Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522443/6/Zo/Ps

Linz, 15.01.2010

 

                                                                                                                                                        

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, X, vom 23. November 2009 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 10. November 2009, Zl. VerkR21-911-2009/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und weiterer Anordnungen, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. Jänner 2010 durch sofortige Verkündung der Entscheidung zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 7 Abs.1, Abs.3 Z1, 24 Abs.3, 26 Abs.2 Z1, 30 Abs.3 und 32 Abs.1 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber mit dem angefochtenen Bescheid die Lenkberechtigung für die Klassen B und ML entzogen und ausgesprochen, dass ihm für den Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet ab 3. November 2009, und vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden darf. Weiters wurde ihm für den selben Zeitraum das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraft­fahrzeugen verboten. Es wurde angeordnet, dass er sich vor Ablauf der Entziehungsdauer auf eigene Kosten einer begleitenden Maßnahme (Nachschulung für alkoholauffällige Lenker) zu unterziehen und vor Ablauf der Entzugsdauer ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung und überdies zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens eine verkehrs­psychologische Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungs­stelle zu erbringen habe. Die Entziehungsdauer endet nicht vor Befolgung dieser Anordnung. Überdies wurde ihm das Recht aberkannt, für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung bekämpfte der Berufungswerber die Entziehung der Lenkberechtigung, die Anordnung der Nachschulung sowie des amtsärztlichen Gutachtens und der verkehrspsychologischen Stellungnahme. Dies begründete er damit, dass die Behörde zu Unrecht § 30 Abs.3 FSG angewandt habe. Der Verwaltungsgerichts­hof habe bereits in der Entscheidung vom 25. April 2006 zu Zl. 2006/11/0022 erkannt, dass sich aus § 30 Abs.1 iVm Abs.3 FSG ergebe, dass die Entziehung der Lenkberechtigung gemäß § 24 grundsätzlich nur auf Besitzer einer in Österreich erteilten Lenkberechtigung anzuwenden ist.

 

Für das Verfahren betreffend den Besitzer einer in einem anderen EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung, welcher seinen Wohnsitz in Österreich habe, sei § 30 Abs.3 FSG (und damit die Entziehung der Lenkberechtigung) nur dann anzuwenden, wenn der Betroffene seinen Hauptwohnsitz in Österreich habe. Der Berufungswerber habe in Österreich jedoch lediglich einen Nebenwohnsitz, sein Hauptwohnsitz befinde sich nach wie vor in Deutschland. Es seien daher die Entziehung der Lenkberechtigung und die Anordnungen in Punkt 4. des Bescheides (Nachschulung und amtsärztliches Gutachten sowie verkehrspsychologische Untersuchung) nicht zulässig gewesen. Unter Berücksichtigung des bereits angeführten Erkenntnisses des VwGH hätte lediglich ein Lenkverbot im Sinne des § 30 Abs.1 FSG verfügt werden dürfen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. Jänner 2010. An dieser haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie eine Vertreterin der Erstinstanz teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Dem Berufungswerber wurde am 30. Juni 2004 vom Landratsamt Weißenfels die Lenkberechtigung für die Klassen B und ML erteilt. Am 3. November 2009 um 00.35 Uhr lenkte er den Pkw mit dem Kennzeichen X in Neuhofen an der Krems auf der L534 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand von 0,83 mg/l.

 

Der Berufungswerber ist seit 22. Jänner 2009 mit Nebenwohnsitz in X gemeldet. Er ist Ende November 2008 nach Österreich gekommen und ist seit Dezember 2008 bei einem Leasingunternehmen, der X mit Sitz in X, beschäftigt. Sein derzeitiger Arbeitgeber ist der "X" mit Sitz am Flughafen in X, wobei der Berufungswerber dort bereits seit Dezember 2008 und auch derzeit noch im Lager beschäftigt ist. Er ist in Deutschland als arbeitslos gemeldet und würde im Fall eines passenden Arbeitsangebotes im Bereich seiner engeren Heimat dieses annehmen und wiederum zur Gänze nach Deutschland ziehen. Er lebt gemeinsam mit seiner Verlobten in seiner Wohnung in X. Er selbst fährt alle zwei bis drei Wochen von X für mehrere Tage an diese Anschrift zurück, an welcher er auch mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Auch längere Freizeitaufenthalte (Urlaub und dergleichen) verbringt er an dieser Anschrift.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.       die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.       sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 gilt gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG insbesondere, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 StGB zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG hat die Behörde unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Fristen nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei der Absolvierung der begleitenden Maßnahmen unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird.

 

Gemäß § 30 Abs.3 erster Satz FSG hat die Behörde eine Entziehung auszusprechen und den Führerschein des Betroffenen einzuziehen und der Ausstellungsbehörde zurückzustellen, wenn das Verfahren gemäß Abs.1 dem Besitzer einer in einem EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung betrifft, der seinen Wohnsitz (§ 5 Abs.1 Z1) nach Österreich verlegt hat.

 

Gemäß § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

1.     ausdrücklich zu verbieten,

2.     nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Auflagen eingehalten werden oder

3.     nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

 

Gemäß § 5 Abs.2 FSG liegt ein Wohnsitz in Österreich gemäß Abs.1 Z1 vor, wenn sich die betreffende Person innerhalb der letzten zwölf Monate nachweislich während mindestens 185 Tagen in Österreich aufgehalten hat oder glaubhaft macht, dass sie beabsichtigt, sich für mindestens 185 Tage in Österreich aufzuhalten.

 

5.2. Der Berufungswerber hat ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand von 0,83 mg/l gelenkt. Er hat damit erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 – und damit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG – begangen. Gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG ist ihm daher die Lenkberechtigung für mindestens sechs Monate zu entziehen.

 

Zur Frage, ob dem Berufungswerber die Lenkberechtigung zu entziehen oder ein Lenkverbot im Sinne des § 30 Abs.1 FSG auszusprechen ist, kommt es darauf an, wo sich der Wohnsitz des Berufungswerbers befindet. Der Berufungswerber hält sich seit mehr als einem Jahr in Österreich auf und geht hier durchgehend einer beruflichen Betätigung nach. Er ist zwar nur mit Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet und fährt regelmäßig alle zwei bis drei Wochen in seine "Heimat" nach Deutschland zurück. Dort hat er auch eine Wohnung, in der auch seine Verlobte lebt. Im Hinblick auf seine berufliche Tätigkeit und den zeitlich weitaus überwiegenden Aufenthalt in Österreich befindet sich jedoch sein Wohnsitz im Sinne des § 5 Abs.2 FSG in Österreich. Es ist daher nicht die Bestimmung des § 30 Abs.1 FSG (Lenkverbot), sondern jene des § 30 Abs.3 FSG (Entziehung der Lenkberechtigung) anzuwenden.

 

Bei einer Entziehung der Lenkberechtigung sind jedoch gemäß § 24 Abs.3 FSG auch die dort vorgesehenen Maßnahmen (Nachschulung, amtsärztliches Gutachten und verkehrspsychologische Untersuchung) vorzuschreiben. Die vom Berufungswerber angeführte Judikatur des VwGH ist auf den gegenständlichen Fall nicht anzuwenden, weil sich diese Entscheidung auf ein Lenkverbot im Sinne des § 30 Abs.1 FSG bezog, nicht aber auf eine Entziehung der Lenkberechtigung im Sinne des § 30 Abs.3 FSG.

 

Es ist die Sachlage zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung anzuwenden. Der dauernde Aufenthalt des Berufungswerbers und damit sein Wohnsitz im Sinne des § 5 Abs.2 FSG befinden sich derzeit in Österreich. Dass der Berufungswerber beabsichtigt, allenfalls in Zukunft wiederum nach Deutschland zu verziehen, ändert daran nichts. Es war daher die Berufung abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 16,80 Euro angefallen.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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