Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164751/3/Br/Th

Linz, 09.02.2010

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, vom 25. Jänner 2010, Zl. VerkR96-22-2010, zu Recht:

 

I.       Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 20/2010 – AVG iVm§ 19,  § 24,  § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 20/2010 – VStG.

 

II.     Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 40 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem erstgenannten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen Übertretungen nach § 84 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro und im Nichteinbringungsfall je 4 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei ihm zur Last gelegt wurde, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 VStG als zur Vertretung nach außen Berufener der Firma X mit dem Sitz in X außerhalb eines Ortsgebietes eine Ankündigung (Werbeeinrichtung) errichten lassen, obwohl außerhalb von Ortsgebieten an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand die Anbringung von Ankündigungen verboten ist. Am 4.1.2010 um 13.00 Uhr war im Gemeindegebiet von Arnreit neben der Rohrbacher Straße B127 bei Straßenkilometer 40,800, links im Sinne der Kilometrierung innerhalb einer Entfernung von 100 Meter vom Fahrbahnrand folgende Ankündigung (Werbung) angebracht: Radio Oberösterreich ORF und Simon bringen das ORF Friedenslicht aus Bethlehem.

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus:

Auf Grund einer behördlichen Feststellung am 17.11.2009 um 14.00 Uhr wurden Sie mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26.11.2009 aufgefordert, die im Spruch angeführte Werbung zu entfernen oder um eine Bewilligung gemäß § 84 StVO 1960 anzusuchen, die diese Werbung bewilligungsfähig ist.

 

Sie haben jedoch weder bis zum heutigen Tag um eine Bewilligung angesucht, noch die gegenständliche Werbung bis zum 4.1.2010 entfernt.

 

Zur Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 5.1.2010, VerkR96-22-2010 haben Sie sich weder schriftlich noch mündlich geäußert, weshalb - wie angekündigt - das gegenständliche Strafverfahren ohne ihre weitere Anhörung durchgeführt wurde.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat erwogen:

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit. j StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer in anderer als der in lit. a bis h sowie in den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c und 4 bezeichneterweise Gebote, Verbote oder Beschränkungen sowie Auflagen, Bedingungen oder Fristen in Bescheiden nicht beachtet.

 

Es steht fest, dass die gegenständliche Werbung am angeführten Ort zum angeführten Zeitpunkt vorhanden war.

 

Mit rechtskräftigen Strafbescheiden der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26.9.2006, VerkR96-1138-2006 und vom 4.5.2009, VerkR96-1051-2009 mussten Sie jeweils wegen Verwaltungsübertretung nach § 84 Abs. 2 StVO 1960 bestraft werden.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass § 99 Abs.3 StVO 1960 einen Strafrahmen bis zu 726 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, vorsieht.

 

Als monatliches Einkommen wurden 1.800 Euro, keine Sorgepflichten und durchschnittliches Vermögen angenommen. Diese wurden von Ihnen nicht widersprochen. Bei der Strafbemessung war der angeführte Umstand (bereits zweimalige Bestrafung) als erschwerend gewertet. Mildernd war kein Umstand zu werten.

 

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG, und hält generalpräventiven Überlegungen stand und sollen sie zur Beachtung der Sie betreffenden Bestimmungen der StVO anhalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Darin gelangt zu Ausdruck, dass es sich hierbei um keine Werbung im wirtschaftlichen Sinn handle, da ausschließlich caritiative Aspekte verfolgt würden

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da in keinem Punkt eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier angesichts des sich ausschließlich in der Lösung einer Rechtsfrage erschöpfenden Fallgestaltung in Verbindung mit dem nach diesbezüglicher Rücksprache glaubhaft von einer Mitarbeiterin des Berufungswerbers erklärten Verzichtes unterbleiben (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungs-strafakt. Darin findet sich die fragliche Ankündigung 47 m seitlich zur B 127 im Ortsgebiet Arnreit fotografisch und mit einem maßstabstgetreuen Luft-bildauszug dokumentiert. Diese Tatsache bleibt vom Berufungswerber unbestritten. Es wird lediglich die rechtliche Beurteilung dieser Ankündung als vom Verbot des § 84 Abs.2 StVO umfasst in Abrede gestellt. Durch den Firmenbuchauszug ist belegt und im übrigen ebenfalls unbestritten ist die firmenrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers iSd § 9 VStG für das Anbringen dieser Ankündigung. Evident ist die gute Sichtbarkeit der Ankündigung in nördlicher Fahrtrichtung von der Bundesstraße aus.

Der unabhängige Verwaltungssenat sieht sich an dieser Stelle abermals veranlasst auf die im h. Verfahren VwSen-107109 v. 23.2.2000 sinngemäß getroffenen Feststellungen hinzuweisen, wonach eine Unfallursächlichkeit in den damals betroffenen, dort über Jahre angebrachte Werbungen an der B 1 nicht belegbar waren. In der zit. h. Entscheidung wurde daher die Auffassung vertreten, dass der § 84 Abs.2 StVO 1960 daher nicht so eng ausgelegt werden dürfe, dass eine Werbung im Ergebnis zu einem Plakatwerbeverbot in Ortsgebieten mit einer Durchzugstraße führte. Diese Rechtsansicht erwies sich als unhaltbar.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 84 Abs.2 StVO 1960 sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten (dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit.f [für die Nutzung der Rückseite von Verkehrszeichen.....]).

Der Zweck des § 84 Abs.2 StVO besteht darin, eine Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit der Straßenbenützer, vor allem der Fahrzeuglenker, durch Werbungen und Ankündigungen am Fahrbahnrand zu verhindern (VwGH 27.1.1966, 786/65, ZVR 1967/64V).

Nachdem Werbungen und ebenso Ankündigungen generell deswegen angebracht werden, um eben Aufmerksamkeit zu erregen, hat der Berufungswerber auch hier gegen diesen Schutzzweck verstoßen.

 

Sollte sich der Berufungswerber auch in diesem Verfahren auf die einst im Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oö. vom 12.9.2000, VwSen-107109/7Br/Bk (Ersatzbescheid v. 27.1.2003, VwSen-107109/21/Br/Pe) vertretene Rechtsmeinung beziehen wollen, wonach im Ortsgebiet angebrachte Werbungen alleine schon vom Wortlaut her nicht vom Verbot des § 84 Abs.2 StVO 1960 umfasst wären, wäre damit für ihn nichts zu gewinnen. Selbst noch im Ortsgebiet aufgestellte Ankündigungen (Werbungen), die aber weniger als 100 m vom Rand einer gemäß der StVO nicht als Ortsgebiet geltenden Straßenzug angebracht sind, von diesem Verbot erfasst gelten, hat spätestens der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis v. 22.2.2002, Zl. 2000/02/0303, unter Hinweis auf dessen frühere Rechtsprechung in aller Deutlichkeit klargestellt.

Letztlich teilte auch der Verfassungsgerichtshof die im h. Antrag auf Prüfung des § 84 Abs.2 StVO 1960 vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht (vgl. VfGH v. 12.12.2002, G177/02 ua [VfSlg 16773]).

Das Höchstgericht führte unter Hinweis auf Thienel, in: Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht Bd. III, Art. 7 EMRK Rz 10, aus, es lasse sich aus den Verfassungsnormen des Art. 18 B-VG und Art. 7 EMRK wohl ableiten, dass Strafbestimmungen inhaltlich so klar zu fassen sind, dass für den Normadressaten erkennbar ist, welches Verhalten verboten ist und vermeint dazu, der Verbotsumfang lasse sich hier unter Heranziehung der parlamentarischen Materialien ermitteln.

Dass in diesem Bereich der Vollzug dieser Rechtsmaterie in deren inhaltlichen Substanz (Begriff: bewilligungspflichtige Werbung) einmal mehr nicht als homogen zu bezeichnen ist, versuchte der Berufungswerber bereits im h. Verfahren v. 30.9.2007, VwSen-162330/Fra/Bb aufzuzeigen.

"Werbung" umfasst im allgemeinen Sprachgebrauch nicht bloß wirtschaftliche Werbung in dem Sinn, dass damit Güter, Dienstleistungen, etc. angepriesen werden sollen, um einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Auch Maßnahmen, die nicht darauf abzielen, einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, sondern Menschen in einem anderen Sinn zu beeinflussen, werden als Werbung bezeichnet (VwGH 23.11.2001, 99/02/0287).

 

Der Werbende spricht Bedürfnisse einer Zielgruppe teils durch emotionale, teils informierende Werbebotschaften zum Zweck der Handlungsmotivation an. Werbung appelliert, vergleicht, macht neugierig oder betroffen etc. Ziel ist unter anderem der Kauf eines Produktes und damit die Erzielung eines Gewinnes, höheren Umsatzes udgl.

 

Im Erkenntnis 30.9.2007, VwSen-162330/Fra/Bb erblickte der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. vor dem Hintergrund einer offenkundig gegen die herrschende Rechtsprechung von einem entscheidungsbefugten Behördenorgan an den Berufungswerber erteilte Rechtsauskunft, wonach Plakate mit der Aufschrift "Caritas, meine Spende lebt" und "Licht für die Welt" weder als Werbung noch als Ankündigung zu qualifizieren gewesen wäre und daher keiner Bewilligung im Sinne des § 84 Abs.3 StVO bedurfte hätte und so im Fall deren Aufstellung (wohl in einem hier vergleichbaren Bereich einer Straße) kein strafbarer Tatbestand vorgelegen wäre, mag ein Ausfluss der nicht einheitlichen Behördenpraxis in der Interpreatation dieser Rechtsvorschrift sein. Der Rechtsauskunft eines Behördenorgans wurde in der vom Berufungswerber damals vorgetragenen Rechtfertigung bei der Beurteilung der Schuldfrage Bedeutung zuerkannt, welcher mit Blick auf § 5 Abs.2 VStG Straflosigkeit zu bewirken vermochte (h. Erk. v. 30.08.2007 VwSen-162330/5/Fra/Bb/Sta mit Hinweis auf VwGH 19.11.2002, 2002/21/0096).

In gleich gelagerten Fällen wurden die Werbungen des Berufungswerbers dagegen wieder unter Strafe gestellt. Im Lichte der zwischenzeitig vom Berufungswerber zu erwartenden Kenntnis der Rechtsvorschrift bzw. deren Auslegung könnte ihm diesbezüglich nun ein schuldbefreiender Irrtum wohl nicht mehr zuerkannt werden.

 

5.3. Letztlich vermag dem Hinweis des Berufungswerbers, wonach es der gegenständlichen Werbung einer hinreichenden wirtschaftlichen Komponente ermangle, sodass diese als Werbung bzw. Ankündigung im rechtsrelevanten Umfang zu werten wäre, abermals nicht gefolgt werden.

Diesbezüglich ist ebenfalls auf  Rechtsprechung zu verweisen, der zur Folge  kein Zweifel bestehe, dass die in Rede stehende Plakataufschrift eine "Werbung oder Ankündigung" in diesem Sinn darstellt, wird doch damit ebenfalls darauf abgezielt, die Straßenbenützer im Sinne einer Meinungsbildung zu beeinflussen (vgl VwGH 20.7.2007, 2006/02/0275 mit Hinweis auf 8.7.2005, Zl. 2004/02/0402). So wurden etwa in einem Verfahren gegen den Berufungswerber die Plakatwerbungen des Inhaltes "Zeckengefahr ist unsichtbar" und "Ärzte ohne Grenzen" als Verstoß nach § 84 Abs.2 StVO 1960 erachtet (9. Oktober 2007, VwSen-162471/6/Ps).

Ob etwa eine Bewilligung im Sinne des § 84 Abs.3 StVO 1960 erteilt werden könnte, kann auf sich bewenden, wobei es diesbezüglich lt. Judikatur eines "erheblichen Interesses" der Straßenbenützer bedarf. Ein solches wird etwa (nur) dann erblickt, wenn die Werbung oder Ankündigung nicht lediglich die speziellen Bedürfnisse einzelner Straßenbenützer anzusprechen geeignet ist bzw. nicht lediglich in untypischen Einzelfällen dem vordringlichen Bedürfnis von Straßenbenützern dient (Hinweis auf VwGH 12.10.1972, 955/71 u. VwGH 11.7.2001, 98/03/0210). Wohl ist es nicht erforderlich, dass eine Ankündigung oder Werbung für die Gesamtheit der Straßenbenützer von erheblichem Interesse ist (VwGH 14.11.2001, 2001/03/0154  mit Hinweis auf VwGH 9.5.1984, 83/03/0120).

 

Das angefochtene Straferkenntnis war daher trotz der vom Berufungswerber auch in diesem Verfahren wieder aufgezeigten caritativen Aspekte zu bestätigen.

 

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch – StGB sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Für die Übertretung des § 84 Abs.2 StVO sieht § 99 Abs.3 lit.j leg.cit. eine Höchststrafe von 726 Euro vor. Mit Blick auf die zahlreichen einschlägigen Vormerkungen des Berufungswerbers und seinem zumindest im Durchschnitt liegend anzunehmenden  Monatseinkommen, kann in der Ausschöpfung des Strafrahmens im Bereich eines Viertels des vorgesehenen Rahmens ein Ermessensfehler jedenfalls auch hier nicht erblickt werden.

Die Geldstrafe war daher auch der Höhe nach zu bestätigen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  b der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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