Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164712/9/Bi/Th

Linz, 04.03.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 29. Dezember 2009 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 1. Dezember 2009, VerkR96-54545-2008/Ja/Pos, wegen Übertretung des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 4. März 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Beru­fungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt, jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen wird, wobei Verfahrenskosten nicht anfallen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 21 und 64f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 45 Abs.4 2.Satz iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 110 Euro (48 Stunden EFS) verhängt, weil er den schwarzen Pkw Audi S8, der mit dem Probefahrtkennzeichen X versehen gewesen sei, am 31. August 2008 um 20.30 Uhr in der Gemeinde Ansfelden, im Ortsgebiet Kremsdorf, Ritzlhofstraße in Fahrtrichtung B139 (Anhaltung in der Bushaltestelle "Kremsdorf Ort"), verwendet habe, obwohl Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten im Sinne des § 45 Abs.1 KFG verwendet werden dürfen. Im ggst Fall habe es sich um keine Probefahrt gehandelt, da die Fahrt darauf ausgerichtet gewesen sei, den defekten Pkw (X) der X von Linz nach Haid zu schleppen.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 11 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 4. März 2010 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Vaters und Zeugen X und des Meldungslegers BI X (Ml) durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht – neben mehreren mit dem Fall nicht zusammenhängenden unsubstantiierten Behauptungen – im Wesentlichen geltend, die Polizisten hätten keine Führerscheine verlangt und keine Einsicht in das Fahrtenbuch genommen. Die Begründung scheine ihm bedenklich, es sei anzunehmen, dass es nur um die Bestrafung gegangen sei. Er habe die Sache eingestanden, weil er gemeint habe, dass das Abschleppen von Fahrzeugen auch mit Probefahrtkennzeichen erlaubt sei. Es seien nur einige 100 m gewesen. Beim Fahrzeug seiner Mutter sei nicht vorhersehbar die Zündspule kaputt geworden und zwar auf der Kreuzung Traunuferstraße über die Autobahnbrücke in Richtung Kremsdorf; er habe auch einen Zeugen dafür. Er ersuche um nochmalige Prüfung der Sachlage und von einer Bestrafung abzusehen. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die genannten Zeugen unter Hinweis auf Entschlagungsrechte und die Wahrheits­pflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw wurde als Lenker des Pkw X (Probefahrt­kennzeichen) am 31. August 2009 um 20.30 Uhr von Beamten der PI Neuhofen/Krems in Kremsdorf auf der Ritzlhofstraße in der Bushaltestelle "Kremsdorf Ort" angehalten, wobei er bei dieser Fahrt den Pkw X mit Seil abschleppte und in diesem Pkw seine Eltern saßen. Bei der Amtshandlung wurde geklärt, dass das Probefahrt­kenn­zeichen vom Geschäftsführer der X GmbH in X, X, dem Vater des Bw überlassen worden war, um mit dem schwarzen Audi S8 eine Probefahrt zu machen.

X hatte schriftlich gegenüber der Erstinstanz bestätigt, X. habe sich am 30. August 2009 für den genannten Pkw interessiert und angegeben, er wolle am Wochenende eine Probefahrt machen und den Pkw seiner Gattin und seinem Sohn zeigen. Am Sonntag, 31.8.2009, sei es zu dieser Probefahrt gekommen und der Zeuge habe telefonisch erklärt, er wolle den Pkw kaufen und gleich bei ihm zu Hause stehen lassen. Am 2.9.2009 sei der Zeuge gekommen, der Kaufvertrag sei gemacht und der Wagen bezahlt worden – der in Kopie im Akt befindliche Kaufvertrag vom 2.9.2009 lautet auf "X". Von einem Abschleppen des Pkw X wusste der Inhaber der Probe­fahrt­bewilligung nach eigenen Angaben vom 15.5.2009 nichts.

 

Der Ml bestätige in der Berufungsverhandlung, der Pkw sei angehalten worden, weil der Eindruck bestanden habe, das Abschleppen erfolge nicht im Rahmen des Geschäftsbetriebes des Probefahrtbewilligungsinhabers.

 

Der Bw und der Zeuge X führten aus, der Bw habe die Probefahrt zusammen mit einem Bekannten unternommen und die Eltern seien zur gleichen Zeit mit dem Pkw X unterwegs gewesen. Als der Pkw der Eltern wegen einer Panne – die Zündspule sei defekt geworden, wie sich dann herausgestellt habe – auf der Traunufer Straße auf der Brücke über die Autobahn gestanden sei und sie nicht mehr weiterfahren hätten können, hätten sie ihren Sohn angerufen und dieser habe sich spontan bereit erklärt, sie von dort abzuschleppen. Er sei gekommen und die Abschleppung sei mit dem immer im Pkw der Eltern mitgeführten Abschleppseil auf dem kürzesten Weg nach Hause erfolgt, wobei der Vater des Bw den abgeschleppten Pkw gelenkt habe und die Mutter Beifahrerin war. Das wurde auch vom Ml bestätigt, der sich aufgrund der verstrichenen Zeit nicht mehr erinnern konnte, wo genau ihm die Fahrzeugkombination erstmals aufgefallen ist. 

 

In der Verhandlung wurde vom Bw dargelegt, dass er den Einspruch vom 12.12.2008 gegen die gesamte Strafverfügung, dh auch gegen den Tatvorwurf des Nichtmitführens des Führerscheines, erhoben habe. Er sei nämlich bei der Amtshandlung nie vom Ml ausgefordert worden, den Führerschein vorzuzeigen.

Dazu führte der Ml aus, er könne nun dazu nichts mehr aus persönlicher Erinnerung sagen, aber er gehe davon aus, dass er den Bw schon nach dem Führerschein gefragt habe, wenn er ihn wegen Nichtmitführens angezeigt habe. Dies auch, weil er ja wissen wolle, mit wem er es zu tun habe und die meisten Amtshandlungen damit begonnen würden.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 2. Satz KFG 1967 sind Probefahrten Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen. Als Probefahrten gelten ua auch Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes, Fahrten zur Überführung des Fahrzeuges durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer oder das Überlassen des Fahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamt­gewicht von nicht mehr als 3.500 kg an einen Kaufinteressenten für die Dauer von bis zu maximal 72 Stunden, wobei auch Fahrtunterbrechungen zulässig sind.

Gemäß Abs.4 dieser Bestimmung ist bei der Erteilung der im Abs.1 angeführten Bewilligung auch auszusprechen, welche Kennzeichen bei den Probefahrten zu führen sind. Diese Kennzeichen sind Probefahrtkennzeichen (§ 48 Abs.3) und dürfen nur bei Probefahrten (= Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungs­gegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen) geführt werden.

 

Die Erstinstanz vertritt unter Hinweis auf einen Erlass des BMöWV aus dem Jahr 1986 die Auffassung, dass das bloße Abschleppen eines Fahrzeuges allein nicht die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Probefahrt erfülle; werde hingegen im Zuge einer Fahrt zur Über­führung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbe­triebes auch ein Fahrzeug abgeschleppt, komme der Fahrt der Charakter einer Probe­fahrt zu.

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens erfolgte das Abschleppen des Pkw X unbestritten nicht im Auftrag und nicht einmal mit Wissen des Verantwortlichen der X GmbH, dh nicht im Rahmen des Geschäftsbetriebes.

Die Schilderungen des Vorfalls durch den Bw ergeben das Bild, dass der Vater, dem der Pkw als dessen potentiellem Käufer zu einer Probefahrt überlassen wurde, dem Sohn das Fahrzeug "zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit", also zur Probefahrt, überlassen hat. Der Pkw wurde später auch tatsächlich gekauft, wobei dem Verkäufer die Kaufabsicht telefonisch mitgeteilt und der Pkw nicht mehr zurückgebracht sondern bar bezahlt wurde.

 

Für den Ml stellte sich der Fall naturgemäß so dar, dass im Zuge der Probefahrt, für die (mangels Sorgfalt des Zulassungsbesitzers) die gesetzlich vorge­schrie­benen Eintragungen bzw Bescheinigungen nicht vorlagen, ein defekter Pkw abge­schleppt wurde, was aber mit dem Zweck einer Probefahrt nicht in Einklang zu bringen war, auch wenn die Fahrtrichtung des Gespanns mit der (im DORIS erhobenen) Richtung zur Adresse des Bw bzw seiner Eltern übereinstimmte.

Da aber auch der Ml nicht mehr sagen konnte, wo genau ihm der Pkw aufgefallen ist, waren auch die Aussagen des Bw und seines Vaters hinsichtlich der Panne des zeitgleich unterwegs gewesenen Pkw X nicht unglaubwürdig, zumal sich der Ml auch an eine Dame im Pkw erinnern konnte, was mit der Schilderung des Bw übereinstimmt, seine Mutter sei ebenfalls dabei gewesen. Dabei ist  auch zu bedenken, dass die Eltern naturgemäß den Sohn verständigt haben, dass der Pkw nicht mehr fahrbereit sei. Dass sich der Sohn entschlossen hat, den Pkw nach Hause abzuschleppen, entspricht zwar nicht dem Zweck der Probefahrt und erfolgte ganz sicher nicht im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb des Zeugen X, ist aber einigermaßen nachvollziehbar und menschlich verständlich und kommt damit zwar nicht einem Rechtfertigungsgrund nahe, ist aber doch im Hinblick auf das Verschulden des Bw an der zweifellos erfolgten Erfüllung des ihm vorgeworfenen Tatbestandes so zu sehen, dass dieses gerade noch als geringfügig einzustufen ist, wobei die Tat auch keine Folgen nach sich zog. Die vom Vater in der Verhandlung vorgelegte Broschüre der Wirtschaftskammer kam bei dieser "Hilfeleistung" sicher nicht zum Tragen.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiters Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Unter Bedachtnahme auf die obigen Ausführungen war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht vorzuschreiben waren.

 

Zu bemerken ist, dass der Bw hinsichtlich des Tatvorwurfs gemäß §§ 37 Abs.1 und 2a iVm 14 Abs.1 Z1 FSG am 12.12.2008 fristgerecht Einspruch gegen die (gesamte) Strafverfügung der Erstinstanz vom 1.12.2008 erhoben hat, dh die Strafverfügung gemäß § 49 Abs.2 VStG außer Kraft trat. Dieser Tatvorwurf war auch Teil der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 28.5.2009 und wurde vom Bw im Schreiben vom 12.6.2009 bestritten, obwohl er, nach eigenen Angaben nur, um einer Lohnpfändung zu entgehen, die Strafe bereits bezahlt hat. Im Straferkenntnis vom 1. Dezember 2009 ist dieser Tatvorwurf nicht enthalten, wurde inhaltlich aber in der Berufungsverhandlung miterörtert.   

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Probefahrt, PKW der Eltern hatte Panne -> Bw schleppte ab im Zuge der "Probefahrt" -> Tatbestand erfüllt, aber Ermahnung gerechtfertigt.

 

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