Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164322/3/Br

Linz, 17.08.2009

                                                                                                                         

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung des Herrn J V, geb. am    , M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, vom 14. Juli 2009, Zl. VerkR96-3730-2009 Ga/Sch,  zu Recht:

 

I.       Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 436 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage ermäßigt wird.

II.     Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich folglich auf 43,60 Euro; für das Berufungsverfahren entfallen die Verfahrenskosten­beiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 20/2009 - AVG iVm § 19, § 20, § 24 § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 20/2009 - VStG.

Zu II. § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis ein Schuldspruch wegen Übertretung nach § 5 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 1 lit. a StVO gefällt, wobei eine Geldstrafe in Höhe von 880 Euro u. für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Tagen verhängt wurde.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz ging in ihrem Schuldspruch auf Grund des laut Anzeige dokumentierten Messergebnisses von einer Atemluftkonzentration  von 0,76 mg/l aus.

Hinsichtlich der Strafbemessung verwies die Behörde erster Instanz auf § 19 VStG worin sie auf die Einkommens- Familien und Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht genommen habe.

Bei der Ausmessung der verhängten Strafe wurde dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit nicht zu Teil, weil aus dem Jahr 2008 ein Verstoß gegen § 81 Sicherheitspolizeigesetz vorgemerkt sei. Erschwerend wurde kein Umstand gewertet.

Die verhängte Geldstrafe erschien der Behörde erster Instanz unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld- und unrechtsangemessen und  ausreichend, um den Berufungswerber in Hinkunft von der Übertretung dieser Normen abzuhalten. Ebenfalls wurde die generalpräventive Wirkung hervorgehoben.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung  belegt der Berufungswerber sein Pensionseinkommen in der Höhe von 949 Euro. Die Fixkosten für die Wohnung werden mit 382,37 belegt. Weiter wurde mit der Strafberufung auch noch ein Auszug über die Bankbewegungen idZ v. 27.6.2009 bis zum 31.7.2009 vorgelegt, aus denen etwa noch zusätzliche monatlich anfallende Belastungen für Telefon und die Bedienung eines Bausparvertrages in Höhe von 150 Euro und knappe 70 Euro für diverse Versicherungs­prämienleistungen hervorgehen. Ebenfalls legt der Berufungswerber einen Beschluss über eine gerichtliche Exekution über 525,00 Euro, GZ: 512 12 E 2853/09y – 4, vor.

 

 

3. Der durch ein Einzelmitglied zur Entscheidung berufene unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich in Verbindung mit der mit der  Berufung vorgelegten Dokumente der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

 

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Berufungswerber war am 18.4.2009 gegen 22:35 Uhr mit seinem Fahrrad auf Höhe der Roseggerstraße / Kreuzung Lagerstraße in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand unterwegs. Beim Aufsteigen oder dem Versuch auf das Fahrrad aufzusteigen verlor er vermutlich das Gleichgewicht und kam zu Sturz. Er zog sich dabei Verletzungen zu. Hinsichtlich der Frage ob überhaupt von einem Lenken ausgegangen werden konnte gehen die Darstellungen etwas auseinander. Es ist jedoch hier vom rechtskräftig festgestellten  Fahren auszugehen, selbst wenn es sich dabei nur um wenige Meter handelte.

Auf sich könnte bewenden, dass sich der Berufungswerber gegenüber den einschreitenden Beamten unhöflich verhalten haben soll.

Es herrschte laut Anzeige zum Vorfallszeitpunkt jedoch sehr geringes Verkehrsaufkommen. Diese Sachlage ist daher objektiv dahingehend zu beurteilen, dass mit dieser "Fahrt" oder dem Versuch zu fahren für andere Verkehrsteilnehmer kaum nachteilige Auswirkungen wirksam werden konnten und der Berufungswerber sich letztlich nur selbst gefährdete. Der mit einer typischen Alkofahrt verbundene abstrakte und in der Strafnorm vertypte Tatunwert  wurde mit dem Verhalten des Berufungswerbers realistisch besehen bei weitem nicht erreicht, bzw. blieb er hier weit hinter einer verkehrstypischen Alkofahrt zurück.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.      Nach § 99 Abs.1a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 872 Euro bis 4.360 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

Für den Fall des beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe kann nach § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100). Der Berufungswerber ist wohl verwaltungsstrafrechtlich nicht mehr gänzlich unbescholten, er verfügt aber einerseits nur über ein deutlich unterdurchschnittliches Einkommen und seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind als eher ungünstig zu bezeichnen. Vor allem ist hier - wie oben schon ausgeführt - sowohl der Tatunwert als auch die Tatschuld unvergleichlich geringer anzunehmen als sie etwa im Fall einer Alkofahrt mit einem 40 t schweren Gefahrenguttransport oder auch bei einem Pkw vorliegt.

Um 22:40 Uhr erfolgte die sich im Ergebnis in einem bloßen Fahrversuch erschöpfende Fahrt  in gänzlich verkehrsarmer Tageszeit.

Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass sich ein alkoholisierter Radfahrer – so wie auch hier -  im Ergebnis überwiegend am ehesten nur selbst gefährdet (h. Erk. 10.11.2008, VwSen-163624/2/Br/RSt).

Diese Umstände sind daher insbesondere mit Blick auf § 34 Abs.1 Z12 StGB, dessen Beurteilungskriterien durch § 19 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren gelten, als besonders überwiegende Milderungsgründe zu qualifizieren.

Daher ist auch der hier zu beurteilende Fahrentschluss auf geringeren Verschulden basierend, was unter Bedachtnahme auf das Sachlichkeitsgebot zu berücksichtigen ist (vgl. dazu die h. Erk. v. 08.02.2005, VwSen-160237/5/Br/Wü, sowie v. 9.2.1998, VwSen-105157/5/BR). Die h. Judikatur ist seit bestrebt unsachliche Ergebnisse in entsprechender Wertung ungleicher Ausgangslagen zu vermeiden (h. Erk. 19.06.1995, VwSen-102913/2/Gu/Atz).

Wenn der Gesetzgeber keine diesbezügliche Differenzierungsmöglichkeit eröffnet ist jedenfalls eine entsprechende Berücksichtigung durch eine am Sachlichkeitsgebot zu orientierenden Gesetzesvollziehung geboten.

Die Bestimmung des § 20 VStG gelangt nach Aufhebung des § 100 Abs.5 StVO 1960  durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH 9.10.1997, G 216/96) auch für sogenannte Alkoverfahren wieder zur Anwendung. Bei vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht  darauf ein Rechtsanspruch (vgl. etwa VwGH vom 31. 1.1990, 89/03/0027, VwGH 21.5.1992, 92/09/0015 und VwGH 2.9.1992, 92/02/0150).

Bereits mehrfach wurde durch den Unabhängigen Verwaltungssenat ausgesprochen, dass der Schutzzweck dem die Strafdrohung dient und das Ausmaß der mit einer Tat verbundenen Schädigung gesetzlich geschützter Interessen (§ 19 VStG) bei rechtsrichtiger Auslegung auf die Umstände des konkreten Falls und nicht bloß formelhaft zur Anwendung gelangen muss. Widrigenfalls käme es unvermeidlich zur Ungleichbehandlung dadurch, mit einer schablonenhaften Anwendung einer Bestimmung, Ungleiches in den Sanktionsfolgen nämlich gleich zu behandeln (vgl. etwa h. Erk. v. 21.2.1997, VwSen-104374).

Angesichts der hier vorliegenden Tatumstände schien daher auch in diesem Fall – weil es bei alkoholisierten Radfahrern den Unwert des Deliktes  zu differenzieren und im Sinne der Sachlichkeit und Gerechtigkeit anders zu werten gilt - das Vorgehen mit dem außerordentlichen Strafmilderungsrecht rechtlich geboten. Dem Berufungswerber kann daher in seinen Ausführungen dem Grunde nach durchaus gefolgt werden.

Ebenfalls stehen dieser für den alkoholisierten Radfahrer auf die im größtmöglichen Umfang reduzierte Geldstrafe keine Aspekte der Prävention entgegen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten. 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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