Linz, 15.03.2010
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Herrn X, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. X gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22.1.2010, Zl. VerkR96-52132-2009-Hai, zu Recht:
I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.
II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – VStG.
Zu II.: § 66 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Wider den Berufungswerber wurde mit dem o.a. Straferkenntnis eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 60 Stunden verhängt, wobei ihm zur Last gelegt wurde, er habe am 08.09.2009 gegen 10.06 Uhr in Zell a. P. auf den Grundstücken Nr. 2266 bzw. 2267, KG Nr. 50330, eine Straße zu anderen Zwecken als solchen des Straßenverkehrs benutzt, obwohl er dafür keine Bewilligung der Behörde besessen habe, indem er nach Abbau einer Einfriedung aus Holzstehern, Holzlatten und Draht durch Gemeindebauhofarbeiter und im Beisein der Polizei die gegenständliche Einfriedung erneut im Abstand von ca. 20 cm zum Asphalt unbefugt wieder aufgestellt habe, obwohl gem. § 83 Abs. 1 lit. d StVO. 1960 eine Bewilligung zu widerrufen wäre, wenn eine Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs vorliegt, wenn die Gegenstände seitlich der Fahrbahn den Fußgängerverkehr auf Gehsteigen oder Straßenbanketten behindern und nicht mindestens 60 cm von der Fahrbahn entfernt sind.
Dadurch habe dadurch die Rechtsvorschrift § 82 Abs.1 StVO iVm § 83 Abs.1 lit.d und der Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.d StVO verletzt.
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:
2. In der dagegen durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Schuldspruch mit folgenden Ausführungen entgegen:
3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit wurde die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte hier angesichts der unstrittigen Faktenlage unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).
3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt. Ergänzend wurde im Wege der Beischaffung von Kartenauszügen aus der DKM-Mappe, sowie Orthofotos aus dem System DORIS über die Besitzverhältnisse der fraglichen Grundstücke. Im Wege des Gemeindeamtes wurde die Verordnung über die Widmung des fraglichen Straßenstücks beigeschafft.
3.2. Eingangs ist festzustellen, dass hier die Anzeige des Bürgermeisters der Gemeinde X sinngemäß dahingehend erstattet wurde, dass der Berufungswerber entlang des Güterweges X (ca. 20 cm Abstand zum Asphalt) im Bereich der Grundstücke Nr. X bzw. X, KG X wiederholt eine Einfriedung aus Holzstehern, Holzlatten und Draht, unbeleuchtet und ohne Zustimmung der Straßenverwaltung aufgestellt habe. Da dadurch eine Gefährdung der Straßenbenützer durch diese Einfriedung nicht ausgeschlossen werden könne, sei die Einfriedung vom Gemeindebauhofarbeiter am Tag der Anzeige (7.9.2009) im Beisein der Polizei Ampflwang abgebaut und im Bereich des Objektes X deponiert worden. Nach etwa einer Stunde habe Herr X die gegenständliche Einfriedung erneut aufgestellt.
Der anzeigende Bürgermeister sah darin einen Verstoß gegen eine Bewilligungspflicht iSd § 91 Abs.3 StVO 1960.
Laut Mitteilung des anzeigenden Bürgermeisters wurde der fragliche Straßenzug gestützt auf die §§ 8 u. 11 des Oö. Straßengesetzes, mit Verordnung des Gemeinderates X vom 15.12.2000, Zl.: 612/2000, als Güterweg gewidmet.
Laut Auszug aus der DKM-Mappe (System DORIS) sind grundbücherliche Hälfteigentümer der fraglichen Grundstücksparzellen Frau X und X, wh. X.
Auf eine Distanz von etwas über 500 m entlang dieser Grundstücke verläuft nördlich die im Eigentum der Gemeinde stehende Fläche – Grundstück mit der Nr. X – die laut o.a. Verordnung der Gemeinde als Güterweg X gewidmet ist.
Wie dem im Akt beiliegendem Foto zu entnehmen findet sich die Einfriedung offenkundig ausschließlich auf dem Grund von X und X errichtet. Das dies konsenslos erfolgte steht jedoch außer Zweifel.
Keine Feststellungen finden sich jedoch über eine dadurch herbeigeführte Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit.
Die dem Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde gelegten Fakten lassen auch Hinweise darüber vermissen, inwieweit die Straße bzw. der Weg iSd § 82 Abs.1 StVO widmungswidrig verwendet bzw. diese Maßnahme iSd § 83 Abs.1 StVO 1960 als bewilligungspflichtig anzusehen wären. In diesem Punkt wäre wohl zumindest auf das jeweils an der fraglichen Straßenzug tatsächlich stattfindende Verkehrsaufkommen und sonstige Beeinträchtigungen, wie beispielsweise bei der Schneeräumung, Bedacht zu nehmen.
3.2.1. Wohl verfehlt verweist der Berufungswerber auf die Feststellungen im h. Verfahren (Erk. v. 29.1.2008, VwSen-162849/Br/Ps) – wo es um die Ablagerung von „Holzstücke mit Nägeln u. drei Ziegelsteine auf die Fahrbahn“ - gegangen ist. In diesem Verfahren wurde dieser Güterweg als drei Meter breit ausgewiesener Straßenzug "X" (ist auch aus dem Kartenmaterial in dieser Bezeichnung ersichtlich) dargestellt, der nicht für jedermann unter gleichen Bedingungen benützbar wäre. Die Berufungswerberin berief sich damals auf eine im Akt einliegende Verhandlungsschrift v. 8.1.1975, AZ: 671/10 – 1975.
Der Berufung war im übrigen der Erfolg versagt geblieben. Damals wurde argumentiert, dass dieser Güterweg für sechs Liegenschaften als für Autos befahrbare Zufahrtstraße gewidmet wäre. Die Berufungswerberin Hälfteeigentümerin der angrenzenden Liegenschaft war damals Partei oder Beteiligte dieses Widmungsverfahrens. Sie habe, so das damalige Vorbringen, für dieses Projekt Grund in das öffentliche Gut unentgeltlich abgetreten.
Wie schon im damaligen Vorbringen offenbar die Grundstückseigentümerin als Rechtsmittelwerberin, verschweigt der Berufungswerber nun auch in diesem Verfahren die durch Verordnung erfolgte Widmung des Gemeinderates aus dem Jahr 2000 (siehe oben).
3.2.2. Dennoch kann hier zumindest vorläufig nicht gesehen werden, dass mit dieser bewilligungslos errichteten Einfriedung unmittelbar am Rand dieses Güterweges etwa eine Gefährdung der Straßenbenützer einherginge bzw. ist es verfehlt den Tatvorwurf mit einer „zu widerrufen gewesenen Bewilligung“ zu verbinden. Selbst der vage Hinweis des Anzeigers, eine Gefährdung könne nicht ausgeschlossen werden, besagt vielmehr, dass es dafür zumindest keine nachvollziehbaren Fakten aufzuweisen gibt.
4. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Wenn hier dem Berufungswerber zur Last gelegt wurde, er habe durch die Errichtung eines „Stangenzauns“ die Straße zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs benützt, geht dieser Vorwurf schon dem klaren Wortlaut nach am angelasteten Tatbestand vorbei.
Gemäß § 91 Abs.1 StVO kann die Behörde durch Bescheid einen aus Gründen der Verkehrssicherheit gestützten Beseitigungsauftrag aussprechen.
Ein diesbezüglicher Auftrag hat jedoch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen (vgl. VwGH 23.3.1988, 88/03/0014). Der Ermächtigungsumfang eines Entfernungsauftrages beschränkt sich laut Gesetzeswortlaut auf die Sicht beeinträchtigende Gegenstände, wie Bäume, Sträucher, Hecken bzw. spitz ausgeführte Einfriedungen (etwa Stacheldraht) oder elektrische Weidezäune, welche nur in einer Entfernung von zwei Meter von der Straße entfernt angebracht werden dürfen.
Im übrigen ist auch in diesem Zusammenhang auf die gesetzlichen Bestimmungen des Art. 5 StGG über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, RGBl. Nr. 142/1867, und Art.1 Abs. 2 1. ZP MRK hinzuweisen, die Eigentumsbeschränkungen vorsehen, die jedoch von den Verwaltungsbehörden nur unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angewendet werden dürfen.
Die Heranziehung des § 82 Abs.1 StVO scheidet hier insbesondere schon deshalb aus, weil mit dieser Errichtung des Zauns entlang des landwirtschaftlich genutzten Grundstückes mit der Nr. X, und der Nr. X als Bauland gewidmeten Landfläche, von keiner Benützung der Straße die Rede sein kann.
Das dem Berufungswerber zur Last gelegte Tatverhalten lässt sich - ungeachtet der hier nicht zu beurteilenden zivilrechtlichen Problematik der Entfernung der Einfriedung vom Grund Dritter – ebenfalls nicht mit dem § 83 Abs.3 lit.d StVO in Einklang bringen, weil diese Bestimmung auf die Behinderung des Fußgängerverkehrs auf Gehsteigen oder Straßenbanketten abstellt.
Wenn schließlich im Tatvorwurf auf eine zu widerrufende Bewilligung unter der Fiktion einer hier im übrigen nicht erwiesenen Gefährdung oder Behinderung verwiesen wird, entzieht sich de Tatvorwurf auch der realen Nachvollziehbarkeit des zur Last gelegten Verbotsumfanges iSd § 44a Abs.1 VStG.
Zuletzt handelt es sich bei der betreffenden Verwaltungsübertretung um ein Dauerdelikt bei dem grundsätzlich auch der von der Behörde angenommenen Tatzeitraum des inkriminierten Verhaltens im Spruch anzuführen wäre (vgl. VwGH 18.11.1983, 82/04/0156 ua).
Inwieweit die Errichtung dieses Zaunes bescheidmäßig mit Erfolg untersagt werden könnte und eine Zuwiderhandlung dagegen durch Strafen zu erzwingen wäre muss letztlich auf sich bewenden.
Dieses Verwaltungsstrafverfahren war jedenfalls nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r