Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252307/15/Fi/Hue/Ga

Linz, 15.03.2010

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des X, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 27. Oktober 2009, GZ. 0040164/2009, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) – nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. Jänner 2010 – mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben und die verhängte Geldstrafe auf 365 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 56 Stunden herabgesetzt. Dem übrigen Begehren in der Berufung wird keine Folge gegeben.  

II.              Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens der Erstbehörde reduziert sich auf 36,50 Euro. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 27. Oktober 2009, GZ. 0040164/2009, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil er als Präsident und somit als gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung berufene Person des Vereins X, zu verantworten habe, dass von diesem der serbische Staatsbürger X, geb. X, am 3. August 2009 als Fußballspieler im Spiel X – X in X, beschäftigt worden sei, obwohl er diesen erst rückwirkend mit 7. August 2009 zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet habe.

Als verletzte Rechtsvorschriften werden § 33 Abs.1 iVm § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) angeführt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 6. November 2009, richtet sich die vorliegende, am 20. November 2009 per E-Mail abgesendete – und somit rechtzeitige – Berufung vom selben Tag.

Darin wurde vom Bw das angefochtene Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und unrichtiger Strafbemessung zur Gänze angefochten. Von der Erstinstanz sei ausschließlich mit der angeblichen Arbeitnehmereigenschaft (Dienstnehmereigenschaft) von Herrn X bzw. der Arbeitgebereigenschaft des X argumentiert worden. Der Fußballspieler sei am Tattag zum Zeitpunkt des Testspiels gegen X weder in einem Arbeitsverhältnis noch arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis zum X gestanden. Das Zustandekommen des Arbeitsvertrages sei aufschiebend bedingt und u.a. an das Vorliegen der Bewilligungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetzes gekoppelt. Der Arbeitsvertrag sei daher frühestens am 7. August 2009 zustande gekommen. Der Betretene habe dieses Spiel nur zu Testzwecken absolviert und es sei keinerlei Beschäftigung als Profispieler gegen Entgelt erfolgt. Der Betroffene sei nicht verpflichtet gewesen, das Testspiel wahrzunehmen, habe die geleisteten Einsatzminuten unentgeltlich absolviert und sei weder an Ordnungsvorschriften noch an Arbeitszeiten des X gebunden gewesen. Es sei auch kein arbeitsbezogenes Verhalten seitens des Bw vorgeschrieben gewesen. Ein Erscheinen des Spielers zum Testspiel sei aus freiem Willen erfolgt. Auch die von der Erstbehörde behauptete Arbeitnehmerähnlichkeit komme nicht in Betracht. Der Spieler sei nicht unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig und insofern vom Empfänger der angeblichen Arbeitsleistung nicht wirtschaftlich abhängig gewesen. Herrn X seien zum Tatzeitpunkt mehrere Angebote anderer Fußballvereine vorgelegen. Im gesamten erstinstanzlichen Verfahren sei kein Umstand hervorgekommen, der als eine Arbeitgebereigenschaft des X bzw. als eine Dienstnehmereigenschaft des Spielers einzustufen gewesen sei.    

Beantragt wurde die Durchführung einer Berufungsverhandlung, die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Milderung der Strafe.

2. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vorgelegt. Da eine 2.000 Euro nicht überschreitende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG).

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. Jänner 2010.

 

3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Vertreter des Bw vor, dass ein Spieler, welchen man verpflichten möchte und nicht aus dem Fernsehen oder ähnlichen Umständen kenne, "gescoutet" werde. Wenn der Spieler dem Scouting entspreche, werde er zu einem Probespiel eingeladen. Der Zweck dieses Spiels sei, die Qualitäten des Spielers festzustellen. Das gegenständliche Spiel sei für X das einzige Probespiel gewesen. Diese Spiele könnten naturgemäß nur Freundschaftsspiele und keine Bewerbsspiele sein, da für Bewerbsspiele ein Spielerpass benötigt werden würde, der wiederum eine Beschäftigungsbewilligung voraussetze. X habe schon ein oder zwei Trainings absolviert gehabt und sei für 62 Minuten zum Einsatz gekommen. Danach hätten sich Spieler und Klub auf eine Verpflichtung geeinigt. In den Musterverträgen sei die Verpflichtung aufschiebend bedingt durch das Vorliegen bestimmter Umstände, insbesondere durch das Vorliegen einer Beschäftigungsbewilligung. Der Vertrag sei nur dann gültig, falls diese vorliege. Am Tattag, als das Probespiel stattgefunden habe, habe es noch keinen unterschriebenen Vertrag gegeben. Genau gesehen erfolge der Vertragsabschluss zweistufig. Nämlich zuerst ein Vertrag in relativ kurzer Fassung mit den wichtigsten Punkten und möglicherweise erst ein bis zwei Monate später der richtige Profivertrag, der ins Detail gehe und deshalb komplex sei, da mehrere Beteiligte seien.

Die An- und Abreise des Spielers werde vom Klub nicht bezahlt, jedoch Übernachtung und Frühstück. Für das Probespiel selbst erhalte der Spieler keine Entlohnung, auch nicht nach Vertragsabschluss.

Es sei schwer, Spieler für solche Spiele zu versichern. Dies könne man nur über englische Versicherungen bzw. über Bündelversicherungen abwickeln. Eine solche Bündelversicherung bestehe nur für Amateure, nicht für Profis. Deshalb würden die Spieler dazu angehalten, sich selbst zu versichern bzw. dafür Sorge zu tragen, dass eine Versicherung durch den entsendenden Klub besteht. Zum Zeitpunkt des Probespiels sei X noch bei X in einem Arbeitsverhältnis gestanden.

Der Vertreter des Bw führte aus, dass ihm die näheren Umstände der Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse unbekannt seien. Richtig sei, dass die im gegenständlichen Fall durchgeführte nachträgliche Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse nach derzeitiger Rechtslage nicht mehr zulässig sei. Aus den "Gegebenheiten des Lebens" und den Sachzwängen heraus sei es mitunter nicht anders möglich.

 

Der Vertreter des Finanzamtes vermutete, dass der Eintrag "Entlohnung: 3.000 Euro + Punkteprämie" im Strafantrag aus der Schlüsselkraftbewilligung oder aus der Meldung zur Gebietskrankenkasse stamme. Es liege kein konkreter Grund für die Annahme vor, dass dem Spieler für das Testspiel am Tattag ein konkreter Geldbetrag versprochen worden sei.

 

4. Mit Schreiben vom 19. Februar 2010 schränkte der Bw die Berufung auf die Strafhöhe ein. Das Verschulden sei geringfügig und die Folgen (verspätete Anmeldung) unbedeutend. Der Bw sei stets bemüht, das AuslBG und das ASVG zu beachten. Aufgrund einer unglücklichen Verkettung von Umständen sei es zu den Verwaltungsübertretungen gekommen. Der Bw habe im Vorfeld sämtliche Schritte gesetzt, um den Spieler X ohne Verletzung des AuslBG und des ASVG einsetzen zu können. Dies sei durch mangelnde Mithilfe des Spielers (Nichtabholung eines Einschreibebriefes) ohne Wissen des Bw verhindert worden. Mildernd sei zu werten:

-         bisheriger ordentlicher Lebenswandel

-         geringe Schuld

-         geringe Folgen der Tat

-         Geständnis

 

Erschwerungsgründe würden nicht vorliegen. Beantragt wurde die Anwendung des § 21 VStG, in eventu die Herabsetzung der Strafe schuld- und tatangemessen unter Anwendung des § 20 VStG, in eventu die Herabsetzung der Strafe.

5. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Da sich die Berufung nunmehr ausschließlich gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen, die Täterschaft des Bw unbestritten und ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

5.2. Gemäß § 111 ASVG Abs. 1, BGBl.Nr. 189/1995 idF BGBl. I Nr. 31/2007, handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

         1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig                 erstattet oder

         2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

         3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

         4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der    Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige                            Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind,         einsehen lässt.

Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall von 2.180 € bis zu 5.000 €,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind (Abs. 2).  

Nach § 33 Abs. 1 ASVG, BGBl.Nr. 189/1995 idF BGBl. I Nr. 31/2007, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensentscheidung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist dem Bw grundsätzlich zugute zu halten, dass sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, das Probespiel des Ausländers wäre unentgeltlich erfolgt, zunächst glaubwürdig schien. Der Bw selbst relativierte nach Durchsicht seiner Unterlagen seine früheren Aussagen dahingehend, dass er einen Verstoß gegen § 33 Abs. 1 ASVG (Unterlassung der Anmeldung eines Beschäftigten beim Sozialversicherungsträger vor Arbeitsantritt) nicht mehr bestritt hat und insofern geständig ist. Weiters ist festzustellen, dass nur eine kurze Beschäftigungsdauer vorgeworfen worden ist und der Bw unbescholten ist. Erschwerungsgründe liegen keine vor. Im Hinblick auf die erwähnten Milderungsgründe scheint es unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes (§ 20 VStG) vertretbar, die Mindeststrafe auf die Hälfte herabzusetzen.

Die Tat bleibt jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegeben sind: Im Hinblick darauf, dass der Arbeitnehmer nicht pflichtgemäß angemeldet wurde und dieser Umstand unter generalpräventiven Aspekten nicht als eine unbedeutende Folge zu qualifizieren ist, wäre die Anwendung des § 21 VStG nicht gerechtfertigt. 

6. Gem. § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafe neu festzusetzen. Da die Berufung erfolgt hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gem. § 65 VStG nicht zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

 

 

 

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