Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-164951/2/Ki/Gr

Linz, 31.03.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X vertreten durch Rechtsanwälte X, vom 07. Jänner 2010 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Dezember 2009, VerkR96-23243-2009-Hai, wegen einer Übertretung des KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.              Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

I.: §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Dezember 2009, VerkR96-23243-2009-Hai, wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, § 103 Abs.2 KFG iVm § 9 VStG verletzt zu haben. Die X sei als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, zugestellt am 23. April 2009, aufgefordert worden, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 10. Dezember 2008 um 12:24 Uhr in Regau auf der Westautobahn A1, km 222.560 gelenkt bzw. abgestellt habe. Er habe diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt. Er habe auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können. Er wäre als Verantwortlicher der genannten Firma verpflichtet gewesen, diese Auskunft zu erteilen.

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG wurde eine Geld bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Weiters wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz von 7. Jänner 2010 Berufung mit dem Antrag, das Strafverfahren einzustellen; in eventu es bei der Ermahnung gemäß § 21 VStG zu belassen und von einer Bestrafung abzusehen.

 

Im Wesentlichen führt der Rechtsmittelwerber aus, er habe selbst nie die in Rede stehende Lenkeranfrage erhalten bzw. es werde auch bestritten, dass jenes Schriftstück, welches am 23. April 2009 zugestellt sein soll, überhaupt jene gegenständliche Lenkeranfrage gewesen sei.

 

Weiters bemängelt der Rechtsmittelwerber, dass die von der Behörde in der Anfrage verwendete Formulierung "gelenkt bzw. abgestellt hat" nicht den Erfordernissen an Form und Formulierung und die bestimmte, eindeutige und unmissverständliche Deutlichkeit des Auskunftsverlangens nach Gesetz und Rechtssprechung entspricht.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 23. März 2010 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der 2-wöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z.1 VStG).

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Mit Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich vom 29. Jänner 2009 wurde der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht, dass der Lenker des Kraftfahrzeuges, Kennzeichen X, als dessen Zulassungsbesitzerin die X, X, bezeichnet wurde, am 10. Dezember 2008 eine Verwaltungsübertretung begangen haben soll. Er habe nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist Auskunft erteilt.

 

Unter Ordnungsnummer X findet sich im vorliegenden Verfahrensakt eine Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 9. September 2009, VerkR96-23243-2009, mit welcher dem Berufungswerber eine Übertretung des § 103 Abs.2 KFG iVm § 9 VStG vorgeworfen wurde. Die Firma X sei als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck aufgefordert worden, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 10. Dezember 2008 um 12:24 Uhr in Regau auf der Westautobahn A1 km 222.560 gelenkt bzw. abgestellt habe. Er habe diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt. Er habe auch keine andere Person benannt, die die Auskunft hätte erteilen können. Er wäre als Verantwortlicher der genannten Firma verpflichtet gewesen, diese Auskunft zu erteilen.

 

Der Rechtsmittelwerber erhob gegen diese Strafverfügung mit Schriftsatz vom 24. September 2009 rechtzeitig Einspruch und es forderte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck in der Folge Herrn X mit Schreiben vom 9. Oktober 2009, VerkR96-23243-2009-HAI, zur Rechtfertigung auf.

 

In seiner Rechtfertigung vom 16. November 2009 bestritt der Berufungswerber unter anderem, dass ihm gegenständlich eine Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe zugestellt, übermittelt oder vorgelegt worden wäre.

 

Unter Ordnungsnummer X findet sich im Akt ein RSb-Rückschein, wonach eine Sendung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (VerkR-96-23243-2009) von einer Arbeitnehmerin der X übernommen wurde.

Letztlich hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Zu den Rechtfertigungsangaben, dass der Berufungswerber kein Schreiben zur Lenkerbekanntgabe übernommen hätte bzw. dass ein solches aus dem Akt nicht ersichtlich sei, führte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck aus, dass durch die Umstellung eines guten Teils des behördlichen Schriftverkehrs auf automationsunterstützte Datenverarbeitung auch im vorliegenden Fall ein solches computergestütztes Schriftstück erlassen worden sei. Der Verfahrensablauf bei Anonymverfügungen sei folgender: Im Falle einer Anzeige wegen Geschwindigkeitsüberschreitung ergehe diese in einfacher Ausfertigung an die Zulassungsbesitzerin. Dieser Vorgang werde in der Datenbank festgehalten. In dem gegenständlichen Fall sei dieser unter der EDV-Zahl X erfolgt. Ein weiterer Ausdruck – eine sogenannte Hardcopy – werde nicht erstellt. Diese - behördenintern übliche – Vorgehensweise sei auch jene bei der gegenständlichen Lenkererhebung. Der Nachweis der Zustellung des Schriftstückes sei durch den Rückschein erfolgt, dieser liege auch im konkreten Fall vor.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe – Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörden nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen 2 Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

 

Im vorliegenden Falle stellt sich zunächst die Frage, ob der Berufungswerber das Auskunftsverlangen der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck auch tatsächlich erhalten hat, dies wird von ihm bestritten. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck beruft sich auf einen RSb-Rückschein, wonach eine Arbeitnehmerin ein Schriftstück der Bezirkhauptmannschaft am 23. April 2009 übernommen hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich stellt zunächst fest, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "In dubio pro reo" Geltung hat. Dieser Grundsatz ist eine Regel für jene Fälle, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte. Nur wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung somit Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

 

Im gegenständlichen Falle argumentiert die belangte Behörde damit, es finde sich im Verfahrensakt ein RSb-Rückschein und sie verweist darauf, dass damit die Zustellung der Lenkeranfrage an den Berufungswerber dokumentiert wäre. Ausdrücklich wird jedoch im Verfahrensakt festgehalten, dass keine Hardcopy der automationsunterstützten Lenkeranfrage existiert. Es ist daher der Berufungsbehörde nicht möglich, nachzuvollziehen, ob tatsächlich der im Akt aufliegende Rückschein mit der allfällig zugestellten Lenkeranfrage in Verbindung gebracht werden könnte bzw. kann das diesbezügliche Vorbringen des Berufungswerbers, er habe die Lenkeranfrage nicht erhalten, nicht entkräftet werden.

 

Darüber hinaus hat nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Lenkeranfrage mit "unmissverständlicher Deutlichkeit "zu erfolgen. Ausdrücklich hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass auf Grund des klaren Wortlautes des § 103 Abs.2 erster Satz KFG 1967 eine alternative Anfrage (ohne entsprechende klarstellende Hinweise), wer zu einem bestimmten Fahrzeug ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug gelenkt oder abgestellt hat, unzulässig ist (VwGH 2006/02/0020 vom 26. Jänner 2007 u.a.).

 

Nach dem wie bereits darlegt wurde, im Verfahrensakt kein Beleg hinsichtlich des behaupteten Aukunftsverlangens sich findet, ist es der Berufungsbehörde auch nicht möglich zu prüfen ob zusätzlich zur alternativen Anfrage "gelenkt bzw. abgestellt" klarstellende Hinweise enthalten waren, worauf sich die Anfrage tatsächlich bezog.

 

3.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nach dem wie oben dargelegt wurde, nicht erwiesen werden kann, ob dem Berufungswerber das Auskunftsverlangen tatsächlich zugegangen ist bzw. auch nicht geklärt werden kann, ob die – von der Behörde behauptete – Anfrage tatsächlich in der erforderlichen Deutlichkeit erfolgte, kann dem Berufungswerber die ihm zu Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht nachgewiesen werden. Der Berufung war daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum