Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252297/2/Fi/Mu/Ga

Linz, 29.01.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung des X, gegen das Straf­erkenntnis des Bürgermeisters der Landes­hauptstadt Linz vom 17. Juli 2009, GZ 0021823/2009, wegen einer Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialver­sicherungsgesetzes (ASVG) mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkennt­nis aufgehoben.

 

II.     Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009, i.V.m. §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl.Nr.52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

 

 




Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landes­hauptstadt Linz vom 17. Juli 2009, GZ 0021823/2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 154 Stunden) verhängt, weil er es als Gewerbeinhaber und Betreiber der Firma X, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt habe, zu verantworten habe, dass diese Firma als Dienst­geber iSd. § 35 Abs.1 ASVG, am 24. April 2009, Herrn X, geb. X, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt im Lokal "X", X, in der Küche mit dem Zubereiten von Speisen (Bosner) beschäftigt habe. Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen gewesen und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sei, sei hierüber nicht vor Arbeitsantritt eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger erstattet worden. Die Behörde ging von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt aus, da Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart worden sei und somit ein angemessenes Entgelt gemäß § 1152 ABGB als bedungen anzunehmen gewesen sei.

 

Als verletzte Rechtsvorschriften wurden § 33 Abs.1 und Abs.1a iVm. § 111 ASVG angeführt.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass die dem Bw angelastete Tat von einem Organ des Finanzamtes Grieskirchen Wels bei einer Kontrolle am 24. April 2009 festgestellt worden sei.

 

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. Juni 2009, welche ordnungsgemäß am 8. Juni 2009 durch Hinterlegung zugestellt worden sei, sei gegen den Bw das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Da der Bw binnen der gesetzten Frist darauf nicht reagiert habe, sei das Strafverfahren
ohne seine Anhörung durchgeführt worden. Von der erkennenden Behörde wurde folglich der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweis­verfahrens als erwiesen angesehen.

 

Zum Verschulden führte die belangte Behörde aus, dass für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge und es sich im vorliegenden Fall um ein Ungehorsamkeitsdelikt handelte. Nachdem sich der Bw zum Tatvorwurf nicht geäußert habe, habe sein Verschulden nicht entkräftet werden können, weshalb die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestands­mäßigkeit als erwiesen angenommen wurde.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Milderungsgründe hervorgekommen, während zwei Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz als straferschwerend zu werten gewesen seien. Die Einkommens-, Vermögens- und
Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses dem Bw am 30. Oktober 2009 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die – rechtzeitige – mündliche Berufung, die am 13. November 2009 von der belangten Behörde niederschriftlich festgehalten wurde.

 

Darin bringt der Bw vor, dass er gegen das gegenständliche Straferkenntnis volle Berufung erhebe. Begründend gibt er dazu an, dass die bei der Kontrolle angetroffene Person bei ihm wohne und am 24. April 2009 um die Mittagszeit zum Essen in seinen Betrieb gekommen sei. Nachdem er Durchfall gehabt habe, sei er für ca. 5 bis 10 Minuten in seine Wohnung auf das WC gegangen. Zu diesem Zeitpunkt habe er aber eine Bestellung im Ofen gehabt, weshalb er die anwesende Person ersucht habe, auf das Essen im Pizzaofen (Bosner) aufzupassen, damit dieses nicht verbrenne. Diese Person habe die mittlerweile fertige Bosner aus dem Pizzaoffen genommen. In der Zwischenzeit seien die Organe der KIAB eingetroffen, die in der Folge seinen Betrieb kontrolliert haben. Näheres dazu gebe er aber nicht an. Darüber hinaus gibt er bekannt, dass er über ein monat­liches Einkommen in Höhe von 1.000 Euro verfüge und für zwei Kinder sorgepflichtig sei.

 

Es wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnis und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, hat dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Vorlageschreiben vom 16. November 2009 die Berufung unter Anschluss eines vollständigen Ausdruckes ihres elektronischen Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zu GZ 0021823/2009; da sich bereits aus diesem der entscheidungs­relevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs.2 Z. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (in der Folge: VStG) von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 


2.3. Nach § 51c VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständ­lichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.4. Aus dem vorgelegten Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Ausgehend von dem von der Bezirksverwaltungsbehörde angenommenen Sachverhalt, wonach die namentlich genannte Person in persönlicher und wirtschaft­licher Abhängigkeit gegen Entgelt mit dem Zubereiten von Speisen beschäftigt war, wurde weder vorgehalten noch als erwiesen festgestellt, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 4 ASVG
gehandelt hat, welches oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze im Sinne des § 5 Abs. 2 ASVG zu liegen kam

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 Abs.1 Z 1 und Abs.2 des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes (ASVG), BGBl.Nr. 189/1955, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 31/2007, handelt derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er (im Erstfall) mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, sofern die Tat weder von den
Gerichten zu ahnden noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist –, der als Dienstgeber entgegen den Bestimmungen des ASVG Meldungen oder Anzeigen entweder nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Nach § 33 Abs.1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden, wobei diese Anmeldeverpflichtung gemäß § 33 Abs.1a ASVG auch in zwei Schritten erfüllt werden kann, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden. Für eine (nur) in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a ASVG (und in der Pensionsversicherung) pflichtversicherte Person trifft § 33 Abs.2 leg.cit. eine modifizierte Regelung.

Nach § 4 Abs.1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern
beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG gilt gemäß § 4 Abs.2 ASVG derjenige, der in
einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit über­wiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs.1 i.V.m. Abs.2 des Einkommensteuer­gesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs.1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs.1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht sind nach § 5 Abs.2 leg.cit. u.a. geringfügig beschäftigte Personen ausgenommen.

Gemäß § 5 Abs.2 ASVG galt zum Tatzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 27,47 Euro, insgesamt jedoch von höchstens 357,74 Euro gebührte oder für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart war und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 357,74 Euro gebührte.

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde dem Bw nur pauschal angelastet, dass er – ausschließlich – am 24. April 2009 die namentlich genannte Person in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt habe, diese in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollver­sichert und hierüber nicht vor Arbeitsantritt eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger erstattet worden sei.

Abgesehen davon, dass weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hervorgeht, inwieweit ein die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG übersteigendes Entgelt vereinbart wurde – und somit schon zweifelhaft ist, dass im gegenständlichen Fall überhaupt ein im Hinblick auf § 44a VStG ausreichend konkretisierter Tatvorwurf vorliegt, bestehen für den Oö. Verwaltungssenat erhebliche Zweifel, dass für die vorgeworfene Beschäftigung für einen Tag (am 24. April 2009) als Hilfskraft in der Küche, wofür die belangte Behörde ein "angemessenes" Entgelt annimmt, eine Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze vorlag (vgl. VwSen-251853/15/Fi/Mu/Se vom 15. April 2009).

Da nach § 7 Z 3 lit. a ASVG geringfügig beschäftigte Personen (nur) in der
Unfallversicherung hinsichtlich dieser Tätigkeiten – nicht jedoch in der Krankenversicherung (teil-)pflichtversichert sind, geht der dem Bw im bekämpften Straferkenntnis gemachte Vorwurf, die namentlich genannte Person nicht vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung angemeldet zu haben, ins Leere.

Ob eine Versicherungspflicht im Rahmen der Unfallversicherung aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung gegeben war, war im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen.

3. Aus diesen Gründen war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs.4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

Im Hinblick auf die noch offene Verfolgungsverjährungsfrist war hingegen eine Einstellung des Strafverfahrens nicht zu verfügen; ob und in welchem Umfang dieses allenfalls weiterzuführen ist, hat vielmehr die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechtssatz:

VwSen-252297/2/Fi/Mu/Ga vom 29. Jänner 2010

wie VwSen-251853/15/Fi/Mu/Se vom 15. April 2009

 

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