Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164533/8/Zo/Jo

Linz, 11.02.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwälte X, vom 17.09.2009 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 24.08.2009, Zl. VerkR96-4971-2009, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.01.2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Die Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.a StVO wird in der Fassung BGBl. I Nr. 15/2005 angewendet.

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 28 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 10.11.2008 um 05.26 Uhr auf der A1 bei km 234,138 in Fahrtrichtung Wien als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X die in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 44 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 140 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 14 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass die ihm zur Kenntnis gebrachte Verordnung vom 08.09.2008 nicht für den gegenständlichen Straßenkilometer anwendbar sei. Auch die Verordnung vom 02.09.2008 gelte nicht bei Straßenkilometer 234,183. Der Bescheid der BH Vöcklabruck vom 02.09.2008 gelte ebenfalls für einen anderen Straßenkilometer. Die von der Behörde zugrunde gelegte Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h sei aus diesen Unterlagen auch nicht ableitbar, weshalb die Verordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h nicht gültig sei.

 

Weiters habe die BH Vöcklabruck wesentliche Bestandteile des Bescheides, nämlich die Aktenvermerke des Bauführers und die schriftlichen Aufzeichnungen über die tägliche Arbeitszeit trotz Antrag nicht vorgelegt. Der übermittelte Baustellenplan stelle keine gesetzliche Grundlage für eine Verordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung dar.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.01.2010. An dieser hat ein Vertreter des Berufungswerbers teilgenommen und es wurde der Polizeibeamte Chefinspektor Bauer als Zeuge zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten PKW auf der A1. Er hielt bei km 234,183 in Fahrtrichtung Wien eine Geschwindigkeit von 104 km/h ein. Dieser Umstand ist aufgrund der Radarmessung erwiesen und wird vom Berufungswerber auch nicht bestritten.

 

Zur Frage, ob bzw. welche Geschwindigkeitsbeschränkung zur Tatzeit an der gegenständlichen Straßenstelle verordnet war, ist Folgendes auszuführen:

 

Entsprechend der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 02.09.2008, Zl. VerkR01-1900-2-2008, wurden gemäß § 43 Abs.1a StVO zur Durchführung von Bauarbeiten (Generalerneuerung der A1 Regau-Seewalchen) die aus den Plänen für die Bauphasen 1 bis 6 ersichtlichen Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und –verbote, für die Zeiträume, die aus dem Bescheid vom 02.09.2008 hervorgehen, verordnet.

Weiters sind in der Verordnung bestimmte Verkehrsbeschränkungen konkret angeführt, für welche diese Verordnung nicht gilt, weil sich diese Beschränkungen nicht zur Gänze innerhalb des Bezirkes Vöcklabruck befinden. Mit der Verordnung vom 08.09.2008, VerkR01-1900-4-2008, wurden weitere Verkehrsbeschränkungen angeordnet, welche sich aber ebenfalls nicht auf die gegenständliche Straßenstelle beziehen.

 

In dem in der Verordnung vom 02.09.2008 angeführten Bescheid sind in Punkt 35. die Bauphasen 1 bis 6 mit ihrem jeweiligen zeitlichen Geltungsbereich angeordnet. Dazu ist anzuführen, dass für die konkrete Tatzeit nur die Phase 3, welche in der Zeit vom 25.09.2008 bis 18.06.2009 von km 235,933 bis km 222,281 gültig war, in Frage kommt. Aus dem ebenfalls im Akt befindlichen Planausschnitt dieser Bauphase 3 ist ersichtlich, dass in Fahrtrichtung Wien die 60 km/h-Beschränkung bei km 234,358 beginnt. In diesem Bereich mündet die Auffahrt Seewalchen in die Autobahn ein. Bei km 234,183 war das Radargerät montiert, in weiterer Folge war bei km 234,108 nochmals die 60 km/h-Beschränkung angebracht. In diesem Bereich waren die Fahrstreifen bereits verengt, die Fahrstreifenverschwenkung beginnt bei km 234,058. Die 60 km/h-Beschränkung galt bis km 234,592, ab dort wurde die erlaubte Höchstgeschwindigkeit mit 80 km/h festgelegt.

 

Diese Anordnung der Verkehrszeichen ergibt sich auch aus den vom Zeugen Chefinspektor X in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos.

 

Anzuführen ist noch, dass nach einer Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck kein Aktenvermerk über die Aufstellung der Verkehrszeichen vorhanden ist.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Abs.10a StVO "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. Ob und in welcher Entfernung es vor schienengleichen Eisenbahnübergängen anzubringen ist, ergibt sich aus den eisenbahnrechtlichen Vorschriften.

 

Gemäß § 43 Abs.1a StVO 1960 hat die Behörde, sofern es sich nicht um Arbeitsfahrten iSd § 27 Abs.1 handelt, zur Durchführung von Arbeiten auf oder neben einer Straße, die zwar vorhersehbar sind und entsprechend geplant werden können, bei denen aber die für die Arbeitsdurchführung erforderlichen Verkehrsregelungen örtlich und/oder zeitlich nicht genau vorherbestimmbar sind, durch Verordnung die aus Gründen der Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs oder zur Sicherheit der mit den Arbeiten beschäftigten Personen erforderlichen Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverbote und/oder Verkehrsgebote zu erlassen. In diesen Fällen sind die Organe des Bauführers ermächtigt, nach Maßgabe der Arbeitsdurchführung den örtlichen und zeitlichen Umfang der von der Behörde verordneten Verkehrsmaßnahmen durch die Anbringung oder Sichtbarmachung der betreffenden Straßenverkehrszeichen mit der Wirkung zu bestimmen, als ob der örtliche und zeitliche Umfang von der Behörde bestimmt worden wäre. Der Zeitpunkt und der Ort (Bereich) der Anbringung (Sichtbarmachung) ist von den Organen des Bauführers in einem Aktenvermerk festzuhalten.

 

5.2. Der Berufungswerber hat bei km 234,183 in Fahrtrichtung Wien im Bereich einer 60 km/h-Beschränkung eine Geschwindigkeit von 104 km/h eingehalten. Er hat damit die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Diese Geschwindigkeitsbeschränkung wurde nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS auch rechtskonform verordnet. Die entsprechende Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck verweist auf einen Bescheid, aus welchem sich der zeitliche Geltungsbereich und die für die jeweilige Bauphase jeweils verordneten Beschränkungen durch einen Verweis auf den entsprechenden Bauplan ergeben. Mit dieser Regelungstechnik werden jene Verkehrsbeschränkungen, welche auf dem Bauplan eingezeichnet sind, zum Bestandteil der Verordnung. Diese Beschränkungen sind auch im Nachhinein problemlos nachvollziehbar, sodass eine Überprüfung im Rechtsmittelverfahren jederzeit möglich ist. Es erscheint daher nicht notwendig, dass jede einzelne Verkehrsbeschränkung mit Beginn und Ende sowie mit ihrem zeitlichen Geltungsbereich in der Verordnung ausdrücklich angeführt ist. Der Verweis auf die jeweiligen Baupläne und den Genehmigungsbescheid ist in diesem Fall ausreichend, weil sich aus diesem sowohl der zeitliche als auch der örtliche Geltungsbereich der jeweiligen Verkehrsbeschränkungen eindeutig ergibt.

 

Anzuführen ist noch, dass aufgrund der vom Zeugen vorgelegten Fotos die tatsächliche Aufstellung der Verkehrszeichen nachvollziehbar ist, sodass der fehlende Aktenvermerk des Bauführers im konkreten Fall nicht von Bedeutung ist. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe zB Zl. 97/02/0246 vom 20.04.2001) beeinträchtigt ein derartiger fehlender Aktenvermerk nicht die Normqualität der Verordnung.

 

Die entsprechende Geschwindigkeitsbeschränkung war daher ordnungsgemäß verordnet und kundgemacht, weshalb sie auf den Berufungswerber anzuwenden ist. Er hat damit die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht begangen. Umstände, welche sein Verschulden ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, sodass gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Anzuführen ist, dass die Strafbestimmungen für Geschwindigkeitsüber-schreitungen in der Zwischenzeit verschärft wurden. Zum Tatzeitpunkt war § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 in der damals geltenden Fassung anzuwenden, diese sah keine Mindeststrafe und eine gesetzliche Höchststrafe von 726 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) vor.

 

Als wesentlicher Strafmilderungsgrund kommt dem Berufungswerber seine bisherige Unbescholtenheit zugute. Sonstige Strafmilderungs- bzw. Straferschwerungsgründe liegen hingegen nicht vor. Im Hinblick darauf, dass der Berufungswerber die gegenständliche Geschwindigkeitsüberschreitung im Bereich einer Autobahnbaustelle unmittelbar vor der Verschwenkung der Fahrstreifen begangen hat, ist der Unrechtsgehalt der Übertretung als erheblich einzuschätzen.

 

Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe nicht überhöht. Sie schöpft den gesetzlichen Strafrahmen nicht einmal zu 20 % aus. Auch die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen von 1.200 Euro bei keinen Sorgepflichten und keinen Schulden) macht eine Herabsetzung der Strafe nicht notwendig. Die Berufung war daher auch hinsichtlich der Strafhöhe abzuweisen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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