Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164906/2/Br/Th

Linz, 16.03.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn X, gegen den Bescheid (Straferkenntnis) der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. Februar 2010, Zl. VerkR96-65032-2009-Hai, zu Recht:

 

 

I.       Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.     Als Kosten für das Berufungsverfahren werden 28,00 Euro vorgeschrieben (20 % der verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 20/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 20/2009 – VStG.

Zu II.:  § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Bescheid der gegen die Strafhöhe gerichteten Berufung gegen die mit der Strafverfügung vom
5. Jänner 2010 – wegen einer Übertretung nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.2 lit.d StVO 1960 und § 106 Abs.5 Z2 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 – ausgesprochenen Geldstrafen in der Höhe von 110 und 70 Euro und Ersatzfreiheitsstrafen von 48 und 24 Stunden, mit der Maßgabe Folge gegeben, dass diese mit dem angefochtenen Straferkenntnis auf 70 und 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf 24 und 20 Stunden ermäßigte. Entsprechend wurden auch die mit 10% der Geldstrafe festzulegenden erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduziert.

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete dies im Ergebnis mit der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit (unter Berücksichtigung des Verkehrsfehlers) im Umfang von 40 km/h und den daraus resutierenden Gefahrenfaktor, dass es hierdurch immer wieder zu schweren Unfällen komme. Ebenfalls verwies die Behörde erster Instanz unter anderem auf zwei einschlägige Verwaltungsvorstrafen. Zuletzt wurden spezialpräventive Überlegungen ins Treffen geführt, um den Berufungswerber mit dieser Strafe von weiteren Übertretungen abzuhalten.

 

Mit dieser Begründung ist die Behörde erster Instanz im Recht!

 

2.1. Der Berufungswerber vermeint in seiner fristgerecht handschriftlich vorgetragenen Berufung diese Strafe nicht hinnehmen zu können. Er sei ein sehr rücksichtsvoller Fahrer und diese Überschreitung hätte nur wegen der schlechten Baustellenbeschilderung stattfinden können. Als er das Schild (gemeint die Geschwindigkeitsbeschränkung) sah, habe er die Geschwindigkeit langsam reduziert, da er niemanden gefährden habe wollen. Was seine Vergangenheit betreffe (gemeint wohl die einschlägigen Vormerkungen) glaube er dennoch nicht als Raser eingestuft werden zu können.

Im übrigen verweise er auf seine derzeit schlechte finanzielle Lage. Er habe die Arbeit verloren und müsse für ziemllich hohe Kredite die Raten zahlen. Daher ersuche er diese Situation zu berücksichtigen und die Geldforderung (gemeint Strafe) zu verringern.

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da nur eine Strafberufung vorliegt konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

 

4. Sachverhalt:

Die Fahrgeschwindigkeit des BMW (sogenannte Fünferserie, Baujahr 1998) wurde im Geschwindigkeitsbeschränkungsbereich der Autobahnbaustelle Seewalchen von 60 km/h mit 106 km/h gemessen. Mit dem Hinweis der verfehlten Beschilderung hat sich im Rahmen dieses Verfahrens die Berufungsbehörde nicht auseinander zu setzen. Wie jedoch aus anderen h. anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, finden sich dort abgestufte Beschränkungen, sodass die Fahrzeuglenker für die rechtzeitige Reduzierung ihrer Fahrgeschwindigkeit sehr wohl ausreichend Zeit haben.

 

4.1. Der Berufungswerber ist bei den Bezirkshauptmannschaften Innsbruck wegen Geschwindigkeitsüberschreitung aus dem Jahr 2005 u. 2006 einschlägig vorgemerkt. Ebenfalls findet sich eine Alkofahrt zwischen 1,2 und 1,6 mg/l (99 Abs.1a StVO) vorgemerkt. Alleine mit dieser Tatsache lässt sich das Berufungsvorbringen mit dem Hinweis sich als rücksichtsvoller Fahrer darzustellen nicht wirklich in Einklang bringen. Wenn darüber hinaus die Übertretung nun auch noch mit einer aus der Sicht des Berufungswerbers unzureichenden Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkung zu rechtfertigen versucht wird, gelangt dadurch auch noch Uneinsichtigkeit zum Ausdruck, welche den hier noch denkbaren Milderungsgrund zusätzlich wegfallen lässt. Das Fahrverhalten des Berufungswerbers lässt vielmehr mit Blick auf die Vormerkungen objektiv betrachtet den Schluss auf eine mangelhafte Verbundenheit mit den in der Straßenverkehrsordnung gesetzlich geschützten Werten zu.

Was die wirtschaftlichen Verhältnisse anlangt, so ist insbesondere auf das vom Berufungswerber offenbar erst im Jahr 2009 angeschaffte Fahrzeug der gehobenen Leistungsklasse zu verweisen. Hiefür ist offenbar der Berufungswerber bereit eine motorleistungsbezogene Steuer im geschätzten Umfang von jährlich 700 Euro zu entrichten. Seine nunmehr dargestellte Arbeitslosigkeit und die Kreditverpflichtungen – wenngleich diese unbelegt sind – ändern trotzdem an der sachlichen Rechtfertigung dieses Strafausmaßes nichts.

 

4.2. Konkret ist zur Strafzumessung daher folgendes auszuführen:

Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Für Geschwindigkeitsüberschreitungen sieht die StVO grundsätzlich einen Strafrahmen bis zu € 726,- vor.

Bei der Missachtung eines verordneten Geschwindigkeitslimits handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG, bei dem vom Verschulden des Täters auszugehen ist, wenn dieser nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Hier lässt das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung sogar auf ein qualifiziertes Verschulden, nämlich eine vorsätzliche Begehung schließen. Der Berufungswerber hat hier offenbar ganz bewusst die Fahrgeschwindigkeit der Baustellenbeschränkung nicht rechtzeitig angepasst, wenn er erklärt nach Wahrnehmen der Beschränkung die Geschwindigkeit nur langsam reduziert zu haben.

Mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Umfang von 60 km/h ist unter Hinweis auf die nachfolgende Überlegung der objektive Unwertgehalt als gravierend einzuschätzen.

Während etwa der Anhalteweg aus 60 km/h 36,84 m beträgt (Reaktionszeitannahme eine Sekunde, Bremsschwellzeit 0,2 sek. u. Bremsverzögerung 7,5 m/sek²) verlängert sich dieser bei der hier gemessenen Fahrgeschwindigkeit [106 km/h] auf 90,17 m. Jene Stelle, aus der das Fahrzeug mit 60 km/h zum Stillstand kommen würde, wird mit der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit  im Ergebnis noch mit fast 102 km/h durchfahren (Berechnung mit Analyzer Pro 32-Vers. 6).

 

Wenn demnach die Behörde erster Instanz in Bindung an § 49 Abs.2 VStG (letzter Satz) auf Grund des Einspruches ergehenden Bescheides – nach den erst im ordentlichen Verfahren evident werdenden Vormerkungen – keine höhere Strafe verhängen durfte als mit der Strafverfügung ausgesprochen wurde, ist diese Strafe objektiv besehen vielmehr als unterdurchschnittlich bemessen anzusehen.

Wären die Vormerkungen bereits vor Erlassung der Strafverfügung bekannt gewesen hätte in geradezu klassischer Weise die Voraussetzungen für eine weitergehende Ausschöpfung des Strafrahmens bestanden.

 

5. Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1980, Slg. 10077/A). Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Dabei ist es Sache der Behörde, die für die Strafzumessung maßgebenden Erwägungen darzustellen, um so die Möglichkeit zur Überprüfung zu eröffnen, ob vom Ermessen gesetzesgemäß Gebrauch gemacht worden ist (VwGH 18.12.2001, 2000/09/0059).

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Hier überwogen angesichts der oben angeführten einschlägigen Vormerkungen insbesondere die straferschwerenden Umstände.

Die Behörde erster Instanz verweist hier zutreffend auf spezialpräventive Überlegungen, wobei in diesem Fall, wie oben schon angeführt, durchaus eine weitestgehendere Ausschöpfung des Strafrahmens angemessen gewesen wäre um den Berufungswerber von der Begehung weiterer derartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Mit Blick auf die vorangeführten Überlegungen war der Berufung ein Erfolg zu versagen.

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass hier von der Behörde erster Instanz zu Unrecht keine Verfahrenskosten für den nach § 49 Abs.2 iVm § 19 VStG erlassenen Bescheid, der als Straferkenntnis zu gelten hat, vorgeschrieben hat (vgl. VwGH 23.9.1994, 94/02/0256).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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