Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252400/2/Gf/Mu

Linz, 10.03.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Finanzamtes Kirchdorf-Perg-Steyr, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 11. Februar 2010, GZ SV96-5-2010 (mitbeteiligte Partei: x), wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 11. Februar 2010, GZ SV96-5-2010, wurde von der Fortführung des gegen die mitbeteiligte Partei als Gesellschafter einer KG deshalb, weil diese zwischen dem 27. Juli und dem 3. August 2009 in Perg eine andere Person als Dienstnehmer beschäftigt habe, ohne jene zuvor zumindest mit den Mindestangaben beim zuständigen Sozialversicherungsträger zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung angemeldet zu haben, eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens abgesehen und dieses gleichzeitig eingestellt, da sie eine Übertretung des § 33 Abs. 1 i.V.m. § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 150/2009 (im Folgenden: ASVG) nicht begangen habe.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass sich aus dem von der Oö. Gebietskrankenkasse vorgelegten Versicherungsdatenauszug ergeben hätte, dass die mitbeteiligte Partei ihren Dienstnehmer zum Tatzeitpunkt ohnehin ordnungsgemäß angemeldet gehabt habe.

1.2. Gegen dieses ihm am 12. Februar 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 26. Februar 2010 – und damit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

Darin  bringt die beschwerdeführende Partei vor, dass sich aus den zeugenschaftlichen Aussagen des Dienstnehmers insgesamt ergebe, dass er zwischen dem 27. Juli und dem 3. August 2009 in der KG der mitbeteiligten Partei gearbeitet und deshalb von dieser anzumelden gewesen wäre.

Daher wird – erschließbar – die Bestrafung der mitbeteiligten Partei beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Perg zu GZ SV96-5-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen auch gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall, weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG handelt derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er (im Erstfall) mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, sofern die Tat weder von den Gerichten zu ahnden noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist –, der als Dienstgeber Meldungen oder Anzeigen entgegen den Bestimmungen des ASVG entweder nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden; diese Meldepflicht gilt nach § 33 Abs. 2 ASVG u.a. auch für teilversicherte, nämlich bloß in der
Unfallversicherung pflichtversicherte Dienstnehmer.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall ist ausschließlich strittig, ob der Dienstnehmer erst ab dem 3. August 2009 oder schon eine Woche zuvor, nämlich am 27. Juli 2009, bei der mitbeteiligten Partei tätig gewesen ist, wobei (nur) im letzteren Fall die Anmeldung zum Sozialversicherungsträger verspätet erfolgt wäre.

 

Diesbezüglich wurde der Dienstnehmer am 7. August 2009 durch Erhebungsbeamte des Finanzamtes Kirchdorf-Perg-Steyr zeugenschaftlich einvernommen, wobei er angab, dass er seit dem "27. Juli 2009 bei einer Firma in x" arbeite, wobei er "den Firmennamen nicht genau" wisse, aber glaube, dass diese "x oder so" heiße; allerdings konnte er den Standort dieses Unternehmens genau beschreiben, sodass sich daraus insgesamt zweifelsfrei ergab, dass es sich dabei um die KG der mitbeteiligten Partei handelte (vgl. die Niederschrift ["Protokoll"] des Finanzamtes Kirchdorf-Perg-Steyr vom 7. August 2009, GZ 51/31006/2009).

 

Daraus resultiert aber im Ergebnis ein gravierendes Indiz dafür, dass der Dienstnehmer auch schon in der Zeit vom 27. Juli bis zum 2. August 2009 im Unternehmen der mitbeteiligten Partei beschäftigt war.

 

Wie sich aus der Niederschrift des Magistrates der Stadt Linz vom 4. Dezember 2009, GZ 38226/2009, ergibt, wurde jedoch die mitbeteiligte Partei seitens der Verwaltungsstrafbehörde im Zuge ihrer Einvernahme mit diesem konkreten Beweisergebnis gar nicht konfrontiert. Dies wäre jedoch – da sie mehrfach behauptet hat, dass der in Rede stehende Dienstnehmer in ihrem Unternehmen erst am 3. August 2009 zu arbeiten begonnen hat – offensichtlich schon deshalb erforderlich gewesen, um zu vermeiden, dass letztlich Aussage gegen Aussage gleichsam deshalb beziehungslos nebeneinander stehen, weil sich beide in ihrem Kern jeweils auf unterschiedliche Aspekte des angelasteten Tatbestandes bezogen haben, da die mitbeteiligte Partei hier zu dem Umstand, dass sogar ihr eigener Dienstnehmer zeugenschaftlich ausgesagt hat, bereits eine Woche früher in ihrer Gesellschaft zu arbeiten begonnen zu haben, konkret gar nicht Stellung beziehen musste.

 

3.3. Weil dem Unabhängigen Verwaltungssenat gemäß Art. 129 ff B-VG jedoch lediglich die Funktion einer Rechtmäßigkeitskontrolle, nicht aber auch jene einer Strafverfolgungsbehörde zukommt (vgl. zuletzt auch z.B. VwSen-252380 vom 19. Februar 2010), obliegt es, wenn sich ergibt, dass substantielle Ermittlungen dahin, ob der dem Beschwerdeführer angelastete Tatbestand erfüllt ist, und damit ausschließlich dem Bereich der Strafverfolgung (Anklage) zuzurechnende Verfahrensschritte unumgänglich sind, somit aber schon von vornherein nicht dem UVS, sondern ausschließlich der belangten Behörde, dieses essentielle Versäumnis des Ermittlungsverfahrens – das ihr nunmehr seit der ASVG-Novelle BGBl.Nr. I 150/2009 rechtlich zuzurechnen ist, wenngleich sie es auch nicht verursacht hat (weil zum Tatzeitpunkt noch die örtliche Zuständigkeit einer anderen Verwaltungsstrafbehörde bestand und die Ermittlungen folglich auch von jener geführt wurden) – im fortgesetzten Verfahren zu substituieren.

 

3.4. Davon ausgehend war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war. Eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war hingegen im Hinblick auf die weiterhin offene Verfolgungsverjährungsfrist nicht zu verfügen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

 

VwSen-252400/2/Gf/Mu vom 10. März 2010

 

Art. 129 ff B-VG; § 33 ASVG; § 111 ASVG

 

Aufhebung ohne Einstellung, wenn sich aus dem Akt ergibt, dass substantielle Ermittlungen dahin, ob der dem Beschwerdeführer angelastete Tatbestand erfüllt ist, und damit ausschließlich dem Bereich der Strafverfolgung (Anklage) zuzurechnende Verfahrensschritte unumgänglich sind (vgl. auch VwSen-252380 vom 19. Februar 2010).

 

 

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