Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231083/2/BP/Ga

Linz, 15.02.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree aus Anlass der Berufung der X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding, vom 24. November 2009, GZ.: Sich96-69-2009, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

I.  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des  Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 44a, 45 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

Zu II.: § 65. VStG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom
24. November 2009, GZ.: Sich96-69-2009, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 100,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil sie sich am 3. April 2009 um ca. 20:50 Uhr, im Gemeindegebiet von X, X, km X, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, da gegen sie ein gültiges und rechtskräftiges Aufenthaltsverbot für das Schengengebiet von Deutschland bestanden habe. Als verletzte Rechtsgrundlagen werden §§ 15 Abs. 2 iVm. 120 Abs. 1 Z. 1 FPG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung genannt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass die Bw am 3. April 2009 gegen 20:50 Uhr, im Gemeindegebiet von X, auf der
A X bei Straßenkilometer X, in Fahrtrichtung X, als Insassin eines Linienbusses der Firma X von der Autobahnpolizeiinspektion Ried im Innkreis kontrolliert worden sei. Bei der Überprüfung sei festgestellt worden, dass gegen die Bw ein, unter ihrem früheren Familiennahmen X, von deutschen Behörden erlassenes, Einreise- und Aufenthaltsverbot für das Schengengebiet, bestehe. Einen aufenthaltsrechtlichen Titel habe die Bw im Zuge dieser Kontrolle nicht vorweisen können.

 

Nach Schilderung des Verfahrensganges und der Beweiswürdigung, führt die belangte Behörde nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen aus, dass die Bw Fremde im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 FPG sei. Daher unterliege sie der Passpflicht gemäß § 15 Abs. 1 FPG. Da die Bw bei der Grenzkontrolle keinen aufenthaltsrechtlichen Titel habe vorweisen können und zudem gegen sie ein Aufenthaltsverbot für den Schengenraum bestanden habe, habe sie gegen § 15 Abs. 2 FPG verstoßen.

 

Dieses Aufenthaltsverbot sei zwar am 26. April 2009 außer Kraft getreten; die Kontrolle habe noch zum Zeitpunkt dessen Bestehens am 3. April 2009 stattgefunden. Darüber hinaus habe zu diesem Zeitpunkt keine zwischenstaatliche Vereinbarung zwischen Österreich und Serbien bzw. den Schengenstaaten und Serbien zur visumsfreien Einreise bestanden. Zum Tatzeitpunkt hätte die Bw demnach, wenn auch ihr Aufenthaltsverbot keine Gültigkeit mehr besessen haben würde, auch nur mit einem gültigen Reisepass in Verbindung mit einem Einreise-/Aufenthaltstitel in das Gebiet der Schengenstaaten einreisen dürfen. Die Bw sei trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes nach Österreich ein bzw. durchgereist, weshalb sie ein Delikt gemäß § 120 Abs. 1 Z. 1 FPG verwirklicht habe.

 

Die verhängte Strafe sei tat- bzw. schuldangemessen und bewege sich im unteren Bereich des Strafrahmens. § 21 VStG habe mangels der dort normierten Voraussetzungen nicht Anwendung finden können.  

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der der Bw am 23. Jänner 2010 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende rechtzeitig erhobene Berufung vom 5. Februar 2010.

 

Darin führt die Bw ua. aus, dass sie völlig mittellos und nicht in der Lage sei, die verhängte Geldstrafe zu bezahlen. Weiters führt sie an, dass sie nunmehr allfällige Eintragungen in deutschen Strafregistern habe löschen lassen. Überdies habe sie am Tattag nur durch Österreich durchreisen wollen.

 

Abschließend ersucht sie, die von ihr vorgebrachten Berufungsgründe zu berücksichtigen.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 10. Februar 2010 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt. Da sich daraus ergab, dass der bekämpfte Rechtsakt aufzuheben war, hatte gemäß § 51e Abs. 1 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu entfallen.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem im Wesentlichen von der Bw unwidersprochenen unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 29/2009, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Wochen zu bestrafen, wer als Fremder nicht rechtmäßig ins Bundesgebiet einreist.

 

Gemäß § 15 Abs. 2 FPG brauchen passpflichtige Fremde, soweit dies nicht durch Bundesgesetz, durch zwischenstaatliche Vereinbarungen oder durch unmittelbar anwendbare Rechtsakte der Europäischen Union anders bestimmt ist, zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet ein Visum (Sichtvermerkspflicht). Fremde, die eine gültige Aufenthaltsbewilligung, eine besondere Bewilligung während 12 Monaten nach einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Ausweisung oder eine Bewilligung zur Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes innehaben, entsprechen der Sichtvermerkspflicht.   

 

3.2. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z. 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Beschuldigten angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985, jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (vgl. z.B. VwGH vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

 

3.3. Wenn nun § 44a Z. 1 und Z. 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des
Verwaltungsstrafverfahrens festlegen, dass der Spruch eines Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift(en) zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt wurde(n), so wird der Spruch des hier angefochtenen Bescheides diesem Erfordernis schon deshalb nicht gerecht, weil darin zunächst  richtiger Weise § 120 Abs. 1 Z. 1 FPG, der eine illegale Einreise unter Strafe stellt, angeführt wird, der Wortlaut des Spruchs aber von einem illegalen Aufenthalt der Bw spricht. Es wurde der Bw somit nicht der Verstoß gegen die Sichtvermerkspflicht (§ 15 Abs. 2), sondern dem Wortlaut des Spruchs nach eher ein Aufenthalt ohne entsprechenden Titeln vorgeworfen.

 

Schwerwiegend ist auch die Tatsache, dass auf die Tatbestandselemente des § 15 Abs. 2, zweiter Satz, wonach kumulativ bei einem bestehenden Aufenthaltsverbot nicht die dort angeführten - dieses materiell durchbrechende - Ausnahmen gegeben sein dürfen um die Strafbarkeit herbeizuführen, kein Bezug genommen wurde.

 

3.4. Es war daher unabhängig vom Berufungsvorbringen – das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw gemäß den §§ 64 ff. VStG keinerlei Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

 


 

 

Rechtsatz

 

§§ 15 Abs. 2 und 120 Abs. 1 Z. 1 FPG iVm. § 44a VStG.

 

Der Spruch des hier angefochtenen Bescheides wird den Erfordernissen des § 44a VStG  schon deshalb nicht gerecht, weil darin zunächst  richtiger Weise § 120 Abs. 1 Z. 1 FPG, der eine illegale Einreise unter Strafe stellt, angeführt wird, der Wortlaut des Spruchs aber von einem illegalen Aufenthalt der Bw spricht. Es wurde der Bw somit nicht der Verstoß gegen die Sichtvermerkspflicht (§ 15 Abs. 2), sondern dem Wortlaut des Spruchs nach eher ein Aufenthalt ohne entsprechenden Titeln vorgeworfen. Schwerwiegend ist auch die Tatsache, dass auf die Tatbestandselemente des § 15 Abs. 2, zweiter Satz, wonach kumulativ bei einem bestehenden Aufenthaltsverbot nicht die dort angeführten - dieses materiell durchbrechende - Ausnahmen gegeben sein dürfen um die Strafbarkeit herbeizuführen, kein Bezug genommen wurde.

 

 

VwSen- 231083 vom 15. 2. 2010

 

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