Linz, 26.01.2010
E r k e n n t n i s
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X, vertreten durch X gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5. Oktober 2009, VerkR96-34613-2007 wegen Übertretungen des GGBG, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2009, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat 20 % der verhängten Geldstrafen zu bezahlen.
Rechtsgrundlagen:
§ 27 Abs.2 Z9 lit.a GGBG, BGBl. I Nr. 145/1998 zuletzt geändert durch
BGBl. I Nr. 63/2007 iVm. § 1 Abs.2 VStG
§ 64 Abs.1 und Abs.2 VStG
Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu entrichten:
- Geldstrafe (150 + 150 + 150 =) ....................................... 450 Euro
- Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz .................................... 45 Euro
- Verfahrenskostenbeitrag II. Instanz .................................. 90 Euro
585 Euro
Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt
(72 + 72 + 72 =) ................................................................ 216 Stunden.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in
der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:
bzw. des ADR eingehalten wurden, da bei der Beförderung von
§ 2 Z1 GGBG angeführten Vorschriften (hier: Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße - ADR) einzuhalten.
Es fehlte der Gefahrzettel nach Muster 11 bei Versandstücken mit flüssigen Stoffen in Gefäßen, deren Verschlüsse von außen nicht sichtbar sind.
In der Außenverpackung (Kiste aus Karton) waren insgesamt 4 Kanister
a 5 Liter UN 1789 und 6 Druckgasverpackungen UN 1950, 2.1, 5F.
Die Verschlüsse waren außen nicht sichtbar und es hätte der Gefahrzettel
Nr. 11 angebracht gehört.
dass die Ladung den in Betracht kommenden Vorschriften entsprach.
in der Außenverpackung mit Inhalt 4 Kanister a 5 Liter UN 1789 hätte kein weiterer Stoff einer anderen Klasse befördert werden dürfen, die erlaubte Menge von 3 Liter je Innenverpackung wurde überschritten.
Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 13. Oktober 2009 – hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 23. Oktober 2009 erhoben.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:
Am 10. Dezember 2009 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Bw, dessen (Rechts-)Vertreter sowie der Zeuge und Meldungsleger, Herr GI x, teilgenommen haben.
Stellungnahme des Bw sowie seines Rechtsvertreters zu Punkt 1.:
Für den Bw war nicht erkennbar, dass in den Kartons sich Behälter mit Flüssigkeiten befanden. Somit konnte er nicht wissen, dass auf den Kartons der Gefahrzettel Nr. 11 angebracht hätte werden müssen.
Dies hätte er nur feststellen können, wenn er die Kartons aufgerissen hätte.
Vor dem Aufreißen dieser Kartons hätte er eine Veränderung der Ladung durchführen müssen.
Stellungnahme des GI x zu Punkt 1.:
Anhand des Beförderungspapiers war für mich klar, dass irgendwo noch flüssige Stoffe gelagert sind.
Ich habe daher den Karton aufgerissen und gesehen, dass das in der zusammengesetzten Verpackung innen Verpackungen mit flüssigen Stoffen vorhanden waren.
Der Gefahrzettel Nr. 11 war auf den Kartons nicht angebracht.
Weiteres Vorbringen des Bw bzw. seines Vertreters zu Punkt 1.:
Das Beförderungspapier hat mit den tatsächlich beförderten Gütern bzw. Einheiten nicht übereingestimmt.
Um die Übereinstimmung zu überprüfen hätte der Berufungswerber sämtliche Kartons "aufreißen" müssen.
Dies ist ihm allerdings verboten.
Zu Punkt 2.: Vorbringen des Bw sowie seines Rechtsvertreters:
Auf den im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltenen Fotos der Reifen ist nicht ersichtlich, dass die Profiltiefe weniger als 2 mm beträgt.
Insbesondere ist auf diesen Fotos der Indikator nicht ersichtlich.
Auch in der Anzeige fehlt jeder Hinweis auf den Indikator.
Zeugenaussage des Herrn GI x:
Ich bin seit ca. 12 Jahren im Verkehrsüberwachungsdienst.
Grundsätzlich wird bei jeder Verkehrskontrolle (Fahrzeuganhaltung) auch eine Sichtkontrolle der Reifen bzw. der Profiltiefe vorgenommen.
Im gegenständlichen Fall war für mich auf den ersten Blick erkennbar, dass auf beiden Reifen der Vorderachse das erforderliche Profil (die erforderliche Profiltiefe) nicht vorhanden war.
Ob in der Anzeige beide Reifen der Vorderachse wegen mangelnder Profiltiefe erwähnt sind, könnte ich heute – ohne Einblick in die Anzeige – nicht mehr angeben.
Weiteres Vorbringen des Bw:
Eine von einem Polizeibeamten vorgenommene Sichtkontrolle reicht nicht aus, um die mangelnde Profiltiefe eines Reifens festzustellen.
Es wäre zumindest eine Profiltiefenmessung erforderlich gewesen.
Im erstinstanzlichen Straferkenntnis fehlt eine ausreichende Konkretisierung des Straftatbestandes.
Zu Punkt 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (Vorbringen des Bw):
Hier verweise ich sinngemäß auf meine Ausführungen zu Punkt 1.
Der Lenker hätte nur feststellen können, dass eine unzulässige Zusammenverpackung vorgenommen wurde, indem er diese Versandstücke verändert und anschließend einen Karton nach dem anderen "aufreißt".
Auch dies im Hinblick auf die unrichtigen Beförderungspapiere.
Ein Verschulden des Lenkers liegt daher nicht vor.
Zeugenaussage des Herrn GI x zu Punkt 3.:
Bei Sichtung der Ladung und Vergleich der Beförderungspapiere einerseits mit der Ladung andererseits, hätte ihm auffallen müssen, dass in den Kartons jene Stoffe verpackt sind bzw. sein müssen, welche für den Lenker nicht sichtbar waren.
Diesbezüglich hätte er feststellen können, dass auch zwei verschiedene Stoffe in ein- und demselben Karton verpackt sind.
Grundsätzliches Vorbringen des Berufungswerbers zu den Punkten 1. und 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses:
Mir ist vor dem Wegfahren zwar aufgefallen, dass die Beförderungspapiere nicht zu 100 % mit der Ladung übereinstimmen.
Vom damals Verantwortlichen der Firma x GmbH in Linz, Herrn x, wurde mir mitgeteilt, dass mit dem Transport alles in Ordnung sei und ich fahren könne.
Im erstinstanzlichen Straferkenntnis fehlt meines Erachtens eine Konkretisierung der Rechtsnormen, es sind nur "generelle Tatbestände" angeführt.
Die tatsächlich verletzten Rechtsnormen sind im erstinstanzlichen Straferkenntnis nicht angeführt.
Ich beantrage, der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
In eventu wird eine Reduzierung der einzelnen Strafbeträge beantragt.
Bezugnehmend darauf, dass Herr GI x sich nicht mehr daran erinnern konnte, ob beide Reifen angezeigt wurden, verweise ich auf § 51i VStG
("Unmittelbarkeit des Verfahrens").
Aus diesem Grund müsste Punkt 2. eingestellt werden.
Auf eine Verkündungstagsatzung wird ausdrücklich verzichtet.
Ich bin einverstanden, dass die Entscheidung schriftlich ergeht.
Zu den Vorbringen und Einwendungen des Bw sowohl in der Berufung, als auch
in der mVh ist auszuführen:
Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
Es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion (= Einordnung)
der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzten Verwaltungsvorschriften erforderlich sind.
Die Tat ist hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass
- die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, welche durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und
- die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.
Im Spruch des Straferkenntnisses muss dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen
zu widerlegen.
Der Spruch muss geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor
zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung
gezogen zu werden.
VwGH vom 20.07.2004, 2002/03/0191; vom 23.11.2009, 2008/03/0176 uva.
Das erstinstanzliche Straferkenntnis erfüllt – entgegen dem Vorbringen des Bw – alle diese Voraussetzungen.
Zu Punkt 1. hat der Bw in der mVh selbst eingeräumt, dass
"das Beförderungspapier mit den tatsächlich beförderten Gütern bzw. Einheiten nicht übereingestimmt hat".
Jeder an einem Gefahrguttransport Beteiligte – somit auch der Lenker – hat für die Einhaltung der für die Beförderung geltenden Rechtsvorschriften Sorge zu tragen, wofür jedenfalls auch Voraussetzung ist, sich Kenntnis von den zu befördernden Gütern zu verschaffen.
Im gegenteiligen Fall nimmt der Betreffende allfällige Übertretungen des GGBG in Kauf und verschuldet diese damit;
VwGH vom 29.10.2009, 2008/03/0096.
Der Lenker einer Beförderungseinheit, mit welcher gefährliche Güter transportiert werden, muss schon aufgrund seiner besonderen Ausbildung jedenfalls darüber in Kenntnis sein, dass im Falle der Nichtübereinstimmung der – für ihn im Rahmen einer zumutbaren Sichtprüfung erkennbaren – Bezettelung von Versandstücken
mit den zu diesen Versandstücken übergebenen Beförderungspapieren eine vorschriftsgemäße Beförderung nicht möglich ist, zumal in diesem Falle entweder die Bezettelung nicht den tatsächlich beförderten Gefahrgütern entspricht oder
aber die erforderlichen (richtigen) Begleitpapiere fehlen;
VwGH vom 14.11.2006, 2005/03/0126.
Es wäre daher auch am Bw gelegen, sich vor Antritt der Fahrt Gewissheit über die Übereinstimmung der Papiere mit der Ladung (und umgekehrt) zu verschaffen und allenfalls die Übernahme der Fahrt abzulehnen;
VwGH vom 25.03.2009, 2009/03/0015; vom 26.03.2008, 2005/03/0217.
Betreffend Punkt 1. hat der Bw in der mVh selbst eingeräumt, dass das Beförderungspapier mit dem tatsächlich beförderten Gütern bzw. Einheiten nicht übereingestimmt hat.
Aufgrund des Beförderungspapiers war ersichtlich, dass flüssige Stoffe gelagert sind;
siehe die Zeugenaussage des Herrn GI x, welche vom Bw nicht bestritten wurde.
Es hätte daher der Gefahrzettel Nr. 11 angebracht werden müssen;
siehe dazu auch VwGH vom 25.03.2009, 2004/03/0194.
Dass dieser Gefahrzettel angebracht war, behauptet der Bw selbst nicht.
Aufgrund der oa Ausführungen insbesondere der zitierten Judikatur des VwGH
ist der Bw dafür verantwortlich, dass dieser Gefahrzettel nicht angebracht war.
Zu Punkt 2.:
Den geschulten Organen der Straßenaufsicht ist nach ständiger Rechtsprechung zuzubilligen, dass sie (insbesondere einfache) Verkehrsvorgänge richtig beobachten und das Beobachtete richtig wiedergeben können;
siehe dazu die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage,
E113 (Seite 660f) sowie Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, RZ 17 zu
§ 45 AVG (Seite 468) zitierten zahlreichen Entscheidungen des VwGH.
Einem geschulten Straßenaufsichtsorgan können verlässliche Feststellungen über die Betriebssicherheit von KFZ-Reifen in der Hinsicht zugemutet werden, ob die Reifen eines KFZ auf der Lauffläche ein Profil aufweisen oder nicht;
VwGH vom 23.10.1974, GZ: 0237/73 mit Vorjudikatur.
Die Tatumschreibung, ein Reifen hätte nicht mehr die vorgeschriebene Mindestprofiltiefe erreicht, genügt dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG, weil unter Bedachtnahme auf § 4 Abs.4 Z2 KDV kein Zweifel darüber gegeben ist, dass hierunter die Mindestprofiltiefe von – im gegenständlichen Fall: 2,0 mm –
zu verstehen ist; VwGH vom 14.05.1997, 95/03/0083.
Der Zeuge und Meldungsleger, Herr GI x hat bei der mVh glaubwürdig und kompetent ausgeführt, dass für ihn auf den ersten Blick erkennbar war, dass auf beiden Reifen der Vorderachse das erforderliche Profil (die erforderliche Profiltiefe) nicht vorhanden war.
Entgegen der Rechtsansicht des Bw reicht in einem derartigen Fall eine Sichtkontrolle aus und ist eine Profiltiefenmessung nicht erforderlich.
Siehe das zitierte Erkenntnis des VwGH vom 23.10.1974.
Zu Punkt 3.:
Hier gelten sinngemäß die Ausführungen zu Punkt 1.
Dem Bw hätte – bei einem Vergleich des Beförderungspapiers mit der Ladung – auffallen müssen, dass in ein- und demselben Karton zwei verschiedene Stoffe verpackt sind.
Betreffend den Schuldspruch war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Angesichts der Komplexität des betreffenden Falles und der Vorbringen des (Rechts-)Vertreters des Bw konnte die Entscheidung nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet werden;
VwGH v. 30.11.2007, 2007/02/0268.
Obendrein haben der Bw sowie dessen (Rechts-)Vertreter bei der mVh auf eine mündliche Verkündung der Entscheidung verzichtet;
VwGH v. 20.04.2004, 2003/02/0270 mit Vorjudikatur.
Zur Strafbemessung ist auszuführen:
Gemäß der zur Tatzeit (02. Juli 2007) geltenden Strafbestimmung nach
§ 27 Abs.3 Z6 lit.a GGBG (= idF vor der GGBG-Novelle BGBl. I Nr. 63/2007) beträgt die Mindest-Geldstrafe .......................... 750 Euro.
Die belangte Behörde hat im erstinstanzlichen Straferkenntnis – völlig zu Recht – gemäß § 1 Abs.2 VStG als Strafbestimmung § 27 Abs.2 Z9 lit.a GGBG idF
BGBl. I Nr. 63/2007 (= das für den Bw günstigere Recht) angewendet und
die dort vorgesehene Mindestgeldstrafe von ...................... 150 Euro verhängt.
Eine Herabsetzung dieser Geldstrafe ist daher nicht möglich.
Die Berufung war daher auch betreffend das jeweilige Strafausmaß als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz 10 % und für das Berufungsverfahren weitere 20 % der verhängten Geldstrafen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Josef Kofler