Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-330017/14/Lg/Hue/Ba

Linz, 22.02.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 8. Oktober 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des x, x, x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 21. Juli 2009, Zl. Wi96-20-2009/HW, wegen einer Übertretung des Maß- und Eichgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene         Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren        eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 44a, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 365 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48  Stunden verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gem. § 9 Abs. 1 VStG der x GmbH, x, x, zu vertreten habe, dass von der x GmbH als Herstellerin der nachfolgenden Fertigpackung die Bestimmungen des  § 63 Abs. 1 Maß- und Eichgesetz iVm § 11 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 Fertigpackungsverordnung nicht eingehalten worden seien. Weiters heißt es im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses:

"Anlässlich der am 18.02.2009 bei der Firma x in x, x, durch ein Organ des Eichamtes x an der Donau durchgeführten Fertigpackungskontrolle wurde folgende Fertigpackung zum Verkauf vorrätig gehalten:

Produkt: ´   X Katzenstreu`

Hersteller: x GmbH, x, x

Nennfüllmenge: 8 Liter

Stichprobenumfang: 1 Stück (Formalprüfung)

Losgröße: 48 Stück (bei der Kontrolle), 336 Stück (bei Anlieferung zu Firma x laut Lieferschein)

Anlieferung: 16. Februar 2009 (Fa. x, x, x)

Beanstandung wegen Verstoß gegen die Kennzeichnungsvorschriften:

Die Nennfüllmenge war in Liter angegeben.

Auf Grund der Bestimmungen ist die Angabe der Nennfüllmenge bei festen Produkten in Kilogramm/Gramm erforderlich.

Bei dem Erzeugnis ´X Katzenstreu` wurde eine Kontrollwiegung durchgeführt. Das Messergebnis der Füllmenge beträgt 3,2kg! Auf Grund obiger Bestimmungen würde die Angabe der Nennfüllmenge (Nenngewicht) mit 3,2 kg erfolgen.

Das vom Organ des Eichamtes Krems/Donau angefertigte Beweisfoto bildet einen Bestandteil dieses Strafbescheides."

 

In der Begründung wird auf die Anzeige des Eichamtes x vom 11. März 2009 und die Rechtfertigung des Bw vom 18. März 2009 Bezug genommen.

Weiters wird ausgeführt, dass entgegen den Rechtfertigungsangaben des Bw in Österreich kein Handelsbrauch für die Kennzeichnung von Katzenstreu in Litern bestehe. Der Erstbehörde liege diesbezüglich das Umfrageverfahren der Wirtschaftskammer Österreich vom 25. September 2007 vor. Demnach sei ein Handelsbrauch zur Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern anstelle von kg nicht feststellbar. Das Umfrageverfahren sei als Sachverständigengutachten zu qualifizieren. Für die belangte Behörde sei das Umfrageverfahren schlüssig und die Durchführung einer aktuelleren Erhebung nicht durchzuführen. Es sei Fahrlässigkeit anzunehmen.

Zur Strafbemessung sei mangels Angaben durch den Bw ein monatliches Nettoeinkommen von 3.000 Euro, keine Sorgepflichten und Immobilienbesitz angenommen worden. Als strafmildernd sei kein Umstand, als straferschwerend eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe zu werten gewesen. Ebenso sei auf das öffentliche Interesse der Einhaltung der Vorschriften der Fertigpackungs­verordnung Bedacht genommen worden, da durch eine falsche Kennzeichnung der Produkte die Verbraucher getäuscht würden.

Die verhängte Geldstrafe sei im untersten Bereich gelegen und dem Schuld- und Unrechtgehalt der Tat angemessen.

 

2. In der Berufung bringt der Bw vor, dass die Regelung des § 11 Abs. 2 Fertigpackungsverordnung inhaltlich unbestimmt und daher im Hinblick auf Art. 18 B-VG verfassungswidrig sei, da Anhang 5 nicht (mehr) existiere. Aus dem vorliegenden Beweisergebnis ergebe sich nicht, dass ein Handelsbrauch zur Kennzeichnung von Katzenstreu in Litern nicht bestehe. Den Ausführungen der Wirtschaftskammer komme nicht die Qualität eines Sachverständigengutachtens zu. Die Auskunft der Wirtschaftskammer sei mit 25. September 2007 datiert und deshalb nicht mehr aktuell. Zudem sei der Auskunft der Wirtschaftskammer nicht zu entnehmen, welche Unternehmen bzw. Personen befragt worden seien und welche Marktanteile diese hätten. Somit sei diese Erhebung nicht repräsentativ. Da nicht ersichtlich sei, wie es zu der Einschätzung der Wirtschaftskammer gekommen ist, würden weder ein ordnungsgemäßer Befund noch ein ordnungsgemäß begründetes Gutachten vorliegen. In der Erhebung der Wirtschaftskammer hätten 62,07 % der Befragten einen diesbezüglichen Handelsbrauch bejaht. Dieses Ergebnis liege nur minimal unter zwei Drittel. In einzelnen Bundesländern, so auch in dem hier allein maßgeblichen Bundesland Vorarlberg sei das Bestehen eines Handelsbrauches von zwei Dritteln der Befragten bejaht worden. Die von der Wirtschaftskammer genannte Grenze für die Feststellung eines Handelsbrauchs (mehr als 2/3) sei zudem keiner gesetzlichen Bestimmung zu entnehmen und daher nicht entscheidungswesentlich. Wenn der Gesetzgeber von einer derart hohen und starren Grenze ausgegangen wäre, wäre sie im Gesetz so festgelegt worden. Daraus sei zu folgern, dass eine flexible, einzelfall- und produktspezifische Überprüfung zu erfolgen habe. Somit sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Fertigpackungsverordnung betreffend des Inverkehrbringens von Katzenstreu unter Angabe des Nennvolumens (Liter) erfüllt seien. Damit entspreche die Kennzeichnung in jeder Hinsicht der Fertigpackungsverordnung, so dass auch die allfällige Verwendung des Zeichens "e" nicht zu beanstanden sei.    

Selbst auf Basis der Sachverhaltsfeststellungen der Erstbehörde sei davon auszugehen, dass für den Bw zum Zeitpunkt der angeblichen Verwaltungsübertretung nicht erkennbar gewesen sei, dass kein Handelsbrauch für das Inverkehrbringen von Katzenstreu unter Angabe des Nennvolumens (Liter) bestehen soll. Das Ergebnis der Untersuchung der Wirtschaftskammer sei dem Bw nicht bekannt und auch nicht feststellbar gewesen, ob die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Handelsbrauchs gerade noch nicht, oder gerade schon erfüllt seien. Selbst wenn grundsätzlich der objektive Tatbestand einer Verwaltungsübertretung vorliegen sollte, wäre dem Bw daher ein die Strafbarkeit ausschließender Irrtum über das Bestehen eines Handelsbrauches zugute zu halten. Deshalb sei ein allfälliges Verschulden des Bw als minimal zu werten. Zudem entspräche die verhängte Strafe nicht den gesetzlichen Strafzumessungsgründen und sei bei weitem überhöht.  

 

Beantragt wird die Durchführung einer aktuellen und repräsentativen Erhebung unter den beteiligten Verkehrskreisen über das Bestehen eines Handelsbrauches betreffend des Inverkehrbringens von Katzenstreu unter Angabe des Nennvolumens (Liter) durch die Verwaltungsstrafbehörde zweiter Instanz. Weiters wir die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren nach Durchführung einer Berufungsverhandlung, in eventu die Anwendung des § 21 VStG beantragt.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 11. März 2009 zugrunde. Demnach sei anlässlich einer am 18. Februar 2009 bei der Firma x in x, x, durchgeführten Kontrolle die gegenständliche Verwaltungsübertretung festgestellt worden.

Der Anzeige angeschlossen sind eine Fotoaufnahme, in Kopie eine Mitteilung des Anzeigenlegers an die Herstellerfirma und eine Niederschrift mit einem Vertreter der Fa. x über die festgestellten Mängel sowie eines Lieferscheins über die Lieferung von 336 Packungen Katzenstreu an die Fa. x.

 

Nach Strafverfügung vom 15. April 2009 rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Im Verfahrensakt liegt weiters die Kopie folgenden Schreibens der Wirtschaftskammer Österreich vom 25. September 2007 an das Eichamt mit folgendem Ergebnis einer Handelsbrauchumfrage betreffend Katzenstreu der Wirtschaftskammer ein:  

 

"Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom 4. Juli 2007 teilen wir mit, dass das Umfrageverfahren abgeschlossen ist. Die Detailergebnisse finden Sie in der beiliegenden Tabelle. Daraus ergibt sich folgendes Gesamtergebnis:

 

Frage:

Betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern an Stelle von kg ist ein Handels­brauch dahingehend nicht feststellbar.

 

Um Zufallsergebnisse zu vermeiden, nimmt die Wirtschaftskammer Österreich das Bestehen ei­nes Handelsbrauchs erst dann als gegeben an, wenn mehr als zwei Drittel der Befragten aus den betroffenen Verkehrskreisen positiv antworten. Wenn weniger als zwei Drittel der Antworten positiv sind, nehmen wir an, dass ein Handelsbrauch nicht feststellbar ist. Wenn nicht mehr als die Hälfte positiv antworten, gehen wir davon aus, dass ein Handelsbrauch nicht besteht.

 

Frage 1:

Besteht nach Ihren Kenntnissen ein Handelsbrauch betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern an Stelle von kg?

 

 

Bundesland

      JA

NEIN

     KA

Gesamt

WK Burgenland

4

2

0

6

WK Kärnten

0

0

0

0

WK Niederösterreich

6

4

0

10

WK Oberösterreich

2

1

1

4

WK Salzburg

2

2

0

4

WK Steiermark

10

5

0

15

WK Tirol

0

0

0

0

WK Vorarlberg

2

1

0

3

WK Wien

10

6

0

16

Gesamtsumme

36

21

1

58

Gesamtsumme in %

62,07

36,21

1,72

100

 

Ein Handelsbrauch ist nicht feststellbar."

 

 

Weiters findet sich die Kopie folgenden Schreibens des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 11. März 2009 an die Europäische Kommission im Akt:

 

"Unter Bezugnahme auf ihr E-Mail vom 11. März 2009 und der damit verbundenen Anfrage hinsichtlich der Kennzeichnung von Katzenstreu teilen wir Ihnen folgendes mit:

 

Allgemeine Bemerkungen

Zunächst wird festgehalten, dass in Österreich die dafür geltenden Bestimmungen der Rich­tlinie 76/211/EWG für und 75/106/EWG durch die Fertigpackungsverordnung 1993 umge­setzt wurden.

 

RICHTLINIE DES RATES vom 19. Dezember 1974 zur Angleichung der Rechtsvor­schriften der Mitgliedstaaten über die Abfüllung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen (75/106/EWG)

 

Der Geltungsbereich der Richtlinie 75/106/EWG ist im Artikel 1 näher ausgeführt:

 

´Gegenstand dieser Richtlinie sind die Fertigpackungen mit den in Anhang III aufgeführten flüssigen Erzeugnissen, die nach Volumen abgefüllt werden und in einheitlichen Mengen von nicht weniger ais 5 ml und nicht mehr als 101 in Verkehr gebracht werden sollen.`

 

Die Bestimmungen dieser Richtlinie 75/106/EWG sind daher (und waren) für Katzenstreu, das nicht in Anhang III aufgeführt ist und eindeutig kein flüssiges Produkt ist, nicht anzuwenden.

 

Der Geltungsbereich der Richtlinie 76/211/EWG (in der Fassung der RL 2007/45/EG) ist im Artikel 1 näher ausgeführt:

 

´Diese Richtlinie gilt für Fertigpackungen, in denen Erzeugnisse in konstanten, einheitlichen

Nennfüllmengen in den Verkehr gebracht werden sollen, die

  • bestimmten, vom Abfüllbetrieb im Voraus festgelegten Werten entsprechen,
  • in Gewichts- oder Volumeneinheiten ausgedrückt werden,
  • nicht kleiner als 5 g oder 5 ml und nicht größer als 10 kg oder 101 sind.`

 

Artikel 4 Punkte (1) bis (3) der Richtlinie lauten:

 

´(1) Auf allen in Artikel 3 genannten Fertigpackungen muss stets das als Nenngewicht oder Nennvolumen bezeichnete Gewicht oder Volumen des Erzeugnisses angegeben sein, das sie gemäß Anhang I jeweils enthalten müssen.

Fertigpackungen mit flüssigen Erzeugnissen müssen die Angabe ihres Nennvolumens, Fertigpackungen mit anderen Erzeugnissen die Angabe ihres Nenngewichts tragen, es sei denn, dass in allen Mitgliedstaaten die gleichen entgegen gesetzten Handelsbräuche oder einzelstaatliche Regelungen oder dass entgegen gesetzte gemeinschaftliche Regelungen be­stehen.

Sind die Handelsbräuche oder die einzelstaatlichen Regelungen für bestimmte Arten von Erzeugnissen oder bestimmte Arten von Fertigpackungen nicht in allen Mitgliedstaaten gleich, so müssen diese Fertigpackungen zumindest die Füllmengenangabe tragen, die dem Handeisbrauch oder der geltenden einzelstaatlichen Regelung des Bestimmungslandes ent­spricht.`

 

Zunächst ist also davon auszugehen, dass nach Artikel 4 Punkt (1) auf allen Fertigpackungen entweder Gewicht oder Volumen anzugeben ist.

 

Danach kommt Artikel 4 Punkt (2) zur Anwendung, in dem beschrieben wird, dass

- flüssige Erzeugnisse die Angabe des Nennvolumens

- andere Erzeugnisse die Angabe des Nenngewichts

tragen müssen.

 

Dann wird auf einen abweichenden Handelsbrauch verwiesen, wobei einer der drei Fälle zu­treffen muss:

1. in allen Mitgliedstaaten bestehen die gleichen entgegen gesetzten  

    Handelsbräuche oder

2. in allen Mitgliedstaaten bestehen die gleichen entgegen gesetzten

    einzelstaatlichen Regelungen oder

3. es bestehen entgegen gesetzte gemeinschaftliche Regelungen.

 

Dann ist noch Artikel 4 Punkt (3) anzuwenden, in dem das Vorhandensein der Angabe ent­sprechend dem Handeisbrauch oder der geltenden einzelstaatlichen Regelung des Bestim­mungslandes zwingend verlangt ist (´so müssen diese Fertigpackungen zumindest die Füllmengenangabe tragen, die dem Handelsbrauch oder der geltenden einzelstaatlichen Rege­lung des Bestimmungslandes entspricht`).

 

Zur konkreten Beschwerde der Deklaration von Katzenstreu nach Volumen (I) an Stelle der Deklaration nach Gewicht (kg):

 

Zunächst haben wir festgestellt, dass Katzenstreu kein flüssiges Erzeugnis ist und demnach nach Artikel 4 Punkt (2) die Angabe des Nenngewichtes erforderlich ist.

 

Danach folgte die Prüfung des Handelsbrauches in Österreich. Die Wirtschaftskammer Öster­reichs hat mitgeteilt, dass hier kein abweichender Handelsbrauch zur Gewichtsangabe für dieses Produkt vorliegt.

 

Daher ist das Ergebnis nach Artikel 4 Punkt (2), dass die oben angeführten Bestimmungen (1) bis (3) des Artikels 4 nicht zutreffen und daher auch nicht anzuwenden sind.

 

Aus diesem Grund wird auf jeden Fall die Angabe des Nenngewichtes gefordert und dieses wird auch für die Prüfung der Packung auf Übereinstimmung mit den Anforderungen heran­gezogen.

 

Die Behauptung des Beschwerdeführers, in Österreich, Deutschland und der gesamten EU läge ein gleichartiger Handelsbrauch vor, ist somit nicht zutreffend. Gleichzeitig gibt es auch keine gemeinschaftlichen Regelungen mit entgegen gesetztem Handelsbrauch.

 

In Österreich wird jedoch als Zusatzkennzeichnung für den Kunden auch die Angabe in Liter toleriert. Eine Fertigpackung, die jedoch nur Liter enthält wird beanstandet und zur Anzeige gebracht.

 

Daher wird die Vorgangsweise bei diesem Produkt als konform mir den zutreffen­den Richtlinien erachtet.

 

Der Beschwerdeführer hat in seinen Ausführungen noch Folgendes erwähnt;

 

´In Österreich, Deutschland und der gesamten EU ..... oder 20 Liter e Packungen`.

 

Die hier anzuwendende Richtlinie 211/76/EWG selbst und die Anbringung des Zeichens „e" beziehen sich ausschließlich auf die Füllmengen die zwischen 5 g oder 5 ml und maximal 10 kg oder 10 l liegen.

 

Nur für diesen Füllmengenbereich ist die Richtlinie anzuwenden und auch nur für diesen Be­reich sind die zulässigen Minusabweichungen und weitere Anforderungen in der Richtlinie festgelegt.

 

Es wird im Besonderen darauf hingewiesen, dass beim Vorfinden von ´20 Liter e Packungen` diese sofort gesperrt werden und der Weiterverkauf verhindert wird, da die An­bringung eines ´e` auf Packungen über 10 kg oder 10 l unzulässig ist.

 

Weiters wird als Information mitgeteilt, dass Streuprodukte (gemeinsam mit Torf und Erde) im Jahr 2007 in ca. 16 % der Fälle zu Beanstandungen bei der Füllmenge geführt haben."

 

Zudem liegt im Verwaltungsakt eine Auflistung der Verwaltungsvorstrafen des Bw ein.

 

Der Akt schließt mit dem angefochten Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung gab der Verhandlungsleiter zunächst bekannt, dass ihn am heutigen Tag um 9.00 Uhr ein Telefonat des Rechtsvertreters des Bw erreicht hat, in dem mitgeteilt wurde, dass er wegen Krankheit nicht zur Verhandlung erscheinen könne.

 

Der Vertreter des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen brachte vor, dass die Anhänge 4 und 5 nur Wertereihen beinhalten würden. Daher sei für den Bw aus dem Entfall des Anhanges 5 nichts zu gewinnen, da alle anderen Produkte nach wie vor gekennzeichnet werden müssten, wie in § 11 Abs. 2 gefordert sei.

Zur Frage nach der Qualität der Ausführung der Wirtschaftskammer wurde auf die Bestimmung des § 31 Abs. 2 Wirtschaftskammergesetz verwiesen, wonach die Bundeskammer berufen sei, Gutachten in sämtlichen die Wirtschaft betreffenden Belangen zu erstatten. Daher sei die Wirtschaftskammer sehr wohl als Sachverständiger in Verwaltungsverfahren berufen. Dieser Umstand werde von den Höchstgerichten nicht angezweifelt. Der Qualität eines solchen Gutachtens könne nur auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten werden. Die Befragten seien diejenigen gewesen, welche Katzenstreu in Verkehr bringen (Händler). Der Vorgang der Befragung sehe so aus, dass alle in Betracht kommenden Verkehrskreise angeschrieben würden. Die in der Tabelle des Gutachtens enthaltenen niedrigen Zahlen entsprächen dem Rücklauf.

Zur Frage, ob nicht die "Zählung nach Köpfen" sondern Marktanteile maßgeblich sein könnten, sagte der Vertreter des Bundesamtes, dass dies eine Frage der Methode sei. Diese richte sich seit je her nach dem gepflogenen Usus. Dasselbe gelte auch für das Kriterium, dass man zwei Drittel als Maßstab für einen Handelsbrauch nehme. So könne es sich ergeben, dass selbst, wenn österreichweit 62 % der Befragten antworten würden, dass nach Litern gekennzeichnet werde, dennoch kein Handelsbrauch anzunehmen sei.

Zur Frage, wonach das Gutachten der Wirtschaftskammer aus dem Jahr 2007 nicht mehr aktuell sei, brachte der Vertreter des Bundesamtes vor, dass es ausgeschlossen sei, dass sozusagen contra legem mit Ablauf der zeit ein Handelsbrauch entstehe. Diesbezüglich werde auf den Schriftsatz verwiesen.

 

Speziell werde darauf verwiesen, das von einem Beschwerdeführer die Anfrage an die Europäische Kommission gerichtet worden sei, ob die Vorgehensweise Österreichs bei der Kontrolle von Katzenstreuprodukten nach Kilogramm bzw. Maße rechtskonform sei und nicht Handelsbräuche bestehen würden, die eine Literkennzeichnung erlauben würden. Die Kommission habe die Fragestellung an das BMWFJ gerichtet. Das Bundesministerium habe die selbe Sichtweise des Bundesamtes (siehe Beilage) der Kommission mitgeteilt. Die Kommission habe diese Sichtweise ebenfalls geteilt (siehe Beilage). Auf Seite 3 des Schreibens des Ministeriums werde ausdrücklich mitgeteilt, dass nach Auskunft der Wirtschaftskammer Österreich kein abweichender Handelsbrauch in Österreich bestehe. Die Kommission habe sich dieser Sichtweise angeschlossen.  

Das Zeichen "e" bringe zum Ausdruck, dass alle europäischen Normen erfüllt seien. Dieses Zeichen dürfe nur angebracht werden, wenn im Wege einer Kontrolle die Voraussetzungen geprüft würden. Bei einer Fehlkennzeichnung (z.B. Liter statt Kilogramm) sei eine Verletzung der gegenständlichen Bestimmung zwangsläufig mit einhergehend. Das Zeichen "e" setze keine amtliche Kontrolle sondern eine Selbstprüfung des Unternehmens voraus. Das "e" sei eine Selbsterklärung des Herstellers.

 

Der Vertreter des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen legte ein Konvolut von Schriftsätzen vor aus denen hervorgeht, dass die Gerichte die gepflogene Vorgangsweise der Wirtschaftskammer als Sachverständige akzeptieren. Weiters wurde in Kopie auch folgendes Schreiben des Wirtschaftsministeriums an das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen vom 16. April 2009 vorgelegt:

 

"Die europäische Kommission hat mitgeteilt, dass sie die mit seinerzeitiger GZ BMWFJ-96.115/11-I/11/2009 übermittelte Stellungnahme, die mir dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen abgeglichen wurde, unterstützt und dieses Schreiben auch an den/die Beschwerdeführer/in weiterleiten wird.

Dabei ist besonders zu erwähnen, dass sich die Europäische Kommission der Rechtshaltung und Vorgangsweise der österreichischen Behörden anschließt."

 

5. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2009 wurden dem Vertreter des Bw Kopien des Tonbandprotokolls der Verhandlung, der schriftlichen Stellungnahmen des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen sowie der in der Verhandlung vorgelegten Schriftstücke zum Zweck der Stellungnahme innerhalb Frist übermittelt.

Dazu wurde vom (Vertreter des) Bw keine Stellungnahme abgegeben.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

6.1. Gem. § 11 Abs. 2 Fertigpackungsverordnung müssen andere als die in den Anhängen 4 und 5 genannten Erzeugnisse, soweit nicht entgegengesetzte Handelsbräuche bestehen, bei flüssigem Inhalt die Angabe des Nennvolumens und bei anderem Inhalt die Angabe ihres Nenngewichtes auf der Fertigpackung tragen.

 

Gem. § 12 Abs. 1 Fertigpackungsverordnung ist der Hersteller oder der Importeur dafür verantwortlich, dass die Fertigpackungen den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen. Die in einer Fertigpackung enthaltene Füllmenge muss nach Gewicht oder Volumen gemessen oder kontrolliert werden. Die Messungen oder die Kontrollen sind nach den allgemein anerkannten Regeln der statistischen Qualitätskontrolle mit geeichten und für den vorgesehenen Verwendungszweck geeigneten Messgeräten vorzunehmen. Die Ergebnisse der Überprüfung sind entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der statistischen Qualitätskontrolle aufzuzeichnen und mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

 

Gem. § 63 Abs. 1 Maß- und Eichgesetz werden Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen, Entscheidungen oder Verfügungen, sofern sie nicht nach anderen Vorschriften mit einer strengeren Strafe bedroht sind oder ein gerichtlich zu ahnender Tatbestand vorliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis zu 10.900 Euro bestraft, auch wenn es beim Versuch geblieben ist.

 

6.2. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses (und auch bereits in der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. Mai 2009) werden zwei Zeitpunkte genannt: Der 18.2.2009 im Zusammenhang mit dem "Vorrätig-Halten" und der 16.2.2009 im Zusammenhang mit der Anlieferung des gegenständlichen Produkts. Es ist daher unklar, welcher der beiden Tage als Tattag gelten soll. Weiters ist unklar, welche Tathandlung konkret dem Bw vorgeworfen wird (das "Vorrätig-Halten" oder die "Anlieferung").  

 

Durch diese Unklarheiten in der Spruchformulierung wurde der Bw in seinen Rechtsverteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ewald Langeder

 

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