Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164682/16/Br/Th

Linz, 17.02.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. Dezember 2009, Zl. S 49.642/09-1, nach der am 15.2.2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.     Das angefochtene Straferkenntnis wird im Schuldspruch als unbegründet abgewiesen; im Strafausspruch wird der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, als das Strafausmaß in Anwendung des § 20 VStG auf 400 Euro u. die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage ermäßigt wird.

 

II.    Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 40 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

Zu I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2010 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 20, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2010 – VStG.

Zu II. § 65VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Wider den Berufungswerber wurde mit dem o.a. Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz wegen der Übertretungen nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 800 Euro und im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von elf Tagen verhängt, weil er am 30.10.2009 um 09:30 Uhr, in Lichtenau i.M., L-1545, StrKm 2,850, das Leicht-KFZ, Kz. X, in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt habe, weil bei einer Messung mittels Atemluftalkoholmessgerätes ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,49 mg/l festgestellt wurde.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete den Schuld- u. Strafausspruch mit folgenden Erwägungen:

Der Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist durch die eigene dienstliche Feststellung der einschreitenden Organe, der hierüber vorgelegten Anzeige vom 31.10.2009, das behördlich durchgeführte Ermittlungsverfahren sowie durch die Atemalkoholuntersuchung einwandfrei erwiesen.

 

Demnach steht fest, dass Sie die im Spruch detailliert angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Aufgefordert zur Rechtfertigung gaben Sie im wesentlichen an, dass Sie die Beamten darauf hingewiesen haben, dass Sie Medikamente wegen Ihrer Krankheit einnehmen bzw. in die Lunge einatmen müssten. Dieser zur Bronchienerweiterung, da Sie nur 43 % Atemluft aufnehmen könnten und das beim Alko-Test Lungenbläschen zerreißen könnten.

 

Zur rechtlichen Lage wird von der entscheidenden Behörde folgendes festgehalten:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 StVO darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber, oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als Alkohol beeinträchtigt.

 

Gemäß § 99 Abs. 1b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von € 581,00 bis € 3.633,00 [gemeint wohl: 800 bis 3.700 Euro], im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

 

Dieser Entscheidung liegt ein gültiges Messergebnis eines Alkomaten zugrunde. Anhaltspunkte für einen defekten Alkomaten bzw. einer nicht ordnungsgemäß durchgeführten Alkomatmesssung sind nicht hervorgetreten. Ihnen wäre es frei gestanden, als Gegenbeweis zum gemessenen Atemluftalkohol eine Blutabnahme zu veranlassen. Da Sie dies unterlassen haben, ist für die Behörde erwiesen, dass Sie alkoholbeeinträchtigt ein Fahrzeug lenkten.

 

Festgehalten muss von der Behörde werden, dass es sich gerade bei den Übertretungen der Alkoholbestimmungen überhaupt um die schwersten Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung handelt, weiche auch erfahrungsgemäß immer wieder zu Unfällen im Straßenverkehr mit katastrophalen Folgen führen. Es muss daher alleine schon im Interesse der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer und darüber hinaus aus general- und spezialpräventiven Grunde mit einer strengen Bestrafung vorgegangen werden.

 

Bei der Strafbemessung konnte Ihre völlige Unbescholtenheit als Milderungsgrund gewertet werden.

 

Hingewiesen wird darauf, dass die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt wurde.

Ihre persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden der Behörde nicht bekannt und mussten daher geschätzt werden. Es wurde der Strafbemessung ein monatliches Nettoeinkommen von ca € 800,-- und kein für die Strafbemessung relevantes Vermögen zugrunde gelegt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe bleibt es Ihnen unbenommen, bei der hiesigen Behörde um Gewährung einer Ratenzahlung anzusuchen.“ 

 

2. Der Berufungswerber führt in seiner fristgerecht dagegen erhobenen Berufung dem Sinn nach aus, dass

1.) drei verschiedene Atemluftproben vorlägen;

2.) habe die Behörde erster Instanz anscheinend sein erstes Schreiben nicht gelesen;

3.) bei Atemluftprobe sei im Zuge der Anhaltung festgestellt worden, er hätte 0,32 Promille. Das habe er gehört als er die Papiere vom Auto holte;

4.) im Schreiben der Behörde erster Instanz ist die erste Atemluftprobe nicht angeführt. Sie erfolgte ca. 20 Minuten vor der Atemluftkontrolle am zuständigen Posten;

5.) die zweite Atemluftkontrolle um 9:49 Uhr verweise er darauf, dass er etwa drei Minuten später 0,52 Promille gehabt hätte und dies nicht möglich wäre. Er verweist diesbezüglich auf den Originalausdruck den er als Beweismittel gerne zur Verfügung stelle.

Die darüber hinaus gehenden Ausführungen sind mangels Sachbezug ohne Relevanz und sind daher hier nicht näher auszuführen.

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung des vorgelegten Verfahrensaktes. Der Berufungswerber wurde dazu als Beschuldigter befragt. Der Meldungsleger GrInsp. X erschien zur Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht. Die bereits für 26.1.2010 anberaumt gewesene Berufungsverhandlung musste wegen krankheitsbedingter Entschuldigung dieses Zeugen vertagt werden. Die Behörde erster Instanz entschuldigte sich für die Nichtteilnahme an der Berufungsverhandlung.

 

4. Entscheidungswesentliche Sachverhaltslage:

Der Berufungswerber räumt ein, vor der hier verfahrensgegenständlichen auf 700 m konzipiert gewesenen Fahrt mit seinem Mopedauto, zur Jause zwei Seidel Bier getrunken gehabt zu haben. Aus der Anzeige geht auch ein Alkoholkonsum am Vortag hervor. Bedingt durch seine schwere Asthmaerkrankung muss er ständig einen angeblich alkoholhältigen Spray verwenden. Dies bestätigt auch die ihn zur Verhandlung begleitende Person. Durch die Verwendung des Sprays, so die Auffassung des Berufungswerbers, könnte es zu einer Verfälschung des Atemluftmessergebnisses gekommen sein. In diesem Zusammenhang vermeint der Berufungswerber auf das Ergebnis des Vortestgerätes mit einem angezeigten Wert von 0,32 mg/l hinweisen zu können. Der Berufungswerber war sich seiner damaligen Alkoholbeeinträchtigung wahrscheinlich nicht bewusst.

Der Berufungswerber ist Sozialhilfeempfänger und gesundheitlich offensichtlich schwer angeschlagen. Er verweist auf sein jüngst persönliches Schicksal durch das Ableben seiner Lebensgefährtin. Ebenfalls legt er überzeugend dar, dass sein Fahrzeug nicht mehr fahrbereit ist und er seinen Fahrausweis zurücklegen würde, weil er gesundheitlich ohnedies nicht mehr in der Lage sei zu fahren.

Abschließend bestreitet der Berufungswerber die Fakten nicht mehr und zeigte sich tatschuldeinsichtig, wobei er bittet das außerordentliche Strafmilderungsrecht zur Anwendung zu bringen.

Abschließend ist die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers festzustellen.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist (seit 1.9.2009, BGBl. I Nr. 93/2009) mit einer Geldstrafe von 800 Euro bis 3700 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

 

5.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

5.2. Für den Fall des beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe kann nach § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100). Im gegenständlichen Fall können ausschließlich mildernde Umstände erblickt werden, wobei hier der Berufungswerber diese kurze Alkofahrt mit dem Mopedauto zumindest nicht bewusst im Kauf genommen zu haben scheint. Dem Lenken eines sogenannten Mopedautos liegt – objektiv besehen – ein geringeres abstraktes Gefahrenpotenzial und demnach einer mit einem solchen Fahrzeug begangenen Alkofaht ein geringerer Tatunwert zu Grunde als dies etwa im Lenken eines führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeuges der Fall ist (vgl. h. Erk. v. 08.02.2005, VwSen-160237/5/Br/Wü, sowie v. 9.2.1998, VwSen-105157/5/BR).

Der Berufungswerber zeigte sich im Rahmen der Berufungsverhandlung reumütig geständig und schuldbewusst.

Nicht zuletzt findet sich der Berufungswerber in einer sehr ungünstigen wirtschaftlichen aber auch sozialen und gesundheitlichen Situation. Das zusätzlich auch humanitäre Aspekte die Strafreduzierung indizieren sei an dieser Stelle ebenfalls nicht verschwiegen.

Die Bestimmung des § 20 VStG gelangt nach Aufhebung des § 100 Abs.5 StVO 1960 durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH 9. Oktober 1997, G 216/96) auch für sogenannte Alkoverfahren wieder zur Anwendung. Bei vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht  darauf ein Rechtsanspruch (vgl. etwa VwGH vom 31. 1.1990, 89/03/0027, VwGH 21.5.1992, 92/09/0015 und VwGH 2.9.1992, 92/02/0150).

 

Angesichts der hier vorliegenden Tatumstände schien daher das Vorgehen mit dem außerordentlichen Strafmilderungsrechtes insbesondere unter dem Aspekt der Billigkeit und Einzelfallgerechtigkeit geboten. Unter Bedachtnahme auf die Tatumstände und seine völlige Unbescholtenheit stehen auch keine präventiven Aspekte der vollen Ausschöpfung des außerordentlichen Milderungspotenzials entgegen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe war jedoch im Verhältnis zur Geldstrafe mit Blick auf die weit unterdurchschnittliche Einkommenssituation nicht auf den Minimalsatz zu reduzieren.

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten. 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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