Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560121/2/Gf/Mu

Linz, 15.02.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch x, gegen den Bescheid des Bezirks­hauptmanns von Wels-Land vom 1. Dezember 2009, Zl. SH10-860-101-Fe, wegen der Vorschreibung des Rückersatzes für empfangene Sozialhilfeleistungen zu Recht erkannt:

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 2 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 1. Dezember 2009, GZ SH10-860-101-Fe, wurde der Rechtsmittelwerber gemäß den §§ 46 Abs. 1 und 52 Abs. 5 des Oö. Sozialhilfegesetzes, LGBl.Nr. 82/1998, zuletzt
geändert durch LGBl.Nr. 41/2008 (im Folgenden: OöSHG), auf Grund des
Antrages des Sozialhilfeverbandes (im Folgenden: SHV) Wels-Land vom 2. November 2009 zum Ersatz der Kosten für soziale Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs (Sozialhilfegeldleistungen in den Jahren 2006 und 2007) in Höhe von insgesamt 9.445,82 Euro, zahlbar in monatlichen Raten zu je 20 Euro, verpflichtet.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Magistrat der Stadt Graz als vorläufiger Kostenträger – endgültiger Kostenträger sei der SHV Wels-Land – dem Beschwerdeführer in den Jahren 2006 und 2007 Sozialhilfegeldleistungen für den Lebensunterhalt in einer Höhe von insgesamt 9.445,82 Euro gewährt habe, zu deren Rückersatz er nunmehr zu verpflichten gewesen sei. Um seine Existenz nicht zu gefährden, sei eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von je 20 Euro bzw. die erste Rate in einer Höhe von 15,82 Euro festzusetzen gewesen.

 

1.2. Gegen diesen ihm am 7. Dezember 2009 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 21. Jänner 2010 – und damit rechtzeitig – per e-mail bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

 

Darin bringt der Vertreter des Rechtsmittelwerbers vor, dass der Magistrat Graz festgestellt habe, dass wegen seiner finanziellen Notlage derzeit kein Ersatzanspruch geltend gemacht werden könne. Dieser Umstand sei jedoch von der belangten Behörde unverständlicherweise in keiner Form berücksichtigt worden. Außerdem könne dem Ansinnen der Erstbehörde, dass im Falle eines Terminverlustes mit einer Rate gleich der gesamte Betrag fällig sei, schon deshalb nicht entsprochen werden, weil das einer Vernichtung seiner Existenz gleichkäme.

 

Daher wird – erschließbar – beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zu GZ SH10-860-101; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt habe, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 1 und 2 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 66 Abs. 3 OöSHG i.V.m. § 67a AVG hat der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende Berufung durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 46 Abs. 1 Z. 1 OöSHG ist der Empfänger sozialer Hilfe u.a. dann zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn er zu hinreichenden Einkommen oder Vermögen (§ 9) gelangt.

 

Nach § 51 Abs. 1 OöSHG verjähren Ersatzansprüche i.S.d. § 46 OöSHG dann, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Hilfe geleistet worden ist, mehr als drei Jahre verstrichen sind. Die Verjährung wird unterbrochen, sobald die Geltendmachung des Kostenersatzes gemäß § 52 dem Ersatzpflichtigen zugegangen ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 5 OöSHG hat die Behörde auf Antrag des Trägers sozialer Hilfe mit schriftlichen Bescheid über den Anspruch zu entscheiden, wenn über Ansprüche gemäß § 46 OöSHG ein Vergleich nicht zustande kommt.

 

Nach Art. 1 der Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe, LGBl.Nr. 83/1973, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 129/2009 (im Folgenden: Vereinbarung), der das Bundesland Steiermark gemäß Art. 9 dieser Vereinbarung mit Wirkung vom 15. Oktober 1978 beigetreten ist (vgl. LGBl.Nr. 66/1978 i.d.F. LGBl.Nr. 129/2009), haben die Sozialhilfeträger eines Vertragslandes den Sozialhilfeträgern eines anderen Vertragslandes die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten zu ersetzen. Gemäß Art. 3 der Vereinbarung ist jener Träger zum Kostenersatz verpflichtet, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor der Gewährung der Hilfe mindestens durch fünf Monate aufgehalten hat.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass der Rechtsmittelwerber vom 19. Jänner 2006 bis zum 12. November 2007 vom Sozialhilfeträger Stadt Graz zur Deckung seines Lebensbedarfes Sozialhilfe in einer Höhe von insgesamt 9.445,82 Euro erhalten und sich in den letzten sechs Monaten vor dem Beginn dieser Hilfeleistung durch mindestens fünf Monate hindurch in Oberösterreich aufgehalten hat.

 

Mittels Verständigung vom 30. September 2009, GZ A5-687/2005-1, wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass eine Erhebung des Sozialamtes Graz ergeben habe, dass er nach Abzug von Mietaufwendungen und Freibeträgen über ein ersatzpflichtiges Einkommen in Höhe von monatlich 597,94 Euro verfüge. Dem ist er in der Folge zwar nicht entgegengetreten; insbesondere hat er weder innerhalb der ihm gewährten Fristen (vgl. die Mitteilung des Sozialamtes der Stadt Graz vom 30. September 2009, GZ A5-687/2005-1, das Schreiben des SHV Wels-Land vom 6. Oktober 2009, GZ SH10-860-101-Fe, sowie das Schreiben des SHV Wels-Land vom 2. November 2009, GZ SH10-860-101-Fe) eine Stellungnahme abgegeben noch mit der vorliegenden Berufung inhaltlich Gegenteiliges vorgebracht.

 

Wenn in der gegenständlichen Beschwerde jedoch behauptet wird, dass die Ermittlungen des Sozialamtes Graz ergeben hätten, dass im Ergebnis kein Ersatzanspruch gegen ihn geltend gemacht werden könne, so kommt diesem Einwand jedoch zumindest vorläufig Berechtigung zu.

 

Denn in dem Schreiben des Sozialamtes Graz vom 30. September 2009, GZ A5-687/2005-1, das offensichtlich die Grundlage für den vorliegenden bescheid­mäßigen Rückersatzanspruch bildet, findet sich explizit der Hinweis, dass der nach den "Richtlinien des SHG für den Aufwandersatz" heranzuziehende Betrag derzeit "(Einkommen minus Abzugsposten) 597,94 €" im Monat beträgt; daher könne "keine Ratenzahlung vorgeschrieben werden, da die errechnete Bemessungsgrundlage kein rückersatzfähiges Einkommen darstellt. Es wurde eine Frist für eine neuerliche Aufwandsüberprüfung festgesetzt". (vgl. S. 2 und 3).

 

Gemäß § 52 Abs. 2 i.V.m. § 46 Abs. 1 Z. 1 und § 16 OöSHG dürfen Rückersatzansprüche nicht geltend gemacht werden, wenn dadurch die wirtschaftliche Existenz der leistungspflichtigen Person und der ihr gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen sowie des Lebensgefährten gefährdet wird, wobei nach § 5a der Oö. Sozialhilfeverordnung, LGBl.Nr. 118/1998, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 127/2008 (im Folgenden: OöSHV), in diesem Zusammenhang eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn der zum Rückersatz verpflichteten Person weniger als das 1,2-fache jenes Sozialhilferichtsatzes zur Verfügung steht, der anzuwenden wäre, wenn soziale Hilfe zu leisten wäre.

 

Nach § 1 Abs. 1 Z. 2 OöSHV beträgt der Richtsatz zur Bemessung von monatlichen Geldleistungen zur Sicherung eines ausreichenden Lebensunterhalts für Personen, die – wie der Rechtsmittelwerber – in einer Haushaltsgemeinschaft leben, derzeit 521,70 Euro, sodass i.S.d. § 5a OöSHV eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Rechtsmittelwerbers anzunehmen wäre, wenn ihm künftig weniger als 626,04 Euro monatlich zur Verfügung stehen würden.

 

Angesichts des Umstandes, dass im vorerwähnten Schreiben des Sozialamtes Graz vom 30. September 2009, GZ A5-687/2005-1, festgestellt wurde, dass zum Rückersatz lediglich ein Einkommen von 597,94 Euro herangezogen werden kann, muss sohin mangels einer entsprechenden Begründung im angefochtenen Bescheid offen bleiben, wie die belangte Behörde zu der Auffassung kommt, dass der dem Beschwerdeführer vorzuschreibende "Rückersatz .... ein Betrag von ca. 10 – 20 Euro monatlich sein" wird (vgl. die im Akt erliegende e-mail-Nachricht der BH Wels-Land an den Magistrat Graz vom 26. November 2009).

 

3.3. Weil sich im Ergebnis damit für den Bescheidadressaten (und erst recht für einen außenstehenden Dritten) weder der Umstand des Bestehens einer Ersatzpflicht an sich noch im Besonderen von deren Höhe entgegen § 60 AVG mit der für ein Verwaltungsverfahren erforderlichen Sicherheit nachvollziehen lässt, war der vorliegenden Berufung sohin – insbesondere auch unter dem Aspekt, dass es dem Oö. Verwaltungssenat nach den Art. 129 ff  B-VG lediglich zukommt, die Verwaltung zu kontrollieren, nicht jedoch auch, diese anstelle der belangten Behörde zu führen – gemäß § 66 Abs. 2 AVG mit der Maßgabe stattzugeben, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-560121/2/Gf/Mu vom 15. Februar 2010

 

Sozialhilfevereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg, der auch die anderen Bundesländer – im Besonderen: Steiermark – beigetreten sind; § 46 Abs. 1 OöSHG; § 52 Abs. 2 OöSHG; § 5a OöSHV; § 60 AVG

 

Nach Art. 1 der Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe, LGBl.Nr. 83/1973, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 129/2009 (im Folgenden: Vereinbarung), der das Bundesland Steiermark gemäß Art. 9 dieser Vereinbarung mit Wirkung vom 15. Oktober 1978 beigetreten ist (vgl. LGBl.Nr. 66/1978 i.d.F. LGBl.Nr. 129/2009), haben die Sozialhilfeträger eines Vertragslandes den Sozialhilfeträgern eines anderen Vertragslandes die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten zu ersetzen; gemäß Art. 3 der Vereinbarung ist jener Träger zum Kostenersatz verpflichtet, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor der Gewährung der Hilfe mindestens durch fünf Monate aufgehalten hat;

 

Zurückverweisung infolge fehlender Berechungsgrundlagen in der Bescheidbegründung, insbesondere im Hinblick auf eine drohende Existenzgefährdung des Hilfeempfängers.

 

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