Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222360/2/Bm/Rd/Sta

Linz, 03.03.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn x., x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 11. Jänner 2009 (richtig: 2010), Ge96-30/3-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 11. Jänner 2009 (richtig: 2010), Ge96-30/3-2009, wurde über den Berufungswerber ua eine Geldstrafe von 2.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.1 und 2 iZm § 370 Abs.1 GewO 1994 verhängt.

 

Nachstehender Schuldspruch wurde dem Berufungswerber ua im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt:

"Sie sind als gewerberechtlicher Geschäftsführer des Bäckereiproduktions­betriebes 'x – Feines Brot und Gebäck', der von Ihrer Gattin, Frau x, am Standort x betrieben wird, dafür verantwortlich zu machen, dass Sie seit 24. März 2009 (=Tag Ihrer Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer) bis zum heutigen Tag am genannten Standort eine gem. § 74 Abs.2 GewO 1994 genehmigungspflichtige, jedoch nicht genehmigte Betriebsanlage (Bäckereiproduktionsbetrieb) ohne Vorliegen einer Betriebsanlagengenehmigung betreiben.

 

Die Genehmigungspflicht der genannten Betriebsanlage ergibt sich aus § 74 Abs.1 iVm Abs.2 GewO 1994, da sowohl durch die Errichtung als auch durch den Betrieb eines Bäckerei-Produktionsbetriebes nachteilige Einwirkungen iSv § 74 Abs.2 GewO nicht ausgeschlossen werden können.

 

Am 28. Jänner 2009 wurde am genannten Standort der insolvente Vorgängerbetrieb, die Bäckerei x, von der Gewerbebehörde wegen konsensloser Errichtung und konsenslosen Betreibens geschlossen.

 

Noch am Tag der Betriebsschließung der früheren Bäckerei x (Vorgängerbetrieb) stellte Ihre Gattin, Frau x, einen Antrag auf Betriebsanlagengenehmigung für den Nachfolgebetrieb. Am 24. März 2009 wurde um Erteilung der Gewerbeberechtigung angesucht und wurden Sie als gewerberechtlicher Geschäftsführer nominiert bzw. von der Behörde mit Wirkung vom 24. März 2009 gem. § 340 GewO 1994 auch als solcher in das Gewerberegister eingetragen (Gewerberegister Nr. 415/7946).

 

Gemäß § 39 Abs.1 GewO 1994 ist der gewerberechtliche Geschäftsführer der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich. Zu den gewerberechtlichen Vorschrift gehört ua. auch die Bestimmung des § 74 Abs.2 GewO 1994, wonach gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden dürfen, wenn sie wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, Gefährdungen des Lebens oder der Gesundheit oder Belästigungen nach den in § 74 Abs.2 leg.cit. näher ausgeführten Gründen hervorzurufen.

 

Eine Betriebsanlagengenehmigung für den Bäckereibetrieb in der x, liegt derzeit noch nicht vor. Trotzdem wurde der Betrieb seit der Schließung bis zum heutigen Tag aufrecht erhalten.

 

Der Betrieb wurde an folgenden Tagen nachweislich betrieben:

 

*       11. Februar 2009 um 3.45 Uhr (nachgewiesen durch eine Überprüfung        durch die Polizeiinspektion Garsten). Dabei wurden sieben beschäftigte    Personen angetroffen und die Produktion war in vollem Betrieb.

*       13. Februar 2009 um 4.00 Uhr (nachgewiesen durch eine Überprüfung        durch die Polizeiinspektion Garsten). Dabei wurden sieben beschäftigte    Personen angetroffen und die Produktion war in vollem Betrieb.

*       10. Juli 2009 um 6.15 Uhr (nachgewiesen durch eine Überprüfung durch      die Polizeiinspektion Garsten). Dabei wurden sechs beschäftigte Personen         angetroffen und die Produktion war in vollem Betrieb.

 

Da Sie erst mit Wirkung vom 24. März 2009 gewerberechtlicher Geschäftsführer von Frau x sind, haben Sie jedenfalls ab diesem Zeitpunkt die konsenslose Betriebsführung zu verantworten.

 

Wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74 GewO 1994) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt, begeht eine Verwaltungs­übertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist (§ 366 Abs.1 Z2 GewO 1994).

 

Gemäß § 370 Abs.1 GewO 1994 idgF sind Geld- oder Verfallsstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde."       

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe, beantragt.

Begründend wurde Folgendes vorgebracht:

"Ich habe die mir zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen.

Seit Jänner 2008 ist die bescheiderlassende Behörde nicht in der Lage, trotz Vorliegen sämtlicher entscheidungsrelevanter Unterlagen, eine entsprechende Betriebsanlagengenehmigung zu erteilen. Von meinen Rechtsvorgängern wurde ich auf das laufende Verfahren der Genehmigung hingewiesen und mir klargestellt, dass es auf Grund des mehrmaligen Wechsels in der Person des Referenten nur eine behördeninterne Verzögerung gebe. In Vertrauen auf unser Rechtssystem bin ich von der Rechtmäßigkeit meines Handelns überzeugt gewesen und bin es immer noch. Es ist mir in Zeiten der Unsicherheit der Arbeitsplätze und wirtschaftlicher Unsicherheiten völlig unklar, weshalb die Behörde in solchen Zeiten nicht in der Lage ist, in entsprechender Zeit einen, bei Vorliegen sämtlicher entscheidungsrelevanter Unterlagen, positiven Bescheid zu erlassen.

 

Zum Thema Außenstiege habe ich lediglich auszuführen, dass diese gesetzeskonform für die hiefür vorgesehene Nutzung errichtet ist. Die Behörde müsste sich lediglich davon überzeugen. Der Unterschied von Fluchtweg und normaler Treppe ist offensichtlich.

Bei entsprechend 'normalem' Verfahrensgang müsste ein Verfahren zur Erteilung einer Betriebsstättengenehmigung meines Erachtens in zwei Jahren eigentlich abgeschlossen sein.

 

Die Höhe der Geldstrafe entspricht nicht meinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen, sondern offenbar der Dauer des gegenständlichen Verfahrens."   

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt zu Ge96-30/3-2009.

Weil der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungs­pflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Gemäß  § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außer­ordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

5.2. Diesen  Anforderungen  wird aus nachstehendem  Grund  nicht entsprochen:

 

Ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 muss, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die in § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet sind und daher genehmigungspflichtig ist (vgl. VwGH vom 22.12.1992, 91/04/0199).

 

Eine solche konkretisierte Umschreibung der Interessen, die durch die vorliegende Betriebsanlage beeinträchtigt werden können, ist dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu entnehmen.

 

Der Tatvorwurf geht zwar dahin, dass durch die Errichtung und den Betrieb eines Bäckerei-Produktionsbetriebes nachteilige Einwirkungen iSd § 74 Abs.2 GewO nicht ausgeschlossen werden können, allerdings handelt es sich dabei um die Gesetzeszitierung und wird nicht konkret ausgeführt, welche der im § 74 Abs.2 genannten Schutzinteressen durch welche Vorgänge in der Betriebsanlage berührt werden.

 

Entsprechende Ergänzungen konnten aufgrund bereits abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist auch nicht vom Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5.3. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

5.4. Hinsichtlich der Verwaltungsübertretung betreffend Arbeitnehmerschutz­vorschriften hat aufgrund der Geschäftsverteilung des Oö. Verwaltungssenates eine gesonderte Entscheidung zu ergehen.

 

6. Abschließend darf bei der belangten Behörde noch angeregt werden, dass hinsichtlich der Spruchformulierungen bei mehreren Tatvorwürfen in Strafbescheiden eine punktuelle Aufzählung zweckmäßiger und übersichtlicher wäre und sohin für eine bessere Lesbarkeit sorgen würde.    

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

 

 

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