Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300927/2/BP/Eg

Linz, 10.02.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                     4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Ried im Innkreis vom 15. Jänner 2010, Zl. Pol96-112-2009, wegen Übertretung des Oö. Hundehaltegesetzes zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                  Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als der Spruchpunkt 2 des bekämpften Bescheides samt dem daraus folgenden Strafausspruch aufgehoben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz wird auf 4,- Euro, herabgesetzt. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.              Die Berufungswerberin hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 45 und  51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 65 VStG

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Ried im Innkreis vom 15. Jänner 2010, Zl. Pol96-112-2009, wurden über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) gemäß § 15 Abs. 2 des Oö. Hundehaltegesetzes 2002, LGBl. Nr. 147/2002, unter Punkt 1. eine Geldstrafe in Höhe von 40,00 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden gemäß § 15 Abs. 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 und unter Punkt 2. eine Geldstrafe in Höhe von 50,00 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, gemäß § 15 Abs. 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 verhängt, weil

1.     die Bw, wie am 6. August 2009 festgestellt worden sei, ihren 10 Jahre alten Spitzmischlingshund "x" seit 30.Juni 2009 in x, gehalten habe, ohne dies binnen drei Tagen dem Bürgermeister der Gemeinde x gemeldet zu haben, und

2.     die Bw am 6.August 2009, um 14.15 Uhr, in x, ihren 10 Jahre alten Spitzmischlingshund "x" in einer Weise beaufsichtigt bzw. verwahrt habe, so dass dieser den aus dem Wohnhaus kommenden x in das Hinterteil habe beißen können, wodurch dieser gefährdet worden sei.

 

Die belangte Behörde legt zunächst dar, dass der im Spruch angeführte Sachverhalt von Beamten der Polizeiinspektion Aurolzmünster am 20. August 2009 unter GZ B6/6855/2009-Str, angezeigt worden sei.

 

Nach Darstellung der rechtlichen Grundlagen führt die belangte Behörde weiter aus, dass es eine Tatsache sei, dass sich der Hund seit 30. Juni 2009 bis zumindest 6. August 2009 an der Adresse x, befunden habe und daher für die Dauer von mehr als 5 Wochen nicht gemeldet gewesen sei. Es sei nachvollziehbar, dass der Tod der Großmutter die Bw emotional stark mitgenommen habe, nicht nachvollziehbar sei jedoch, dass sie den Hund trotz emotionaler Krise zwar der Haftpflichtversicherung gemeldet habe, nicht aber dem Bürgermeister. Den Ausführungen im Einspruch vom 1. Oktober 2009, wonach die Meldungsfrist erst dann beginnen würde, wenn die Versicherungsbestätigung vorliege, habe nicht zugestimmt werden können. Es sei eine Bestrafung nach § 2 Abs. 1 Oö. Hundehaltegesetz erfolgt. Dort sei normiert, dass die Haltung eines Hundes binnen 3 Tagen dem Bürgermeister zu melden sei. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Meldefrist erst zu laufen beginne, wenn eine Versicherungsbestätigung vorliege, so wäre dies auch in dieser Form normiert worden. Also müsse die 3-tägige Meldefrist unabhängig vom Vorliegen einer Versicherungsbestätigung oder eines Sachkundenachweises angenommen werden. Die Nachweise seien der Meldung anzuschließen oder nötigenfalls nachzureichen. Dies habe auch die Rücksprache mit der Gemeinde x deutlich gemacht, die die Bw – als sie ihren Hund am 10. Oktober 2009 habe melden wollen – ersucht habe, die Versicherungsbestätigung sowie den Sachkundenachweis nachzureichen. Die vorläufige Meldung des Hundes wäre auch so leicht möglich gewesen. Das Nichtvorliegen der Versicherungsbestätigung habe daher von der Strafbarkeit nicht befreien können, sonst würde die Bestimmung ins Leere gehen. Man hätte die Haftpflichtversicherung um Ausstellung einer vorläufigen Bestätigung über den Versicherungsschutz ersuchen können, wenn schon die Polizzierung längere Zeit (mehrere Monate) in Anspruch genommen habe.

Zusammenfassend ging die belangte Behörde davon aus, dass eine Übertretung des § 2 Abs. 1 Oö. Hundehaltegesetz vorgelegen sei.

 

Zu Punkt 2. führt die belangte Behörde weiters aus, dass die Bw davon ausgehen hätte müssen, dass ein Tier speziell in einer neuen Umgebung noch unberechenbarer sei und die Bw das Verhalten des Hundes noch nicht so gut habe einschätzen können. Es sei allgemein bekannt, dass bei Hunden die Gefahr gegeben sei, dass sie ihr Revier gegen Eindringlinge verteidigen, regelmäßige Angriffe gegen Postboten, Zusteller usw. würden davon zeugen. Vor allem bei einem "neuen" Hund sei deshalb noch größere Vorsicht geboten und ein solcher Hund müsse nötigenfalls eingesperrt, angeleint oder mit einem Maulkorb versehen werden, solange sich eine fremde Person in der Reichweite des Hundes aufhalte. Sogar ein Festhalten am Halsband hätte den Vorfall vom 6. August 2009 verhindern können. Dass das Verhalten des Hundes am Tattag nicht vorhersehbar gewesen sei, sei nicht maßgeblich. Dass die Rechtsordnung an einen Tierhalter oder –verwahrer hohe Anforderungen stelle, äußere sich darin, dass die zivilrechtliche Tierhalterhaftung als Gefährdungs- und nicht als bloße Verschuldenshaftung ausgestaltet sei. Daher sei das Vorliegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 2 Z. 1 Oö. Hundehaltegesetz ebenfalls zu bejahen. 

 

Hinsichtlich der Anwendung des § 21 VStG handle es sich um eine Kann-Bestimmung mit dem Anwendungsbereich, wenn das Verschulden des Beschuldigten gering sei und die Folgen der Übertretung unbedeutend seien.

Umstände, welche das Verschulden an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift ausschließen würden, seien von der Bw im Verfahren nicht vorgebracht worden, weshalb die belangte Behörde jedenfalls von Fahrlässigkeit in beiden Spruchpunkten ausgegangen sei. Die Verletzung des y durch den Hundebiss stelle konkrete nachteilige Folgen dar, die belangte Behörde sei aber in beiden Spruchpunkten von einer bloß fahrlässigen Begehung ausgegangen; es habe mit der verhängten Strafe das Auslangen gefunden werden können. Die verhängten Geldstrafen seien im untersten Bereich des Strafrahmens gelegen (Höchststrafe 7000 Euro), es sei ein monatliches Einkommen von 800 Euro, keine Sorgepflichten, kein Vermögen angenommen worden.

 

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der der Bw zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters am 18. Jänner 2010 zugestellt wurde, richtet sich die, rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 29. Jänner 2010, bei der belangten Behörde eingelangt am 1. Februar 2010.

 

Darin führt der Rechtsvertreter der Bw zu Spruchpunkt 1. aus, dass die gesetzlich normierte Frist von 3 Tagen relativ kurz bemessen sei und im konkreten Fall das Fristende auf einen Samstag gefallen und sohin eine Meldung wahrscheinlich gar nicht möglich gewesen wäre. Die Meldefrist beginne erst dann, wenn neben dem Sachkundenachweis auch ein Nachweis über die Haftpflichtversicherung vorliege. Nachdem diese zum Tatzeitpunkt noch nicht vorgelegen sei, liege kein Verstoß gegen die Meldeverpflichtung vor. Nicht nachvollziehbar sei das Argument der Erstbehörde, dass die entsprechenden Nachweise anzuschließen, sohin nötigenfalls nachzureichen seien. Dies ergebe sich keinesfalls aus der gesetzlichen Bestimmung. Lediglich hinsichtlich des erweiterten Sachkundenachweises werde vom Gesetz die Möglichkeit einer Nachreichung eingeräumt, nicht allerdings hinsichtlich des allgemeinen Sachkundenachweises und des Nachweises über die Haftpflichtversicherung. Die Meldepflicht beginne erst bei Vorliegen des Nachweises über die Haftpflichtversicherung und es sei daher der Bw kein Verstoß vorwerfbar.

 

Weiters sei die Argumentation der Erstbehörde unverständlich, dass zwar nachvollziehbar wäre, dass die Bw durch den Tod ihrer Großmutter emotional stark mitgenommen worden sei, nicht nachvollziehbar allerdings sei, dass trotz der emotionalen Krise der Hund der Haftpflichtversicherung gemeldet worden sei. Faktisch werde der Bw daher zum Vorwurf gemacht, eine Meldung bei der Haftpflichtversicherung gemacht zu haben.

 

Auch handle es sich bei § 21 VStG um keine Kannbestimmung. Vielmehr bestehe nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechtsanspruch bei Vorliegen der Voraussetzungen, sodass daher der Erstbehörde bei § 21 VStG kein Ermessen eingeräumt werde.

 

Unrichtig von der Erstbehörde gelöst worden sei auch die Gewichtung des Verschuldens, zumal diese selbst anführe, dass die Bw durch den Tod ihrer Großmutter stark mitgenommen gewesen sei, darüber hinaus liege kein Erschwerungsgrund vor und die Bw sei unbescholten. Auch habe der behauptete Verstoß keinerlei Folgen nach sich gezogen.

Zusammenfassend liege zu Spruchpunkt 1. kein Verstoß gegen die Meldeverpflichtung vor und selbst wenn die Rechtsansicht der Erstbehörde zutreffen würde, sei das Verschulden der Bw so gering und falle unter die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG. Es wäre von einer Strafe abzusehen gewesen.

 

Zu Spruchpunkt 2. wird in der Berufung ausgeführt, dass gegen die Bw ein Strafverfahren gemäß § 190 StPO zur Einstellung gelangt sei und sohin unter Bezugnahme auf § 15 Abs. 2 des Oö. Hundehaltegesetzes keine Verwaltungsübertretung vorliege und daher schon aus diesem Grund eine Bestrafung nicht hätte erfolgen dürfen.

Seitens der Erstbehörde sei der Sachverhalt in Bezug auf die damalige Verwahrung des Hundes nicht im ausreichenden Maß festgestellt worden. Entgegen der Darstellung der Erstbehörde sei der Hund, nachdem der Telekom-Mitarbeiter wegen einer Internetstörung gekommen sei, in die Garage gesperrt worden. Die Bw habe davon ausgehen dürfen, dass der Hund dort sicher verwahrt sei. Aus auch für die Bw nicht nachvollziehbaren Gründen habe der Hund allerdings die Garage über eine andere Tür verlassen und sei es dann zum ggst. Vorfall bei Verlassen des Hauses durch den Telekom-Mitarbeiter x gekommen. Die Bw sei daher grundsätzlich der Verwahrungspflicht nachgekommen. Der bei x eingetretene Schaden sei durch die Haftpflichtversicherung abgedeckt. Die belangte Behörde habe die Bestimmungen des § 21 Abs. 1 VStG nicht zur Anwendung gebracht, obwohl die Einschreiterin durch Vorliegen der Voraussetzungen einen Rechtsanspruch habe. Die Behörde gehe selbst von Fahrlässigkeit aus, unter Berücksichtigung der Tatsachen (Tod der Großmutter, Unbescholtenheit, ordnungsgemäße Verwahrung des Hundes) sei von einem geringfügigen Verschulden auszugehen, die Folgen wurden von der Haftpflichtversicherung abgedeckt, sodass die gesetzlich normierten Voraussetzungen zur Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG vorlägen.

 

Abschließend werden die Berufungsanträge gestellt, dass

1.     die Berufungsbehörde (gemeint der Oö. Verwaltungssenat) das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Bw zur Einstellung bringen wolle,

2.     in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen,

3.     jedenfalls die für die behauptete angelastete Verwaltungsübertretung verhängte Geldstrafe erheblich herabsetzen.

Im Übrigen werde ausdrücklich auf die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet.

 

 

2. Mit Schreiben vom 3. Februar 2010 legte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt vor.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da sich bereits daraus der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt, im Verfahren lediglich die Klärung von Rechtsfragen vorzunehmen war, im bekämpften Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und in der Berufung im Übrigen dezidiert kein darauf gerichteter Antrag gestellt wurde, konnte gem. § 51 Abs. 3 VStG auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen  Sachverhalt aus.

 

Insbesondere ist – wie sich aus dem Akt der belangten Behörde ergibt -  festzuhalten, dass mit Schreiben vom 27. August 2009 die Bezirksanwältin am Bezirksgericht Ried im Innkreis unter AZ.: 10 BAZ 1152/09g-1 mitteilte, dass ein in dem in Rede stehenden Vorfall vom 6. August 2009 eingeleitetes Verfahren auf Basis des § 88 Abs. 1 StGB gemäß § 190 Z. 1 StPO eingestellt worden war.

 

2.3. Da im angefochtenen Straferkenntnis im Einzelnen keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1 Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 des Oö. Hundehaltegesetzes 2002, LGBl. Nr. 147/2002 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung LGBl. Nr. 124/2006,

begeht eine Verwaltungsübertretung, wer der Meldepflicht gemäß § 2 Abs. 1 oder 4 erster Satz nicht zeitgerecht oder überhaupt nicht nachkommt.

 

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einen Hund entgegen der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 hält.

 

Gemäß § 15 Abs. 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 sind Verwaltungsübertretungen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder durch andere Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 2 Abs. 1 bis 3 Oö. Hundehaltgesetz 2002 lautet:

 

Gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. hat eine Person, die einen über zwölf Wochen alten Hund hält, dies dem Bürgermeister oder der Bürgermeisterin (dem Magistrat) der Gemeinde, in der sie ihren Hauptwohnsitz hat, binnen drei Tagen zu melden. Die Meldung hat zu enthalten:          

1. Name und Hauptwohnsitz des Hundehalters oder der Hundehalterin;

2.  Rasse, Farbe, Geschlecht und Alter des Hundes;

3. Name und Hauptwohnsitz jener Person, die den Hund zuletzt gehalten hat. (Anm: LGBl. Nr. 124/2006)

 

Der Meldung gemäß Abs. 1 sind nach § 2 Abs. 2 leg. cit. anzuschließen:          

1. der für das Halten des Hundes erforderliche Sachkundenachweis (§ 4 Abs. 1 oder 2) und

2. der Nachweis, dass für den Hund eine Haftpflichtversicherung gemäß § 3 Abs. 1b besteht.

 

Der Halter oder die Halterin eines auffälligen Hundes, der zum Zeitpunkt der Meldung über keinen Sachkundenachweis gemäß § 4 Abs. 2 verfügt, hat gemäß § 2 Abs. 3 leg. cit. der Meldung den Sachkundenachweis gemäß § 4 Abs. 1 anzuschließen und den Sachkundenachweis gemäß § 4 Abs. 2 binnen eines Jahres ab Meldung des Hundes dem Bürgermeister oder der Bürgermeisterin (dem Magistrat) vorzulegen.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 ist ein Hund in einer Weise zu beaufsichtigen, zu verwahren oder zu führen, dass       

1.  Menschen und Tiere durch den Hund nicht gefährdet werden, oder

2. Menschen und Tiere nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden, oder

3. er an öffentlichen Orten oder auf fremden Grundstücken nicht unbeaufsichtigt herumlaufen kann.

 

3.2. Hinsichtlich des Spruchpunktes 1 des bekämpften Bescheides ist zunächst unbestritten, dass die Bw, obwohl sie den in Rede stehenden 10-jährigen (somit über 12 Wochen alten) Hund seit 30. Juni 2009 hielt, bis zum 6. August 2009 keine in § 2 Abs. 1 Oö. Hundehaltergesetz normierte Meldung an den Bürgermeister ihrer Wohnsitzgemeinde erstattete. Entgegen der in der Berufung geäußerten Ansicht, die Meldepflicht entstehe erst, wenn die erforderlichen Dokumente nach § 2 Abs. 2 leg. cit. vorlägen, ist auf den klaren Wortlaut des Abs. 1 zu verweisen, der eine solche Vorgangsweise nicht vorsieht, sondern den Beginn der 3-Tagesfrist ausdrücklich an den Zeitpunkt  des Haltens des Hundes knüpft. Eine andere Auslegung wäre im Licht der grammatikalischen Interpretation absolut unzulässig. So kann auch der belangten Behörde gefolgt werden, dass allfällig im Zeitpunkt der Meldung noch fehlende Nachweise gemäß Abs. 2 bei deren Vorliegen nachzureichen sind.

 

Bezüglich des Einwandes, das Ende der 3-tägigen Frist sei auf einen Samstag gefallen, wird auf die Bestimmungen der Fristberechnung nach §§ 32 und 33 AVG verwiesen.

 

Hinsichtlich des Spruchpunktes 1 des bekämpften Bescheides ist also der objektive Tatbestand gegeben.

 

3.3. § 15 Abs. 1 Z. 1 Das Oö. Hundehaltegesetz sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzu­nehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Es ist nun zu prüfen, ob sich die Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Sie führt an durch den Tod ihrer Großmutter in ihrer üblichen Sorgfalt emotional beeinträchtigt gewesen zu sein. Dies ist – der belangten Behörde folgend – durchaus verständlich, gilt aber wohl nur für die erste Zeit nach dem Todesfall. Dass die Bw trotz der für sie schwierigen Situation in der Lage war ihre Pflichten wahrzunehmen, wird dadurch deutlich, dass sie die erforderlichen Schritte zur Erlangung der Haftpflichtversicherungspolizze in die Wege leitete. Nachdem aber feststeht, dass die Bw knapp sechs Wochen lang nicht die erforderliche Meldung erstattete, wie am 6. August festgestellt werden konnte, kann dem vorgebrachten Entschuldungsnachweis nicht die beabsichtigte Relevanz zugemessen werden. Es steht somit fest, dass eine Sorgfaltswidrigkeit vorlag, die ein objektiv redlicher und sorgfältiger Dritter zu vermeiden gesucht haben würde. 

 

Das Verschulden der Bw ist somit in Form der Fahrlässigkeit als gegeben zu erachten.

 

3.4. Auch § 21 VStG, der bei dessen Vorliegen trotz der Formulierung als "Kann-Bestimmung" angewendet werden müsste, kann im vorliegenden Fall  nicht geltend gemacht werden. Einerseits fehlt es an der vom Gesetz geforderten geringfügigen Schuld der Bw, die das übliche Maß der Fahrlässigkeit weit unterschreiten müsste; andererseits sind die Folgen als nicht unbedeutend anzusehen. Würde man – der Berufung folgend – ein einschneidendes Ereignis als Folge im Sinne des § 21 VStG als erforderlich erachten, wäre beinahe jede Übertretung des § 2 mangels dieses Ereignisses nicht mit einer Bestrafung bedroht. Im Gegensatz dazu ist aber festzustellen, dass allein schon die Tatsache, dass ein geordnetes und geregeltes Halten von Hunden durch die Verletzung der in Rede stehenden Vorschrift nicht gewährleistet ist, als nicht unbedeutende Folge im Sinne des § 21 VStG anzusehen. Es liegen somit beide – im Übrigen kumulativ geforderten – Tatbestandselemente für ein Absehen von der Strafe nicht vor.

 

3.5. Hinsichtlich der Strafbemessung folgt das erkennende Mitglied den Feststellungen der belangten Behörde, da sich die verhängte Geldstrafe im absolut untersten Bereich des Strafrahmens bewegt und den Vorgaben des § 19 VStG entsprochen wurde.

 

3.6.1. Mit ihrem zwar nicht näher ausgeführten Vorbringen zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides, eine verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung nach § 3 Abs 2 Z 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 trotz des Freispruchs vom Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung durch das Bezirksgericht Ried im Innkreis verletzte das in Art 4 7. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention (in der Folge: ZPEMRK) normierte Doppelbestrafungsverbot, ist die Bw im Recht:

 

3.6.2. Nach der genannten Bestimmung darf niemand "wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz oder Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden."

 

3.6.3. Im gegenständlichen Fall wesentlich ist, dass das Doppelbestrafungsverbot auch im Verhältnis von Justiz- und Verwaltungsstrafrecht sowie innerhalb des Verwaltungsstrafrechts gilt (vgl Öhlinger, Verfassungsrecht8 [2009] Rz 977). Voraussetzung für die Sperrwirkung des Art 4 7. ZPMRK ist somit ein durch rechtskräftiges Urteil endgültig abgeschlossenes (verwaltungs)strafrechtliches Verfahren.

 

Die Bw wurde vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung rechtskräftig freigesprochen. Art 4 7. ZPMRK schließt nun eine Bestrafung nicht aus, wenn dieselbe Handlung mehrere Delikte verwirklicht (siehe etwa VfSlg 15.824/2000). Die Bestimmung verbietet aber eine neuerliche Bestrafung, wenn der Unrechts- und Schuldgehalt einer Handlung durch einen Deliktstypus bereits in seinen wesentlichen Aspekten erfasst ist bzw einen wesentlichen Aspekt einer gerichtlich strafbaren Handlung bildet (siehe EGMR, Fischer, ÖJZ 2001, 657). Zu klären gilt daher, ob § 3 Abs 2 Z 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 und § 88 Abs 1 StGB dasselbe strafrechtliche Unrecht abdecken. Es kommt dabei nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung und Literatur darauf an, ob die Straftatbestände in ihren "wesentlichen Elementen" identisch sind (vgl VfGH 2.7.2009, B559/08; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 381).

 

3.6.4. Dies trifft im gegenständlichen Fall zu: § 3 Abs 2 Z 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 normiert eine Verhaltenspflicht, an welcher sich Hundebesitzer und Hundebesitzerinnen zu orientieren haben. Genau die Erfüllung respektive Verletzung dieser Pflicht gilt es auch bei der von den Gerichten vorzunehmenden Beurteilung, ob der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung verwirklicht wurde, zu prüfen.

 

Da das Bezirksgericht Ried im Innkreis den Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung und damit zwangsläufig auch die Tatbestandserfüllung des § 3 Abs 2 Z 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 geprüft hat und das Verfahren rechtskräftig eingestellt bzw. abgeschlossen wurde, tritt die Sperrwirkung des Art 4 7. ZPMRK ein. Dies ist unabhängig vom Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens der Fall, da Art 4 7. ZPMRK nicht bloß ein Doppelbestrafungsverbot, sondern auch ein Doppelverfolgungsverbot enthält. Mit anderen Worten: Ist ein Verfahren rechtskräftig mit einer Verurteilung oder einem Freispruch abgeschlossen, hat der Staat sein Anklagerecht verbraucht. Eine weitere Verfolgung der Tat durch Verwaltungsbehörden und/oder Gerichte ist daher unzulässig, weshalb der von der Bw bekämpfte Bescheid in diesem Punkt zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

3.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum