Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281187/31/Kl/Pe

Linz, 11.03.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 10.11.2009, Ge96-28-21-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 27.1.2010 und 25.2.2010, zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe mit der Maßgabe bestätigt, dass die Strafnorm im Sinn des § 44a Z3 VStG zu lauten hat: „§ 130 Abs.5 Einleitung ASchG“.

 

 

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 200 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 10.11.2009, Ge96-28-21-2007, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) eine Geldstrafe von 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 46 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 6 Abs.2 BauV iVm §§ 130 Abs.5 Z1 und 118 Abs.3 ASchG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in x, und somit Verantwortlicher gemäß § 9 VStG Folgendes zu verantworten hat: Am 27.6.2007 gegen 13.17 Uhr verunfallten die beiden Arbeitnehmer der x Gesellschaft m.b.H., Herr x und Herr x, auf der Baustelle ÖBB-Bahnhof x. Die beiden Arbeitnehmer wurden auf einer mittels Holzträger und Gerüstbelagsplatten hergestellten Standfläche beschäftigt, die für die auszuführenden Arbeiten nicht ausreichend tragsicher gestaltet war. Im Zuge der Arbeiten brach ein Holzträger, wodurch die beiden Arbeitnehmer ca. 4,5 m abstürzten. Standflächen sind unter Berücksichtigung der Art der auszuführenden Arbeiten ausreichend tragsicher zu gestalten (§ 6 abs.2 BauV). Dies wurde in Zuge einer Unfallerhebung durch einen Arbeitsinspektor des Arbeitsinspektorates Linz festgestellt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu Herabsetzung der Geldstrafe beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Arbeiter x und x trotz entsprechender ihnen vom für die gegenständlichen Baustelle zuständigen Baustellenleiter x gegebener diesbezüglicher konkreter technischer zutreffender Anweisungen, anweisungswidrig das Gerüst (Arbeitsplattform) vorschriftswidrig aufgestellt hätten, damit sei bei den Arbeiten aufrecht stehen und gehen können, weil aufgrund der liegenden Kanthölzer der Abstand zur Decke größer geworden sei. Selbst den für die gegenständliche Baustelle zuständigen Baustellenleiter x treffe ein Verschulden nicht und wurde dieser im gegen ihn geführten Strafverfahren x des Bezirksgerichtes Mauthausen rechtskräftig vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 StGB freigesprochen (§ 253 Z3 StPO), weil auch seitens des Gerichtes ein Verschulden des für die gegenständliche Baustelle verantwortlichen Baustellenleiters x verneint wurde. x habe für die zu errichtende Plattform die Statik errechnet, die Überleger ausreichend dimensioniert und die das Gerüst aufstellenden Arbeiter der x GesmbH genau instruiert in welcher Art und Weise die Arbeitsplattform aufzustellen sei. Wäre die Arbeitsplattform von den Arbeitnehmern x und x entsprechend aufgestellt worden, wäre es zu dem gegenständlichen Unfall nicht gekommen. Es sei entgegen der Berechnungen die Arbeitsplattform in einer verlängerten und wesentlich unstabileren Form, als vom Baustellenleiter x vorgegeben, aufgestellt worden. Dabei sei überall ein Pflock herausgenommen und das Gerüst so auf 26 m verlängert worden, sodass das Gerüst nur noch die Hälfte der Last ausgehalten habe. Entgegen der Weisung des Baustellenleiters seien auch die Kanthölzer nicht stehend, sondern liegend verwendet worden, sodass diese nicht so viel Last aushielten wie in stehender Verwendung. Dies geschah entgegen der ausdrücklichen Weisung des Baustellenleiters, welcher hiemit nicht habe rechnen müssen. Der Vorarbeiter habe entgegen der ausdrücklichen Weisung in abgeänderter Form gebaut, um nicht so oft umgerüsten zu müssen und einen schnelleren Baufortschritt gewährleisten zu können, zumal der Druck seitens der ÖBB für die Fertigstellung groß gewesen wäre. Auch habe der Vorarbeiter eine zu große Last, nämlich 900 kg, auf die Plattform gelegt. Darüber hinaus habe der Sprung des Vorarbeiters von einem ca. 1 m hohen Zimmerstock auf die Kanthölzer der Plattform das Durchbrechen des Kantholzes verursacht, sodass dieser und x zu Boden stürzten. Es liege kein Verschulden des Baustellenleiters x vor. Auch dem Beschuldigten käme kein Verschulden zu, weil er betriebsorganisatorisch die Bauleitung und die Überwachung der gegenständlichen Baustelle an den Baustellenleiter Bautechniker x delegiert habe und sohin dieser sowohl für die statische Berechnung und fachgerechte Errichtung wie die Überwachung und Kontrolle der tatsächlich durchgeführten fachgerechten Errichtung dieser Arbeitsplattform zuständig gewesen sei. Der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer könne schon organisations- und arbeitsbedingt nicht die Vielzahl der gleichzeitig betriebenen Baustellen vorgenannter Gesellschaft kontrollieren und überwachen. Der eingesetzte Bauleiter verfüge über die erforderlichen Fachkenntnisse und Ausbildungen, auch für die Anordnung der fachgerechten Aufstellung der gegenständlichen Arbeitsplattform. Mit der Betrauung eines bislang zuverlässigen und fachlich entsprechend ausgebildeten Bautechnikers mit der Bauleitung einer Baustelle, habe der Bw seinen gesetzlichen Verpflichtungen zur Gewährleistung der fachgerechten Aufstellung der Arbeitsplattform und der diesbezüglichen Überwachung und Kontrolle, welche ebenso in den organisatorisch festgelegten Verantwortungsbereich des Baustellenleiters fiel, inhaltlich entsprochen, sodass ein Verschulden des Bw nicht gegeben sei und daher er nicht verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könne. Auch seien die Arbeitnehmer wie der Vorarbeiter vom Zimmermeister x einmal jährlich betreffend Arbeitnehmerschutz geschult und werde dies auch mit Unterschrift bestätigt. Auch werden die Vorschriften den Arbeitnehmern in schriftlicher Form übergeben und die Übernahme mit Unterschrift bestätigt. Der Baustellenleiter x sei bislang äußerst zuverlässig gewesen, fachlich entsprechend ausgebildet, und auch tatsächlich auf die konkrete Einhaltung kontrolliert worden. Der Baustellenleiter könne nicht ununterbrochen auf der von ihm betreuten Baustelle anwesend sein, zumal er auch für andere Baustellen zuständig sei, sodass ohnedies jeweils die hiefür zuständigen Vorarbeiter und Poliere durchgehend anwesend seien, welche ebenfalls mit den Arbeitnehmerschutzbestimmungen vertraut gemacht worden seien. Es sei daher trotz größter Sorgfalt für den Bw als handelsrechtlichen Geschäftsführer nicht vermeidbar gewesen, dass gegenständlich die Arbeitnehmerschutzvorschriften hinsichtlich der aufgestellten Arbeitsplattform nicht eingehalten worden seien, zumal der Vorarbeiter und der Zimmerer entgegen der diesbezüglichen technisch zutreffenden Anweisungen des zuständigen Baustellenleiters, die gegenständliche Arbeitsplattform dann in vorschriftswidriger Weise aufgestellte habe. Das eingerichtete Kontrollsystem habe klaglos funktioniert, was sich auch daraus ergebe, dass bis zum Vorfall im Rahmen des eingerichteten Kontrollsystems es zu keinen Übertretungen der BauV gekommen sei. Das grundsätzlich wirksame und funktionierende Kontrollsystem habe im Einzelfall versagt, weil der für die Kontrolle zuständige Baustellenleiter x seinen Kontrollpflichten offenbar nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, was jedoch die Annahme eines subjektiven Verschuldens des Bw keinesfalls rechtfertige. Vielmehr hätte sich der Bw darauf verlassen dürfen, dass x auch auf dieser Baustelle seinen Überwachungs- und Kontrollpflichten tatsächlich nachkommt, sodass der Bw nicht nochmals auch selbst rechtlich verpflichtet war, den für die gegenständliche Baustelle im Rahmen des betrieblichen Kontrollsystems zuständigen und bislang äußerst zuverlässigen Baustellenleiter auch selbst nochmals zu kontrollieren. Abschließend sei auch die verhängte Geldstrafe überhöht, zumal der Bw unbescholten sei und es sich bei dem gegenständlichen Vorfall um den ersten gehandelt habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Arbeitnehmer anweisungswidrig gehandelt hätten und entgegen der vorgeschriebenen Aufstellungsart eigenmächtig vorgegangen seien.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentliche mündlichen Verhandlung am 27.1.2010, fortgesetzt am 25.2.2010, zu welcher der Bw und sein Rechtsvertreter geladen wurden und erschienen sind. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Das zuständige Arbeitsinspektorat hat durch einen Vertreter teilgenommen. Weiters wurden die Zeugen x, x und x geladen und einvernommen. Die weiters geladenen Zeugen x und x haben sich entschuldigt und wurde in der Folge auf eine weitere Einvernahme von den Parteien verzichtet. Weiters wurde vom Bw eine Kopie der Niederschrift über die Hauptverhandlung vom 15.5.2008 vor dem Bezirksgericht Mauthausen zu x und eines Gutachtens des Zivilingenieurs für Bauwesen, x, vom 25.1.2008 vorgelegt und zum Akt genommen. Eine Teilnahmebestätigung des Vorarbeiters x am Lehrgang „Schutz vor Absturz auf Dächern“ am 17.1.2005 wurde vorgelegt.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in x. Als solcher ist er hauptsächlich für kaufmännische Belange und die Organisation zuständig. Seit einem Jahr ist er auch gewerberechtlicher Geschäftsführer für Baumeister. Der Betrieb ist in vier Bereiche gegliedert, nämlich in Hochbau, Tiefbau, Zimmerei und Sägewerk. Der Bw hat ca. 115 Mitarbeiter in seinem Betrieb. Dem Bw direkt unterstellt sind die Baustellenleiter. Für jede Baustelle ist ein Baustellenleiter bestellt und ist dieser für seine Baustelle von Anfang bis zum Schluss verantwortlich. Er muss sie überwachen und auch abrechnen. Er ist auch zuständig für den Arbeitnehmerschutz. Bei dieser Tätigkeit ist er selbständig. Der Bw kontrolliert die Baustellenleiter, indem er die Abrechnungen kontrolliert, ob sie auch rechtzeitig erfolgen. Gelegentlich kontrolliert er die Baustellen vor Ort, diese im Zuge von Hochbauarbeiten, für die der Bw zuständig ist. Die konkrete Baustelle ist keine übliche oder häufig vorkommende Baustelle für die Firma, weil meistens Dachstühle aufgestellt werden und dies vom Bw im Zuge der Hochbauarbeiten kontrolliert wird. Die gegenständliche Baustelle war keine übliche Zimmereiarbeit und auch daher nicht von Interesse für den Bw um dort vorbei zu sehen.  Auf der konkreten Baustelle war der Bw nicht. Im Betrieb gibt es zehn Baustellenleiter. Alle sind technisch ausgebildet. Im Juni ist Hochsaison und laufen schätzungsweise sicher 50 Baustellen gleichzeitig. Die Baustellenleiter sind Techniker. Herr x ist HTL-Ingenieur und gelernter Zimmerer. Die Baustellenleiter sind verantwortlich für die Gerüstung, konkret für die Ausrechnung der Statik und Anweisungen hinsichtlich der Herstellung der Gerüste. Leiter der Zimmerei ist Herr x. Er ist Zimmerermeister. Er erstellt die Angebote und teilt die Bauleiter für die Baustellen ein. Als Leiter der Zimmerei ist er auch unmittelbarer Vorgesetzter des Herrn x. Herr x als Leiter der Zimmerei ist dann direkt dem Bw unterstellt.

Herr x ist bei der Firma x Gesellschaft m.b.H. seit August 2005 als Bautechniker bzw. Bauleiter beschäftigt. Seine Erfahrung hat er schon bei anderen Firmen erworben. Der Baustellenleiter hat die Holzbau-HTL besucht, bei Unternehmenseintritt zunächst mit seinem Vorgesetzten Herrn x die Baustellen gemeinsam betreut, und seit ca. einem Jahr selbständig alleine betreut. Er wird von Herrn x als unmittelbaren Vorgesetzten stichprobenartig auf Baustellen kontrolliert. Auf der konkreten Baustelle wurde er von Herrn x nicht kontrolliert. Er war auch für die konkrete Baustelle in x zuständiger Baustellenleiter. Es handelte sich insofern für ihn um eine außergewöhnliche Baustelle, als er noch nie zuvor eine Bahnsteiguntersicht bzw. eine Bahnunterführung ausgeführt hat. Als Baustellenleiter und Bautechniker ist er für die Baustelle zuständig, also auch für die statischen Berechnungen und die Planung. Die Statik hat der Baustellenleiter allein ausgeführt. Für die Umsetzung, das heißt für das Aufstellen der Plattform nach Plan waren die Arbeiter, nämlich der Vorarbeiter x und seine Partie zuständig. Zunächst wurde die ausgerechnete Plattform an der Nordseite des Bahnsteiges ausgeführt. Vor Ausführung wurde dies mit dem Vorarbeiter x besprochen. Es wurde die Ausführung besprochen, ausdrücklich zur Sprache kam hingegen nicht, dass auf die Plattform nicht gesprungen werden darf bzw. dass nicht ein schwerer Plattenstapel dort aufgestapelt werden darf. Die Plattform an der Nordseite wurde auch vom Baustellenleiter x angesehen und abgenommen. Es gehört zur Aufgabe des Baustellenleiters Plattformen und Gerüste abzunehmen. Eine ausdrückliche Regelung bzw. Anweisung dazu gibt es in der Firma nicht. An der Nordseite wurde die Plattform ordnungsgemäß ausgeführt, nämlich mit stehenden Kanthölzern und Verlegung von zwei Pflöcken alle 3 m. Dies wurde auch so vom Baustellenleiter festgestellt. Der Baustellenleiter ist einmal wöchentlich zur Baustellenbesprechung mit dem Bauleiter der ÖBB auf die Baustelle gekommen und hat in diesem Zuge die Baustelle kontrolliert. Außerhalb der Baustellenbesprechungen kommt der Bauleiter nur sporadisch auf die Baustelle.

Nach Fertigstellung der Arbeiten an der Nordseite wurde die Plattform an der Südseite des Bahnsteiges ausgeführt. Dies passierte am Montag. Am darauf folgenden Mittwoch Mittag passierte der Arbeitsunfall. Die Baustellenbesprechung sollte Mittwoch nachmittags erfolgen. Es hat daher der Baustellenleiter die Umgerüstung auf der Südseite noch nicht gesehen und kontrolliert. Da das Gerüst bereits an der Nordseite ordnungsgemäß aufgestellt war, hat er sich aber darauf verlassen, dass der Vorarbeiter mit seiner Partie die Plattform auch an der Südseite entsprechend ordnungsgemäß aufstellt. Er hat daher eine Überprüfung vor Betreten bei der Südseite nicht für erforderlich erachtet. Der Baustellenleiter hat nicht damit gerechnet, dass die Plattform auf der Südseite anders ausgeführt wird, nämlich dass sei durch Herausnehmen von Pflöcken verlängert wird, um sich so ein Umgerüsten zu ersparen, und dass die Kanter liegend verlegt werden, um sich so die Arbeit im Hinblick auf die Arbeitshöhe zu erleichtern. Die Plattform an der Südseite der Bahnsteigunterführung wurde nicht wie in den statischen Berechnungen dargelegt und angewiesen, mit Kanthölzern 18/010 stehend verlegt und alle 3 m mit zwei Kanthölzern ausgeführt, sondern es wurden die Kanthölzer liegend verwendet, was die Tragfähigkeit um ein Drittel mindert und es wurde jeweils ein Pfosten herausgenommen, wodurch ebenfalls die Hälfte der Tragfähigkeit wegfällt. Sowohl der Vorarbeiter als auch die Arbeitnehmer waren aber der Meinung, dass das Gerüst bzw. die Plattform trotzdem sicher wäre und standhalten würde.

Mit dem Vorarbeiter wurde nicht ausdrücklich besprochen, wie stark die Plattform durch Lasten belastet werden darf und wie viele Personen sich auf der Plattform befinden dürfen bzw. dass nicht heruntergesprungen werden darf bzw. dass die Platten dort nicht gestapelt gelagert werden dürfen. Vielmehr ist der Baustellenleiter davon ausgegangen, dass die Platten auf dem Boden gelagert und geschnitten werden bzw. nur einzeln auf der Plattform geschnitten werden, nicht jedoch, dass sie dort auf einem Stapel gelagert werden und eine Schneidestation eingerichtet wird.

Es gibt eine Anweisung von der Firmenleitung, dass Plattformen bzw. Gerüste nicht vor Abnahme betreten werden dürfen. Dem Baustellenleiter und dem Vorarbeiter ist bekannt, dass vor Betreten die Plattform überprüft werden muss. Der Baustellenleiter hat den Arbeitnehmern aber nicht ausdrücklich gesagt, dass sie sich mit ihm in Verbindung setzen sollen, wenn eine Änderung bei der Plattform bzw. beim Umstellen der Plattform vorgenommen werden soll. Es wurde auch nicht ausdrücklich angeschafft, dass auf der Südseite die Plattform ebenso wie auf der Nordseite ausgeführt werden soll. Vielmehr ist der Baustellenleiter davon ausgegangen, dass der Vorarbeiter in gleicher Weise vorgeht. Der Baustellenleiter wusste, dass am Montag die Plattform von der Nordseite auf die Südseite umgestellt wird.

 

Es gibt in der Firma auch einmal jährlich Schulungen über Arbeitnehmerschutzbestimmungen. Dabei sind auch die Vorarbeiter und Poliere anwesend. Diese müssen auch die Schulung mit Unterschrift bestätigen. Die Vorarbeiter bekommen auch eine Mappe bzw. Zettel betreffend Arbeitnehmerschutzbestimmungen ausgehändigt und sie haben dies mit Unterschrift zu bestätigen.

Der Vorarbeiter x ist vor Ort der Ansprechpartner und Verantwortlicher. Er ist seit 1982 in der Firma in der Zimmerei beschäftigt und seit 1991 ist er als Vorarbeiter beschäftigt.

 

4.2. Das gegen den Baustellenleiter x eingeleitete Strafverfahren wurde vom Bezirksgericht Mauthausen zu x am 15.5.2008 mit Freispruch mangels Schuldbeweis gemäß § 259 Z3 StPO beendet.

Gemäß dem durch das Gericht eingeholten Gutachten des x vom 25.1.2008 entspricht die Art der Konstruktion eines solchen Gerüstes den Regeln der Technik. Die Details der Errichtung reichen weder die Lasten der Ö-Norm B4007 noch die der bei der Bauausführung aufgetretenen Belastung mit normgemäßer Sicherheit aufzunehmen. Es hätte die Konstruktion für die Lasten dieser Ö-Norm ausgelegt werden müssen. Konstruktiv hätten entweder die Träger hochkant oder die liegenden Träger wesentlich enger gestellt werden müssen. Bei der gegebenen Konstruktion (gleiche Kanthölzer in gleichem Abstand) hätte die Verlegung der Träger in senkrechter Ausrichtung den Unfall mit großer Sicherheit verhindert. Die Konstruktion der Arbeitsplattform entsprach nicht den Anforderungen der Ö-Norm 4004 in Bezug auf Belastbarkeit, hätte aber die aufgetretenen Lasten (Eigengewicht, Platten, Arbeitstisch und zwei Personen) ohne Schaden aufgenommen. Die Holzträger wurden von den Zimmermännern liegend statt stehend eingebaut. Dies ist einer der wesentlichen Ursachen des Unfalles. Die örtlich hohe Konzentration von Lasten ist die zweite Ursache des Unfalles.

 

4.3. Diese Feststellungen gründen sich auf die Aktenlage sowie auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen. Diese waren glaubwürdig und widersprachen sich in wesentlichen Teilen nicht. Auch wurde der Sachverhalt vom Bw zu keiner Zeit des Strafverfahrens bestritten. Im Übrigen stimmen die Aussagen der Zeugen auch in wesentlichen Teilen mit den Angaben des Bw in der mündlichen Verhandlung überein.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 6 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007 sind Standflächen unter Berücksichtigung der Art der auszuführenden Arbeiten ausreichend groß und tragsicher zu gestalten.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 13/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

5.2. Aufgrund der Feststellungen ist erwiesen, dass die an der genannten Baustelle am 27.6.2007 an der Südseite des Bahnsteiges errichtete Standfläche nicht tragsicher ausgestaltet war. Entgegen den vom Baustellenleiter durchgeführten statischen Berechnungen und Anweisungen an den ausführenden Vorarbeiter, wurden die Kanthölzer nicht stehend sondern liegend verwendet und wurden nicht alle 3 m zwei Kanthölzer sondern nur ein Kantholz verlegt. Es wurde damit die Tragfähigkeit wesentlich herabgesetzt. Es war daher eine ausreichende Tragsicherheit für die durchzuführenden Arbeiten, nämlich Verlegung (samt Zuschnitt) von Platten zur Herstellung einer Bahnsteiguntersicht nicht gegeben.

Wenn hingegen vom Bw vorgebracht wird, dass die Tragsicherheit „unter Berücksichtigung der Art der auszuführenden Arbeiten“ zu messen ist, so ist ihm entgegenzuhalten, dass an dem Bahnsteig von der Plattform aus durch Anbringen von Platten eine Bahnsteiguntersicht herzustellen war. Es ist zwar richtig, dass bei Ausführung der Arbeiten in der Weise, dass nur einzelne Platten auf die Plattform gelegt werden und von dort aus verarbeitet werden, bei Betreten der Plattform durch die Arbeitnehmer die Tragsicherheit auch bei nicht plangemäßer und anordnungsgemäßer Ausführung gegeben gewesen wäre. Dies ergab auch das eingeholte gerichtliche Sachverständigengutachten. Allerdings gab es keine Anweisung, dass so vorgegangen werden muss. Tatsächlich wurden sämtliche Platten auf einen Stapel auf der Plattform gelagert und an einer Stelle, die als Schneidestation auf der Plattform eingerichtet wurde, zugeschnitten und sodann verlegt. Diese Lagerung zum Zweck der Durchführung der Arbeiten erfordert aber laut Gutachten eine wesentlich höhere Tragsicherheit bzw. eine andere Ausführung der Plattform und reicht daher die plan- und anweisungswidrige Ausführung der Plattform für diese Arbeitsausführung nicht. Da keine gesonderte Vorgehensweise angeordnet wurde, wie die Platten zu stapeln sind, wo sie zu stapeln sind, wo der Schneidevorgang durchgeführt werden sollte, und dass vom Zimmerstock nicht auf die Plattform gesprungen werden darf, ist für die Arbeitnehmer auch die von ihnen gewählte Vorgehensweise auf der Plattform offen gestanden und daher bei der Ausrichtung der Standfläche hinsichtlich Tragsicherheit für die Ausführung der Arbeiten zu berücksichtigen gewesen.

Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

5.3. Der Bw hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinn dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Bw nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere reicht es nicht aus, dass die Baustellenleiter und die Vorarbeiter jedes Jahr in Sicherheitsbestimmungen geschult und unterwiesen werden und es reicht auch nicht aus, dass bei Baustellenbeginn eine Anweisung an die Arbeitnehmer ergeht. Es ist daher auch nicht ausreichend, dass lediglich zu Baustellenbeginn vom Bauleiter an den Polier die Anweisung ergeht, dass die Standfläche bzw. Plattform plangemäß ausgeführt wird. Vielmehr wäre es auch erforderlich gewesen, dass die Einhaltung der Anweisungen kontrolliert wird. Es hat aber das Beweisverfahren eindeutig ergeben, dass weder der Baustellenleiter das umgestellte Gerüst an der Südseite des Bahnsteiges vor Benutzung kontrolliert hat, noch dass der Bw jemals auf der konkreten Baustelle eine Kontrolle durchgeführt hat, noch wurde der Baustellenleiter von seinem unmittelbaren Vorgesetzen auf dieser Baustelle kontrolliert. Vielmehr hat das Beweisverfahren ergeben, dass der Baustellenleiter selbständig für die Baustelle zuständig war, auf der Baustelle nicht kontrolliert wurde, und sich der Baustellenleiter auf den zuverlässigen Vorarbeiter verlassen hat, nämlich dass er die Plattform auch an der Südseite entsprechend wie an der Nordseite ausführen werde. Es gab nicht einmal eine konkrete ausdrückliche Anweisung, dass an der Südseite die Plattform genauso nach Plan wie an der Nordseite ausgeführt werden muss. Darüber hinaus gab es überhaupt keine Anweisung, dass die angelieferten Betonplatten nicht auf der Plattform auf einem Stapel gelagert werden dürfen. Auch gab es keine Anweisung, dass die Arbeitnehmer nicht vom Block bzw. Zimmerstock aus auf die mit Platten belastete Plattform springen dürfen. Ebenfalls erscheint nicht eindeutig erwiesen, dass es eine ausdrückliche Firmenanweisung gibt, das Gerüste und Plattformen erst dann benützt werden dürfen, wenn sie vom fachkundigen Vorgesetzen, nämlich dem Baustellenleiter, überprüft worden sind. Vielmehr hat das Beweisergebnis gezeigt, dass – abgesehen von den wöchentlichen Baustellenbesprechungen – die Arbeitnehmer und insbesondere der Vorarbeiter auf der Baustelle sich selbst überlassen sind, selbständig handeln und nicht hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorbestimmungen und insbesondere der Einhaltung der besonderen Anweisungen kontrolliert werden. So hat das Beweisverfahren ergeben, dass weder der Baustellenleiter noch der Bw am Unfallstag oder an den Vortagen auf der Baustelle waren und daher an den Vortagen vor dem Unfall auch keine Kontrollen durchgeführt wurden. Es wurde daher vom Bw nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, welche Maßnahmen er konkret getroffen hat, dass die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften bzw. die Einhaltung der Anweisung mit gutem Grund erwartet werden kann. Stichprobenartige Überprüfungen, wie sie vom Bw vorgebracht werden, und die Erteilung von Weisungen sowie die Durchführung von Schulungen reichen aber für das Bestehen eines wirksamen lückenlosen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht aus. Es hat daher der Verwaltungsgerichtshof auch in seiner jüngeren Judikatur wieder darauf hingewiesen, dass es für ein wirksames Kontrollsystem nicht ausreicht, dass auf den einzelnen Baustellen Bauleiter bzw. Vorarbeiter und Poliere mit der Überwachung und Einhaltung an Ort und Stelle verantwortlich sind (VwGH vom 26.9.2008, Zl. 2007/02/0317).

Der Bw wird darauf hingewiesen, dass ein lückenloses Kontrollsystem insbesondere auch für den Fall Platz zu greifen hat, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen. Auch im konkreten Fall zeigt das eigenmächtige Verhalten der verunfallten Arbeitnehmer zum Tatzeitpunkt, dass weder in den vorausgegangenen Tagen noch zum Unfallszeitpunkt ein Kontrollsystem vorhanden war.

Entgegen den Ausführungen des Bw in seiner schriftlichen Berufung, nämlich dass er sich auf den verlässlichen Baustellenleiter x verlassen konnte und nicht auch noch selbst den Baustellenleiter zu kontrollieren hätten, verlangt genau dieses die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Natürlich ist es dem Bw im Zuge der Arbeitsteilung gestattet, nicht selbst überall auf der Baustelle zu kontrollieren, sondern seine Verpflichtungen zu delegieren, allerdings ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, dass der Beschuldigte sodann seine Verpflichtung durch eine Oberaufsicht einhalten muss, indem er für eine ausreichende Kontrolle des auf der Baustelle Kontrollierenden sorgt. Das Kontrollsystem dient genau dazu, dass eigenmächtige Vorgangsweisen der Arbeitnehmer nicht eintreffen und soll das Kontrollsystem verhindern, dass gegen das Wissen und gegen den Willen des Arbeitgebers Arbeitnehmer Handlungen setzen und Arbeitnehmerschutz­vorschriften außer Acht lassen. Dagegen ist der Kausalzusammenhang des Unfalles nicht zu überprüfen und nicht für die Tatbestandsmäßigkeit erforderlich. Vielmehr ist auch ohne Unfall die Nichteinhaltung als bloßes Ungehorsamsdelikt verwaltungsrechtlich strafbar. Schon deshalb kann es kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (VwGH vom 5.8.2008, Zl. 2008/02/0127-9). Vielmehr ist es dem Bw nicht gelungen aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden. Stichprobenartige Überprüfungen der Baustelle und die Erteilung von Weisungen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften reichen nicht aus.

Es war daher auch vom Verschulden, nämlich zumindest sorgfaltswidrigem, das heißt fahrlässigem Verhalten des Bw auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat die geschätzten persönlichen Verhältnisse dem Bw vorgeworfen, nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von 3.000 Euro und als Vermögen das Eigentum der Liegenschaft Unterer Graben 7a. Weiters hat belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis Unbescholtenheit des Bw zugrunde gelegt. Diesen Ausführungen hat der Bw auch in der Berufung und im gesamten Verfahren nichts entgegengesetzt. Im Verfahren erster Instanz gab er anlässlich seiner Einvernahme die Sorgepflichten für zwei Kinder an. Die belangte Behörde hat im Übrigen als mildernd die Unbescholtenheit des Bw zugrunde gelegt. Weitere Erschwerungs- und Milderungsgründe kamen weder im Verfahren erster Instanz noch im Berufungsverfahren hervor. Es ist aber bei der Strafbemessung festzuhalten, dass durch die Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt ein hohes Gefährdungspotenzial für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer vorhanden war und daher genau jenes geschützte Rechtsgut auch anlässlich des Vorfalles verletzt wurde. Es sind auch nachteilige Folgen durch den Arbeitsunfall eingetreten. Dies musste im Sinn des Unrechtsgehaltes der Tat bzw. bei den nachteiligen Folgen im Sinne der objektiven Strafbemessung berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die subjektiven Bemessungsgründe war auf die Sorgfaltsverletzung und daher das Verschulden durch ein mangelhaftes Kontrollsystem hinzuweisen und dies bei der Strafe zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die nachteiligen Folgen und die erhebliche Verletzung des geschützten Rechtsgutes kann nicht gefunden werden, dass die verhängte Geldstrafe, die nicht einmal ein Siebtel des gesetzlichen Höchstrahmens ausmacht, überhöht ist. Auch verfügt der Beschuldigte über überdurchschnittliche Einkommensverhältnisse. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hätte. Vielmehr zeigte sich die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Es konnte daher die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt werden.

Ein Überwiegen der Milderungsgründe war hingegen nicht festzustellen. Als einziger Milderungsgrund liegt die Unbescholtenheit vor. Es war daher nicht mit außerordentlicher Milderung gemäß § 20 VStG vorzugehen. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Mangels dieser Voraussetzung war daher auch von einem Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht Gebrauch zu machen.

Hingegen konnte das Vorbringen des Bw, dass der Arbeitnehmer anweisungswidrig gehandelt hätte und eigenmächtig vorgegangen ist, nicht schuldmildernd wirken und daher auch nicht eine Herabsetzung der Strafe bewirken. Auf die diesbezüglichen Ausführungen zum Verschulden und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird hingewiesen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 200 Euro, festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: tragsichere Standflächen, Gerüstabnahme, Kontrollsystem

 

 

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