Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522380/4/Fra/Bb/Ka

Linz, 11.02.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des x, 4020 Linz, vom 18. September 2009, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz, vom 1. September 2009, GZ FE-600/2009, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung der Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit und sonstiger Anordnungen, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2009, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen sowie die Aberkennung des Rechts, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, auf sieben Monate, gerechnet ab 4. September 2009 (= Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides) bis einschließlich 4. April 2010, herabgesetzt wird.

 

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z2, 7 Abs.1 Z2, Abs.3 Z11 und Abs.4, 24 Abs.1 Z1 und Abs.3, 25 Abs.3, 30 Abs.1, 32 Abs.1 Z1 und 29 Abs.3 Führerscheingesetz 1997 -  FSG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 1. September 2009,   GZ FE-600/2009, Herrn x (dem Berufungswerber) die am 4. September 2006 unter Zl. 06345047 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 14 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides (= 4. September 2009) bis einschließlich 4. November 2010 entzogen, für den gleichen Zeitraum das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges verboten und das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrach zu machen. Überdies wurde der Berufungswerber aufgefordert, bis spätestens zum Ablauf der Dauer der Entziehung ein amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen und gemäß § 29 Abs.3 FSG den Führerschein unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Die gesetzlichen Grundlagen für diesen Bescheid bilden die Bestimmungen der §§ 7, 24, 25, 29, 30 und 32 FSG. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 4. September 2009 - hat der Berufungswerber durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin mit Schriftsatz vom 18. September 2009 bei der Bundespolizeidirektion Linz fristgerecht Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Bundespolizeidirektion Linz nicht Gebrauch gemacht und die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben (§ 35 Abs.1 FSG). Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme (Verfahrensakt der Bundespolizeidirektion Linz, GZ FE-600/2009) sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2009. An der Verhandlung hat Herr Rechtsanwalt x - stellvertretend für x - als Vertreter des Berufungswerbers teilgenommen. Der Berufungswerber selbst als auch ein Vertreter der Bundespolizeidirektion Linz haben an der Verhandlung – entschuldigt - nicht teilgenommen. 

 

Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers wurde anlässlich der mündlichen Verhandlung zum Sachverhalt gehört. Er beantragte eine Herabsetzung der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung und verwies dabei im Wesentlichen auf die schriftlichen Vorbringen. Ergänzend erklärte er, dass der Berufungswerber derzeit arbeitsuchend sei und vom Gericht eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe - infolge guter Führung - ausgesprochen worden sei.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 15. Juni 2009, GZ 27 Hv 79/09h, wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1, 2. und 3. Fall und nach § 28a Abs.1, 5. und 6. Fall SMG idF BGBl. I 2007/110 nach dem Strafsatz des § 28a Abs.1 SMG ebenso idF BGBl. I 2007/110 zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Der nicht bedingte Teil der Freiheitsstrafe beträgt sohin 8 Monate. Das Urteil ist seit 15. Juni 2009 rechtskräftig.

 

Auf Grund der - in Angelegenheiten der Entziehung der
Lenkberechtigung
- bestehenden Bindungswirkung an das rechtskräftige strafgerichtliche Urteil durch die Führerscheinbehörde (vgl. z.B. VwGH 6. Juli 2004, 2004/11/0046) steht bindend fest, dass der Berufungswerber die ihm angelasteten Straftaten in der im Strafurteil dargestellten und umschriebenen Weise begangen hat.

 

Die vom Berufungswerber zu verantwortenden strafbaren Handlungen nach       § 28a SMG stellen – vom Berufungswerber unbestritten - eine die Verkehrsunzuverlässigkeit (§ 7 FSG) indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z11 FSG dar. Auch wenn die Bestimmung des  § 7 Abs.3 Z11 FSG noch auf die Bestimmung des SMG in der Geltung vor dem 1. Jänner 2008 abstellt, so gilt nach der Rechtsauffassung der Berufungsinstanz auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des nunmehrigen § 28a SMG als eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 FSG, welche gemäß § 7 Abs.4 FSG einer Wertung zu unterziehen ist.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG beträgt die Entziehungsdauer bei mangelnder Verkehrszuverlässigkeit mindestens drei Monate. Diese gesetzliche Bestimmung steht somit der Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz eine besondere Form der Kriminalität darstellen. Wegen der damit verbundenen Gefahr für die Gesundheit von Menschen sind derartige Verbrechen besonders verwerflich und gefährlich. Im Gegenstandsfall hat der Berufungswerber nicht nur Suchtgift erworben und besessen, sondern in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge (insgesamt 550 - 670 g Kokain) von den Niederlanden aus- und nach Deutschland ein- sowie von Deutschland aus- und nach Österreich eingeführt, zum Teil eigens konsumiert und überdies gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt und damit anderen den Konsum von Suchtmitteln ermöglicht. Das Überlassen von Suchtgift an andere Personen - vor allem im Hinblick auf die Herstellung von Abhängigkeitsverhältnissen - ist allgemein als besonders sozialschädlich zu beurteilen. Hinzu kommt als erschwerend, dass der Berufungswerber Kokain gehandelt hat. Bei diesem Suchtmittel handelt es sich um eine sogenannte "harte Droge" mit hohem – insbesondere psychischem – Abhängigkeitspotenzial. Nicht weniger verwerflich macht seine Handlungen, dass er sich durch den Erwerb und gewinnbringenden Verkauf dieser Droge eine fortlaufende Einnahmequelle verschaffen wollte. Nachteilig für den Berufungswerber wirkt sich auch aus, dass sich seine Tathandlungen insgesamt über einen Zeitraum von drei Jahren (von Anfang 2006 bis Anfang 2009) erstreckten und er bei Tatbegehung auch größtenteils ein Kraftfahrzeug verwendet bzw. ein solches selbst gelenkt hat. Durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges wird die Begehung von Suchtmitteldelikten typischerweise wesentlich erleichtert. Zu seinen Ungunsten war auch noch eine strafgerichtliche Vorverurteilung aus dem Jahr 2006 zu berücksichtigen.

 

Ungeachtet der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit seines Verhaltens muss bei der Wertung der vom Berufungswerber begangenen bestimmten Tatsache aber auch die seither verstrichene Zeit und das Verhalten des Berufungswerbers während dieser Zeit berücksichtigt werden. Seit der Beendigung des strafbaren Verhaltens (letzte Tat am 24. März 2009) ist nunmehr ein Zeitraum von beinahe 11 Monaten verstrichen. Seither hat sich der Berufungswerber im Allgemeinen Wohlverhalten und ist nicht negativ in Erscheinung getreten. Zu Gunsten des Berufungswerbers ist auch zu werten, dass er letztlich geständig war und es sich um die erstmalige Entziehung seiner Lenkberechtigung handelt. Nicht unberücksichtigt kann auch bleiben, dass das Strafgericht eine teilbedingte Freiheitsstrafe verhängt hat und diese inzwischen offenbar - infolge guter Führung des Berufungswerbers – auch noch herabgesetzt hat. Das Gericht hat somit den vollständigen Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe durch den Berufungswerber nicht als erforderlich angesehen.

Ausgehend von der letzten begangenen Tat des Berufungswerbers am 24. März 2009 ergäbe sich bei Bestätigung der von der Erstinstanz verfügten 14-monatigen Entziehungsdauer eine angenommene Verkehrsunzuverlässigkeit des Berufungswerbers von ca. 19 1/2 Monaten. Diese prognostizierte Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit erweist sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zu ähnlichen Fällen jedoch als zu lang.

 

Unter Abwägung aller Umstände gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Annahme, dass der Berufungswerber seine Verkehrszuverlässigkeit nach Ablauf einer Entziehungs- und Verbotsdauer von sieben Monaten, gerechnet ab 4. September 2009 bis einschließlich 4. April 2010 (dies entspricht einer Verkehrsunzuverlässigkeit von insgesamt 12 1/2 Monaten ab Beendigung des strafbaren Verhaltens), wiedererlangen wird und er bis dorthin die die Verkehrsunzuverlässigkeit begründende Gesinnung überwunden hat. Dem Berufungsbegehren auf Herabsetzung der Entziehungs- bzw. Verbotsdauer konnte damit in diesem Sinne Erfolg beschieden werden.

 

Berufliche, wirtschaftlich, persönliche oder auch familiäre Schwierigkeiten und Nachteile, welche mit der Entziehung der Lenkberechtigung und dem verhängten Lenkverbot verbunden sind, rechtfertigen nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung keine andere Beurteilung. Im Interesse der Verkehrssicherheit und damit des Schutzes der Allgemeinheit vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern ist auf derartige Gründe nicht Bedacht zu nehmen. Der Berufungswerber hat sich als verkehrsunzuverlässig erwiesen, weshalb er vom weiteren Lenken von Kraftfahrzeugen abgehalten werden muss.

 

Das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges und Invalidenkraftfahrzeuges ist in § 32 Abs.1 Z1 FSG begründet und ist zu              Recht erfolgt. Die Aberkennung des Rechts von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen stützt sich auf die Gesetzesbestimmung des § 30 Abs.1 FSG. 

 

Die im verfahrensgegenständlichen Bescheid überdies verfügten Maßnahmen der Beibringung eines amtärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG und die Ablieferungspflicht des Führerscheines sind in den von der Bundespolizeidirektion Linz jeweils angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung ergibt sich aus § 64 Abs.2 AVG und entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung im Fall der Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit immer geboten ist (vgl. z.B. VwGH 20. Februar 1990, 89/11/0252).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Dr.  F R A G N E R

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum