Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522508/2/Sch/Bb/Th

Linz, 31.03.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. X, Dr. X, Dr. X, X vom 24. Februar 2010, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung, vom 12. Februar 2010, GZ VerkR21-1388-1976, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B und weiterer Anordnungen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat Herrn X (dem Berufungswerber) mit Bescheid vom 12. Februar 2010, GZ VerkR20-1388-1976, die unter Zl. X für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung infolge mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides (= 19. Februar 2010) bis einschließlich 19. Februar 2011 entzogen, weiters für die Dauer von 24 (gemeint wohl: 12) Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung, das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges verboten und das Recht aberkannt, während der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrach zu machen. Überdies wurde der Berufungswerber aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich bei der zuständigen Polizeiinspektion abzuliefern. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 19. Februar 2010 – hat der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 24. Februar 2010 – und somit rechtzeitig – durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung samt bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben (§ 35 Abs.1 FSG). Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, GZ Verk20-1388-1976. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 29. Juni 2009, AZ 34 Hv 75/09x, wegen der Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs.3 Satz 1 und 2 StGB unter Anwendung des § 28 StGB nach dem 2. Strafsatz des § 207a Abs.3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 6 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe beträgt sohin 2 Monate. Das Urteil ist seit 29. Juni 2009 rechtskräftig.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung erblickte in diesen Vergehen des Berufungswerbers eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 Z2 iVm § 7 Abs.3 Z8 FSG und schloss daraus auf die Verkehrsunzuverlässigkeit des Berufungswerbers.

 

§ 7 Abs.3 FSG enthält eine beispielsweise Aufzählung von Verwaltungsübertretungen und gerichtlich strafbaren Handlungen, die als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 7 Abs.1 leg.cit. zu gelten haben und zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit führen können. Aus dem demonstrativen Charakter dieser Aufzählung ergibt sich, dass auch andere - als die im Abs.3 des § 7 leg.cit. genannten – Verhaltensweisen, die geeignet sind, die Verkehrszuverlässigkeit einer Person in Zweifel zu ziehen, eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 leg.cit. bilden können, wenn sie im Einzelfall durch ihre Verwerflichkeit den angeführten strafbaren Handlungen an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen annähernd gleichkommen (vgl. z.B. VwGH 24. April 2001, 99/11/0218). Insofern stellen die im § 7 Abs.3 FSG genannten Tatbestände einen Maßstab für die Qualifizierung anderer Verhaltensweisen als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs.1 dar.

 

Von den Handlungen des StGB gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung sind in § 7 Abs.3 Z8 FSG die §§ 201 bis 207 und § 217 StGB als bestimmte Tatsachen aufgezählt. Das Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a StGB ist in § 7 Abs.3 FSG nicht ausdrücklich genannt. Der Gesetzgeber hat diese strafbare Handlung nicht in die demonstrative Aufzählung des § 7 Abs.3 FSG aufgenommen und damit zu erkennen gegeben, dass im Zusammenhang mit der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit derartigen Delikten nicht der gleiche Stellenwert zukommt wie den Vergehen der §§ 201 bis 207 und 217 StGB (vgl. in diesem Zusammenhang z.B. die Judikatur des VwGH zu § 107 StGB – VwGH 14. September 2004, 2004/11/0134). Wäre es der Wille des Gesetzgebers gewesen, dass auch die Begehung eines Vergehens nach § 207a StGB als eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache zu gelten habe, hätte er diese Bestimmung wohl in die Aufzählung des § 7 Abs.3 FSG mit aufgenommen, besonders nachdem im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Führerscheingesetzes die Bestimmung des § 207a StGB auch längst in Kraft war.

 

Auch ein Vergleich der gesetzlichen Strafdrohungen zeigt, dass die Gleichwertigkeit des § 207a StGB mit den sonstigen in § 7 Abs.3 Z8 FSG aufgezählten Tatbeständen nicht zu begründen ist. Das vom Berufungswerber gesetzte Verhalten bildet – nach dem zugrundeliegenden Gerichtsurteil - eine nach dem 2. Strafsatz des § 207a Abs.3 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu ahndenden gerichtlichen Straftatbestand, während die Strafsätze insbesondere bei Vollendung von Handlungen nach den §§ 201 bis 207 StGB wesentlich höher sind. Obwohl auch das vom Berufungswerber begangene strafgerichtliche Vergehen als besonders verwerflich anzusehen ist, ist dennoch auch zu berücksichtigen, dass sein Verhalten im Besitz bzw. der Beschaffung von pornographischen Darstellungen Minderjähriger gelegen ist, hingegen die Begehung von Handlungen gemäß §§ 201 bis 207 StGB einen besonders schweren Eingriff in die Sphäre dritter Personen, insbesondere in deren körperliche Unversehrtheit darstellen und deren Recht auf freie Willensbestimmung zuwiderläuft. Weiters ist zu beachten, dass der Berufungswerber die Vergehen nicht im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges begangen hat.

 

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates kommt § 207a StGB nicht den in § 7 Abs.3 Z8 FSG genannten gerichtlich strafbaren Handlungen an Unrechtsgehalt gleich. Die vom Berufungswerber begangene Tat stellt somit keine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 Z2 iVm § 7 Abs.3 Z8 FSG dar.

 

Mangels Vorliegen einer bestimmten Tatsache erweist sich deshalb die auf mangelnde Verkehrzuverlässigkeit des Berufungswerbers gestützte Entziehung der Lenkberechtigung der Klassen A und B bzw. die Anordnung der damit verbundenen weiteren Maßnahmen als nicht rechtens und es war demnach in Stattgebung der Berufung der angefochtene Bescheid in allen Punkten aufzuheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von insgesamt 24 Euro (Berufung 13,20 Euro, Beilage 3,60 Euro, Beilage 7,20 Euro) angefallen.

 

 

S c h ö n

 

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