Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164495/6/Kof/Jo

Linz, 04.11.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch
sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X, vertreten durch X
gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 23.09.2009, VerkR96-6356-2009 – Punkt 1. wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2009 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

 

Betreffend Punkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnis
(Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO) wird der Berufung stattgegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben und
das  Verwaltungsstrafverfahren  nach  § 45 Abs.1 Z2 VStG  eingestellt.

Der Berufungswerber hat weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG  iVm  § 24 VStG;

§ 66 Abs.1 VStG

 

 

Betreffend die Punkte 2. und 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnis (Verwaltungsübertretungen nach §§ 4 Abs.5 und 4 Abs.1 lit. c StVO)
ergeht die Berufungsentscheidung in einem gesonderten Erkenntnis
des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das
in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen, wobei nur Punkt 1. angeführt wird:

 

"Sie haben das angeführte Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Ein um 22.20 Uhr durchgeführter Alkotest ergab ein Ergebnis von 1,13 mg/l Atemluftalkoholkonzentration.

Auf den Lenkzeitpunkt um 17.00 Uhr zurückgerechnet und unter Berücksichtigung des Nachtrunkes ergibt sich ein Alkoholgehalt des Blutes von mindestens 1,6 Promille.

 

Tatort: Gemeinde B., Parkplatz des L.Marktes, Xstraße Nr....

Tatzeit: 30.06.2009, 17:00 Uhr

 

Fahrzeug: Kennzeichen X, PKW,

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 5 Abs.1 StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe: 1200 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von: 14 Tagen

 

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen: 120 Euro

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 1.320 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 01.10.2009 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Am 03.11.2009 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter sowie der Zeuge und Meldungsleger, Herr X, X teilgenommen haben.

 

Zeugenaussage des Herrn GI X:

Am 30.06.2009 um 20.45 Uhr wurde ich vom Lebensgefährten der Frau X verständigt, dass am auf dem Parkplatz des L. abgestellten PKW der Frau X
– dieser stand bereits seit 9 Tagen unverändert dort – ein anderes Fahrzeug angestoßen sei.

Dieses Fahrzeug befinde sich ebenfalls noch dort.

 

Ich fuhr zu diesem angegebenen Parkplatz und habe diese Situation fotografiert.

Diese Fotos sind im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthalten.

Der Zulassungsbesitzer des zweitbeteiligten Fahrzeuges wurde eruiert.

Dieser wohnt nur einen Wohnblock vom Parkplatz L. entfernt.

Kurze Zeit später kam mein Kollege mit dem Zulassungsbesitzer, (= der Bw) zum Parkplatz.

Dort wurde der Bw mit dem Sachverhalt konfrontiert.

Mittlerweile hatte Frau X ihren PKW einige wenige Meter weggefahren.

 

Bei der Diskussion bzw. Erörterung mit dem Bw bemerkte ich bei ihm Alkoholisierungssymptome.

 

Zuerst wurde an Ort und Stelle ein Alkovortest durchgeführt, Ergebnis: 1.20 mg/l.

 

Anschließend fuhren wir zur Polizeiinspektion B., dort wurde der Alkotest durchgeführt.

Ergebnis (niedrigster Wert): 1,13 mg/l.

 

Der Bw hat zuvor schon zu meinem Kollegen gesagt, dass er zwischen dem Lenken des PKW einerseits und dem Beginn der Amtshandlung andererseits einen Nachtrunk konsumiert hat.

 

Ich fuhr daher nach Durchführung der Alkotests mit dem Bw in dessen Wohnung um diese Angaben zu überprüfen.

 

In der Küche stand auf der Arbeitsplatte

-         eine Flasche Kräuterlikör: 0,7 l, 35 % Alkoholgehalt der Marke Jagdschloss, bis zur Hälfte geleert;

-         eine Flasche Eierlikör, 0,7 l, 20 % Alkoholgehalt der Marke Gold Eierlikör/Advocat, 1/3 geleert und

-         eine Flasche Batida de Coco, 0,7 l, 16 % Alkoholgehalt, 1/4 geleert.

 

Betreffend die Flasche Jagdschloss hat mir der Bw die Rechnung gezeigt.

 

Diese Flasche wurde am 30.06.2009 um 15.17 Uhr an der Kasse des P-Marktes in (PLZ) X, X (Nr.) gekauft.

 

Weiters stand neben dem PC ein 0,33 l Glas mit noch ca. 2 cm Inhalt eines alkoholischen Mixgetränkes.

 

Betreffend die Frage des Verkehrsunfalles gebe ich an:

Nach meiner Erfahrung nach dürfte dies durch "aufrollen" mit sehr geringer Geschwindigkeit sich ereignet haben.

 

Anmerkung:

Der Name des Bw wurde durch die Wendung "Bw" – in der jeweils grammatikalisch richtigen Form – ersetzt.

 

Entscheidungswesentlich ist einzig und allein der "Nachtrunk":

Im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes
wird dem Umstand Bedeutung beigemessen, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung aufgestellt hat.

In Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstandes hat der Lenker auf einen allfälligen Nachtrunk bei erster sich bietender Gelegenheit – von sich aus – hinzuweisen.

Weiters hat derjenige, der sich auf einen Nachtrunk beruft, die Menge des solcherart konsumierten Alkohols konkret zu behaupten und zu beweisen;

ständige Rechtsprechung des VwGH, zuletzt Erkenntnisse vom 27.02.2007, 2007/02/0029; v. 27.02.2007, 2007/02/0018; v. 26.01.2007, 2007/02/0006 uva.

 

Der Zeuge und Meldungsleger, Herr GI X hat bei der mVh einen sehr glaubwürdigen und kompetenten Eindruck hinterlassen.

 

Der Zeuge hat ausgesagt, dass der Bw bereits bei der Amtshandlung sowohl
seinem Kollegen, als auch ihm selbst gegenüber einen "Nachtrunk" angegeben hat.

 

Unter Berücksichtigung der zitierten strengen Judikatur des VwGH hat der Bw jedenfalls folgenden von ihm konsumierten Nachtrunk nachgewiesen:

 

Kräuterlikör 35 Vol% Alkohol, 0,7 l Flasche zur Hälfte geleert – somit 350 ml.

 

Diese Flasche Kräuterlikör hat der Bw am 30.06.2009 um 15.17 Uhr im X-Markt in X gekauft und den Kassenbon dem amtshandelnden Polizeibeamten gegeben.

 

Nach Maßgabe des im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltenen Gutachtens des Amtsarztes der belangten Behörde vom 04.08.2009 ergibt der Konsum dieser Menge Kräuterlikör ( 3,5 x 27,78 : 60 : 0,7 = ) ......... 2,32 ‰ Blutalkoholgehalt;

 

dies entspricht bei einem gesetzlichen Umrechnungsfaktor von 2:1 einem Nachtrunk von .............................................. 1,16 mg/l Atemluftalkoholgehalt.

 

Bezogen auf den Zeitpunkt des Lenkens errechnet sich beim Bw folgender Alkoholisierungsgrad:

 

-         Zeitpunkt des Lenkens: 17.00 Uhr

 

-         Zeitpunkt des Alkotests: 22.20 Uhr; Ergebnis des Alkotests: 1,13 mg/l

 

          Der Abbauwert des Alkohols beträgt pro Stunde (umgerechnet)  0,05 mg/l;

          VwGH vom 04.06.2004, 2004/02/0170; vom 18.07.1997, 97/02/0123 ua.

 

-         Nachtrunk: 1,16 mg/l.

 

-         Ausgangswert (Messergebnis um 22.20 Uhr) .......................... 1,130 mg/l

-         zuzüglich Abbauwert: 5,33 Stunden x 0,05 mg/l = ................+ 0,267 mg/l

-         abzüglich Nachtrunk ......................................................... – 1,160 mg/l

                                                                                                    0,237 mg/l

 

Somit steht fest, dass der Bw sich im Zeitpunkt des Lenkens iSd § 5 Abs.1 StVO nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

 

Betreffend die Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO war daher

-         der Berufung stattzugeben

-         das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben

-         das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen

-         auszusprechen, dass der Bw weder eine Geldstrafe noch Verfahrenskosten zu bezahlen hat und

-         spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Betreffend die ihm erstinstanzlichen Straferkenntnis, Punkte 2. und 3. enthaltenen Verwaltungsübertretungen nach § 4 StVO ergeht die Berufungsentscheidung in einem gesonderten Verfahren bzw. Erkenntnis des UVS.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

 

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