Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-440122/2/SR/Sta

Linz, 28.01.2010

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über 1. den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 24. Jänner 2010 und 2. den (neuerlichen) Antrag gemäß § 89 Abs. 4 SPG vom 24. Jänner 2010 des X, geboren am X, österreichischer Staatsangehöriger, X, X, zu Recht erkannt:

 

 

 

  1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
  2. Der Antrag gemäß § 89 Abs. 4 SPG wird wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

1)     § 71 Abs 1 AVG

2)     § 89 Abs. 4 SPG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Schriftsatz vom 24. Jänner 2010, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 26. Jänner 2010, hat der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) folgende Anträge eingebracht und die "Städtische Sicherheitswache Bad Ischl als belangte Behörde bezeichnet":

1) Berufung und Wiedereinsetzung und Wiederaufnahme des alten Verfahrens

2) Aufsichtsbeschwerde gemäß § 89 SPG wegen Verletzung von Richtlinien über das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgrund eines neuen Sachverhaltes und

3) (neuerlicher) Antrag gemäß § 89 Abs. 4 SPG, bezogen auf die Beschwerde vom 21. September 2009

Den Anträgen hat der Bf eine Zeugenvernehmung (aufgenommen von BI X, BI Gmunden, am 25. Jänner 2010, GZ E1/1185/2010-He, mit dem Bf) und eine Aufsichtsbeschwerde gemäß § 89 SPG wegen Verletzung von Richtlinien über das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 21. September 2009 in zweifacher Ausfertigung.

 

Im Schriftsatz hat der Bf wie folgt ausgeführt:

 

Ich erhebe hiermit gegen den Beschluss v. 18. Jänner 2010, zugestellt am 21. Jänner 2010 die

Berufung

und ersuche um

Wiedereinsetzung und Wiederaufnahme des alten Verfahrens

 

Begründung

Ich bin sehr stark Leber- Cholesterin- und Zuckerkrank und war innerhalb der Berufungsfrist des gesamten Monats November 2009 in Behandlung. Ich war nicht in der Lage mich für diesen Zeitraum für die Zustellungen und Beantwortung der Briefe zu kümmern. Weiters ist in dem Schreiben vom Bürgermeister Bad Ischl, X, keine Rechtsbelehrung enthalten. Ich war deshalb auch kurz in der Meinung einen Frist von 1 Monaten dafür zu haben.

Da ich auch weiterhin immer mehr Probleme und Schwierigkeiten mit den Herrn X von der Sicherheitswache gibt, ersuche Sie im Sinne meiner positiven Erledigung.

 

Ich ersuche sie gleichzeitig um positive Erledigung wie folgt:

Einbringung des neuen Sachverhaltes

Einbringung des neuen Sachverhaltes lt Niederschrift v. 25.01.2010 bei der Bundespolizei Bad Ischl.

Beleidigung, Rassismus und Geschäftsschädigung.

Verletzung des § 115 Abs. 1 und § 117 Abs. 3

 

Aufsichtsbeschwerde gemäß § 89 SPG wegen Verletzung von Richtlinien über das Einschreiten der Organe des öffentlichen

Sicherheitsdienstes

3.a. Verletzung der gemäß § 31 SPG erlassenen Richtlinien für das Einschreiten – hinsichtlich des § 5 Abs. 1 der Richtlinienverordnung

Gemäß § 5 Abs. 1 RLV haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Erfüllung ihrer Aufgaben alles zu unterlassen, das geeignet ist, den Eindruck von Voreingenommenheit zu erwecken oder als Diskriminierung u.a. auf Grund der nationalen oder ethnischen Herkunft empfunden werden kann.

Gegen diese Vorschrift hat der an der Amtshandlung beteiligte Beamte durch folgende Handlungen verstoßen:

 

3.b. Verletzung der gemäß § 31 SPG erlassenen Richtlinien für das Einschreien – hinsichtlich des § 5 Abs. 2 der Richtlinienverordnung

Gemäß § 5 Abs. 2 RLV haben Polizeibeamte Menschen, bei denen dies dem üblichen Umgang entspricht, mit "Sie" anzusprechen. Obwohl ich es dem Beamten zu keiner Zeit angeboten hatte und es auch nicht den allgemeinen Umgangsformen entspricht, Personen meines Alters so zu bezeichnen, wurde ich von diesem ausschließlich mit "Du" angesprochen.

 

4. Zur Rechtzeitigkeit der vorliegenden Beschwerde:

Die Beschwerde ist gemäß § 67c Abs. 1 AVG und § 89 Abs. 2 SPG rechtzeitig erhoben, da sie innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, zu dem ich von der Richtlinienverletzung Kenntnis hatte, somit dem 21.08.09, erhoben wird.

 

Hiermit stellte ich den Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat möge die Beschwerde an die zuständige Dienstaufsichtsbehörde weiterleiten, damit sich diese zur Frage des Vorliegens einer Richtlinienverletzung äußere und sich bemühe, den Beschwerdeführer klaglos zu stellen.

 

Dem Schriftsatz wurde folgender Antrag beigelegt:

 

An den

Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich

Fabrikstraße 32

4021 Linz                                                             Bad Ischl, am 24.01.10

 

 

Beschwerdeführer: X

                                      X

                                      X

 

Belangte Behörde:           Städtische Sicherheitswache Bad Ischl

                                      Pfarrgasse 11

                                      A-4820 Bad Ischl

 

Hiermit stelle ich den Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat möge gemäß § 89 Abs. 4 entscheiden, ob eine Richtlinienverletzung entsprechend meiner Beschwerde vom 21.9.09 vorliegt, da die Dienstaufsichtsbehörde eine Verletzung der Richtlinien für das Einschreiten eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht zweifelsfrei feststellen konnte.

 

2. Aufgrund der bisherigen Verfahren zu den Zlen. VwSen-440119 und VwSen-440120, den telefonisch Mitteilungen des Bf, seinen Anträgen und bisherigen Äußerung steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

2.1. Mit Schriftsatz vom 21. September 2009 hat der Bf den Antrag gestellt, der Oö. Verwaltungssenat möge die Beschwerde an die zuständige Dienstaufsichtsbehörde weiterleiten, damit sich diese zur Frage des Vorliegens einer Richtlinienverletzung äußere und sich bemühe, den Beschwerdeführer klaglos zu stellen. Im Beschwerdeschriftsatz hat sich der Bf auf eine Amtshandlung bezogen, die von einem Organ der Städtischen Sicherheitswache Bad Ischl in Bad Ischl, am Behindertenparkplatz vor der Postfiliale am 21. August 2009 gegen ihn geführt worden sei.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat mit Verfügung vom 28. September 2009, VwSen-440119/2/SR/Sta, die Beschwerde des Bf an den Bürgermeister der Stadt Bad Ischl als Dienstaufsichtsbehörde weitergeleitet.

 

2.3. Nach der Zustellung der Verfügung hat sich der Bf beim die Verfügung erlassenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates telefonisch erkundigt, welche Schritte er nunmehr zu setzen habe, da sich die belangte Behörde mit seiner Beschwerde noch nicht auseinander gesetzt habe. Unter Hinweis auf § 89 Abs. 4 SPG (der dem Bf inhaltlich bekannt war und auf den er bereits ausdrücklich in seiner Eingabe verwiesen hatte) wurde dem Bf mitgeteilt, dass er gemäß § 89 Abs. 2 SPG Anspruch darauf habe, dass ihm die Dienstaufsichtsbehörde (hier: der Bürgermeister der Stadt Bad Ischl) den von ihr als erwiesen angenommenen Sachverhalt mitteile und sich hiebei zur Frage äußere, ob eine Verletzung vorliege. Für den Fall, dass in der Mitteilung die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt werde, habe der Bf das Recht, binnen vierzehn Tagen die Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates zu verlangen. Sollte innerhalb von drei Monaten keine Mitteilung erfolgen, habe der Bf ebenfalls das Recht, die Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates zu verlangen. Infolge der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei im Falle der Untätigkeit der Dienstaufsichtsbehörde die Einhaltung der Frist von 14 Tagen nach Ablauf der drei Monate nicht verbindlich. Auf die Einhaltung der Frist von 14 Tagen im Falle der Mitteilung der Dienstaufsichtsbehörde wurde der Bf mehrmals ausdrücklich hingewiesen.

 

2.4. Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2009, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 4. Dezember 2009, stellte der Bf den Antrag, der "Unabhängige Verwaltungssenat möge gemäß § 89 Abs. 4 (SPG) entscheiden, ob eine Richtlinienverletzung entsprechend seiner Beschwerde vom 21.9.2009 vorliegt, da die Dienstaufsichtsbehörde eine Verletzung der Richtlinien für das Einschreiten eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht zweifelsfrei feststellen konnte".

 

2.5. Über Ersuchen des Oö. Verwaltungssenates vom 4. Jänner 2010, VwSen-440120/2/SR/La, legte die belangte Behörde die Bezug habenden Akten vor und teilte einen Verhandlungsverzicht mit.

 

Aus dem Vorlageakt ergab sich folgender Verfahrensablauf:

Nach der Übermittlung der Beschwerdeschrift hat sich der Bürgermeister der Stadt Bad Ischl als Dienstaufsichtsbehörde mit dem Beschwerdevorbringen auseinandergesetzt.

 

Mit Schreiben vom 9. November 2009, ADir-1276/2009 (Pol-10176/2-2009), teilte die belangte Behörde dem Bf Folgendes mit:

"Aufgrund Ihrer persönlichen Vorsprache bei mir am 07.09.2009 um 11:00 Uhr und einer eingehenden Befragung des Beamten X liegen völlig unterschiedliche Aussagen betreffend der Amtshandlung am 21.08.2009 gegen 15:30 Uhr vor dem Postamt X vor.

Ob eine Verletzung von Richtlinien für das Einschreiten eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorliegt, kann daher auch bei Würdigung aller bekannten Umstände nicht zweifelsfrei ausgesagt werden.

Selbstverständlich wurde von mir nicht nur der Beamte X, sondern alle Beamten der Städtischen Sicherheitswache Bad Ischl nochmals eindringlich darauf hingewiesen, die ggst. Richtlinien gewissenhaft zu beachten, was diese auch zugesichert haben."

 

Die Mitteilung der belangten Behörde wurde dem Bf am 12. November 2009 zugestellt und von ihm eigenhändig übernommen.

 

Die Einbringung des Antrages gemäß § 89 Abs. 4 SPG erfolgte am 4. Dezember 2009 mittels FAX.

 

2.6. Um die Rechtzeitigkeit des Antrages beurteilen zu können, wurde der Zustellungsnachweis der Post angefordert. Daraus war zu entnehmen, dass der Bf die Mitteilung der Dienstaufsichtsbehörde am 12. November 2009 eigenhändig übernommen hat. Aus dem Datum im Antrag gemäß § 89 Abs. 4 SPG (3. Dezember 2009) und der Fax-Kennung (4. Dezember 2009) war von einer verspäteten Einbringung auszugehen. Zustellmängel waren im gesamten Verfahren nicht behauptet worden.     

 

2.7. Mit Beschluss des. Oö. Verwaltungssenat vom 18. Jänner 2010, VwSen-440120/6/SR/Sta, wurde die Beschwerde wegen der verspäteten Einbringung als unzulässig zurückgewiesen. 

 

2.8. Am 21. Jänner 2010 teilte der Bf mit, dass sein Antrag vom 3. Dezember 2009 keinesfalls verspätet eingebracht worden sei. Er habe sich umfassend erkundigt und auch die Volksanwaltschaft habe ihm erklärt, dass die Antragstellung rechtzeitig erfolgt sei. Das Schreiben habe er spät erhalten bzw. sei es ihm so spät ausgefolgt worden, dass er noch rechtzeitig innerhalb von zwei Wochen den Antrag gestellt habe. Er wisse nicht mehr, wer das Schreiben tatsächlich übernommen habe. Vermutlich sei eine politische Intervention erfolgt, damit seine Beschwerde nicht behandelt werde.

Nach Darlegung des relevanten Sachverhaltes, der zusammengefassten Wiedergabe des Telefonates von Anfang Oktober 2009 (Erläuterung der Fristen) und des Hinweises auf die eigenhändige Übernahme der Mitteilung des Bürgermeisters von Bad Ischl am 12. November 2009 und der Einbringung des Antrages am 4. Dezember 2009 äußerte sich der Bf dahingehend, dass er die Beschwerde auf jeden Fall behandelt haben möchte und dann halt einen Wiedereinsetzungsantrag stellen werde, damit das Verfahren wieder aufgenommen werde. Die ständigen Diskriminierungen seien nicht tragbar. Der angesprochene Beamte überwache ihn ständig. Wenn er in das Auto steige und wegfahre, dann fahre der Beamte hinter ihm her. Jede Kleinigkeit bringe er zur Anzeige. Andere würden weder bestraft noch angezeigt. Beispielsweise habe er kurz nach Mitternacht sein Auto in einem Halteverbot, ausgenommen Taxi, abgestellt. Obwohl kein Taxi gekommen sei, habe er ein Organmandat erhalten. Nach der Schilderung mehrerer solcher "Ungerechtigkeiten" wurde dem Bf vom erkennenden Mitglied mitgeteilt, dass die gegenständliche Beschwerde nur im Falle der fristgerechten Einbringung behandelt werden hätte können. Sollte er mit der Entscheidung nicht einverstanden sein, dann könne er eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Im Falle des angesprochenen Wiedereinsetzungsantrages müsse er ebenfalls Fristen wahren (Einbringung innerhalb von 14 Tagen nach Kenntnis der Fristversäumung) und den Antrag begründen. Sein Vorbringen – Annahme, der Antrag sei fristgerecht eingebracht, weil er von einer spätern Zustellung ausgegangen sei bzw. sich an den Tag der Ausfolgung nicht richtig erinnert habe – könne die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht ermöglichen. Dazu meinte der Bf, dass er eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nicht beabsichtige, einen Wiedereinsetzungsantrag auf jeden Fall einbringe, damit das Verfahren wieder aufgenommen werde. Die ständigen Diskriminierungen seien nicht zu ertragen und er sehe nicht ein, im Gegensatz zu anderen, immer bestraft zu werden.

Nach nochmaliger Erläuterung der Rechtslage und den wiederholt geäußerten neuerlichen Richtlinienverletzungen brachte der Bf vor, dass sich der Beamte vor Zeugen nunmehr korrekt verhalte und er die Vorfälle unter vier Augen daher nicht beweisen könne. Jedenfalls werde er verfolgt und wegen jeder kleinen Übertretung bestraft.

 

3. Der relevante Sachverhalt lässt sich aus der Aktenlage, den Schriftsätzen des Bf, den ergänzenden Ermittlungen und dem Beschluss vom 18. Jänner 2010, VwSen-440120, ableiten und ist im Wesentlichen unbestritten.

 

Die nunmehr vorgebrachten Wiedereinsetzungsgründe sind nicht glaubhaft und stehen zu den Angaben, die der Bf unmittelbar nach der Zustellung des angesprochenen Beschlusses telefonisch getätigt hat, klar in Widerspruch. Ohne nur ansatzweise auf eine krankheitsbedingte Behinderung einzugehen, hat der Bf die Rechtzeitigkeit des Antrages ausschließlich damit zu begründen versucht, dass er die Mitteilung des Bürgermeisters so spät bekommen hat und er den Antrag daher fristgerecht eingebracht habe. Die Kenntnis von der 14 Tagefrist wurde in diesem Gespräch nicht einmal ansatzweise bestritten. Erst nachdem ihm die eigenhändige Übernahme der Mitteilung am 12. November 2009 noch einmal ausdrücklich vorgehalten und ihm die Zeitdifferenz bis zur Einbringung am 4. Dezember 2009 vorgerechnet worden war, sprach er erstmalig von einer Fristversäumung und begründete diese nur damit, dass er die Frist wohl nicht richtig berechnet habe. Ohne auf gesetzliche Fristen abstellen zu wollen, brachte der Bf klar zum Ausdruck, dass er jedenfalls das Beschwerdeverfahren inhaltlich erledigt haben wolle und daher einen Wiedereinsetzantrag stellen werde, damit das Verfahren "wieder aufgenommen" werde könne.

 

Im Hinblick auf die eindeutige Aussage, keine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erheben zu wollen, kann die Bezeichnung des Rechtsmittels "Berufung gegen den Beschluss vom 18. Jänner 2010" nur als Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand verstanden werden. In diesem Sinn ist auch der damit verbundene "Wiederaufnahmeantrag" zu deuten, dass der Bf, wie bereits in Telefonat vom 21. Jänner 2010 zum Ausdruck gebracht, mit der Wiedereinsetzung erreichen wollte, dass das Beschwerdeverfahren "wiederaufgenommen" werden möge.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Zu Spruchpunkt I

 

4.1.1. Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig ist.

 

4.1.2. Unstrittig steht fest, dass der Bf die Frist zur Stellung des Antrages gemäß § 89 Abs. 4 SPG versäumt hat.

 

Der Bf hat nur allgemein gehalten auf verschiedene Erkrankungen hingewiesen, hat aber nicht dargelegt, inwieweit er dadurch verhindert war, selbst den notwendigen Antrag einzubringen oder sich eines Vertreters zu bedienen. Dass die Antragstellung keine besondere Rechtskenntnis voraussetzt, der Hinweis auf die dem Bf bekannte einschlägige Bestimmung des SPG ausreichend ist, um ein Verfahren beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Gang zu setzen und der Bf über die erforderlichen Mindestkenntnisse verfügt hat, zeigt anschaulich die, wenn auch verspätete Antragseinbringung des Bf. Abgesehen davon, dass der Bf nicht einmal ansatzweise ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis glaubhaft machen konnte, hat der Bf im Telefonat vom 21. Jänner 2010 selbst eingestanden, dass er den Fristenlauf falsch berechnet hat. Laut seinen eigenen Angaben hat er nicht die erforderliche Sorgfalt walten lassen und dem Beginn des Fristenlaufes nicht die entsprechende Aufmerksamkeit geschenkt. Wie bereits unter Punkt 3.2. ausgeführt, wusste der Bf zu Gesprächsbeginn nicht einmal mehr, dass er die Mitteilung des Bürgermeisters der Stadt Ischl persönlich übernommen und die Übernahme eigenhändig bestätigt hat. Erst nach Vorhaltung der Übernahmedokumentation wurde ihm die verspätete Antragseinbringung bewusst.

 

Die Sorglosigkeit bei der Bestimmung des Fristenlaufes und die dadurch eingetretene Fristversäumung kann weder als unvorhergesehenes noch als unabwendbares Ereignis gewertet werden.

 

Das Vorbringen, dass das Schreiben des Bürgermeisters keine Rechtsbelehrung enthalten habe und deshalb die Fristversäumung eingetreten sei, verhilft dem Bf auch nicht zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

§ 71 Abs. 1 Z. 2 AVG stellt auf die "Versäumung einer Rechtsmittelfrist" ab, die die Ursache u.a. darin hat, dass der "Bescheid" keine "Rechtsmittelbelehrung" aufweist.

Die Mitteilung der Dienstaufsichtsbehörde erfolgt formlos, bedarf nicht der Bescheidform und stellt somit auch keinen Bescheid dar. Da es sich bei der Mitteilung um keinen Bescheid handelt, bedarf diese Form der Erledigung auch keiner Rechtsmittelbelehrung. Für die vorliegende Mitteilung, die gemäß § 89 Abs. 2 SPG ergangen ist, hat der Gesetzgeber keine Regelung getroffen, die in irgendeiner Form einer Rechtsbelehrung gleichkommen würde. Die Anwendung des § 71 Abs. 1 Z. 2 AVG ist somit ausgeschlossen.

 

Da die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen, war der diesbezügliche Antrag abzuweisen.

 

4.2. Zu Spruchpunkt II:

 

4.2.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

4.2.2. Wie bereits unter Punkt 4.1. ausgeführt, liegt kein Fall des § 71 AVG vor. Da sich das Anbringen des Bf auch nicht auf § 69 AVG bezogen hat, war das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates gehalten zu prüfen, ob eine entschiedene Sache vorliegt.

 

Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I2, E80 zu § 68 AVG (Seite 1417) mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

 

Im vorliegenden Zusammenhang liegt Identität der Verwaltungssache vor, weil sich die dem Beschluss vom 18. Jänner 2010 zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nicht wesentlich geändert hat. Der Antragstellung vom 24. Jänner 2010, mit der die Feststellung einer Richtlinienverletzung begehrt wurde, die sich auf eine Amtshandlung am 21. August 2009 und eine Beschwerdeeinbringung am 21. September 2009 bezieht steht das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegen (vgl dazu näher mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] Anm 6 und E 3 bis 6 zu § 68 AVG). Anträge auf Aufrollung einer rechtskräftig entschiedenen Sache sind unzulässig und wegen res iudicata zurückzuweisen.

4.2.3. Der Antrag vom 24. Jänner 2010 war daher wegen entschiedener Sache spruchgemäß zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 33,60 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

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