Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252395/3/Fi/Wb/Ga

Linz, 11.03.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die auf die Strafhöhe beschränkte Berufung des X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Braunau am Inn vom 20. Jänner 2010, GZ SV96-209-2010-Sc, wegen Übertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.     Der Berufung wird stattgegeben und anstelle der verhängten drei Geldstrafen (von insgesamt 2.190,-- Euro) sowie Ersatzfreiheitsstrafen (von insgesamt 60 Stunden) wird eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 20 Stunden verhängt.

II.   Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde erster Instanz wird auf 73 Euro herabgesetzt. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

 


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Braunau am Inn vom 20. Jänner 2010, GZ SV96-209-2010-Sc, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 20 Stunden) verhängt, weil er es als Gewerbeinhaber und Betreiber der Firma X, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass von dieser Firma als Dienstgeber zumindest am 22. Jänner 2009, um 9.50 Uhr, drei Personen als Dienstnehmer vor dem Geschäft „X″, X – in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt, welches über der sogenannten Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG gelegen war – mit dem Ablösen von Schaufensterfolien beschäftigt worden seien, ohne dass diese vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestabgaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden und auch nicht von dieser Versicherungspflicht im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen gewesen seien.

Als verletzte Rechtsvorschrift werden jeweils § 33 Abs. 2 iVm. § 111 des ASVG angeführt.

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass der Sachverhalt durch die Anzeige des örtlich zuständigen Finanzamtes vom 27. Jänner 2009, FA-GZ. 091/13007/3/2009, als erwiesen anzusehen sei.

Das in der Stellungnahme des Bw angeführte Vorbringen, dass er die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Reinigungsgewerbes erst im Dezember 2008 erhalten habe und ihm daher die Verpflichtungen als Gewerbetreibender nicht im ausreichendem Ausmaß bekannt gewesen seien, vermögen die Verwaltungsübertretung nicht zu entschuldigen, da er sich als Firmeninhaber über die einschlägigen Vorschriften informieren hätte müssen.

Weiters wird ausgeführt, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamkeitsdelikt gehandelt habe und die Rechtfertigungsgründe des Bw nicht ausgereicht hätten, um seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen.

Die vom Bw angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 21. Jänner 2010 zugestellt wurde, richtet sich die – fristgerecht per Telefax – bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung vom 1. Februar 2010.

In dieser schränkt der Bw die Berufung auf die Strafhöhe ein, gibt ein Tatsachen- und Schuldeingeständnis ab und beantragt die Strafe herabzusetzen. Begründend führt er dazu aus, dass er zu den Mitarbeitern gesagt habe, dass diese erst ab 10.00 Uhr zu arbeiten beginnen sollen, da die Kanzlei seines Steuerberaters erst zu diesem Zeitpunkt besetzt sei und er davor diese nicht anmelden könne. Weiters verweist der Bw darauf, dass er schon bei der Gebietskrankenkasse Salzburg eine Strafe bezahlt habe sowie seine finanzielle Situation sehr schlecht sei.

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Schreiben vom
24. Februar 2010 die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss des dort geführten Verfahrensaktes mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn zu GZ Sich96-209-2010-Sc; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und auch die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z 2 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem – unstrittigen – entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bw ist unbescholten und hat im Rahmen seiner Berufung ein Tatsachen- und Schuldeingeständnis abgelegt. Erschwerungsgründe sind für die belangte Behörde nicht hervorgekommen.

2.4. Da sich die eingeschränkte Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

2.5. Nach § 51 c Verwaltungsstrafgesetz 1991 (in der Folge: VStG) hat der
Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis je angenommenen Delikt eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3.  In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 111 ASVG, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) entgegen den Vorschriften des ASVG u.a. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine derartige Ordnungswidrigkeit ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe bis zu 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

3.2. Im gegenständlichen Fall hat der Bw zumindest am 22. Jänner 2009, um 9.50 Uhr, drei Personen beschäftigt, ohne diese vor Arbeitsantritt als Arbeitnehmer zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden. Wegen dieser Übertretung wurde über den Bw von der belangten Behörde für jeden beschäftigten Arbeitnehmer eine Geldstrafe in Höhe von jeweils 730 Euro verhängt.

Fraglich ist, ob – wovon die belangte Behörde ausgeht – nach dem ASVG – gleichermaßen, wie nach dem AuslBG – je nicht gemeldeter Personen ein Delikt anzunehmen ist oder die unterlassene Meldung mehrerer gleichzeitig beschäftigter Personen ein Delikt bildet und die Anzahl der Beschäftigten im Rahmen der Strafhöhe berücksichtigt werden muss.

Nach § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG Meldungen oder Anzeigen (jeweils Mehrzahl) nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Im Abs. 2 dieser Bestimmung ist normiert, dass die Ordnungswidrigkeit (Einzahl) nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen ist und zwar, mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro. Eine Wortinterpretation dieser Bestimmung legt es somit - indem von „Meldungen“ oder „Anzeigen“ in der Mehrzahl gesprochen wird, die allerdings nur eine Ordnungswidrigkeit bilden – nahe, dass die unterlassene Meldung mehrerer gleichzeitig beschäftigter Personen nur ein Delikt darstellt.

Eine dem AuslBG vergleichbare Regelung, wonach eine Bestrafung für jeden beschäftigten Ausländer vorgesehen ist – diese Regelung im AuslBG (§ 28) erfolgte gerade in der Absicht, hier eine Mehrfachbestrafung festzulegen (siehe Regierungsvorlage 449 BlgNR. XVII. GP, S. 15) –, findet sich in der Strafbestimmung des § 111 Abs. 1 und 2 ASVG nicht. Auch aus den Erläuterungen zu § 111 ASVG (vgl. dazu 77 BlgNR., XXIII. GP, S. 4) ergibt sich nicht, dass für jede nicht angemeldete Person eine Bestrafung erfolgen soll (in diesem Sinn auch die teleologische Argumentation von Franz Schrank, Neue Melde- und Sanktionsprobleme im ASVG, ZAS 2008, S. 8).

Der Unabhängige Verwaltungssenat kommt daher zum Ergebnis, dass es sich im gegenständlichen Fall bloß um eine Ordnungswidrigkeit handelt, womit das von der Erstbehörde bestimmte Strafausmaß korrigiert werden muss (vgl. bereits die Entscheidung des Oö. Verwaltungssenat vom 31. Juli 2009, VwSen-252114/34).

3.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuchs – StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat grundsätzlich die Mindeststrafe angenommen. Berücksichtigt man mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Bw sowie sein reuiges Verhalten, so ist trotz des erschwerend zu wertenden Umstandes, dass drei Personen nicht angemeldet wurden die nunmehr festgesetzte Strafe von 730,- Euro tat- und schuldangemessen.

Auch mit der verhängten Mindeststrafe ist dem Bw nachhaltig vor Augen geführt, dass der Einhaltung der Bestimmungen des ASVG besonderes Augenmerk zu schenken ist und er für die Einhaltung dieser Bestimmungen Sorge zu tragen hat.

 

§ 20 VStG (außerordentliches Milderungsrecht) kann im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gebracht werden, zumal das Fehlen von Erschwerungsgründen noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungs­gründe über die Erschwerungsgründe iSd Gesetzesbestimmung darstellt (vgl. u.a. VwGH 2000/03/0046 v. 20.9.2000) und auch bei den genannten mildernden Umständen von keinem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber dem Erschwerungsgrund auszugehen ist.

 

Da bei der Nichtanmeldung zur Pflichtversicherung von Arbeitskräften der zu erwartende Schaden für das Sozialversicherungssystem nicht unbedeutend ist, mangelt es zumindest schon an einer der kumulativen Voraussetzungen (geringe Tatfolgen, geringfügiges Verschulden) für ein Absehen von der Strafe gem. § 21 Abs. 1 VStG.

3.4. Es war daher der Berufung Folge zu geben und anstelle der verhängten drei Geldstrafen eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) festzusetzen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf insgesamt 73,00 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

 

 

Rechtssatz:

VwSen-252395/3/Fi/Wb vom 11. März 2010

§ 111 Abs. 1 und 33 Abs. 2 ASVG:

Die unterlassende Meldung mehrer gleichzeitig beschäftigter Personen bildet ein Delikt; die Anzahl der Beschäftigten Personen ist im Rahmen der Strafhöhe zu berücksichtigen.

 

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