Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110953/2/Wim/Rd/Bu

Linz, 26.02.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des X, vertreten durch X Rechtsanwälte GmbH, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 28. Dezember 2009, VerkGe96-18-2008, in welchem die Anträge bzw die Einwendungen vom 20. November 2009 betreffend die Vollstreckung von Geldstrafen in Angelegenheiten des Güterbeförderungsgesetzes wegen Unzu­ständigkeit zurückgewiesen (Punkte I., III., IV.) und als unbegründet abgewiesen (Punkt II.) wurden,  zu Recht erkannt:

 

 

Den Berufungen wird keine Folge gegeben.

 

Hinsichtlich der Spruchpunkte I., III. und IV. wird der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass anstelle der Worte "Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I." das Wort "Unzulässigkeit" zu treten hat.

Hinsichtlich Spruchpunkt II. werden die Einwendungen gegen das Bestehen, die Höhe und die Vollstreckbarkeit ebenfalls wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen. Die Feststellung über die Vollstreck­barkeit entfällt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm Art. 9 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.      Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 28. Dezember 2009, VerkGe96-18-2008, wurden über die vom Berufungswerber mit Antrag vom 20.11.2009 gestellten Einwendungen und Anträge, gemäß Art.9 Abs.5 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990 iVm § 3 Abs.2 VVG (zu I.),  Art.9 Abs.6 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990 iVm § 3 Abs.2 VVG (zu II.), Art.4 Abs.1 und 2 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990 iVm § 3 Abs.2 VVG (zu III.), Art.9 Abs.7 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990 iVm § 3 Abs.2 VVG (zu IV.), wie folgt abgesprochen:

 

"I.      Der Antrag gem. Art.9 Abs.5 des Vertrages hinsichtlich der Entscheidung      über die Einwendung gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung der           aufgrund des Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates des        Landes Oberösterreich vom 29.9.2009, VwSen-110891/13/Wim/Rd/Ps iVm     dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 16.9.2008, VerkGe96-18-2008 zu vollstreckenden Ansprüche wegen des bestehenden          Vollstreckungsverbotes des Warenverkehrs in der Gesamthöhe von   1.888,90 Euro wird wegen Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft       Ried i.I. zurückgewiesen.

 

II.      Der Antrag gem. Art.9 Abs.6 des Vertrages über die Einwendung gegen       das Bestehen, die Höhe und die Vollstreckbarkeit aufgrund des unter Punkt           I. angeführten Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates zu          vollstreckenden Anspruchs in der Höhe von 1.888,90 Euro, mangels       Vollstreckbarkeit des Titels zu entscheiden, wird als unbegründet          abgewiesen. Gleichzeitig wird festgestellt, dass das Erkenntnis keinem die    Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug unterliegt.

 

III.     Der Antrag gem. Art.4 Abs.1 und 2 des Vertrages, die Vollziehung der          Amts- und Rechtshilfe im Wege der Entscheidung vorerst auszusetzen wird         wegen Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I.        zurückgewiesen.

 

IV.     Der Antrag gem. Art.9 Abs.7 des Vertrages von der Vollstreckung des         aufgrund der unter Punkt I. angeführten Erkenntnisses des Unabhängigen      Verwaltungssenates zu vollstreckenden Geldbetrages in der Gesamthöhe von 1.888,90 Euro abzusehen und die bisherige Vollstreckungsmaßnahme         aufzuheben, wird wegen Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Ried   i.I. zurückgewiesen."        

 

 

2.      Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, indem der Bescheid seinem gesamten Inhalt nach angefochten und seine Abänderung dahingehend beantragt wird, dass den Anträgen des Einschreiters vom 20.11.2009 Folge gegeben wird.

 

Begründend wurde Nachstehendes vorgebracht:

"1.

Soweit in den Punkten I., III. und IV. des angefochtenen Bescheides Einwendungen und Anträge als unzulässig (gemeint wohl: unzuständig) zurückgewiesen wurden, ist darauf zu verweisen, dass über Sachanträge grundsätzlich inhaltlich abzusprechen ist.

 

2.

Soweit die erstinstanzliche Behörde unter Punkt II. die Einwendungen des Einschreiters gemäß Art.9 Abs.6 des Vertrages abweist, ist festzuhalten, dass der Einschreiter weiterhin die Ansicht vertritt, dass die Vollstreckung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses unzulässig ist. Dies aus folgenden Gründen:

 

2.1.

Zunächst ist auszuführen, dass nach Art.1 Abs.2 Nr.2 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen (BGBl. Nr. 526/1999 idgF; im Folgenden kurz Vertrag) Amts- und Rechtshilfe dann nicht zu leisten ist, sofern Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze getroffen sind.

 

Im gegenständlichen Fall wird dem Einschreiter eine Verwaltungsübertretung im Zuge des grenzüberschreitenden Verkehrs vorgeworfen. Da der zu vollstreckende Bescheid einen Verstoß gegen Bestimmungen zur Beschränkung des Warenverkehrs strafrechtlich sanktioniert, liegt auch in dieser strafrechtlichen Sanktionierung selbst ein Verbot und somit eine Beschränkung für den Warenverkehr vor.

 

Demzufolge handelt es sich nach Art.1 Abs.2 Nr.2 des Vertrages um eine Angelegenheit hinsichtlich von Verboten und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze, sodass eine Vollstreckung von deutschen Behörden nicht durchgeführt werden darf.

 

2.2.

Gemäß Art.10 Abs.3 des Vertrages gilt der Ausspruch eines Freiheitsentzuges wegen Nichtzustellung als nicht bewirkt, sodass die Zustellung des Straferkenntnisses selbst unwirksam ist. Dies deswegen, da eine Freiheitsstrafe bei Nichtbezahlung ausgesprochen wird. Wenn aber der Ausspruch als nicht zugestellt gilt, so ist wohl der Bescheid an sich nicht zugestellt und darf sohin nicht vollstreckt werden. Damit fehlt es allerdings der Vollstreckung einem gültigen und rechtswirksamen Vollstreckungstitel. Dem österreichischen Zustellrecht ist nämlich eine teilweise Unwirksamkeit einer Zustellung nicht bekannt. Entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Behörde ist auch eine Ersatzfreiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe im Sinn des Art.10 Abs.3 des Vertrages."     

 

 

3.1.   Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis als belangte Behörde hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates ergibt sich aus Art. 129a Abs.1 u. 2 B-VG iVm § 51 Abs.1 VStG. Der spezielle Instanzenzug für Verwaltungsstrafverfahren gilt als Sonderregelung auch für die damit verbundenen Verfahren hinsichtlich der Vollstreckung von Geldstrafen (vgl. VwGH 2007/02/0346 v. 25.6.2008, 2007/17/0155 v. 2.6.2008).

 

Es wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten der Erstinstanz und des Unabhängigen Verwaltungssenates.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte Abstand genommen werden, zumal reine Rechtsfragen zu erörtern waren und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

 3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungs­wesentlichen Sachverhalt aus:

 

Bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis war ein Verwaltungsstraf­verfahren (VerkGe96-18-2008), gegen den Berufungswerber betreffend Übertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz anhängig. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat mit Erkenntnis vom 29.9.2009 sowohl den Schuldspruch als auch den Strafausspruch bestätigt und gleichzeitig einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe festgesetzt. Die Berufungsentscheidung wurde am 2.10.2009 von einem Arbeitnehmer des Empfängers (Rechtsvertreter des Berufungswerbers) persönlich übernommen und somit rechtswirksam zugestellt.

 

Da keine Geldleistung bei der belangten Behörde einging, wurde der Berufungswerber mit Schreiben der belangten Behörde vom 22.10.2009 unter Fristsetzung ersucht, den fälligen Geldbetrag in Höhe von 1.888,90 Euro zur Einzahlung zu bringen. Diese Schreiben wurden ohne Zustellnachweis mit normalem Brief versendet.

 

In Reaktion auf eben zitiertes Schreiben wurden vom Berufungswerber mit Eingabe vom 20.11.2009 Anträge bzw Einwendungen gestellt. Konkret wurde beantragt,

- gemäß Art.9 Abs.5 des Vertrages über die  Einwendungen gegen Zulässigkeit der Vollstreckung des zu vollstreckenden Anspruches wegen des bestehenden Vollstreckungsverbotes des Warenverkehrs zu entscheiden,

- gemäß Art.9 Abs.6 des Vertrages über die Einwendungen gegen das Bestehen, die Höhe oder die Vollstreckbarkeit des zu vollstreckenden Anspruches mangels Vollstreckbarkeit des Titels,

- gemäß Art.4 Abs.1 und 2 des Vertrages die Vollziehung der Amts- und Rechtshilfe im Wege der Entscheidung vorerst auszusetzen, und

- gemäß Art.9 Abs.7 des Vertrages von der Vollstreckung abzusehen und die bisherigen Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben.

 

Über diese Anträge wurde mit Bescheid vom 28.12.2009 entschieden und dagegen rechtzeitig Berufung eingebracht.

 

3.3.   Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Verfahrensakten der Erstinstanz und des Unabhängigen Verwaltungssenates. Er wurde im Rahmen der gemachten Feststellungen auch vom Berufungswerber nicht bestritten.

   

 

4.      Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 1 Abs.1 VVG obliegt vorbehaltlich des § 3 Abs.3 den    Bezirksverwaltungsbehörden

1.      die Vollstreckung der von ihnen selbst und von den ihnen übergeordneten    Behörden erlassenen Bescheide;

2.      soweit durch besondere Vorschriften nicht anderes bestimmt ist,

         a)      die Vollstreckung der von anderen Behörden des Bundes oder der                Länder erlassenen Bescheide;

         b)      die Vollstreckung der von Gemeindebehörden – ausgenommen die              Behörden der Städte mit eigenem Statut – erlassenen Bescheide auf                 Ersuchen dieser Behörden;

3.      die Einbringung von Geldleistungen, für die durch besondere Vorschriften      die Einbringung im Verwaltungsweg (politische Exekution) gewährt ist.

 

Gemäß Art.1 Abs.1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, leisten die Vertragsstaaten in öffentlich-rechtlichen Verfahren ihrer Verwaltungsbehörden, in österreichischen Verwaltungsstraf- und in deutschen Bußgeldverfahren, soweit sie nicht bei einer Justizbehörde anhängig sind, ferner in Verfahren vor den österreichischen Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den deutschen Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit nach Maßgabe dieses Vertrags Amts- und Rechtshilfe.

 

Gemäß Art.1 Abs.2 des obzit. Vertrages wird Amts- und Rechtshilfe nach Absatz 1 nicht geleistet in

1.      Abgabensachen, Zoll-, Verbrauchssteuer- und Monopolangelegenheiten,      soweit sie in besonderen Verträgen geregelt sind;

2.      Außenwirtschaftsangelegenheiten einschließlich devisenrechtlicher       Angelegenheiten sowie hinsichtlich Verboten und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze;

3.      Steuerberatungssachen und diesen gleichgestellten Angelegenheiten.      

 

Nach Art.9 Abs.1 des obzit. Vertrages gilt für die Vollstreckung das Recht des ersuchten Staates.

 

Gemäß Art.9 Abs.3 des obzit. Vertrages ist dem Ersuchen um Vollstreckung eine Ausfertigung des Exekutionstitels/Vollstreckungstitels oder des zu vollstreck­enden Bescheides beizulegen, auf dem die Rechtskraft/Un­an­fecht­barkeit von der ersuchenden Behörde zu bestätigen ist. Solche Bescheide stehen hinsichtlich der Vollstreckung Bescheiden von Behörden des ersuchten Staates gleich.

 

Gemäß Art.9 Abs.5 des obzit. Vertrages entscheidet über Einwendungen gegen die Zulässigkeit oder die Art der Vollstreckung die zuständige Stelle des ersuchten Staates.

 

Gemäß Art.9 Abs.6 des obzit. Vertrages sind Einwendungen gegen das Bestehen, die Höhe oder die Vollstreckbarkeit des zu vollstreckenden Anspruches von der zuständigen Stelle des ersuchenden Staates nach dessen Recht zu erledigen. Werden solche Einwendungen bei der ersuchten Stelle erhoben, so sind sie der ersuchenden Stelle zu übermitteln, deren Entscheidung abzuwarten ist.

 

4.2.   Sofern ein Vollstreckungsverfahren im Inland nicht durchgeführt werden kann, kommt – wenn es sich um einen Verpflichteten aus der Bundesrepublik Deutschland handelt – das zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossene Amts- und Rechtshilfeabkommen in Verwaltungssachen, welches auch eine gegenseitige Vollstreckung von Geldstrafen und Bußgeldern im jeweils anderen Land vorsieht, zur Anwendung. In diesem Falle wird das Vollstreckungsverfahren durch die Übermittlung eines Ersuchens um Vollstreckung unter Anschluss einer Ausfertigung des zu vollstreck­enden Bescheides, auf dem die Rechtskraft/Un­an­fecht­barkeit von der ersuchenden Behörde zu bestätigen ist, eingeleitet. Die ersuchte Vollstreckungsbehörde hat dann die Exekution der Geldstrafe nach dem Recht des ersuchten Staates durchzuführen. 

 

4.3.   Dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, dass bereits Schritte betreffend die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens im Sinne des Art.9 Abs.3 des Rechtshilfeabkommens gesetzt wurden. Vielmehr wurde von der Bezirkshauptmannschaft Schärding lediglich eine formlose Aufforderung zur Begleichung der noch offenen Geldbeträge an die Rechtsvertretung des Berufungswerbers gerichtet. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wurden darin weder angeordnet noch angedroht.

 

Da somit noch gar kein Vollstreckungsverfahren anhängig war, waren sämtliche Spruchpunkte dahingehend abzuändern, als betreffend aller Anträge Unzu­lässigkeit vorliegt. Auf das inhaltliche Vorbringen war deshalb nicht einzugehen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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