Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522461/4/Sch/Bb/Th

Linz, 18.02.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, vom 7. Dezember 2009, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck, vom 29. Oktober 2009, GZ VerkR21-717-2009, wegen Anordnung einer besonderen Maßnahme nach dem Vormerksystem (Perfektionsfahrt), zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat Herrn X (den Berufungswerber) mit Bescheid vom 29. Oktober 2009, GZ VerkR21-717-2009, vorgeschrieben, auf seine Kosten innerhalb von drei Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, eine Perfektionsfahrt gemäß § 13a FSG-DV zu absolvieren. Weiters wurde er verpflichtet, die Bestätigung jener Einrichtung, bei der die besondere Maßnahme absolviert wurde, über die Teilnahme und seine Mitarbeit innerhalb dieser Frist der Behörde vorzulegen.

 

2. Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 2. Dezember 2009 – hat der Berufungswerber rechtzeitig bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung samt bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben (§ 35 Abs.1 FSG). Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung ergänzender Ermittlungen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, weil bereits auf Grund der Aktenlage und der Ergebnisse der im Rahmen des Berufungsverfahrens durchgeführten Ermittlungen feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber hat als Lenker des Pkws mit dem Kennzeichen X am 24. März 2008 um 03.10 Uhr eine Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.1 iVm § 7 Abs.1 KFG iVm § 4 Abs.4 KDV begangen. Dieser Übertretung liegt zu Grunde, dass der linke vordere Reifen des Pkws nicht mehr die erforderliche Profiltiefe von 1,6 mm aufwies, sondern bereits das Gewebe des Reifens sichtbar war und zum Lenkzeitpunkt Schneefall und teilweise eisglatte Fahrbahnverhältnisse herrschten.

 

Am 2. Februar 2009 um 15.36 Uhr hat der Berufungswerber eine Übertretung nach § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 KFG begangen. Er hat wiederum den Pkw mit dem Kennzeichen X auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl beim Pkw blaue Federn eingebaut waren, die nicht dem genehmigten Zustand entsprachen. Die festgestellte Bodenfreiheit betrug nur 70 mm.

 

Der Berufungswerber ist wegen beider Vorfälle rechtskräftig bestraft worden und die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als Strafbehörde hat beide Übertretungen jeweils als  Vormerkdelikt im Sinne des § 30a Abs.2 Z12 FSG gewertet.

 

Gemäß § 30a Abs.2 Z12 FSG ist eine Übertretung des § 102 Abs.1 KFG dann ein Vormerkdelikt, wenn ein Fahrzeug gelenkt wird, dessen technischer Zustand oder dessen nicht entsprechend gesicherte Beladung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt, sofern die technischen Mängel oder die nicht entsprechend gesicherte Beladung dem Lenker vor Fahrtantritt auffallen hätten müssen.

 

Die Verwaltungsübertretung gemäß § 102 Abs.1 iVm § 7 Abs.1 KFG iVm § 4 Abs.4 KDV vom 24. März 2008, wonach beim linken Vorderreifen am Pkw bereits das Gewebe sichtbar war, stellt zweifelfrei in Zusammenhang mit den zur Tatzeit vorgelegen Witterungs- und Fahrbahnverhältnissen eine Gefährdung der Verkehrssicherheit dar. Der Mangel am Reifen hätte dem Berufungswerber als Lenker dieses Pkw vor Fahrtantritt auch auffallen müssen, sodass diese Übertretung unbestritten als Vormerkdelikt gemäß § 30a Abs.2 Z12 FSG zu werten ist. Bei Schneefall und teilweise eisglatter Fahrbahn ist das Fahren mit einem derart mangelhaften Reifen, noch dazu an einem der Vorderräder, als grobe Nachlässigkeit des Lenkers zu betrachten.

 

Fraglich ist jedoch, inwieweit die am 2. Februar 2009 begangene Übertretung gemäß § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 KFG tatsächlich ein Vormerkdelikt darstellt und daher im Hinblick auf die Vormerkung wegen mangelnder vorderer Fahrzeugbereifung (begangen am 24. März 2008) eine besondere Maßnahme im Rahmen des Vormerksystems gemäß § 30b Abs.3 FSG anzuordnen ist.

 

Auf der Grundlage der von der Berufungsbehörde durchgeführten Erhebungen – insbesondere der Erörterung des Vorganges mit einem technischen Amtssachverständigen – steht fest, dass der am 2. Februar 2009 festgestellte technische Zustand des Pkws (blaue Federn, die nicht dem genehmigten Zustand entsprechen und Bodenfreiheit von nur 70 mm) zwar als schwerer Mangel zu werten ist, der dem Berufungswerber vor Antritt der Fahrt auffallen hätte müssen, jedoch stellt dieser Fahrzeugmangel (noch) keine Gefährdung der Verkehrssicherheit dar, sodass in diesem Fall eine als Vormerkdelikt zu qualifizierende Übertretung im Sinn des § 30a Abs.2 Z12 FSG nicht vorliegt.

 

Es war daher die im Rahmen des Vormerksystems angeordnete Rechtsfolge der Anordnung einer besonderen Maßnahme (Perfektionsfahrt) unzulässig, sodass der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

S c h ö n

 

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