Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522485/2/Bi/Th

Linz, 11.02.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 19. Jänner 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 11. Jänner 2010, VerkR21-365-2009/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot, Aberkennung des Rechts zum Gebrauch eines ausländischen Führerscheins in Österreich, Anordnung einer Nachschulung mit Verlängerung der Probezeit und Aberkennung des aufschiebenden Wirkung der Berufung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7 Abs.1 Z2 und Abs.3 Z3, 9 und 10, 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 3 und 32 Abs.1 FSG die von der BH Braunau/Inn am 5. Mai 2009, GZ. 09/118057, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung, entzogen, ihm gleichzeitig für denselben Zeitraum das Recht aberkannt, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, und das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahr­zeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten. Weiters wurde gemäß §§ 24 Abs.3 und 4 Abs.3 FSG angeordnet, dass er sich auf seine Kosten bei einer ermächtigten Stelle einer Nachschulung zu unterziehen habe, wobei die Dauer der Entziehung nicht vor Befolgung der Anordnung ende. Festgehalten wurde, dass sich die Probezeit mit der Anordnung der Nachschulung um ein weiteres Jahr verlängere bzw für ein Jahr neu zu laufen beginne, wenn sie bereits geendet habe, und dass die Ausstellung eines neuen Führerscheins daher notwendig sei. Einer Berufung gegen den Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs.2 AVG aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 19. Jänner 2010.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­waltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Anschuldigungen seien frei erfunden. Er habe sich zwar Geld ausgeliehen, aber niemanden erpresst. Er sei am 17.12.2009 verurteilt worden, weil er sonst "Entschädigungsgeld bekommen" hätte. Die Aussagen des X seien einmal so und dann wieder anders; er werde beweisen, dass X gelogen habe. Er müsse nach der Haftentlassung arbeiten, um die Alimente für sein Kind zahlen zu können. Er bitte daher, den Führerschein nicht zu entziehen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Ried/I. vom 17. Dezember 2009, 7 Hv 72/09i, wurde der 1991 geborene, arbeitslose Bw schuldig erkannt,

1) am 10. Mai 2009 in Mattighofen und andernorts X mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern und durch die Aussage "Gib mir 500 Euro, du wirst nicht wollen, dass deiner Mutter etwas passiert! Willst du meine Pistole sehen, die ich im Kofferraum habe!" sowie durch die Aufforderung, er müsse vor dem Auto herlaufen, wobei er X ca über eine Strecke von 200 m hinterherfuhr, mithin durch gefährliche Drohung und Gewalt zu einer Handlung genötigt zu haben, die ihn am Vermögen schädigte, nämlich zur Behebung von 180 Euro mit seiner Bankomatkarte beim Bankomaten der Sparkasse Mattighofen, und

2) von 17. April 2009 bis 20. April 2009 in Munderfing eine Urkunde, über die er nicht verfügen darf, nämlich die E-Card des X mit dem Vorsatz unterdrückt zu haben, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechts­verhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde,

sohin 1) das Verbrechen der Erpressung nach § 144 Abs.1 StGB und 2) das Vergehen der Urkundenunter­drückung nach § 229 Abs.1 StGB begangen zu haben. Er wurde hiefür gemäß § 144 Abs.1 (§§ 28, 36) StGB zu einem Jahr Frei­heits­strafe verurteilt, wobei erschwerend die Begehung zweier strafbarer Handlungen, mehrere einschlägige Vorstrafen, der rasche Rückfall und verstärkte Tatbestandsmäßigkeit und mildernd die Schadenswiedergutmachung waren.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z10 FSG zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß §§ 102 (erpress­erische Entführung), 131 (räuberischer Diebstahl), 142 und 143 (Raub und schwerer Raub) StGB begangen hat.

 

Gemäß § 144 Abs.1 StGB ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen, wer jemanden mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt, wenn er mit dem Vorsatz gehandelt hat, durch das Verhalten des Genötigten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern.

Auch wenn das Verbrechen nach § 144 StGB in der demonstrativen Aufzählung jener strafbaren Handlungen, die als bestimmte Tatsachen nach § 7 Abs.3 FSG gelten, nicht ausdrücklich enthalten ist, lässt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes (vgl E 29.4.2003, 2002/11/0161, mit Hinweis auf Vorjudikatur) diese Bestimmung zu, auch solche strafbaren Handlungen als bestimmte Tatsachen heranzuziehen. Diese können demnach zur Annahme der Verkehrs­unzu­verlässigkeit führen, wenn sie den aufgezählten an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen gleich­kommen. 

Das ist im ggst Fall insofern zu bejahen, als der Bw, wie aus dem Urteilsspruch und den diesem zugrundegelegten Zeugenaussagen unzweifelhaft hervorgeht, ein Kraftfahrzeug, nämlich den auf seine Mutter zugelassenen Pkw BR-X, verwendet hat, um G.S. durch gegen ihn und dessen Mutter gerichtete gefährliche Drohungen zum Mitfahren von Mattighofen zur Sparkasse in Uttendorf und, weil bis 5.00 Uhr Früh eine Auszahlung vom Indoor-Automaten nicht möglich war, zurück zum Bankomaten der Sparkasse Mattighofen zwang, wo er diesen veranlasste, mit seiner Bankomatkarte Geld zu beheben, und er ihn auf der Fahrt durch Wegnahme seines Handys zwang, einige 100 m vor bzw neben dem vom Bw gelenkten Pkw herzulaufen, um dieses zurückzuerhalten. Im übrigen sind die vom Bw behaup­teten Widersprüche diesbezüglich in den Aussagen des Zeugen X für den Unabhängigen Verwaltungssenat in keiner Weise zu erkennen – vielmehr hat der Bw durch sein charakterloses Verhalten glaubwürdig X nachhaltig in Angst versetzt – wobei auch das Landes­gericht Ried/I. laut Urteilsspruch die Ansicht des Bw, der offensichtlich immer noch nicht fähig ist, die Tragweite seines eigenen Verhaltens zu erkennen, offensichtlich nicht zu teilen vermag.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um eine Administrativmaßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor verkehrsunzuverlässigen Personen, nicht aber um eine Nebenstrafe mit dem Zweck, vom Besitzer der Lenkberechtigung begangene Straftaten zu sühnen oder durch die abschreckende Wirkung der Entziehungsmaßnahme der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (vgl VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062).

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung der Lenkberechtigung wegen man­gelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verkehrunzuverlässigkeit ab dem Zeitpunkt der letzten Tat zu berechnen ist, dh im ggst Fall ab 10. Mai 2009. Mit der Entziehung der Lenkberechtigung für die von der Erstinstanz ausgesprochene Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung am 19. Jänner 2010, ergibt das eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von insgesamt 20 Monaten.

Im Hinblick auf die Wertung iSd § 7 Abs.4 FSG, die für die der Festsetzung der Entziehungsdauer zugrundeliegende Prognose, wann der Bw die Verkehrszu­verlässigkeit wieder erlangen wird, maßgebend ist, war zu berücksichtigen, dass der Bw erst am 5. Mai 2009 eine Lenkberechtigung, naturgemäß in Form eines Probeführerscheins, erworben hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt unter Bedachtnahme auf die obigen Ausführungen zur Auffassung, dass mit einer Entziehungs- bzw Verbotsdauer von 12 Monaten (gerechnet ab Bescheidzu­stellung am 19. Jänner 2010, dh bis einschließlich 19. Jänner 2011) die einer 20mo­natigen Dauer der Verkehrsunzu­verlässigkeit, gerechnet ab Beendigung des strafbaren Verhaltens am 10. Mai 2009, entspricht, das Auslangen im Sinne einer Prognose, dass der Bw bis dahin seine menschenverachtende Lebenseinstellung geändert und die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt haben wird, gerade noch gefunden werden kann (vgl VwGH 10.11.1998, 97/11/0107).

Seinem Argument in der Berufung, er müsse arbeiten, um die Alimente für seinen Sohn bezahlen zu können, vermag der Unabhängige Verwaltungssenat angesichts des bisherigen Lebenswandels des Bw und seiner offensichtlichen Gewaltbereitschaft  aus finanziellem Eigennutz nichts abzugewinnen.

Da im oben angeführten Urteil vom 17. Dezember 2009 aus Anlass der neuerlichen Verurteilung drei dem Bw gewährte bedingte Strafnachsichten aus den Jahren 2005 und 2006 widerrufen wurden und der Vollzug von Haftstrafen im Ausmaß von insgesamt 11 Monaten angeordnet wurde, ist voraussichtlich im Jahr 2011 mit einer Haftentlassung des Bw zu rechnen.

 

Die mit 12 Monaten festgesetzte Entziehungsdauer gilt auf der Grundlage der festgestellten Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit auch für das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen gemäß § 32 FSG und die Aberkennung des Rechts gemäß § 30 FSG.

Die Anordnung der Nachschulung ergibt sich aus § 24 Abs.3 2.Satz Z1 FSG, wobei sich gemäß § 4 Abs.3 FSG mit der Anordnung der Nachschulung die Probezeit um ein weiteres Jahr verlängert. Die Entziehungsdauer endet nicht vor Befolgung der Anordnung, eine Nachschulung zu absolvieren.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten (vgl VwGH 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Ver­fahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

LB 05.05.2009 Verurteilung wegen § 144 StGB begangen am 10.5.2009, 12 Mon. unbedingt – Entziehung vom 19.01.2010, 12 Monate – LB-Entziehung (20 Monate Verkehrsunzuverlässigkeit) – bestätigt.

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum