Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522492/8/Bi/Th

Linz, 09.03.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufungen des Herrn X, vertreten durch RA-Partnerschaft X,

1) vom 29. Jänner 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 8. Jänner 2010, VerkR21-753-2009-Lai, wegen der Aufforderung zur Erbringung des zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen psychiatrischen Facharztbefundes und eines Harnbefundes auf THC, und

2) vom 15. Februar 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 10. Februar 2010, VerkR21-753-2009-Lai, wegen der Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig,

aufgrund des Ergebnisses der am 9. März 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

 

1)   Die Berufung vom 29. Jänner 2010 wird abgewiesen und der
Bescheid vom 8. Jänner 2010 vollinhaltlich bestätigt.

 

2)   Der Berufung vom 15. Februar 2010 wird Folge gegeben und der Bescheid vom 10. Februar 2010 behoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG; § 63 Abs.5 AVG


 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid vom 8. Jänner 2010 wurde der Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.4 iVm 32 FSG zum Zweck der Beurteilung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen aufgefordert, binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides den zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen psychiatrischen Facharztbefund und einen Harnbefund auf THC zu erbringen. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer gegen diesen Bescheid allenfalls einzubringenden Berufung ausgeschlossen.

 

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 25. Jänner 2010 – der Bescheid wurde laut Rückschein am 11. Jänner 2010 nach einem erfolglosen Zustellversuch hinterlegt, wobei die Zeugin X glaubhaft ausgeführt hat, der Bw sei zu dieser Zeit ortsabwesend gewesen und erst am 25. Jänner 2010 aus Wien zurückgekommen. An diesem Tag wurde laut Auskunft der Postfiliale X das Rsa-Schriftstück auch vom Bw behoben, sodass damit ev. Zustellmängel als geheilt anzusehen sind und die Zustellung bewirkt wurde.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw am 29. Jänner 2010 fristgerecht – eine für den Fall der Verspätung des Rechtsmittels beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher nicht zu gewähren, weshalb der mit Berufung vom
15. Februar 2010 (fristgerecht) angefochtene Bescheid vom 10. Februar 2010 zu beheben war – eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Auf Antrag des Bw wurde am 9. März 2010 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, zu der niemand erschienen ist. Der Bw war ebenso entschuldigt, wie der Vertreter der Erstinstanz. Die Berufungsentscheidungen wurden mündlich verkündet.

 

3. Der Bw macht in der Berufung vom 29. Jänner 2010 inhaltlich im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz meine, bei ihm bestünden Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Lenkeignung noch gegeben wären, zumal laut Amtsarzt von aktuellem Suchtmittelkonsum auszugehen sei. Anfang November 2009 habe eine Harnprobe einen knapp über dem Schwellenwert von 25 ng/ml liegenden THCwert von 35,4 ng/ml ergeben.

Jedoch begründe nicht jeder Suchtmittelkonsum derartige Bedenken, der die Überprüfung des Nochvorliegens der Erteilungsvoraussetzungen rechfertige. Gelegentlicher Cannabiskonsum sei ebenso wenig wie gelegentlicher Alkoholkonsum, außer im Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges, geeignet, die gesundheitliche Eignung in Frage zu stellen. Aus dem gering erhöhten THCwert könne nicht auf mehr als gelegentlichen Cannabiskonsum geschlossen werden. Dieser Wert sei auf einen mehrere Tage vor der Harnabgabe erfolgten Gelegenheitskonsum zurückzuführen. Es bestehe daher kein Anlass zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung und auch kein Anlass zur Annahme, er könne seinen Konsum nicht so weit einschränken, dass er beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sei. Er habe noch nie unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug gelenkt. Für das Abverlangen einer weiteren Urinprobe bestehe ebenso wenig ein vertretbarer Anlass wie für das Abverlangen eines psychiatrischen Gutachtens.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der gesamte Verfahrensakt der Erstinstanz verlesen wurde.

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, dass der Bw, der Inhaber eines am 3.10. 2008 ausgestellten Mopedführerscheins ist, vom Meldungsleger RI X, PI Gmunden, angezeigt wurde, weil er von Anfang 2001 bis August 2009 eine unbekannte Menge Cannabiskraut von verschiedenen Personen in Wien gekauft und in Form von Joints an verschiedenen Plätzen konsumiert habe, und weiters weil er am 1. August 2009 ca 1g Cannabiskraut käuflich erworben und an X und X unentgeltlich weitergegeben bzw gemeinsam mit diesen konsumiert habe. Im von ihm unterschriebenen Beschuldigtenvernehmungsprotokoll vom 8. August 2009 hat der Bw bestätigt, seit ca Anfang 2001 in unregelmäßigen Abständen Cannabiskraut in Form von Joints konsumiert zu haben, zuletzt am 1. August 2009. Welche Mengen er in dieser Zeit konsumiert habe, könne er nicht sagen.

 

Der auf der Grundlage dieser Anzeige ergangenen Ladung der Erstinstanz vom 25.9.2009 wegen des Verdachts des Suchtmittelmissbrauchs bzw Überprüfung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen leistete der Bw wegen Arbeitsunfähigkeit keine Folge. Mit Schreiben der Erstinstanz vom 1.12. 2009 wurde er wegen der positiven Harnprobe auf THC vom 9.11.2009 zu einer neuerlichen Harnprobe aufgefordert. Schließlich erging, weil er der Aufforderung bislang nicht entsprochen hatte, der nunmehr angefochtene Bescheid, dem eine amtsärztliche Zuweisung an eine/n Facharzt/Fachärztin für Psychiatrie mit dem Ersuchen um Stellungnahme (Zuweisungsgrund: Suchtmittelmissbrauch THC, positive Harnprobe vom 9.11.2009) angeschlossen war.



 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen... Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung ua innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach Abs.4 sind begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr besitzt. Hierbei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen von Erteilungsvoraussetzungen geschlossen werden kann; es müssen aber genügend Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl VwGH 30.9.2002, 2002/11/0120).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH rechtfertigt ein gelegentlicher, allenfalls Jahre zurückliegender Suchtmittelkonsum noch keine Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen; dazu bedürfte es konkreter Feststellungen über die Zeitpunkte des Suchtmittelkonsums, sowie Art und Menge des konsumierten Suchtmittels (vgl E 22.3.2002, 2001/11/0342; 23.5. 2000, 99/11/0340).   

Ein geringfügiger Suchtmittelgenuss – wie auch ein geringfügiger Alkoholgenuss ohne Zusammenhang mit dem Lenken eines Kfz – berührt die gesundheitliche Eignung noch nicht. Erst dann, wenn der Konsum zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet ist oder die Gefahr besteht, dass die betreffende Person nicht in der Lage sein könnte, den Konsum so weit einzuschränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kfz nicht beeinträchtigt ist, läge ein Grund vor, unter dem Aspekt des festgestellten – wenn auch verbotenen – Suchtmittelkonsums die gesundheitliche Eignung begründeterweise in Zweifel zu ziehen (vgl E 24.8.1999, 99/11/0092).

 

Im ggst Fall hat der Bw am 8.8.2009 einen über immerhin 8 Jahre dauernden Konsum von Cannabiskraut in Form von Joints, zuletzt am 1.8.2009,  zugegeben, wobei auch die THC-Harnprobe vom November 2009 positiv war. Der Bw hat das zwar mit Gelegenheitskonsum einige Tage vorher begründet, was aber nicht darüber hinwegzutäuschen geeignet ist, dass er im Wissen, dass eine amtsärztliche Untersuchung bei der Erstinstanz anstehend war, den Konsum bis dahin offensichtlich nicht unterlassen konnte. Damit bestehen aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates sehr wohl begründete Bedenken, dass der Bw iSd § 14 Abs.1 FSG-GV entweder von Suchtmitteln abhängig ist oder jedenfalls den Konsum von Cannabiskraut nicht so weit einschränken kann, dass er beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt ist. Da aber solchen Personen im Sinne der Überprüfung der Voraussetzung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV auch ein Mopedausweis nicht belassen werden darf, war die Aufforderung zur Erbringung einer fachärztlich psychiatrischen Stellungnahme und eines Harnbefundes auf THC zur Kontrolle des positiven Befundes vom 9.11.2009 binnen angemessener Frist zulässig.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung war im ggst Fall auch aufgrund des Verhaltens des Bw, der es offensichtlich darauf anlegt, mit der Behörde bzw dem Unabhängigen Verwaltungssenat gerade nicht in Kontakt zu treten, auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug geboten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Cannabiskonsum über 8 Jahre und pos. THC-Harnprobe rechtfertigt Aufforderung gemäß § 24 Abs.4 FSG zur Erbringung einer psychologischen FA-Stellungnahme + THC-Harnbefund -> Abweisung

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 20.03.2013, Zl.: 2010/11/0082-10

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