Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100453/4/Weg/Ri

Linz, 02.07.1992

VwSen - 100453/4/Weg/Ri Linz, am 2. Juli 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des H M vom 3. März 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Februar 1992, VerkR-96/9149/1991-B, zu Recht:

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Die Geldstrafe wird auf 200 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden reduziert. Die Verfahrenskosten erster Instanz reduzieren sich von 50 S auf 20 S. Kosten für das Berufungsverfahren fallen nicht an.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, i.V.m. § 5, § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2, § 64 und § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr.52/1991.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S (im NEF 24 Stunden) verhängt, weil dieser am 3. Mai 1991 um 19.36 Uhr im Gemeindegebiet von A, auf der Westautobahn A1, Autobahn-km 168,525, den PKW mit dem Kennzeichen mit einer Geschwindigkeit von 149 km/h in Richtung Salzburg gelenkt und dabei die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 19 km/h überschritten hat. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 50 S in Vorschreibung gebracht.

I.2. Dagegen wendet der Berufungswerber sinngemäß ein, daß der elektronisch gesteuerte Tachometer seines Audi 100 insoweit ausgefallen sei, als die Tachonadel in unregelmäßigen Intervallen auf der Skala hin und her tanzte oder an irgendeinem Punkt hängenblieb. Ein objektives Erkennen der jeweils gefahrenen Geschwindigkeit sei ihm nur zeitweise möglich gewesen. Er habe sich dem Verkehrsfluß der übrigen Autofahrer angepaßt, das sei die einzige Möglichkeit der Geschwindigkeitskontrolle gewesen. Wenig später habe er seinen Tacho instandsetzen lassen, die diesbezügliche Bescheinigung habe er bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt.

I.3. Die Berufung ist rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Sachentscheidung gegeben ist, der weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe ausgesprochen wurde - durch ein Einzelmitglied zu erkennen hat. Da im gegenständlichen Fall dem Grunde nach lediglich eine Rechtsfrage, nämlich das Vorliegen eines Schuldausschließungsgrundes, zu beurteilen war, erwies sich eine öffentliche mündliche Verhandlung als nicht notwendig, zumal eine solche in der Berufung auch nicht ausdrücklich verlangt wurde.

I.4. Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist nachstehender, sich aus der Aktenlage ergebender und als erwiesen angenommener Sachverhalt zu beurteilen:

Der Berufungswerber lenkte zum Tatzeitpunkt auf der angeführten Tatörtlichkeit einen PKW und überschritt dabei die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 19 km/h. Das Vorbringen, daß der Tachometer defekt war, ist glaubwürdig.

I.5. Die Berufung hinsichtlich der Schuld erweist sich aus nachstehenden Gründen als nicht zutreffend:

Die vom Berufungswerber nicht bestrittene Geschwindigkeitsüberschreitung ist ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, es wird das Tatbild also durch ein bloßes Verhalten verwirklicht, wobei dieses Verhalten zumindest fahrlässig sein muß. Bei einem Ungehorsamsdelikt belastet der Gesetzgeber den Täter schon durch den objektiven Tatbestand und präsumiert die Schuld bis zur Glaubhaftmachung des Gegenteiles durch den Beschuldigten.

Zwar wird dem Beschuldigten nicht entgegengetreten, daß bei der gegenständlichen Fahrt der Tachometer ausgefallen ist, doch muß ihm angelastet werden, daß er für einen solchen Fall die Geschwindigkeitswahl so zu treffen hat, daß er auf jeden Fall unter der 130 km/h-Grenze verbleibt. Der Berufungswerber hätte also, um eine Geschwindigkeitsüberschreitung zu verhindern, wenn ihm die Feststellung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mittels Tacho nicht möglich war, im Zweifel eine Geschwindigkeit wählen müssen, die so weit unterhalb der erlaubten Höchstgeschwindigkeit liegt, daß er mit Sicherheit unter dieser Grenze verbleibt. Durch sein Verhalten - nämlich die selbst gefahrene Geschwindigkeit ausschließlich nach der der anderen KFZ-Lenker zu beruteilen - hat der Berufungswerber die Verwirklichung des Tatbildes der Geschwindigkeitsüberschreitung zumindest fahrlässigerweise in Kauf genommen. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur erkannt, daß das Nichtfunktionieren des Tachometers keinen Schuldausschließungsgrund darstellt.

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß das Tatbild der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 sowohl objektiv und durch das Vorliegen von zumindest leichter Fahrlässigkeit auch subjektiv erfüllt ist.

II. Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Rücksicht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen ist gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 mit 10.000 S festgelegt.

Da der Berufungswerber die in der Begründung des Straferkenntnisses als Strafbemessungsgründe angeführten Fakten nicht bestritten hat, werden diese auch der nunmehrigen Entscheidung zugrundegelegt. Um es zusammenzufassen: Strafmildernd ist die bisherige Unbescholtenheit zu werten, straferschwerende Umstände traten nicht zutage.

Wie der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich bereits mehrfach zum Ausdruck brachte (vgl. z.B. VwSen-100236/2 oder VwSen-100501/2) ist es nicht gesetzeskonform, wenn in einer Strafverfügung bzw. nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren und wenn keine erschwerenden Umstände hinzutreten in einem Straferkenntnis für dasselbe Delikt eine höhere Geldstrafe verhängt wird, als in einer Anonymverfügung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Verordnung vom 9. Mai 1990, VerkR 1123/454-1990/W, den Unrechtsgehalt einer Geschwindigkeitsüberschreitung bis 19 km/h mit 300 S festgelegt.

Wenn im Verfahren keine erschwerenden oder mildernden Umstände zutagetreten oder nicht ein exorbitant hohes Einkommen vorliegt, ist die Strafhöhe entsprechend der zitierten Verordnung zu bemessen.

Im gegenständlichen Fall trat jedoch noch ein milderndes Element hinzu, nämlich die Unbescholtenheit, weshalb die Geldstrafe auf 200 S zu reduzieren war.

Der Kostenausspruch ist in den zitierten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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