Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100417/7/Sch/Rd

Linz, 11.03.1993

VwSen - 100417/7/Sch/Rd Linz, am 11. März 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Dr. K F S vom 10. Februar 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. Jänner 1992, VerkR96-19311-1990, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG. Zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 21. März 1992, VerkR96-19311-1990, über Herrn Dr. K F S, wegen sechs Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 Geldstrafen von zusammen 15.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 444 Stunden verhängt, weil er am 11. November 1990 gegen 16.10 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen S-203.529 auf bestimmten Teilstrecken der A1 Westautobahn im angefochtenen Straferkenntnis näher umschriebene Verkehrsdelikte begangen habe.

Überdies wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 1.500 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Laut Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Verkehrsabteilung, Außenstelle S, vom 16. Dezember 1990 habe der Berufungswerber am 11. November 1990 gegen 16.10 Uhr auf näher umschriebenen Teilstücken der A1 Westautobahn mehrere Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 begangen.

Mit der Auskunftsperson Dr. W T wurde von der LGK-Außenstelle S am 13. November 1990 eine Niederschrift aufgenommen, zumal dieser - neben den in der obigen Anzeige angeführten Gendarmeriebeamten - ebenfalls Wahrnehmungen in bezug auf die Übertretungen des späteren Berufungswerbers gemacht habe. In der Folge wurde von der Erstbehörde ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, im Zuge dessen Dr. W T am 8. Juli 1991 im Rechtshilfeweg durch die Bundespolizeidirektion St. Pölten zeugenschaftlich einvernommen wurde. Diesem waren anläßlich der Zeugeneinvernahme einzelne Details seiner Wahrnehmungen nicht mehr in Erinnerung.

Am 29. August 1991 hat die Erstbehörde die beiden Gendarmeriebeamten, die die eingangs angeführte Anzeige verfaßt bzw. die Übertretungen des Berufungswerbers wahrgenommen haben, zeugenschaftlich einvernommen. Beide Zeugen konnten aufgrund des zwischen ihren Wahrnehmungen (11. November 1990) und ihren erstmaligen behördlichen Einvernahmen (29. August 1991) verstrichenen Zeitraumes lediglich auf ihre Angaben in der eingangs angeführten Anzeige verweisen.

Aus dem vorlegten Verwaltungsstrafakt ist zu entnehmen, daß zum einen die Übertretungen erst nach über einem Monat der Behörde zu einer Anzeige gebracht wurden (Anzeigedatum 16. Dezember 1990). Darüber hinaus wurden die Meldungsleger von der Behörde erstmals nach mehr als 9 Monaten nach ihren Wahrnehmungen zeugenschaftlich einvernommen. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß deren Erinnerungsvermögen nach einem derartig beträchtlichen Zeitraum nicht mehr in vollem Ausmaß gegeben sein konnte. Dafür spricht auch, daß solche Wahrnehmungen bzw. Amtshandlungen für Gendarmeriebeamte eine eher alltägliche Angelegenheit darstellen und daher das Erinnerungsvermögen an einen konkreten Vorfall schon deshalb nicht zeitlich begrenzt sein muß. Die beiden Gendarmeriebeamten konnten daher lediglich auf ihre Angaben in der Anzeige vom 16. Dezember 1990 verweisen.

Die obigen Ausführungen im Hinblick auf die vor der Behörde gemachten Aussagen müssen - wohl abgesehen von der Häufigkeit solcher Wahrnehmungen - auch für den Zeugen Dr. W T gelten.

Gemäß § 51i VStG ist bei der Fällung eines Erkenntnisses (eines unabhängigen Verwaltungssenates) nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in einer Verhandlung vorgekommen ist. Dieser hiedurch normierte "Unmittelbarkeitsgrundsatz" verbietet dem unabhängigen Verwaltungssenat - von Ausnahmen abgesehen -, eine Verurteilung auf Beweismittel zu stützen, die lediglich aus einem Verweis, etwa auf eine Anzeige, bestehen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 15.10.1987, 87/02/0071) kann von der Einvernahme eines Zeugen dann abgesehen werden, wenn sich dieser schon anläßlich seiner ersten Vernehmung an - hinsichtlich der Verwaltungsübertretung - wesentliche Einzelheiten nicht mehr erinnern konnte. Hievon ist aufgrund der Aktenlage bei den relevanten Zeugen auszugehen. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hält es aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht für vertretbar, in solchen Fällen relativ aufwendige Berufungsverhandlungen abzuführen, wenn von vornherein erwartet werden muß, daß mit einer Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens vorzugehen sein wird.

Es braucht daher auch nicht beurteilt werden, ob das Berufungsverfahren allenfalls einen anderen Ausgang genommen hätte, wenn die Einvernahme der relevanten Zeugen bereits in geringerer zeitlicher Abfolge nach der Anzeige erfolgt wäre. In Anbetracht der Schwere der Delikte, die dem Berufungswerber zur Last gelegt wurden, wäre eine solche Vorgangsweise wohl gerechtfertigt gewesen.

Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren war daher ohne Eingehen auf das Berufungsvorbringen einzustellen, ohne überprüfen zu können, ob dieses überhaupt stichhältig ist.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n

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