Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164524/2/Kei/Bb/Th

Linz, 23.02.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung der Frau X, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. X, vom 8. September 2009 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 7. Juli 2009, GZ VerkR96-11347-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird, soweit sie gegen den Schuldspruch gerichtet ist, als unzulässig zurückgewiesen.

 

Hinsichtlich des Strafausmaßes wird die Berufung abgewiesen und die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafe wird bestätigt.

 

II.              Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren in der Höhe von 50 Euro (= 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat Frau X (der Berufungswerberin) mit Straferkenntnis vom 7. Juli 2009, GZ VerkR96-11347-2009, vorgeworfen, am 13. April 2009 um 14.45 Uhr mit dem Pkw, Kennzeichen X in der Gemeinde Allhaming, auf der Autobahn A 1 bei km 179,550 in Fahrtrichtung Wien die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 53 km/h überschritten zu haben. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu ihren Gunsten abgezogen worden.

 

Die Berufungswerberin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 begangen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs.2c Z9 StVO eine Geldstrafe in Höhe von 250 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden, verhängt wurde. Überdies wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in Höhe von 25 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin am  8. September 2009 durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land Berufung eingebracht.


Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass, wie dem Rechtsvertreter nunmehr bekannt geworden sei, das mit Eingabe von 3. Juni 2009 bekanntgegebene Vollmachtsverhältnis von der Behörde nicht zur Kenntnis genommen und das Straferkenntnis vom 7. Juli 2009 direkt der Berufungswerberin zugestellt worden sei.

Da sohin noch keine wirksame Zustellung des Straferkenntnisses erfolgt sei, werde nunmehr binnen offener Frist Berufung mit der Begründung erhoben, dass nicht Frau X sondern ihr Gatte X den Pkw, BMW, Kennzeichen X gelenkt habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat die Berufung samt bezughabenden den Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher gemäß § 51 Abs.1 VStG die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist (§ 51c VStG).

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, weil sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt ergibt und im Übrigen eine solche von keiner Verfahrenspartei beantragt wurde.

 

4.1. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30. April 2009, GZ VerkR96-11347-2009, wurde über die Berufungswerberin wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 eine Geldstrafe in Höhe von 364 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden, verhängt. Gegen diese Strafverfügung wurde von der Berufungswerberin fristgerecht (Datum des Poststempels 11. Mai 2009) Einspruch und zwar gegen die Strafhöhe erhoben.

 

Im Schriftsatz vom 3. Juni 2009 – und somit bereits außerhalb der Einspruchsfrist - hat die Berufungswerberin mitgeteilt, in der gegenständlichen Verwaltungsstrafe zu GZ VerkR96-11347-2009, Herrn Rechtsanwalt Dr. X mit ihrer Vertretung beauftragt zu haben und ersucht, ihn von sämtlichen Ladungen und Entscheidungen in Kenntnis zu setzen. Gleichzeitig wurde in dieser Eingabe nunmehr auch die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO bestritten.

 

Dem Einspruch der Berufungswerberin wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. Juli 2009, GZ VerkR96-11347-2009, insoweit Folge gegeben, als die mit Strafverfügung verhängte Geldstrafe auf 250 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 96 Stunden herabgesetzt wurden. Das Straferkenntnis wurde am 10. Juli 2009, ausschließlich der (durch einen nach § 10 AVG bevollmächtigten Rechtsanwalt vertretenen) Berufungswerberin persönlich an ihre Wohnadresse X zugestellt.

 

Dagegen hat die Berufungswerberin durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter am 8. September 2009 Berufung erhoben, welche sich gegen Schuld und Strafe richtet.

 

5. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

5.1. In rechtlicher Beurteilung des – unter 4.1. dargelegten – Sachverhaltes ist zunächst anzuführen, dass, falls gemäß § 9 Abs.3 ZustG ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen hat. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

 

Die Berufungswerberin war nach Vollmachtsbekanntgabe - im Schriftsatz vom 3. Juni 2009 - im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren ab Einlangen der Vertretungsvollmacht bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (4. Juni 2009) durch einen nach § 10 AVG bevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten. Eine derartige Bevollmächtigung im Sinne des § 10 AVG umfasst im Allgemeinen auch die Zustellungsbevollmächtigung nach § 9 ZustG (vgl. VwGH 5. September 2008, 2005/12/0061). Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem Verwaltungsakt kein Anhaltspunkt für eine Einschränkung der Vertretungsbefugnis; im Gegenteil wird im Schriftsatz vom 3. Juni 2009 doch ausdrücklich begehrt, den Rechtsvertreter von sämtlichen Ladungen und Entscheidungen der Behörde in Kenntnis zu setzen. Somit ist davon auszugehen, dass der Rechtsvertreter im Verwaltungsstrafverfahren auch über eine entsprechende Zustellvollmacht verfügte.

 

Dessen ungeachtet wurde das Straferkenntnis vom 7. Juli 2009, GZ VerkR96-11347-2009, ausschließlich (entsprechend der Zustellverfügung) an die Berufungswerberin persönlich zugestellt, sodass eine Zustellung zunächst nicht wirksam war. Allerdings gilt gemäß der geltenden zustellrechtlichen Rechtslage (vgl. die Regelung des § 9 Abs.3 letzter Satz ZustG) die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich  zugekommen ist. Im Gegenstandsfall ist entsprechend dem Vorbringen des Rechtsvertreters im Berufungsschriftsatz davon auszugehen, dass ihm zumindest spätestens im Zeitpunkt der Berufungserhebung, das war der 8. September 2009, das Straferkenntnis tatsächlich zugekommen ist und daher mit diesem Datum die Zustellung geheilt und wirksam geworden ist. Die Berufung vom 8. September 2009, welche sich sowohl gegen Schuld und Strafe richtet, wurde damit auch fristgerecht erhoben.

 

5.2. Zur Frage, ob die erhobene Berufung, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet, zulässig ist:

 

Gemäß § 49 Abs.2 VStG ist auf Grund eines rechtzeitigen Einspruches das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wenn im Einspruch ausdrücklich aber nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, so hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.

 

Der Schuldspruch erwächst in Rechtskraft, sofern sich ein Einspruch ausdrücklich nur gegen das Strafausmaß richtet.

 

Für die Beurteilung, ob im gegen eine Strafverfügung gerichteten Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird (§ 49 Abs.2 VStG) kommt es auf den Inhalt dieses Rechtsmittels in seiner Gesamtheit an. Maßgebend ist nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung, ob bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgegangen werden kann, dass die Beschuldigte auch den Schuldspruch bekämpft hat.

 

Aus dem eindeutigen Wortlaut des von der Berufungswerberin erhobenen Einspruches vom 10. Mai 2009 ergibt sich eindeutig, dass sich dieser Einspruch gemäß § 49 Abs.2 VStG nur gegen die Höhe der Strafe richtet. Begründend hat sie vorgebracht, dass ihr klar sei, dass die Straftat Konsequenzen habe und sie auch bereit sei, diese zu tragen; allerdings sei es ihr als alleinerziehende Mutter nahezu unmöglich, die angesetzte Geldstrafe zu bezahlen. Deshalb bitte sie die Geldstrafe zu mindern.

 

Da die Berufungswerberin in ihrem Einspruch vom 10. Mai 2009 gegen die Strafverfügung vom 30. April 2009, GZ VerkR96-11347-2009, ausdrücklich lediglich das Strafausmaß bekämpft hat, ist der in der Strafverfügung enthaltene Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen. Einwendungen in der Sache selbst hat die Berufungswerberin durch ihren Vertreter erst außerhalb der gemäß § 49 Abs.1 VStG mit zwei Wochen bemessenen Einspruchsfrist vorgebracht, sodass es dem Unabhängigen Verwaltungssenat, da innerhalb offener Frist lediglich die Strafhöhe bekämpft wurde, verwehrt war, die Schuldfrage im Berufungsverfahren nochmals zu prüfen. Die Berufung vom 8. September 2009 war deshalb, soweit sie sich gegen die Schuldfrage richtet, als unzulässig zurückzuweisen.

 

5.3. Zur Strafbemessung:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach § 99 Abs.2c Z9 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Im Rahmen der Strafbemessung ist zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Fahrgeschwindigkeit der Sicherung des Straßenverkehrs dienen. Geschwindigkeitsüberschreitungen erhöhen generell die Gefahren des Straßenverkehrs, stellen potentielle Gefährdungen des Lebens und der Gesundheit von Menschen dar und sind eine der häufigsten Ursachen für schwere Verkehrsunfälle mit Sach- und Personenschäden. Zum Schutze von Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer bedarf es sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Überlegungen spürbarer Strafen, um sowohl die Berufungswerberin selbst, als auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten im Straßenverkehr von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung wird wegen der durch die potentielle Gefährdung von Menschen beeinträchtigten Verkehrssicherheit als beträchtlich qualifiziert.

 

Die Berufungswerberin ist ihren Angaben zufolge arbeitslos und verfügt über ein Einkommen an Arbeitslosengeld in Höhe von 25,77 Euro täglich. Sie hat offenbar kein Vermögen und ist sorgepflichtig für ein Kind. Sie weist keine einschlägigen Vormerkungen auf und war den Vorfallszeitpunkt betreffend verwaltungsstrafrechtlich – zumindest im Verwaltungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land - noch unbescholten, sodass ihr dies als Strafmilderungsgrund im Sinn des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zugute kommt. Sonstige Milderungs- oder auch Erschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

In Anbetracht der gesetzlichen Höchststrafe von 2.180 Euro für die Begehung von Verwaltungsübertretungen dieser Art erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat, dass die verhängte Geldstrafe im Ausmaß von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden), welche im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens angesiedelt wurde und lediglich 11,46 % der möglichen Höchststrafe beträgt, tat- und schuldangemessen und geeignet ist, um der Berufungswerberin den Unrechtsgehalt der von ihr begangenen Übertretung hinreichend vor Augen zu führen und sie dazu zu bewegen, künftighin die erlaubten Höchstgeschwindigkeiten entsprechend einzuhalten.

 

Eine Herabsetzung des Strafausmaßes ist in diesem Fall daher nicht vertretbar, jedoch wird die Berufungswerberin auf § 54b Abs.3 VStG hingewiesen, wonach einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen hat. Ein diesbezüglicher Antrag wäre allenfalls bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land einzubringen. Es war folglich spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Michael  K e i n b e r g e r

 

 

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