Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401049/5/WEI/Ba

Linz, 05.03.2010

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des x, geb. x, Staatsangehöriger von Afghanistan, vormals im PAZ Wels, vertreten durch x, Rechtsanwalt in x, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Wels zu Recht erkannt:

 

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 135/2009) iVm §§ 67c bis 67g und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden S a c h v e r h a l t aus:

 

1.1. Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 7. Jänner 2010, Zl. Sich 41-2-2010, wurde gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden Bf) auf der Grundlage des § 76 Abs 1 FPG die Schubhaft zur Sicherung des fremdenpolizeilichen Verfahrens (Aufenthaltsverbot oder Ausweisung) sowie zur Sicherung der Abschiebung oder Zurückschiebung angeordnet. Der Spruch lautet:

 

"Sie werden mit sofortiger Wirkung

·               zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit

·               zur Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit

·               zur Sicherung der Abschiebung

·               zur Sicherung der Zurückschiebung

in Schubhaft genommen"

 

Laut Vermerk auf der aktenkundigen Bescheidurkunde übernahm der Bf den Bescheid am 7. Jänner 2010 samt Übersetzung des wesentlichen Inhalts um 13:40 Uhr und bestätigte dies mit seiner Unterschrift. Der Bf wurde in der Folge zum Vollzug der Schubhaft ins Polizeianhaltezentrum (PAZ) Wels überstellt.

 

Zum Sachverhalt führt die belangte Behörde aus:

 

"Laut Ihren eigenen Angaben haben Sie gemeinsam mit Ihrer Frau, Ihrem Sohn und Ihren beiden Töchtern Afghanistan am 15.07.2009 verlassen. Ihre Reiseroute führte Sie von Afghanistan über den Iran in die Türkei. Von der Türkei setzten Sie mit einem Boot auf eine unbekannte griechische Insel über. In Griechenland wurden Sie von der Polizei inhaftiert, erkennungsdienstlich behandelt und anschließend in ein Camp gebracht. Aus dem Camp wurden Sie von der Polizei auf ein Schiff verbracht. Nach Ankunft in einer Ihnen unbekannten Stadt, verweilten Sie und Ihr Sohn dort für Monate in einer Hütte im Wald. Zwischenzeitlich, nach einem Monat, seien Ihre Frau und Ihre Töchter nach Deutschland geschleust worden. Nach dem fünfmonatigem Aufenthalt erfolgte für Sie und Ihren Sohn die Weiterfahrt in einem LKW bis nach x. In x bestiegen Sie den Zug ICE 20 zur Fahrt nach Frankfurt.

 

Sie reisten sodann gemeinsam mit Ihrem Sohn, x, am x gegen 19.30 Uhr im grenzüberschreitenden Zug ICE 20 von Österreich in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. In x verließen Sie kurz den Zug, um sich einen neue Fahrkarte zu besorgen, die ursprüngliche hatten Sie zerrissen. Im Zuge einer Personenkontrolle konnten Sie keine gültigen Reisedokumente in Verbindung mit einem Einreise-/Aufenthaltstitel für Deutschland oder einen anderen Schengenstaat vorweisen und wurden Sie von der deutschen Polizei festgenommen.

 

Anlässlich der Einvernahme durch die deutsche Polizei gaben Sie Ihre Identität bekannt, schilderten Ihren Reiseweg und führten weiters an, Ihr Reiseziel sei Frankfurt gewesen, da Ihre restlichen Familienangehörigen bereits in Deutschland seien, wo genau wüssten Sie aber nicht. Aufgrund Ihres nachweislichen Reisewegs von Österreich wurden Sie am heutigen Tage nach dem österreichisch-deutschen Rückübernahmeabkommen nach Österreich rücküberstellt und der Bezirkshauptmannschaft Schärding vorgeführt."

 

Die belangte Behörde führt begründend weiter aus, dass nach Überprüfung des Sachverhaltes die Schubhaft verhängt werde, da im weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren gegen den Bf ein Aufenthaltsverbot erlassen werde. Da er nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments oder einer aufenthaltsrechtlichen Bewilligung sei, halte er sich illegal im Bundesgebiet auf und sei auch illegal eingereist.

 

Es bestehe beim Bf ernsthaft die Gefahr, dass er sich dem Zugriff der Behörde entziehen und dadurch die angeführten fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern werde. Die Behörde habe sich mit der Möglichkeit der Anwendung gelinderer Mittel befasst, vertrete dazu aber die Auffassung, dass das im Vordergrund stehende fremdenpolizeiliche Ziel bei Abstandnahme von der Schubhaft nicht erreicht werden könnte, zumal die Identität des Bf nicht feststehe bzw erst versucht werden müsse, diese festzustellen, um in weiterer Folge geeignete Maßnahmen anordnen zu können. Weiters sei anzuführen, dass der Bf im Inland weder beruflich noch sonst in irgendeiner Weise sozial verankert sei. es sei vorgesehen, ihn in sein Heimatland abzuschieben. Bisher habe er auch keinen Asylantrag in Österreich gestellt.

 

1.2. Aus dem von der deutschen Bundespolizeiinspektion Freyung ausgefüllten Formblatt "Anbietung nach dem bilateralen Abkommen mit Österreich" samt Beilagen vom 7. Jänner 2010 ergibt sich im Wesentlichen der von der belangten Behörde dargestellt Sachverhalt und dass der Bf keine Barmittel mitgeführt hat.

 

Bei der Einvernahme durch die deutsche Bundespolizei gab der Bf an, dass ein Schleuser die Frau und seine Töchter für 4000 Dollar nach Deutschland gebracht hätte. Der Bf und sein Sohn seien in einer Hütte geblieben, weil er zunächst nicht mehr genügend Geld hatte. Nach einer Überweisung von 8000 Dollar und 5 Monaten in der Hütte seien sie mit dem LKW bis nach x gefahren, wo sie der Schleuser zu einem Zug nach Deutschland brachte und ein Zugticket kaufte. Nach etwa drei Stunden Fahrt wären sie ausgestiegen und hätten von Passanten erfahren, dass sie erst in x sind. Die alten Tickets hätten sie zerrissen und weggeworfen. Der Sohn kaufte dann am Automaten Tickets bis Frankfurt. Im Zug seien sie in der Folge von der Polizei festgenommen worden.

 

1.3. Nach dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 11. Jänner 2010 teilte eine deutsche Rechtsanwaltskanzlei (x) der belangten Behörde telefonisch mit, dass sich die Frau des Bf und seine Töchter in Bremen aufhielten. Ein Asylverfahren sei anhängig und Deutschland habe vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht. Man ersuche eine Familienzusammenführung einzuleiten. In weiterer Folge wurde per Telefax ein Schreiben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden BAMF), Referat Dortmund, vom 12. November 2009, Zl. x, an eine Rechtsanwältin x in x übermittelt, mit dem zu den Asylverfahren von x, geb. x, x, geb. x und x, geb. x, mitgeteilt wird, dass die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art 3 Abs 2 Dublin II Verordnung Gebrauch gemacht habe. Das Asylbegehren werde im nationalen Verfahren geprüft und von der zuständigen Außenstelle in Bremen bearbeitet.

 

Der aktenkundigen Information vom 12. Jänner 2010 um 14:24 Uhr aus der Asylwerberinformationsdatei zu Zl. 10 00.282 ist zu entnehmen, dass der Bf am 12. Jänner beim LPK einen Asylantrag gestellt habe. Mit Aktenvermerk der belangten Behörde vom 12. Jänner 2010 wurde festgehalten, dass der Bf bei den Vollzugsbeamten des PAZ Wels den Asylantrag stellte, die Erstbefragung aber noch nicht erfolgt wäre. Die Schubhaft bleibe zur Sicherung des Verfahrens aufrecht und gelte als nach § 76 Abs 2 FPG verhängt. Einen weiteren Aktenvermerk vom 12. Jänner 2010 zufolge sei die Erstbefragung im PAZ Wels nach drei Versuchen abgebrochen worden, weil der Bf und sein Sohn keinen Asylantrag in Österreich stellen wollten. Nach dem Aktenvermerk vom 14. Jänner 2010 ergab eine telefonische Anfrage beim BAMF, Außenstelle Bremen und Nürnberg Referat 430 (Familienzusammenführung), dass es ohne Asylantrag keine Möglichkeit der Familienzusammenführung gebe.

 

Das Bundesasylamt (BAA) Erstaufnahmestelle West (EASt West) teilte mit E-Mail am 18. Jänner 2010 mit, dass die Asylanträge des Bf und seines Sohnes als gegenstandslos abgelegt werden, da diese trotz begonnener Niederschrift keinen Asylantrag stellen wollten. Nach einer weiteren Eintragung im Asylinformationssystem vom 18. Jänner 2010 hat das PAZ Wels mitgeteilt, dass nunmehr doch Asyl beantragt werde. Mit E-Mail vom 19. Jänner 2010 teilte die belangte Behörde dem BAA EASt West mit, dass die Frau und Töchter des Bf in Deutschland Asylantrag gestellt haben und dass eine Familienzusammenführung einzuleiten sei.

 

Der Bf wurde dann für 21. Jänner 2010 zur asylrechtlichen Einvernahme geladen und mit E-Mail vom 21. Jänner 2010 erteilte das BAA EASt West die fremdenpolizeiliche Information, dass das Ausweisungsverfahren gemäß § 27 Abs 1 AsylG mit 21.01.2010 ex lege als eingeleitet gelte.

 

Mit E-Mail vom 3. Februar 2010 informierte die Asylbehörde die belangte Behörde, dass ein Bescheid gemäß § 5 AsylG mit 3. Februar 2010 erlassen wurde, wobei der Bescheid mit dem gleichen Tag in Rechtskraft erwuchs. Auch die gleichzeitig ausgesprochene Ausweisung nach Deutschland sei rechtskräftig geworden. Dem aktenkundigen Ausdruck vom 8. Februar 2010 aus dem Asylinformationssystem ist zu entnehmen, dass der Bf bei Übernahme des Asylbescheides am 3. Februar 2010 auch einen Beschwerdeverzicht unterzeichnete.

 

1.4. Mit Schreiben vom 4. Februar 2010 ersuchte das BAA EASt West, Dublinabteilung, die belangte Behörde um Überstellung des Bf nach Deutschland mit dem Hinweis, dass sich Deutschland entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Übernahme zwecks Durchführung des Asylverfahrens verpflichtet habe. Ein Laissez-Passer und das Zustimmungsschreiben des deutschen BAMF vom 26. Jänner 2010 betreffend den Bf und seinen Sohn wurden angeschlossen.

 

Mit Schreiben vom 5. Februar 2010 teilte die belangte Behörde dem Bf gemäß § 67 Abs 4 FPG mit, dass seine Abschiebung nach Deutschland für 11. Februar 2010 geplant sei. Er werde von Polizeibeamten zum Flughafen begleitet und danach alleine nach Hamburg fliegen, wo er von den deutschen Behörden empfangen und nach Bremen überstellt werde.

 

Mit Telefaxschreiben vom 8. Februar 2010 hat die belangte Behörde die Dublinüberstellung mit Flugnummer x der x am 11. Februar 2010 um 08:40 Uhr ab x nach x und die Aufhebung der Schubhaft mit diesem Datum angeordnet. Die Polizeiinspektion Schärding berichtete mit Schreiben vom 11. Februar 2010, Zl. A2/161/2010, OZ 2, dass man den Bf und seinen Sohn ohne besondere Vorkommnisse zum Flughafen x brachte und die Ausreise überwacht wurde.

 

1.5. Mit Eingabe vom 18. Februar 2010, ho. eingelangt am 22. Februar 2010, brachten der Bf und sein Sohn x, beide vertreten durch Rechtsanwalt x, unter Vorlage der Schubhaftbescheide eine gemeinsame Beschwerde ein und beantragten,

 

der UVS für Oberösterreich möge,

 

a)      feststellen, dass die Inschubhaftnahme der Beschwerdeführer mit Bescheiden der BH – Schärding vom 07.01.2010, GZ: Sich41-2-2010 und Sich41-3-2010 rechtswidrig war und die Anhaltung der Beschwerdeführer seit dem 07.01.2010 rechtswidrig ist; sowie

b)      erkennen, der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, den Beschwerdeführern die Kosten des Schubhaftbeschwerdeverfahrens im gesetzlichen Ausmaß binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu Handen des Beschwerdeführervertreters zu bezahlen.

 

2. Die Beschwerde bringt zum Sachverhalt vor:

 

"Wir sind Flüchtlinge aus Afghanistan. Wir sind am 06.01.2010 in Österreich eingereist und haben am 12.01.2010 einen Asylantrag gestellt. Unsere Asylanträge wurden mit Bescheiden der Asylbehörde vom 03.02.2010, gem. § 5 AsylG zurückgewiesen und wurde unsere Ausweisung (nach Deutschland) ausgesprochen.

 

Die belangte Behörde verhängte über uns mit Bescheiden vom 07.01.2010, GZ: Sich41-2-2010 (betreffend den Erstbeschwerdeführer) und GZ: Sich 41-3-2010 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer) die Schubhaft. Wir befinden uns seit 07.01.2010 im PAZ Wels in Schubhaft.

 

Wir gegen davon aus, dass die über uns verhängte Schubhaft rechtswidrig ist und erheben ...."

 

Im Übrigen wird begründend unter Zitierung des Spruchs des Schubhaftbescheides gerügt, dass dieser keinen konkreten Schubhaftzweck anführe. Die Schubhaftzwecke würden sich teilweise sogar ausschließen. Die Schubhaft dürfe aber nur für einen konkreten Sicherungszweck verhängt werden. Da dieses formale Erfordernis nicht erfüllt sei, sei die Anhaltung in Schubhaft bereits rechtswidrig.

Bei den auf § 76 Abs 1 FPG gestützten Schubhaftbescheiden wäre die Sicherungsnotwendigkeit nicht erfüllt und auch nicht nachvollziehbar begründet. Anhaltspunkte dafür, sich dem behördlichen Zugriff zu entziehen, lägen nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten mit den Behörden kooperiert und Asylantrag gestellt. Ihr Interesse wäre darauf gerichtet gewesen, das Asylverfahren erfolgreich zu bestreiten. Anhaltspunkte für eine Flucht wären nicht vorgelegen, weshalb die Schubhaft nicht verhängt hätte werden dürfen.

 

Abgesehen davon wäre durch Anordnung gelinderer Mittel der Sicherungszweck erreichbar gewesen. Diese Möglichkeit wäre von der belangten Behörde nicht in Erwägung gezogen und nicht einmal ernsthaft geprüft worden. Auch aus diesem Grund erweise sich die Schubhaft als rechtswidrig.

 

3.1. Mit E-Mail vom 22. Februar 2010 hat die belangte Behörde mitgeteilt, dass sich der Bf und sein Sohn seit 11. Februar 2010 nicht mehr in Schubhaft befinden. Ihre fremdenpolizeilichen Akten legte sie am 24. Februar 2010 ohne weiteren Kommentar vor.

 

3.2. Der erkennende Verwaltungssenat hat unter Berücksichtigung der Beschwerde auf Grundlage der vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

 

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG idF BGBl I Nr. 122/2009 ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs 1 Z 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Nach § 83 Abs 2 FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

  1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und
  2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des fremden hätte vorher geendet.

 

Gemäß § 83 Abs 4 FPG hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Im vorliegenden Fall hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding den Schubhaftbescheid erlassen und die Anhaltung in Schubhaft angeordnet. Der Oö. Verwaltungssenat ist daher örtlich zuständig.

 

Der Bf wurde am 7. Jänner 2010 ab 13:40 Uhr in Schubhaft genommen und am 11. Februar 2010 mit seiner Ausreise nach Deutschland auf dem Luftweg über x (Abflug 08:40 Uhr) aus der Schubhaft entlassen. Die am 22. Februar 2010 eingelangte Schubhaftbeschwerde wurde somit nach Aufhebung der Schubhaft aber noch innerhalb der Sechswochenfrist des § 67c Abs 1 AVG und damit rechtzeitig eingebracht. Sie ist grundsätzlich zulässig.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Nach § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

1.     gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.     gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.     gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4.     auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs 2a FPG idF BGBl I Nr. 122/2009 hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

 

1.     gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz zukommt;

2.     eine Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs 3 AsylG 2005 verletzt hat;

3.     der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4.     der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5.     der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde,

 

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Nach § 76 Abs 3 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Nach § 76 Abs 6 FPG kann die Schubhaft aufrecht erhalten werden, wenn ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG vor, gilt die Schubhaft als nach dieser Gesetzesstelle verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft nach Abs 2 ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

4.3. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs 1 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

In der neueren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vermag die fehlende Ausreisewilligkeit eines Fremden für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht zu rechtfertigen. Deshalb kann auch die Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft noch nicht rechtfertigen. Es ist nämlich in einem zweiten Schritt die Frage des Bestehens eines Sicherungsbedarfes zu prüfen, der insbesondere im Fall mangelnder sozialer Verankerung im Inland in Betracht kommt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof auch schon mehrfach betont, dass in Bezug auf die Annahme eines Sicherungsbedarfes aus Überlegungen zu einem strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden Fehlverhalten alleine nichts zu gewinnen sei (ständige Rspr; vgl ua. VwGH 8.9.2005, Zl. 2005/21/0301; VwGH 22.6.2006, Zl. 2006/21/0081; VwGH 27.3.2007, Zl. 2005/21/0381; VwGH 28.6.2007, Zl. 2005/21/0288 und Zl. 2004/21/0003; VwGH 30.8.2007, Zl. 2006/21/0107; VwGH 28.5.2008, Zl. 2007/21/0246).

 

Überdies ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs beim Sicherungserfordernis die konkrete Situation des Beschwerdeführers (Einzelfallprüfung) zu prüfen. Deswegen verbietet sich auch ein Abstellen auf allgemeine Erfahrungen im Umgang mit Asylwerbern oder aus anderen Fällen (vgl VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0051; VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0091).

 

4.4. Die Beschwerde bekämpft zunächst die nach dem § 76 Abs 1 FPG verhängte Schubhaft mit der Behauptung, dass der Spruch des Bescheides keinen konkreten Sicherungszweck erkennen lasse und sich die angeführten Zwecke teilweise ausschlössen. Dem letzteren Einwand ist bloß zu entgegen, dass die angeführten Schubhaftzwecke widerspruchsfrei in alternativer Form verstanden werden können. Außerdem geht aus der Begründung des Schubhaftbescheides hervor, dass gegen den Bf im weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren ein Aufenthaltsverbot verhängt werden soll. Damit ist eindeutig der Zweck der Verfahrenssicherung zur Erlassung eines den Umständen nach möglichen Aufenthaltsverbotes (vgl etwa § 60 Abs 1 und Abs 2 Z 7 FPG) aus dem Bescheid erkennbar. Der Verwaltungsgerichthof hat in der Vergangenheit die alternative Anführung mehrerer Schubhaftzwecke nebeneinander für zulässig gehalten, wenn sie nicht von vornherein ausgeschlossen waren (vgl bspw VwGH 14.06.1996, Zl. 95/02/0410; VwGH 02.05.1995, Zl. 95/02/0011).

 

Die Beschwerde wendet sich weiter gegen die Verhängung der Schubhaft mit der allgemeinen Behauptung, dass keine Sicherungsnotwendigkeit vorgelegen wäre, und hilfsweise mit der weiteren Behauptung, dass der angestrebte Sicherungszweck durch Anordnung gelinderer Mittel erreichbar gewesen wäre. Näheres wird dazu aber nicht ausgeführt.

 

Der erkennende Verwaltungssenat teilt die Auffassung der Beschwerde nicht, sondern geht davon aus, dass die Umstände des Falles im Zeitpunkt der Schubhaftanordnung die Annahme eines Sicherungsbedarfs durchaus gerechtfertigt haben. Der Bf und sein Sohn sind schlepperunterstützt mit dem LKW bis x gelangt und dann von dort am 6. Jänner 2010 mit dem Reisezug ICE 20 in Richtung Deutschland gefahren. Es war geplant, die Ehefrau des Bf und seine beiden Töchter, die schon früher von Schleppern nach Deutschland gebracht wurden, zu treffen, wobei der Bf aber nicht genau wusste, wo sich diese aufhalten. Nach seinen Angaben vor der deutschen Polizei wollte er deshalb zunächst nach x, weil dort viele Afghanen leben. Wenn er die Angehörigen dort nicht angetroffen hätte, wäre er nach Hamburg weitergefahren, wo er sie in einem Camp vermutete.

 

Die Zugtickets ab x haben beide weggeworfen und zerrissen. In x kauften sie neue Tickets und bestiegen dann wieder den Zug. Dies könnte darauf hindeuten, dass sie - möglicherweise auf Anraten des Schleppers – Hinweise zum Reiseweg beseitigen wollten. Bei der Kontrolle im Zug gegen 19:30 Uhr durch Beamte der deutschen Bundespolizei wurden sie dann wegen illegaler Einreise ohne Aufenthaltstitel festgenommen und mussten in der Folge am 7. Jänner 2010 nach dem österreichisch-deutschen Abkommen betreffend Übergabe und Übernahme von Personen an der Grenze durch die belangte Behörde zurückgenommen werden. Zu diesem Zeitpunkt konnte die belangte Behörde nur von den dargestellten Angaben des Bf ausgehen. Dessen Identität war nicht gesichert, sondern beruhte nur auf den eigenen Angaben. Er war illegal ohne Reisedokument und Aufenthaltstitel gereist und hat in Österreich weder Wohnsitz oder Unterkunft, noch irgendwelche sozialen Bindungen. Ebenso wenig hat er ausreichende finanzielle Mittel, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er ist auf Unterstützung durch andere angewiesen, weil er auch keiner legalen Arbeit nachgehen kann.

 

Bei dieser Sachlage erscheint die Schubhaft zur Verfahrenssicherung notwendig, weil die belangte Behörde zur Klärung der fremdenpolizeilichen Voraussetzungen darauf angewiesen ist, dass der Bf für sie greifbar ist. Auf freiem Fuß belassen hätte er höchstwahrscheinlich abermals versucht, gemeinsam mit seinem Sohn auf illegale Weise nach Deutschland zu gelangen, weil er den Plan hatte, dort unbedingt seine Frau und seine Töchter zu treffen. Dies hätte auch dem bilateralen Abkommen mit Deutschland widersprochen und Österreich wäre unter Umständen gezwungen gewesen, den Bf abermals zurückzunehmen.

 

Die belangte Behörde hat bei Verhängung der Schubhaft mit Recht von der Anordnung gelinderer Mittel iSd § 77 FPG Abstand genommen, weil der Sicherungszweck der Schubhaft dadurch nicht hätte erreicht werden können. Die Gefahr des Untertauchens und Absetzens nach Deutschland wäre angesichts der aktenkundigen Anhaltspunkte viel zu groß gewesen, um den Bf auf freiem Fuß zu belassen. Zum Sicherungsbedarf im Zusammenhang mit den fremdenpolizeilichen Maßnahmen zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes hat die belangte Behörde durchaus schlüssig und nachvollziehbar auf das Fehlen von Reisedokument und aufenthaltsrechtlicher Bewilligung, die illegale Einreise, den unerlaubten Aufenthalt, die ungeklärte Identität und die fehlenden berufliche oder sonstige Integration des Bf hingewiesen. Entgegen der Darstellung der Schubhaftbeschwerde lagen genügend Anhaltspunkte für die Annahme vor, der Bf werde sich dem fremdenpolizeilichen Zugriff entziehen. Auch der pauschale Vorwurf der Beschwerde, die belangte Behörde hätte die Möglichkeit gelinderer Mittel nicht einmal ernsthaft geprüft, ist unberechtigt.

 

4.5. Im vorliegenden Fall hat der Bf laut aktenkundigem Ausdruck aus der Asylinformationsdatei am 12. Jänner 2010 und damit während der Anhaltung in Schubhaft einen Asylantrag gestellt. Mit Aktenvermerk vom 12. Jänner 2010 stellte die belangte Behörde fest, dass die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens aufrecht bleibe und als nach § 76 Abs 2 FPG verhängt gelte, ohne aber die Voraussetzungen dafür anzugeben. Die Einleitung eines asylrechtlichen Ausweisungsverfahrens wurde der belangten Behörde erst mit fremdenpolizeilicher Information des BAA EASt West vom 21. Jänner 2010 bekannt gegeben.

 

Gemäß § 76 Abs 6 FPG Satz 1 kann die Schubhaft aufrecht erhalten werden, wenn erst während der Anhaltung ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG vor, gilt die Schubhaft als nach Abs 2 verhängt, wobei das Vorliegen dieser Voraussetzungen mit Aktenvermerk festzuhalten ist.

 

Der Verwaltungsgerichthof (vgl VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582 mit Zitat aus den E zur RV, 952 BlgNR 22. GP, 104) hat zum § 76 Abs 6 FPG ausgesprochen, dass es der erste Satz dieser Bestimmung der Behörde trotz der erlangten Stellung des Schubhäftlings als Asylwerber gestattet, eine rechtmäßig auf § 76 Abs 1 FPG gestützte Schubhaft auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG aufrecht zu erhalten. Das in einem Aktenvermerk festzuhaltende allfällige Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG steht nur im Zusammenhang mit der dann möglichen längeren Schubhaftdauer (vgl dazu § 80 Abs 2 und 5 FPG). Die oben zitierte Regierungsvorlage zum Fremdenrechtspaket 2005 erklärt die Regelung für unbedingt erforderlich, um einem in Schubhaft angehaltenen Fremden nicht die Möglichkeit zu geben, durch die Asylantragstellung die Aufhebung der Schubhaft zu erzwingen.

 

Entgegen den Behauptungen der Schubhaftbeschwerde durfte die belangte Behörde aus den dargelegten Gründen beim gegebenen Sachverhalt die Schubhaft zunächst auf § 76 Abs 1 FPG stützen und dann in der Folge auch noch gemäß dem § 76 Abs 6 FPG aufrecht erhalten.

 

4.6. Erst auf Grund der Einleitung eines Dublinverfahrens zwecks Familienzusammenführung durch das BAA EAST West, der asylbehördlichen Einvernahme des Bf vom 21. Jänner 2010, wo er sich damit und mit der Prüfung des Asylantrages in Deutschland einverstanden erklärte, und schließlich der am 26. Jänner 2010 beim BAA eingelangten Zustimmung des deutschen BAMF zur Übernahme des Bf und seines Sohnes gemäß Art 8 Dublin II Verordnung (EG) Nr. 343/2003 waren nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats ernsthafte Zweifel an der Notwendigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft angebracht. Diese werden schließlich auch noch durch den Umstand bestätigt, dass der Bf am 3. Februar 2010 nach Zustellung des zurück- und ausweisenden Asylbescheides einen Beschwerdeverzicht erklärte.

 

In der vorliegenden Schubhaftbeschwerde werden diese Umstände aber nicht geltend gemacht. Es wird mit keinem Wort erwähnt, dass Deutschland hinsichtlich der Gattin und der Töchter des Bf vom Selbsteintrittsrecht nach Art 3 Abs 2 der Dublin II Verordnung Gebrauch gemacht hat und daher voraussichtlich eine Familienzusammenführung im Dublinverfahren angestrebt und auch mit Erfolg durchgeführt werden kann. Der erkennende Verwaltungssenat durfte diese Umstände nicht von Amts wegen aufgreifen, weil ihm bei nicht aufrechter Anhaltung in Schubhaft für die Vergangenheit nur eine eingeschränkte Prüfungsbefugnis zukommt und er nach dem § 83 Abs 4 FPG im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (Beschwerdegründe) zu entscheiden hatte.

 

Nach der auch für § 83 Abs 4 FPG maßgeblichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den insoweit inhaltsgleichen Vorläuferbestimmungen des § 52 Abs 4 Fremdengesetz (StF BGBl I Nr. 838/1992) und des § 73 Abs 4 Fremdengesetz 1997 (StF BGBl I Nr. 75/1997) haben die unabhängigen Verwaltungssenate die behauptete Rechtswidrigkeit der Schubhaft für die Vergangenheit nur unter jenem Blickwinkel (im Rahmen jener Gründe) zu prüfen, aus welchem dies geltend gemacht wird. Dabei sei der Begriff "Beschwerdepunkte" nicht dem des § 28 Abs 1 Z 4 VwGG gleichzusetzen (ständige Rechtsprechung; vgl etwa VwGH 09.06.1995, Zl. 95/02/0128; VwGH 09.06.1995, Zl. 94/02/0483; VwGH 23.08.1996, Zl. 95/02/0434; VwGH 08.11.1996, Zl. 96/02/0382; VwGH 24.01.1997, Zl. 95/02/0382; VwGH 28.03.2003, Zl. 2001/02/0028).

 

5. Im Ergebnis war daher die Schubhaftbeschwerde nach Prüfung im Rahmen der geltend gemachten Gründe als unbegründet abzuweisen. Bei diesem Verfahrensergebnis war die belangten Behörde gemäß § 79a Abs 3 AVG als obsiegende Partei anzusehen. Mangels einer Antragstellung gemäß § 79a Abs 6 AVG hatte eine Entscheidung über den Ersatz des Aufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei zu unterbleiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Bundesstempelgebühren für die Beschwerde (gem. § 14 TP 6 Abs 1 GebG) von 13,20 Euro und 1 Beilage kurz (gem. § 14 TP 5 Abs 1 GebG) von 3,60 Euro, insgesamt daher von 16,80  Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 


Rechtssätze zu VwSen-401050 vom 5. März 2010

 

§ 76 Abs 1 FPG

 

Die im Spruch aufgelisteten Schubhaftzwecke (Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung, Sicherung der Abschiebung, Sicherung der Zurückschiebung) können alternativ und damit widerspruchsfrei verstanden werden. Die gleichzeitige Anführung mehrerer Schubhaftzwecke ist zulässig, wenn sie nicht nach den tatsächlichen Umständen von vornherein ausgeschlossen sind.

 

Bei einem schlepperunterstützt und illegal ohne Reisedokumente, Aufenthaltstitel und Barmittel reisenden Afghanen, den die deutsche Bundespolizei in x aufgegriffen hat und der nach dem österreichisch-deutschen Abkommen an der Grenze zurückgenommen werden musste, erscheint Schubhaft zur Sicherung des fremdenpolizeilichen Verfahrens gemäß § 76 Abs 1 FPG verhältnismäßig und notwendig, wenn weder seine Identität gesichert ist, noch Wohnsitz oder Unterkunft und soziale Anknüpfung vorliegen und er unbedingt, und zwar auch illegal, nach Deutschland will, weil er dort seine Frau und zwei Töchter vermutet.

 

§ 76 Abs 6 FPG

 

Ein während der Anhaltung in Schubhaft gestellter Asylantrag berechtigt die Behörde schon nach dem ersten Satz des Abs 6 zur Aufrechterhaltung der Schubhaft, auch wenn die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG nicht vorliegen. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 76 Abs 2 FPG und der Aktenvermerk darüber haben Bedeutung im Zusammenhang mit einer möglichen längeren Schubhaftdauer nach § 80 Abs 5 FPG.

 

§ 83 Abs 4 FPG

 

Dem unabhängigen Verwaltungssenat kommt für die Vergangenheit nur eine eingeschränkte Prüfungsbefugnis im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu. Dies bedeutet nach der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, dass der unabhängige Verwaltungssenat nur die in der Beschwerde geltend gemachten Gründe für die Rechtswidrigkeit der Schubhaft berücksichtigen darf.

 

Deshalb waren die für eine Notwendigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zwar bedeutsamen, in der Beschwerde aber mit keinem Wort angesprochenen Gründe des erfolgten Selbsteintritts Deutschlands im Asylverfahren der Angehörigen des Bf (Art 3 Abs 2 Dublin II Verordnung) und der dadurch möglichen Familienzusammenführung und Zuständigkeit Deutschlands gemäß Art 8 Dublin II Verordnung nicht aufzugreifen.

 

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