Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162991/51/Br/Th

Linz, 26.02.2010

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Ing. X, vertreten durch RA Mag. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 22. Februar 2008, Zl. VerkR96-5677-20076, nach Aufhebung des h. Berufungsbescheides vom 22.4.2008 durch den Verwaltungsgerichtshof mit dessen Erkenntnis vom 20.3.2009, Zl. 2008/02/0142-6, nach einer abermals am 28. April 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.       Die Berufung wird im Schuldspruch als unbegründet abgewiesen. Im Strafausspruch wird der Berufung jedoch mit der Maßgabe Folge gegeben, dass in Anwendung des § 20 VStG die Geldstrafe auf 581 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf eine Woche ermäßigt wird.

II.     Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 58,10 Euro.

      Für das Berufungsverfahren entfällt der Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:   § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 20/2009 - AVG iVm § 19, § 20, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 20/2009 – VStG.

Zu II.:§ 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, wegen der Übertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1b StVO, eine Geldstrafe von 1.500 Euro und im Nichteinbringungsfall 500 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und ihm sinngemäß zur Last gelegt, er habe das nachstehend angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden habe können, dass er sich beim Lenken eines PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Die Verweigerung sei am 08.09.2007 um 00.25 Uhr, in 4210 Unterweitersdorf, am Anhalteort, der Zufahrt zur Jausenstation Glanzegg erfolgt.

Tatort: Gemeinde Unterweitersdorf, Gemeindestraße Ortsgebiet, öffentlicher Zufahrtsweg zur Jausenstation Glanzegg 130 m oberhalb der Jausenstation; Verweigerung um 00.25 Uhr am Anhalteort;

Tatzeit des Lenkens: 08.09.2007, 00:20 Uhr;

Fahrzeug: Kennzeichen X, Personenkraftwagen MI, BMW 318 tds

Dadurch habe er § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 verletzt.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz ging in der Begründung ihres Schuldspruches offenkundig vom Verlassen des Ortes der Amtshandlung aus und sah darin den Tatbestand der Verweigerung der Atemluftuntersuchung als erfüllt (Hinweis auf VwGH 24.1.2006, Zl. 200410210264, 24.2.2006, Zl. 200610210037).

 

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung.

Im Ergebnis vermeint er sich niemals geweigert zu haben sich dem Alkotest zu unterziehen, habe jedoch im Zuge der Aufforderung unter Hinweis das Fahrzeug gar nicht gelenkt zu haben lediglich gemeint bei der Amtshandlung Zeugen beiziehen zu wollen. Die amtshandelnden Organe hätte auch nicht darauf hingewiesen, dass dies nicht möglich wäre. Vor allem habe er im Gegensatz zur Darstellung in der Meldung den Ort der Amtshandlung nicht verlassen. Zuletzt sei ihm jedoch die Durchführung der Atemluftuntersuchung mit dem Hinweis auf die bereits beendete Amtshandlung nicht mehr ermöglicht worden.

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine weitere öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG in Verbindung mit dem diesbezüglichen Antrag der Rechtsvertreterschaft vom 7.4.2009 in Wahrung der Verfahrensgarantien gemäß Art. 6 EMRK neuerlich durchzuführen. Dies nicht zuletzt in Wahrung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter auch im Verfahren zur Erlassung eines Ersatzbescheides (VfGH 3.6.2006, B345/05 - B2150/06 mit Hinweis auf VfSlg 14864/1997).

 

Mit Antrag vom 26.5.2009 hat der Berufungswerber unter Hinweis auf ein beim EGMR zur Frage der Zulässigkeit einer die rechtskräftige Verfahrenseinstellung durchbrechende Amtsbeschwerde einen Antrag auf Aussetzung dieses Verfahrens gestellt. Dem wurde mit der Maßgabe entsprochen die neuerliche Berufungsentscheidung in weitgehender Ausschöpfung der Entscheidungsfrist nach zu fällen.

Da jedoch die Entscheidung des EGMR bislang nicht erging muss nunmehr in Wahrung der Frist § 51 Abs.7 VStG die Entscheidung mit einer Bestätigung des Schuldspruches in Bindung an die Rechtsansicht des Höchstgereichtes gefällt werden.

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im Rahmen der nochmals im zweiten Rechtsgang vom Berufungswerber beantragten Berufungsverhandlung abermals die Polizeibeamten GI X und RI X sowie X zeugenschaftlich einvernommen.

Beweis erhoben wurde durch Zusammenfassung des Inhaltes der Aktenlage und des im Rahmen der Berufungsverhandlungen vom 1. und 22.4.2008 geschöpften Beweisergebnisses.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 23.4.2009 wurde abermals der Berufungswerber als Beschuldigter gehört.

Im gesamten Umfang wurden vom Verhandlungsleiter über Antrag der Verteidigung die Aussagen der im ersten Rechtsgang einvernommenen Zeugen des Lokals (X, das Ehepaar X und X) verlesen.

 

4. Darstellung der wesentlichen Anzeigefakten:

Die verfahrensgegenständliche Anzeige wurde sieben Tage nach dem Vorfall als sogenannter VStV-Anzeigetext verfasst und durch RI X tags darauf am 16.9.2007 an die Behörde erster Instanz weitergeleitet.

Als Eckdaten sind darin festgehalten, dass der Berufungswerber am 8.9.2007 um 00:20 Uhr den Pkw bei der Jausenstation Glanzegg in Betrieb genommen und eine kurze Wegstrecke gelenkt hätte. Diese Annahme wurde von den Polizeibeamten auf die Tatsache gestützt, weil sie um 00:21 Uhr den Pkw 130 m von der Jausenstation entfernt bei offener Fahrertür abgestellt angetroffen haben, wobei der Berufungswerber unmittelbar neben der Fahrertür gestanden sei und seine Begleiterin, Frau X, sich am Beifahrersitz angegurtet befunden hätte. Da beim Berufungswerber Alkoholisierungssymptome feststellbar gewesen wären, sei er um 00:24 Uhr zum Alkotest aufgefordert worden.

Diese Aufforderung habe er vorerst mit dem Hinweis erwidert nicht gelenkt zu haben und daher keinen Test machen zu müssen, sondern wieder zur Jausenstation zurück gehen zu wollen um Zeugen der Amtshandlung beizuziehen. Der Berufungswerber sei von RI X in Kenntnis gesetzt worden, dass ein Verlassen der Amtshandlung als Verweigerung gelte und den Tatbestand der Verweigerung erfülle.

Um 00:25 Uhr habe der Berufungswerber den Ort der Amtshandlung verlassen und damit den Alkotest verweigert.

Um 00:37 Uhr sei er dann mit mehreren Personen zum Ort der Amtshandlung zurück gekehrt.

Als Angaben der befragten Beifahrerin wurde in der Anzeige festgehalten, dass diese erklärt hätte, der Berufungswerber habe in der Jausenstation zwei Achtel Wein, zwei gespritzte Wein und ein Seidel Bier getrunken und vom Parkplatz der Jausenstation weggefahren sei.

Dieser Darstellung der Polizeibeamten konnte auch im zweiten Rechtsgang nicht gefolgt werden. Dies mit Blick auf die von anderen Zeugen glaubwürdig  untermauerte gegensätzliche Darstellung, wonach nicht der Berufungswerber, sondern Frau X zur Jausenstation zurückgegangen sei.

Es entspricht nicht gerade der Lebensnähe, dass eine Amtshandlung bis zur angeblichen Verweigerung nur eine Minute lang gedauert haben soll, obwohl die Polizeibeamten mehr als eine viertel Stunde am Ort der Amtshandlung verweilten.

 

4.1. Die Ausgangslage des als rechtswidrig festgestellten h. Bescheides vom 22.4.2008:

Auf Grund der aus der Überzeugung der Berufungsbehörde glaubwürdigen Aussagen von fünf Zeugen hat – im Gegensatz zur Darstellung der Polizeibeamten – der Berufungswerber den Ort der Amtshandlung nicht verlassen. Vielmehr war es Frau X welche zur Jausenstation zurück ging um das als grob empfundenen Einschreiten des RI X Zeugen zu holen. Auch das Auftreten des Zeugen X vor der Berufungsbehörde am 22.4.2008 hinterließ von diesem Zeugen keinen glaub- und vertrauenswürdigen Eindruck.

Die Darstellung der einschreitenden Polizeibeamten erschien der erkennenden Behörde jedenfalls weniger glaubwürdig als die Angaben der Zeugin X in Verbindung mit den am 22.4.2008 ebenfalls zeugenschaftlich befragten damaligen Gästen der Jausenstation.

Mit Blick darauf erschien der Vorwurf über die Beendigung der Amtshandlung bereits eine Minute nach der ausgesprochenen Aufforderung als unhaltbar und wahrheitswidrig.

Die Anzeigefakten müssen dürfen aus Überzeugung der Berufungsbehörde im Nachhinein wohl aus dem Gedächtnis zu Papier gebracht worden sein, wobei die Darstellung über das Verlassen der Amtshandlung als tatsachenwidrig erachtet wird. Dafür spricht nicht zuletzt, dass RI X keine Handaufzeichnungen vorzuweisen vermochte und demnach die Anzeige offenbar eine Woche später aus dem Gedächtnis rekonstruiert worden sein muss.

Aus diesem Grund sah sich die Berufungsbehörde veranlasst eine Sachverhaltsmitteilung wegen Verdachtes der falschen Beweisaussage – zumindest entweder von allen sechs Zeugen des Berufungswerbers oder der beiden Meldungsleger – an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln.

Gegen die Zeugen des Berufungswerbers wurden die Anzeige binnen kurzer Zeit und einige Monate später auch gegen die einschreitenden Polizeibeamten zurückgelegt.

Die Berufungsbehörde folgte deshalb auch nicht der Darstellung über die Lenkereigenschaft den Polizeibeamten, weil die Berufungsbehörde von der Lenkereigenschaft der Frau X und nicht des Berufungswerbers ausgeht.

Die Berufungsbehörde erachtet es daher als unglaubwürdig, dass RI X die Amtshandlung zur Atemluftuntersuchung sachgemäß abführte bzw. der Berufungswerber ein Verhalten setzte das ihm als Verweigerung bewusst werden hätte müssen.

 

4.2. Beweisbeurteilung nach der Berufungsverhandlung im 2. Rechtsgang:

Auch die Beweisaufnahme im zweiten Rechtsgang erbrachte kein anderes Bild. Wiederum blieben im Kern die diametralen Widersprüche betreffend die Darstellung wer den Ort der Amtshandlung verlassen hat. Ebenso ist nicht nachvollziehbar, dass sich der Meldungsleger vom Verlauf der Amtshandlung, insbesondere über die in die Anzeige dargestellten Zeiten der Aufforderung und Verweigerung vor Ort Aufzeichnungen gemacht hätte. Dies wird von der Zeugin X verneint und wurde vom zweiten Beamten (GI X) ausweichend mit dem Hinweis auf die Tätigkeit seines Kollegen X.

Die Aussagen der Polizeibeamten nach Sichtung der Anzeigedaten scheinen vorbereitet, nicht logisch nachvollziehbar und unglaubwürdig. Wohl ist auch die Aussage von Frau X im zweiten Rechtsgang mit deutlicheren Unschärfen behaftet als dies noch im ersten Rechtsgang der Fall gewesen ist, wobei von ihr jedoch die Kernfrage ihres Sitzplatzes im Auto und das Zurückgehen zur Jausenstation gegenüber der Darstellung der Polizeibeamten diametral beantwortet wurde. Ihrer Darstellung wird abermals gefolgt, weil diese durch weitere – im ersten Rechtsgang einvernommenen Zeugen – vollinhaltlich bestätigt wurde.

Unbestritten ist auch, dass der Berufungswerber letztlich noch mehrfach die Beatmung des Alkomaten forderte, diese ihm jedoch mit dem Hinweis (durch das Weggehen vom Ort der Amtshandlung) bereits verweigert gehabt zu haben letztlich nicht mehr gewährt wurde. Warum eröffneten die Polizisten ihm nicht tatsächlich noch den Atemlufttest und bedienten sich für die Verweigerung einer offenkundig (durch fünf Zeugen belegt) unrichtigen Untermauerung des Verweigerungsgrundes.

Als nicht ungewöhnlich mag die im zweiten Rechtsgang die Zeugenaussage von Frau X mit Unschärfen behaftete Aussage gewertet werden. Sie wirkte wohl weniger überzeugend als noch vor einem Jahr. Abermals erblickten selbst die Polizeibeamten den Kern der Verweigerung im behaupteten Verlassen des Ortes der Amtshandlung durch den Berufungswerber durch dessen angebliches Zurückgehen in die Jausenstation um von dort Zeugen zu holen.

Das bereits nach einer Minute die Amtshandlung betreffend die Atemluftuntersuchung (zwischen 0:24 Uhr und 0:25 Uhr) beendet worden sein sollte, während die Beamten sich noch bis 0:37 Uhr vor Ort befunden haben, steht nicht nur im Gegensatz zur üblichen Dauer derartiger Amtshandlungen. Es lässt auch völlig offen was in dieser Zeitspanne nun noch konkret den Gegenstand der Amtshandlung gebildet haben sollte. 

Da auch keine schriftliche Aufzeichnungen verfügbar waren und solche wahrscheinlich auch nicht erstellt wurden, vermag aus h. Sicht eine auf der Willensebene zurechenbare konkrete Verweigerungshandlung nicht festgestellt werden .

Nach Überzeugung der Tatsacheninstanz ist hier den Polizeibeamten die Amtshandlung offenbar entglitten, wobei es vielmehr wahrscheinlich erscheint, dass diese erst im Nachhinein und vor dem Hintergrund einer dünnen Beweislage (keine direkte Lenkerwahrnehmung und ein nicht kooperativer Proband) rekonstruktiv als Verweigerung gewertet bzw. darzustellen versucht wurde.

Den Berufungswerber hier trotzdem als schuldig zu erkennen führt letztlich zum Ergebnis, dass aus der Sicht des Höchstgerichtes bereits ein als sozialtypisch zu bezeichnender Dialog gegenüber Straßenaufsichtsorganen rechtlich ex post beurteilt als Verweigerungstatbestand gewertet werden muss. Dies losgelöst von Willenshorizont des Erklärenden und offenbar sogar von der Überzeugung der mit Organen der Straßenaufsicht selbst. Diese hätten sich wohl sonst nicht der – aus h. Überzeugung wahrheitswidrigen – Behauptung über das Verlassen des Ortes der Amtshandlung bedient um offenbar daran den Verweigerungstatbestand festzumachen.

Der tatsächliche Sachverhalt mag hier wohl gerade noch als eine ausreichende Grundlage für einen Lenkverdacht ergeben haben, die Berufungsbehörde würdigt jedoch im Lichte der ergänzenden Beweisaufnahme auch im zweiten Rechtsgang das Verhalten des Berufungswerbers im Zuge der Amtshandlung zumindest als kein subjektiv tatseitig zurechenbares Verweigerungsverhalten. Da der Ort der Amtshandlung vom Berufungswerber offenkundig nicht verlassen wurde, konnte aus der Sicht der Berufungsbehörde nicht schon eine Minuten nach der ausgesprochenen Aufforderung – nämlich um 00:25 Uhr – ein Verweigerungsverhalten gesetzt gewesen sein.

Das zur vollen Tatsachenkognition berufene Tribunal könnte daher durch die aus der EMRK sich ableitenden Grundsätze über ein faires Verfahren durch ein unabhängiges und unparteiisches Gericht keine ausreichende Grundlage sehen gegen den Berufungswerber einen Schuldspruch zu fällen.

Nun sieht aber der Verwaltungsgerichtshof bereits in einer „Zwischenbemerkung“ und aus der Sicht der einschreitenden Beamten offenbar keineswegs noch als konkludentes Verweigerungsverhalten im bloßen Bemerken des Aufgeforderten „Zeugen zur Atemluftuntersuchung beigezogen wissen zu wollen“ rechtlich den Verweigerungstatbestand erfüllt.

Diese Rechtsansicht ist für die Berufungsbehörde bindend, wenngleich sie in keiner Weise zu überzeugen vermag.

Die Rechtswidrigkeit des h. Bescheides wird laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof im Kern darin erblickt, dass die belangte Behörde (der Unabhängige Verwaltungssenat) die Rechtslage dadurch verkannt hätte, weil er es nicht zur Kenntnis genommen habe, dass schon mit der vom Berufungswerber (vom VwGH der h. Feststellung zugedachten verknüpften Bedingung des Bf) gestellten Bedingung „Zeugen dem Atemlufttest beiziehen zu wollen“, den Verweigerungstatbestand erfüllt gehabt habe.

Aber schon damit offenbaren sich gravierende Überschneidungen in der divergenten Bewertung des Beweisergebnisses seitens des Höchstgerichtes einerseits und des Unabhängigen Verwaltungssenates als Tatsacheninstanz andererseits.

Dies führt nicht zuletzt zu einem unlösbaren Spannungsverhältnis zum Art. 6 EMRK.

Wenn nämlich im aufhebenden Erkenntnis sinngemäß vermeint zu werden scheint, "folge man vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den eigenen Angaben des Mitbeteiligten (des Berufungswerbers), habe dieser die Atemluftuntersuchung verweigert, weil er diese, obwohl diese möglich gewesen wäre, nicht sofort durchgeführt habe, sondern von einer Bedingung, nämlich von der Zuziehung von Zeugen, abhängig gemacht hätte. Dieser Annahme steht logisch besehen bereits die Zeitdauer bis zur Verweigerung von bloß einer Minute.

Laut Meldung (AS 16) sei er „um 00.24 Uhr am Anhalteort von RevInsp. X zur Atemluftuntersuchung mittels Alkomat aufgefordert. Er sagte darauf, dass er nicht gefahren sei und keinen Alkotest machen werde. Er sagte weiters, dass er sofort zur Jausenstation Glanzegg zurückgehen werde. X wurde von RevInsp. X in Kenntnis gesetzt, dass das Verlassen des Anhalteortes vor Beendigung der Amtshandlung den Tatbestand der Verweigerung erfüllt und die Amtshandlung damit beendet ist. X verließ am 8.9.2007 um 00.25 Uhr den Anhaltort“……

Diese Darstellung erwies sich zuletzt auch im Rahmen der Beweisbeurteilung im zweiten Rechtsgang als nicht stichhaltig, weil diese durch glaubwürdigere Zeugen klar widerlegt gilt.

Das Höchstgericht verweist auf die Rechtsprechung zu § 5 Abs.2 StVO, wonach diese Bestimmung dem Betroffenen nicht das Recht einräume, die Bedingungen festzusetzen, unter denen ein Proband bereit wäre, sich untersuchen zu lassen. Er hat vielmehr die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen. Wenn derartigen Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, bedeutet dies eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich untersuchen zu lassen (Hinweis auf VwGH 10.9. 2004, ZI. 2001/02/0241, mwN).

Der objektive Tatbestand des § 5 Abs. 2 StVO sei bereits mit der Weigerung, sich dem Test zu unterziehen, vollendet. Darauf, dass der Beschwerdeführer den Beamten, die den Ort der Amtshandlung zu verlassen im Begriff waren, (dann doch) erklärte habe, er sei (nunmehr) zur Ablegung des Alkotests bereit, komme es nicht an (Hinweis auf VwGH vom 21. September 2006, ZI. 2006/02/0163, mwN).

Machte der Beschwerdeführer seine Einwilligung zum Alkotest davon abhängig, dass ihm der Führerschein wieder ausgehändigt werde, wurde der Alkotest vom Beschwerdeführer verweigert, weil ihm kein Recht zustehe, die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt von der Wiederausfolgung des Führerscheines abhängig zu machen. Die später bekundete Bereitschaft des Beschwerdeführers zur Durchführung des Alkotestes änderte nichts mehr an der Strafbarkeit der Verweigerung (vgl. das Erkenntnis vom 20.11.1991, ZI. 90/03/0251).

Die belangte Behörde vertrat im Beschwerdefall im Hinblick auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens die Ansicht, es könne nicht als erwiesen gelten, wann und durch welches konkrete Verhalten sich der Mitbeteiligte der Atemluftuntersuchung entzogen habe.

Selbst wenn die belangte Behörde damit zum Ausdruck bringen habe wollen, sie gehe nicht von den Aussagen der einschreitenden Polizeibeamten aus, hätte  sich vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung ein anderes Bild gezeigt, wenn man allein das oben wiedergegebene Vorbringen des Mitbeteiligten in der Berufung und dessen Angaben vor der belangten Behörde betrachtet:

Der Mitbeteiligte habe in der mündlichen Verhandlung vom 1.4. 2008 angegeben, dass es richtig sei, dass er zum Alkotest aufgefordert worden sei. Er habe die Atemluftuntersuchung grundsätzlich nicht verweigert, jedoch diese unter der Maßgabe zugesagt, dass er Zeugen dabei haben wolle und er erst dann den Alkotest machen würde.

 

4.2.1. Wenn demnach im aufhebenden Erkenntnis etwa vermeint wird, der angehaltene Lenker müsse sofort der Aufforderung des Wacheorgans, den Alkotest vorzunehmen, entsprechen, so ist dies wohl im lebenspraktischen Kontext zu sehen und darf nach rechtsstaatlichen und einem die Grund- u. Menschenrechte wahrenden Verständnis nach h. Überzeugung nicht so verstanden werden, dass gleichsam ohne jegliche sozialadäquate Dimension und innerhalb von Sekunden eine Unterwerfung des Bürgers unter die Order des Staatsorgans  zu erfolgen hätte. Eine solche Betrachtung würde die Gefahr in sich bergen gleichsam jedes Verfahren zur reinen Formalhülse zu degradieren und letztlich immer schon den Sachausgang antizipativ zu Grunde legen.  Eine derartige Amtshandlung bliebe im Ergebnis mit der für den Betroffenen gravierenden Rechtsfolge dem Gutdünken des einschreitenden Polizeibeamten überantwortet.

Selbst die Darstellung des Höchstgerichtes, wonach "jedes Verhalten, das die sofortige Vornahme des Alkotestes verhindert, sofern das Wacheorgan nicht hiezu seine Zustimmung erklärt hat,  als Verweigerung der Atemluftprobe zu werten sei, auch wenn der Lenker vor diesem Verhalten wörtlich seine Zustimmung zur Vornahme des Alkotestes erklärt" (Hinweis auf VwGH vom 30. Oktober 2003, ZI. 2000/02/0139), kann nicht den Einzelfall außer acht lassen und nicht gleichsam den Organen der Straßenaufsicht faktisch ein unbegrenzte Gestaltungsmacht über die Qualifikation eines Sachverhaltes verleihen.

Im Ergebnis setzte sich das Höchstgericht zumindest nach h. Überzeugung nicht nachvollziehbar und insbesondere nicht unmittelbar mit der Beweiswürdigung der belangten Behörde auseinander und gelangte so zur bindenden Rechtsauffassung, dass offenbar ohne subjektiv tatseitige Verweigerungsabsicht dennoch der Tatbestand des  § 5 Abs.2 StVO 1960 erfüllt gilt.

 

6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand 

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder …..

 

Einem zur Atemluftuntersuchung Aufgeforderten kommt grundsätzlich nicht das Recht zu sich Zeugen zu holen und bis zum Eintreffen dieser Zeugen einer Aufforderung nicht nachkommen zu müssen.

Grundsätzlich besteht die Verpflichtung zur Durchführung der Atemluftuntersuchung so lange bis ein verwertbares Messergebnis zu Stande gekommen ist (VwGH 24.2.1993, 91/03/0343, sowie VwGH 11.10.2002, 2001/02/0220).

In Bindung an die Rechtsansicht des Höchstgerichtes,  ist hier der Verweigerungstatbestand alleine schon im bloß ausgesprochenen Begehren, der Amtshandlung Zeugen beiziehen zu wollen,  als erfüllt zu sehen.

Anderseits kann es wiederum als ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelten, dass es bei der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung sehr wohl auf das "situationsbezogene Verhalten" ankommt [gemeint einen Rückschluss auf eine Verweigerung zulassendes Verhalten] (VwGH 23.7.2004, 2004/02/0215 mit Hinweis auf VwGH 30.1.2004, 2003/02/0223).

Der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur freien Beweiswürdigung nach § 45 Abs.2 AVG und einem fairen Verfahren folgend, ist an einen Beweis ein strengerer Maßstab als bloß eine aus der Lebensnähe gezogene Schlussfolgerung zu stellen (vgl. VfSlg 12649; sowie Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, S 98, Fn 372). Dies muss im übrigen in einem Strafverfahren in einem ganz besonderen Ausmaß gelten.

Der Berufungswerber bestritt von Anfang an sowohl die Lenkereigenschaft als auch das Verlassen des Ortes der Amtshandlung was von fünf Zeugen bestätigt wurde, sodass im Rahmen der Beweiswürdigung auch im Verfahren zur Erlassung des Ersatzbescheides eigentlich kein Raum bliebe den Berufungswerber einer subjektiv tatseitig Verweigerung der Atemluftuntersuchung überführt zu sehen.

Die Bindung an die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eben der bloße – tatsächlich getätigte – ΄Ruf nach Zeugen΄ bereits für sich die Verweigerung begründet zwingt letztlich zum Schuldspruch.

 

Nach h. Überzeugung bleibt  in der Nichtbeachtbarkeit weiter Teile des hier durch dynamisches menschliches Verhalten geprägten Sachverhaltes in diesem Fall ein nicht überbrückbarer Widerspruch bestehen. Die Bindung an die durch das den h. Erstbescheid behebenden Urteils des Höchstgerichtes zum Ausdruck gelangenden Rechtsauffassung, steht in unlösbarem Konflikt zu Art.6 EMRK, weil, wie oben bereits mehrfach dargelegt, die Tatsacheninstanz in ihrer freien Beweiswürdigung und Sachverhaltsbeurteilung auch die subjektive Tatseite betreffend im Ergebnis overruled wurde (Hinweis auf das sogenannte Matisek-Urteil des OGH 11.6.1992, 13Os25/92-9 (13Os26/92-9) .

Darin wurde die Beweisbeurteilung wie folgt beschreiben: „…..in Wahrheit handle es sich um den im Rahmen einer kritisch-psychologischen Prüfung der Überzeugungskraft einer bestimmten Beweisaussage völlig legitimen, der freien, an keine Beweisregeln gebundenen richterlichen Beweiswürdigung zuzurechnenden Vorgang, einem Zeugen trotz Annahme einer mit den objektiven Gegebenheiten nicht übereinstimmenden Wiedergabe von Nebenumständen - in den entscheidenden Teilen seiner Tatsachenbekundungen dennoch zu folgen.“  Nicht anders geschehen im ersten Rechtsgang, wo auf Grund mehrerer Zeugenaussagen hervorleuchtete, dass der Berufungswerber mit seinem ihm laut Höchstgericht letztlich als Verweigerung auszulegenden Verhaltens eine solche jedenfalls nicht beabsichtigte. Er artikulierte sich eine Minute lang, nach h. Ansicht in rechtsstaatlich legitimer Weise, lediglich dahingehend nicht gelenkt zu haben und daher der Meinung zu sein einen Test nicht machen zu müssen bzw. Zeugen dabei haben zu wollen.

 

7. Zur Strafzumessung:

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

7.1. § 20 VStG räumt der Behörde ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" kein Ermessen ein. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, dann hat er einen Rechtsanspruch auf die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes. Die Behörde hat in diesem Falle der Strafbemessung einen Strafrahmen zu Grunde zu legen, dessen Untergrenze die Hälfte der (gesetzlichen) Mindeststrafe beträgt und ausgehend davon die Strafe innerhalb des solcherart (nach unten) geänderten Strafrahmens festzusetzen.

In der Beurteilung des 'beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100). Derart gewichtige Milderungsgründe werden hier in der beim Berufungswerber zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesenen Verweigerung der Atemluftuntersuchung erblickt. Aus diesem Grund ist mit Blick auf das nicht zuletzt am „Maßstab der Gerechtigkeit“ zu messenden Sachlichkeitsgebotes jedes hoheitlichen Handelns geboten.

Die Strafzumessung innerhalb dieses sich aus der Anwendung des § 20 VStG ergebenden Strafrahmens ist - wie in den Fällen, in denen das außerordentliche Milderungsrecht nicht zur Anwendung gelangt - in das Ermessen der Behörde gestellt, das sie nach den Kriterien des § 19 VStG auszuüben hat (vgl. etwa die VwGH 31.1.1990, 89/03/0027, vom 21.5.1992, 92/09/0015 und vom 2.9.1992, 92/02/0150, sowie VwGH [verstSen] 25.3. 1980, Slg. Nr. 10077/A).

Hier kommt als strafmildernder Aspekt zusätzlich die zwischenzeitig durch zwei Rechtsgänge bedingten überdurchschnittlich langen Verfahrensdauer zum Tragen Der Vorfall liegt nun bereits 2 ½ Jahren zurück. Auch dies indiziert zusätzlich einen geringeren Verschuldensgrad iSd § 34 Abs.2 StGB (Hinweis auf die EB zur RV zum Strafrechtsänderungsgesetz 1996, 33 Blg. Nr. 20. GP; zum Zeitfaktor ausführlich in ZVR Okt. 2002, S 339, mit Hinweis auf VfGH 5.12.2001, B 4/01 und dort des EGMR 13.7.1983, Zimmermann u. Steiner, EuGRZ 1983, 482; 29.5.1986, Deumeland, EuGRZ 1988, 20; 29.3.1989, Bock, A/150; 24.10.1989, H  gg. Frankreich, EuGRZ 1987, 301).

Mehr als 2 ½  Jahre zwischen der Tatbegehung sind auch nach jüngster Judikatur ein Strafmilderungsgrund (VwGH 23.4.2009, 2009/09/0059).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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