Linz, 26.01.2010
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die auf den Strafausspruch eingeschränkte Berufung der Frau X, vertreten durch Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 11.12.2009, Zl.: VerkR96-20410-2009-Ni/Pi, zu Recht:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen;
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten wird dem Berufungswerberin für das Berufungsverfahren ein Kostenbeitrag von 80,-- Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – VStG.
Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Über die Berufungswerberin wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wegen der Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 400 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 160 Stunden verhängt, weil sie es als Zulassungsbesitzerin unterlassen habe binnen zwei Wochen, der anfragenden Behörde (BH Linz-Land) über deren Aufforderung laut Schreiben vom 19.08.2009, Auskunft darüber zu erteilen, wer das angeführte Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X (A) [richtig: X]am 23.05.2009 um 06.20 Uhr in der Gemeinde Ansfelden auf der Autobahn A1 bei Strkm. 170.000 in Fahrtrichtung Wien gelenkt hat.
1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses führt die Behörde erster Instanz Folgendes aus:
2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird dem Schuldspruch mit folgenden Ausführungen entgegen getreten:
3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung konnte letztlich angesichts der Einschränkung der Berufung auf das Strafausmaß unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich mit Blick auf das Berufungsvorbringen in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 21.1.2010, mit welchem die Berufung auf das Strafausmaß eingechränkt und demnach der Schuldspruch in Rechtskraft erwuchs, der für die Beurteilung der Straffrage wesentliche Sachverhalt.
4. Wie bereits in der Rechtfertigung und in der Berufung wird im Schriftsatz vom 21.1.2010 abermals als schuldmildernder Umstand ins Treffen geführt, dass die Berufungswerberin bereits drei Monate vor der Lenkeranfrage eine Strafverfügung betreffend die StVO-Übertretung zugestellt worden sei. Demnach habe sie mit gutem Grund die Auffassung vertreten können sich durch die geforderte Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers (der Fahrzeuglenkerin) nicht selbst belasten zu müssen.
Mit dieser Verantwortung vermag die Berufungswerberin insbesondere wegen des Hinweises auf die Strafbarkeit in der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe mit Schreiben vom 19.8.2009 nichts gewinnen. Dies zusätzlich vor dem Hintergrund, dass diese Aufforderung dem Rechtsvertreter zugestellt wurde, wobei wohl kein Zweifel darin besteht, dass jedenfalls diesem die durch die Judikatur in allen Instanzen und nicht zuletzt zwischenzeitig selbst durch den EGMR abgesicherte Rechtslage bekannt ist. Zur Bezeichnung der Berufungswerberin im Auskunftsbegehren als Frau „X“ ist auf die diesberzügliche handschriftliche Korrektur auf den richtigen Familiennamen in der im Akt befindlichen Ausfertigung hinzuweisen. Auch auf der zu Handen des Rechtsvertreters zugestellten RSb-Sendung findet sich der richtigte Familienname angeführt, sodass seitens des Rechtsvertreters dadurch wohl zu keinem Zeitpunkt ein Irrtum über die Person und den Umfang deren Verpflichtung bestanden haben konnte.
Die Gestaltung des letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG 1967 als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B‑VG stehend und (derzeit) nicht im Widerspruch zu Art. 6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof hebt das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers hervor, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, bemerkt aber auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.). Nach bisher ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann (vgl. u.a. Erk. vom 29. September 1993, 93/02/0191).
Anzumerken gilt es in diesem Zusammenhang, dass eine dem Rechtsanwalt durch § 9 Abs.2 RAO eingeräumte Befugnis, über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt gewordenen Tatsachen keine Auskunft zu geben, durch die Verfassungsbestimmung des § 103 Abs 2 letzter Satz KFG idF 1986/106 ebenso durchbrochen gilt (VwGH 26.4.1991, 90/18/0252).
Eine Aufforderung nach § 103 Abs 2 zweiter Satz KFG darf im Falle, dass vorher bereits eine rechtsanwaltliche Vertretung für den/die Zulassungsbesitzer(in) im Verfahren ausgewiesen war – was auch hier der Fall war - nur an den Rechtsanwalt zugestellt werden (VwGH 16.2.1983, 82/03/0048 mit Hinweis auf VwGH 8.9.1982 82/03/0018, 12.12.1955 1232/53 Slg. Anhang Nr.77, VwGH 17.12.1980 2942/79, VwSlg 10327 A/1980).
5. Tatschuld und Strafzumessung:
Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
Wenngleich der Berufungswerberin in ihrem Vorbringen durchaus gefolgt werden kann, sich angesichts der hohen Fahrgeschwindigkeit und des damit zwingend drohenden Entzuges der Lenkberechtigung von (zumindest) zwei Wochen, sich einer Strafverfolgung nicht auszusetzen geneigt zu zeigen, zwingt diese im Verfassungsrang stehende Bestimmung dennoch zu einer solchen Auskunft. Schon aus diesem Grund bedarf es insbesondere aus generalpräventiven Überlegungen einer spürbaren Bestrafung. Der Unwertgehalt einer Verweigerung der Lenkerbekanntgabe ist angesichts des öffentlichen Interesses, insbesondere dem Interesse der Pflege der Verkehrssicherheit und der sich daraus ableitenden Pflicht zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr in einer solcherart herbeigeführten Vereitelung der Strafverfolgung nicht bloß als geringfügig zu beurteilen. Mit der Verweigerung wurde jedenfalls ein Lenker oder eine Lenkerin dem staatlichen Sanktionsregime in ganz gezielter und letztlich sanktionsvermeidender Absicht entzogen.
Wenn die Berufungswerberin immerhin 1.400 Eur monatlich verdient und keine Sorgepflichten hat, vermag in der hier verhängten Geldstafe jedenfalls ein Ermessensfehler nicht erblickt werden.
Der bis 5.000 Euro reichende Strafrahmen wurden hier nur im Umfang von 8% und demnach durchaus im Rahmen des gesetzlichen Ermessensspielraumes ausgeschöpft.
Der Berufung muss daher ein Erfolg sowohl in der Schuld- als auch in der Straffrage versagt bleiben.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r