Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522395/7/Bi/Th

Linz, 26.01.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 2. Oktober 2009 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom
22. September 2009, GZ.09/345986, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung durch Befristung und Auflagen (nach Zurückziehung der Berufung gegen die Vorschreibung der Vorlage von Leberlaborwerten für CDT, MCV und GammaGT im 1. Jahr alle vier Monate und im 2. Jahr halbjährlich), zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Befristung und der Auflage des Nachweises regelmäßiger (zweimonatiger) Alkoholbetreuung aufgehoben wird. 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.1 FSG die von der BH Freistadt am 22.9.2009, GZ.09345986, für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung befristet bis 22.9.2011 unter der Auflage, in 4, 8, 12, 18 und 24 Monaten Laborwerte für CDT, MCV und Gamma-GT und einen Nachweis regelmäßiger Alkoholbetreuung vorzulegen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 22. September 2009.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Laboruntersuchungen würden einen nicht unerheblichen finanziellen Aufwand verursachen, da die 45 Euro dafür selbst zu bezahlen seien, außerdem 25 Euro pro Untersuchung/Betreuung (Km-Geld bis Freistadt und zurück) anfallen. Als Frührentner habe er nur ein geringes monatliches Einkommen. Außerdem sehe er die Voraussetzung für eine Befristung nicht mehr als gegeben, zumal auch laut Gutachten der Amtsärztin seine Alkoholabstinenz bereits ein Jahr andauere und seine alkoholrelevanten Laborwerte im letzten Beobachtungszeitraum unauffällig gewesen seien. Es sei tatsächlich eine nachhaltige Verhaltensänderung eingetreten und ihm sei auch die wesentliche Verbesserung seiner Lebensqualität bewusst. Die Auflagen hätten seines Erachtens nichts mehr mit seiner derzeitigen Lebenssituation zu tun und seien überschießend.

Im Rahmen des Parteiengehörs hat der Bw am 25. Jänner 2010 seine Berufung zu den Intervallen der vorzulegenden Leberlaborwerte zurückgezogen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Einholung der aä Stellungnahme Dris x, Abt. Gesundheit beim Amt der Oö. Landesregierung, vom 14. Dezember 2009, San-236399/2-2009-Wim/Irv.

Laut Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie vom 18.9.2009 besteht beim Bw ua die Diagnose "Alkoholabhängigkeitssyndrom, derzeit abstinent", wobei aus der Sicht der Fachärztin die Kriterien für eine Eignung zum Lenken von Kraftfahr­zeugen der Gruppe 1 gegeben sind; dies allerdings wegen des hohen Rückfall­risikos im 1. Jahr unter der Auflage, alle drei Monate alkoholspezifische Leber­werte auf CDT, MCV und Gamma-GT einzuholen und weiterhin die Inanspruchnahme alkoholspezifi­scher Nachbetreuungsmaßnahmen wie Selbst­hilfe­gruppe oder Alko­holiker­beratung.

Bestätigt wird von der Fachärztin anhand der normwertigen Laborwerte zuletzt vom 4.8.2009 und der Aussagen des Bw eine problemlose 11monatige Abstinenz ohne Medikamente und bereits mit Abstinenzzu­friedenheit, wobei jedoch die unauffälligen Laborwerte keine Rückschlüsse auf einen wieder­auf­ge­nommenen erhöhten Substanzgebrauch zuließen.

 

Die Amtsärztin der Erstinstanz hat in ihrem Gutachten ausgeführt, bei bekannter Alkoholkrankheit "scheine" nun ein Jahr Abstinenz eingehalten worden zu sein. Nach ihrem persönlichen Eindruck vom Bw scheine Einsichtsfähigkeit gegeben und eine Verhaltensänderung erfolgt zu sein. Jedoch sei aufgrund der Rückfalls­gefährdung die Vorlage von CDT-, MCV- und Gamma-GT-Werten alle vier Monate im 1. und halbjährlich im 2. Jahr erforder­lich. Zur Befristung führt die Amtsärztin aus, bei der Nachunter­suchung sei ein internistischer Kontrollbefund erforderlich; gleichzeitig wird aber eine unauffällige Befundsituation bestätigt.

Die Amtsärztin Dr x führt im Gutachten gemäß § 8 FSG – nach Vorlage des internistischen FA-Befundes vom 9.11.2008, wonach der Bw unter einer Herzkrankheit (Zustand nach Myocardinfarkt) leidet, aber bei einer gefäßmäßigen Risikokonstellation die Voraussetzungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 derzeit gegeben sind – aus, dass wegen des Alkoholabhängigkeitssyndroms in drei- bzw bei normalen Werten im 2. Jahr sechsmonatigem Abstand die genannten Leberwerte vorzulegen seien. Dabei sei nach zwei Jahren eine Nachuntersuchung mit FA-internistischem bzw psychiatrischem Befund erforderlich.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies aufgrund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen.

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG ua gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt... Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist ua Personen, die alkoholabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fach­ärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchun­gen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht kein Zweifel an der bedingten gesundheitlichen Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 auf der Grundlage des amtsärztlichen Gutachtens vom 14. Dezember 2009. Laut Facharzt-Stellung­nahme besteht beim Bw Alkoholabhängigkeit, wobei an seiner Abstinenz seit ca einem Jahr auf der Grundlage der Feststellungen der Fachärztin bzw der Amtsärztin der Erstinstanz  nicht gezweifelt wird.

 

Zunächst ist aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates festzuhalten, dass beim Bw kein Hinweis auf das Vorliegen einer fortschrei­tenden Erkrankung im Sinne des § 3 Abs.5 FSG-GV besteht, sondern es geht lediglich darum, ihn im Hinblick auf Alkohol zu "beobachten". Die letztlich im Hinblick auf die VwGH-Judikatur nicht schlüssig begründete Empfehlung einer zeitlichen Befristung der Lenkberechtigung durch die Amtsärztin auf der Grundlage der Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates auch in diesem gesundheitsbezogenen Licht zu sehen. Die kritiklose Übernahme des Begriffs "Befristung" samt den damit verbundenen Folgen würde im ggst Fall jedoch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eklatant widersprechen. Laut Fachärztin besteht die Diagnose "Alkohol­abhängigkeitssyndrom, derzeit abstinent", aber beim Bw wurde damit keine Krankheit diagnostiziert, deren Verschlech­terung nach Ablauf nach zwei Jahren "geradezu zu erwarten" wäre. Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen iSd § 8 Abs.3 Z2 FSG ist nur dann gegeben, wenn eine Krankheit festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss, was hieße, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für bestimmte Zeit vorhanden ist, aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder ein­schrän­kenden Ver­schlech­terung gerechnet werden muss (vgl VwGH 18.1.2000, 99/11/0266; 24.4.2001, 2000/11/0337; 24.11.2005, 2004/11/0121, ua).

 

Der Bw hat im Rahmen des Parteiengehörs seine Berufung hinsichtlich der Intervalle der vorzulegenden Leberlaborwerte zurückgezogen. Damit ist der ange­fochtenen Bescheid im Hinblick auf die im 1. Jahr mit vier, im 2. Jahr mit sechs Monaten festgelegten Abständen in Rechtskraft erwachsen.

Eine Auflage in Form einer Vorschreibung der Vorlage von Nachweisen über den Besuch einer Alkoholbetreuung mindestens alle zwei Monate ist im FSG sowie in der FSG-GV nicht vorgesehen; daher ist es rechtlich nicht möglich, dem Bw die Vorlage eines solchen Nachweises darüber als Auflage vorzuschreiben (vgl ua VwSen-522219). Diesbezüglich war somit der Bescheid zu beheben, wobei der Bw telefonisch im Rahmen des Parteiengehörs erklärt hat, er besuche im eigenen Interesse weiterhin regelmäßig die Alkohol­beratung und könne der Erstinstanz bei Bedarf Bestätigungen darüber vorlegen.

 

Zu bemerken ist weiters, dass die Erstinstanz die Vorlage eines internistischen Kontrollbefundes in 12 bzw 24 Monaten nicht in den Spruch des angefochtenen Bescheides aufgenommen hat, sondern der Bw lediglich im Rahmen eines "Hinweises" auf deren Vorlage aufmerksam gemacht wurde. Damit sind lediglich Bestätigungen über die Kontrolle durch den Kardiologen bzw Psychiater gemeint, allerdings weder als Auflage noch als Grundlage für eine Befristung der Lenk­berechtigung, weshalb darauf im ggst Berufungsverfahren auch nicht einzugehen war.

Der Bw hat im Rahmen des Parteiengehörs zum amtsärztlichen Gutachten Dris x am 25. Jänner 2010 zu den von der Erstinstanz bis 22. Jänner 2010 vorgeschriebenen Leberwerten telefonisch erklärt, er sei wegen Krankheit erst heute bei der Blutabnahme beim Hausarzt gewesen, weshalb er den Leberwert­befund voraus­sichtlich erst in einer Woche vorlegen könne, was er mit der Erstinstanz auch so abgesprochen habe; ihm sei gesagt worden, in diesem Fall dürfe er bis zur Befundvorlage kein Kraftfahrzeug lenken und daran werde er sich halten. 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Befristung aufgehoben (Alkoholkrankheit, Abstinenz), Berufung gegen Vorlageintervalle d. Leberwerte zurückgezogen; Auflage, Bestätigungen über Alkoholberatung vorzulegen, unzulässig.

 

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