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VwSen-100446/4/Bi/Hm

Linz, 04.05.1992

VwSen - 100446/4/Bi/Hm Linz, am 4. Mai 1992 DVR.0690392 G A, T; Übertretung der StVO 1960 Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des G A gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems, vom 11. Februar 1992, VerkR96/2743/1991/Bi/Pr, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 220 S (20 % der verhängten Geldstrafe) zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 19, 24 und 51 VStG. Zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Strafverfügung vom 21. Juni 1991, VerkR96/2743/1991, über Herrn G A, wegen der Übertretung gemäß § 52a Z.10a i.V.m. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.100 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt, weil er am 3. April 1991 um 17.23 Uhr in Spital am Pyhrn, A 9, bei Str.km 94,700, B, den PKW gelenkt und dabei das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" von 80 km/h insofern mißachtet hat, als er 112 km/h gefahren ist. Die Geschwindigkeitsübertretung wurde mittels Radar gemessen.

Der Rechtsmittelwerber hat innerhalb offener Frist Einspruch gegen die Strafverfügung eingebracht, welchem mit dem bekämpften Bescheid vom 11. Februar 1992, VerkR96/2743/1991/Bi/Pr, gemäß § 49 Abs.2 VStG keine Folge gegeben wurde. Außerdem wurde dem Rechtsmittelwerber ein Kostenersatz zum Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz von 110 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berfungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht notwendig, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber führt im wesentlichen aus, er bestreite gar nicht, eine Geschwindigkeitsübertretung begangen zu haben, aber es sei nicht nur die Aufgabe der Behörde, die mit der Tat verbundene Gefährdung der Rechtschutzinteressen zu prüfen, sondern auch abzuwägen, inwieweit eine solche Gefährdung tatsächlich gegeben sei. Er fahre beruflich bedingt ca. 50.000 km im Jahr, also ein Vielfaches eines "normalen" Führerscheinbesitzers und sei trotzdem die letzten 20 Jahre unfallfrei gefahren. Es sei sicher keine Entschuldigung, daß er soviele Kilometer beruflich und nicht aus privatem Vergnügen fahre, und er habe das ihm zur Last gelegte Delikt aus Terminnotgründen begangen, aber es sei zu bedenken, wieviele Verkehrsteilnehmer Unfälle mit weit geringerer Geschwindigkeit verursachen, weil ihnen einfach die erforderliche Fahrpraxis fehle. Aufgrund seiner großen Fahrpraxis und der von ihm zurückgelegten unfallfreien Kilometeranzahl könne er sehr wohl abschätzen, wann eine gewisse Geschwindigkeit gefährlich sei und wann nicht, und daß er deshalb selbst mit erhöhter Geschwindigkeit ein weit geringeres Unfallrisiko darstelle als viele "Sonntagsfahrer". Er ersuche daher, aufgrund des sehr geringen Einkommens von ca. 10.000 S und der Unterhaltspflicht für ein Kind das ihm auferlegte Strafausmaß zu mindern.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

4.1. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbunden Schädigung und Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung sind im ordenlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinandner abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

4.2. Zum Rechtsmittelvorbringen ist zunächst festzuhalten, daß die Ansicht des Rechtsmittelwerbers, daß wenn bei erlaubten 50 km/h jemand mit 30 km/h ein Kind niederfahre und töte, es wohl doch schlimmer sei, als wenn er mit 80 km/h fahre und nichts passiere, wohl richtig sein mag, im gegenständlichen Fall aber zum Glück nicht zur Diskussion steht. Unbestritten ist, daß der Rechtsmittelwerber im Bosrucktunnel statt der erlaubten 80 km/h mit 112 km/h gefahren ist, daß heißt eine um 32 km/h überhöhte Geschwindigkeit eingehalten hat, was mittels Radargerät gemessen wurde.

Richtig ist, daß es im gegenständlichen Fall völlig belanglos ist, ob der Berufungswerber diese 112 km/h aus privatem Vergnügen oder aus beruflichen Gründen gefahren ist, und das Argument der Zeitnot könnte wohl auch für andere Verkehrsteilnehmer gelten, die keine "Sonntagsfahrer" sind. Weiters findet sich in der gesamten Straßenverkehrsordnung kein Hinweis darauf, daß die Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit dann nicht erforderlich wäre, wenn der Fahrzeuglenker eine große Fahrpraxis aufweise und nachweislich schon viele unfallfreie Kilometer zurückgelegt habe. Die Anschauung des Rechtsmittelwerbers, er könne die Gefährlichkeit einer Situation sehr wohl abschätzen und stelle selbst nur ein geringes Unfallrisiko dar, geht deshalb ins Leere, weil nach der allgemeinen Lebenserfahrung im Straßenverkehr binnen Sekunden eine Situation entstehen kann, die ein sofortiges Reagieren zur Vermeidung von Schäden an Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer erforderlich macht, und weil gerade in einem Tunnel besondere Maßnahmen zur Verhinderung von lebensbedrohlichen Situationen erforderlich sind. Da es sich beim Bosrucktunnel um einen Autobahnabschnitt handelt, auf dem naturgemäß höhere Geschwindigkeiten gefahren werden, wurde eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h verordnet, wobei diese entsprechend angekündigt und auch rigoros überwacht wird.

Wenn der Berufungswerber mit seiner Argumentation den Eindruck eines geringfügigen Verschuldens erwecken will, so geht dies insofern ins Leere, als eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um immerhin 32 km/h auch auf einem Autobahnabschnitt nicht mehr als geringfügig anzusehen ist, wobei auch zu bedenken ist, daß bei einer plötzlich auftretenden Gefahrensituation nicht nur der Reaktionsweg sondern auch der Anhalteweg um ein vielfaches länger wird als bei 80 km/h, und damit die Möglichkeit, das Fahrzeug rechtzeitig zum Stillstand zu bringen (ein Ausweichen ist in der Regel nicht möglich), wesentlich geringer wird, weshalb die enorme Gefahr eines folgenschweren Verkehrsunfalles eher besteht als bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Derartige Überlegungen und damit eine vorausschauende Fahrweise müßen aber vom Inhaber einer Lenkerberechtigung, der sich noch dazu selbst nicht als "Sonntagsfahrer" bezeichnet, geradezu erwartet werden, sodaß das Vorbringen des Berufungswerbers befremdet.

4.3. Die verhängte Strafe entspricht daher sehr wohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung und ist auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen (10.000 S netto monatlich, sorgepflichtig für ein Kind, kein Vermögen). Erschwerend war das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von fast 40 %, mildernd aufgrund einiger nicht einschlägiger Vormerkungen des Rechtsmittelwerbers kein Umstand zu berücksichtigen. Die verhängte Strafe liegt im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.3 StVO 1960 sieht Geldstrafen bis 10.000 S vor), wobei dem Rechtsmittelwerber die Möglichkeit offensteht, bei der Erstinstanz um Ratenzahlung anzusuchen. Eine Herabsetzung der verhängten Strafe ist im Hinblick auf general- und vor allem spezialpräventive Überlegungen nicht gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Der Ausspruch über den Verfahrenskostenbeitrag gründet sich auf die zitierte Gsetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine Berufung nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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