Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522496/2/Fra/Ka

Linz, 01.03.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x, vom 9.2.2010 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 21.1.2010, GZ: 09/362915, betreffend Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klassen A und B, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 -  AVG iVm § 3 Abs.1 Z3 und § 8 Führerscheingesetz – FSG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat mit Bescheid vom 21.2.2010, GZ: 09/362915, den Antrag des Herrn x (Berufungswerber: Bw) vom 6.10.2009 auf Erteilung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B – mangels gesundheitlicher Eignung – abgewiesen.

 

2. Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 28.1.2010 – hat der Bw die mit 9.2.2010 datierte Berufung bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. am 10.2.2010 eingebracht. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. nicht Gebrauch gemacht und die Berufung samt bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben (§ 35 Abs.1 FSG). Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich war. Im Übrigen wurde eine solche auch von keiner Verfahrenspartei beantragt (§ 67d Abs.1ff AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Bw beantragte am 6.10.2009 die Erteilung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B. Am 2.12.2009 wurde er verkehrspsychologisch untersucht. Das Ergebnis dieser Untersuchung, durchgeführt vom Institut für Nachschulung und Fahrer- Rehabilitation, x lautet lt. verkehrspsychologischer Stellungnahme vom 21.12.2009 zusammengefasst, dass der Bw aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen derzeit nicht geeignet ist. Die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit ist gegeben. Im persönlichkeitsbezogenen Screeningfragebogen KFP 30 sind jedoch ungünstige Einstellungen und psychische Verarbeitungsmechanismen festzustellen, die auf eine statistisch höhere Gefahr von Fehlanpassungstendenzen im Straßenverkehr hindeuten. Im empirisch – statistisch genormten multidimensionalen Persönlichkeitsfragebogen EPP 6 zeigt sich autodeskriptiv eine unzufriedene, hilfsbereite, gesundheitlich unbekümmerte und ungeniert offene Persönlichkeit und der Proband schildert sich als introvertiert und gehemmt. Der Persönlichkeitsbefund deute auf eine Aggeressionsinhibitierung hin, bei einem Gefühlsstau oder bei andauernden Konflikten kann es zu einem unbeherrschten Verhalten kommen. Im empirisch–statistisch genormten Selbstbeurteilungsfragebogen zu den empfundenen psychischen und sozialen Funktionen des Trinkens (FFT) wird psychometrisch im Bereich soziodynamische Funktion des Trinkens eine überdurchschnittlich erlebte Effektstärke des Alkohols ausgewiesen, die Bereiche Stimmungsregulation und normausnutzendes Hintergrundtrinken werden negiert. Der FFT-Befund spricht für eine Alkoholgefährdung, wobei ein etwas stärkerer Alkoholkonsum neben einer subjektiv positiv erlebten Wirkung eine Verringerung von Selbstkontrolle und Kritikfähigkeit zur Folge hat. Laut Alkoholfragebogen KFA ist autodeskriptiv eine klinisch relevante Alkoholgefährdung nicht abzuleiten, laut Alkoholfragebogen AUDIT kann die Alkoholtrinkgewohnheit des Untersuchten bezogen auf das letzte Jahr aber nicht als sicher unbedenklich eingestuft werden. Die Explorationsdaten sprechen für eine erhöhte Alkoholtoleranz des Untersuchten, Defizite im Bereich Selbstkontrolle und Impulssteuerung und zeigen einen schweren Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Der Untersuchte hat sich mit seinen markanten Auffälligkeiten im Sozialverhalten außerhalb des Straßenverkehrs (Leumund) auseinander gesetzt und zeigt diesbezüglich eine Vorsatzbildung, auf eine stabile Verhaltensänderung kann er derzeit nicht verweisen. Bezüglich seines problematischen Umgangs mit dem Alkohol kann der Untersuchte kein differenziertes Problembewusstsein aufzeigen, diesbezüglich fehlt auch ein Änderungsprozess für eine Umorientierung und stabile Verhaltensänderung. Darüber hinaus wurden im Persönlichkeitsbereich psychometrisch ungünstige Einstellungen und psychische Verarbeitungsmechanismen festgestellt. Es besteht ein erhöhtes Risiko in einen Rückfall in unangepasste Verhaltensmuster im Straßenverkehr. Die psychologische Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist daher derzeit laut erhobenen Befunde und Daten nicht ausreichend gegeben. Dem Untersuchten wird der regelmäßige Besuch einer Alkoholberatung und einer Psychotherapie für eine tiefergehende Veränderung angeraten, ohne Nachweis solcher Interventionen erscheint eine neuerliche Untersuchung des Persönlichkeits- und Einstellungsbereiches vor einem Jahr nicht sinnvoll.

 

In der verkehrspsychologischen Stellungnahme ist unter der Rubrik "Leumund" Folgendes ausgeführt: "Vom 30. März bis 15. September 2009 sei er (der Bw) wegen einer Körperverletzung in Haft gewesen, 2/3 habe er davon abgesessen. 2002/03 oder 2004 habe er erstmals eine Vorstrafe wegen Körperverletzung und Bedrohung eine Geldstrafe zahlen müssen und eine bedingte Strafe etwa vier Monate auferlegt bekommen. Vor etwa zwei Jahren habe er wieder eine Strafe wegen Körperverletzung bekommen. Insgesamt habe er vier Strafen wegen Körperverletzung gehabt. Der letzte "Vorfall" sei Anfang 2009 gewesen, wo er dann die Haft verbüßen habe müssen. Er habe immer Freunde geholfen."

 

Unter der Rubrik "Verkehrsvorgeschichte" ist Folgendes ausgeführt: "x habe bisher noch keinen Führerschein erworben, er habe Mopeds gelenkt. Er sei im Rahmen bei der Fahrschulausbildung mit einem Übungstaferl bisher ca. 3.000 km gefahren. Nach Verkehrsunfällen befragt, gibt x an, dass er mit dem Moped zu Sturz gekommen sei, aber es sei nichts Tragisches gewesen. Zwischen Februar und April 2007 sei er einmal beim Fahren ohne Lenkberechtigung erwischt worden, da sei ein Alkoholgehalt von ca. 1 Promille im Straßenverkehr festgestellt worden. Man habe ihm eine Sperre für 1 Jahr auferlegt."

 

Unter der Rubrik "Angaben zum Untersuchungsanlass" ist ausgeführt: "x gibt diesbezüglich an, dass er eine Sperre für den Erwerb eines Führerscheines auferlegt bekommen habe, weil er im Februar oder April 2007 alkoholisiert ohne Lenkberechtigung ein Auto gelenkt habe. Er habe bei der Behörde gefragt, ob er den Führerschein erwerben könne, woraufhin ihm gesagt worden sei, dass er wegen vier Vorstrafen zu einer amtsärztlichen mit einer verkehrspsychologischen Untersuchung gehen müsse. Er habe um einen Führerschein der Klassen A und B angesucht, die Führerscheinklasse B sei ihm aber wichtiger".

 

Unter der Rubrik "Angaben zu den Konsumgewohnheiten" ist Folgendes angeführt: "x  gibt an, vor ca. zwei Wochen zuletzt Alkohol zu sich genommen zu haben, beim Fortgehen für ein paar Stunden habe er "ein paar" – 2 Gläser (0,5 l) – Bier und ein paar – ca. 4 Gläser – Cola-Rum getrunken, dann seien sie wieder nach Hause gefahren. Es sei ein lustiger Abend gewesen, er habe wieder viele Leute kennen gelernt. Er sei schon "ein wenig lustiger drauf" gewesen. Zuletzt berauscht gefühlt habe er sich vor der Haft, Anfang dieses Jahres, da habe er acht Gläser (0,5 l) und 5 – 6 Gläser Cola-Rum und einen Tequila getrunken, aber er sei nicht komplett besoffen gewesen, sodass er sich nicht mehr ausgekannt hätte. In guter Verfassung habe er maximal 15 Gläser (0,5 l) Bier und 20 Cola-Rum trinken können, von 21.30 Uhr bis 05.00 Uhr früh, aber dann sei es schon anstrengend. Erinnerungslücken habe er nie gehabt. Nach drei bis vier Gläsern (0,5 l) Bier habe erstmals die Wirkung des Alkohols verspürt. Im Alter von 15 Jahren habe er erstmals Alkohol getrunken. Mitte 2002 habe er im Alter von 14 oder 15 Jahren in einer Gruppe erstmals einen Joint geraucht, er habe dann zwei Tage Kopfweh gehabt und ihm sei übel gewesen, er habe dann keine illegalen Rauschmittel mehr probiert, sie würden sicher keinen Spaß machen, außerdem kenne er viele Leute, die nur fad umhersitzen, da bleibe er lieber bei seinem Bier, habe er zu anderen gesagt, die ihn überreden wollten. Er habe mit einem Freund ein Haus gehabt, im Keller hätten Freunde gekifft, obwohl eine Harnprobe unauffällig gewesen sei, habe er eine Anzeige bekommen, weil er den Drogenkonsum zugelassen habe. Er rauche ca. 15 Zigaretten an einem Tag."

 

Unter Berücksichtigung dieser verkehrspsychologischen Stellungnahme gelangte die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft x, x, im amtsärztlichen Gutachten vom 31.12.2009, GZ: San20-346-2009, zum Ergebnis, dass der Bw zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1, Klassen A und B, nicht geeignet ist. Begründet wurde die Nichteignung im Wesentlichen mit der anlässlich der verkehrspsychologischen Untersuchung festgestellten Nichteignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der oa Klassen.

 

Die belangte Behörde hat eine amtsärztliche Untersuchung sowie eine verkehrspsychologische Untersuchung aufgrund der auffälligen Vorgeschichte des Bw gefordert (Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19.12.2007, GZ: 24 Hv 146/07m wegen §§ 89 Abs.1 StGB; § 105 Abs.1 StGB; § 15 StGB; § 125 StGB; § 87 StGB; § 15 StGB; § 127 StGB; § 129 Z1 StGB; Urteil des Landesgerichtes Linz vom 26.3.2009, GZ: 33 Hv 7/09i, wegen § 269 Abs.1 erster Fall StGB; § 15 StGB; § 83 Abs.1 StGB; § 84 Abs.2 Z4 StGB; § 125 StGB;

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG bildet die gesundheitliche Eignung eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung.

 

Der Bw verfügt nach dem Ergebnis des Amtsarztgutachtens, welches sich auf die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 21.12.2009 stützt, wegen mangelnder psychologischer Bereitschaft zur Verkehrsanpassung derzeit nicht die gesetzlich gebotene gesundheitliche Eignung, Kraftfahrzeuge der Klassen A und B eigenverantwortlich zu lenken. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet, dass sowohl das amtsärztliche Gutachten als auch die diesem Gutachten zugrunde liegende verkehrspsychologische Stellungnahme schlüssig und nachvollziehbar sind und nicht den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen widersprechen. Laut verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung kann derartigen Gutachten nur durch solche, die auf gleicher fachlichen Ebene erstellt wurden, entgegengetreten werden. Der Bw hat weder gegen das amtsärztliche Gutachten noch gegen die verkehrspsychologische Stellungnahme einen inhaltlichen Einwand erhoben, sodass beide der Entscheidung zugrunde gelegt werden können.

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges erfordert ein Mindestmaß an gesundheitlicher Eignung, das der Bw nach den gutachtlichen amtsärztlichen  und verkehrspsychologischen Feststellungen derzeit nicht aufweist. Im Interesse der Verkehrssicherheit dürfen nur solche Personen Inhaber einer Lenkberechtigung sein, die gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen der jeweiligen Klasse ausreichend geeignet sind. Im Hinblick darauf musste der verfahrensgegenständlichen Berufung ein Erfolg versagt werden.

 

Berufliche, wirtschaftliche, persönliche oder auch familiäre Schwierigkeiten und Nachteile, welche mit der Nichterteilung der Lenkberechtigung verbunden sind, rechtfertigen nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung keine andere Beurteilung. Im Interesse der allgemeinen Sicherheit im Straßenverkehr, Verkehrssicherheit und damit des Schutzes der Allgemeinheit ist auf derartige Gründe nicht  Bedacht zu nehmen.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

 

 

 

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