erfüllt anzusehen.

3.8. Hinsichtlich der Strafbemessung folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates den Überlegungen der belangten Behörde, die im Übrigen völlig zu Recht nur die Mindeststrafe verhängte. Ein weiteres Herabsetzen kam allein schon mangels unerheblicher Folgen der Tat und auch mangels Vorliegens eines geringfügigen Verschuldens nicht in Betracht.

3.9. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 VStG zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 146 Euro, aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtig-ten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Ein-gabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree


 

VwSen-252359/2/BP/Eg vom 21. Jänner 2010

 

Rechtsnormen:

§§ 4 Abs. 2 iVm. 5 Abs. 2 Z. 1 ASVG, § 33 Abs. 1 ASVG, § 111 Abs. 1 Z. 1

ASVG, § 111a ASVG;

 

Betrachtet man den wahren wirtschaftlichen Wert dieses gegenseitigen Leistungsverhältnisses, das sich im Übrigen – wie auch vom Bw glaubhaft geschildert – reflexiv causal gestaltete, so ist, auch wenn es den beiden Beteiligten in dieser Klarheit nicht bewusst gewesen sein mag, aus dem Blickwinkel eines redlichen Dritten von keinem unentgeltlichen Verhältnis auszugehen. Nicht zuletzt wurde von den Beteiligten in diesem Sinne auch nicht Unentgeltlichkeit, sondern die gegenseitige Erbringung von geldwerten, sogenannten – sich aber wohl bedingenden - "Freundschafts- bzw. Dankbarkeitsdiensten" vereinbart.

 

 

 

 

 

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