Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100456/4/Bi/Ka

Linz, 18.05.1992

VwSen - 100456/4/Bi/Ka Linz, am 18. Mai 1992 DVR.0690392 H B, W; Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967 Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des H B gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. Februar 1992, VerkR96/7193/1991/B/O, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24 und 51 VStG, § 17 Zustellgesetz.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Bescheid vom 19. Februar 1992, VerkR96/7193/1991/B/O, den Einspruch des Herrn H B, als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber innerhalb offener Frist Berufung eingebracht. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die belangte Behörde keinen Gebrauch gemacht, sodaß die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte entfallen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Grundlage für den bekämpften Bescheid war eine Anzeige des Gendarmeriepostens S gegen den Rechtsmittelwerber wegen mehrerer am 5. Mai 1991 begangener Verwaltungsübertretungen. Daraufhin wurde von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eine Strafverfügung vom 18. Juli 1991, VerkR96/7193/1991, verfaßt, die am 9. August 1991 an den Rechtsmittelwerber an die Adresse, R, abgesendet wurde, jedoch mit dem Vermerk zurückkam, dieser befinde sich derzeit auf Urlaub. Daraufhin wurde erneut am 16. September 1991 das Schriftstück abgesendet und laut Vermerk des Zustellers am 19. September 1991 nach zwei erfolglosen Zustellversuchen beim Postamt hinterlegt. Am 11. Oktober 1991 langte das Schreiben wieder bei der belangten Behörde mit dem Vermerk "nicht behoben" ein. Am 30. Oktober 1991 teilte das Gemeindeamt P der belangten Behörde mit, der Rechtsmittelwerber sei seit 24. Juli 1991 mit Hauptwohnsitz in W, mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Mit Schreiben vom 4. November 1991 ersuchte der Rechtsmittelwerber aufgrund eines Telefongespräches mit der belangten Behörde um neuerliche Zustellung der Strafverfügung und legte auch eine Kopie des Meldezettels vor, aus der hervorgeht, daß er den ordentlichen Wohnsitz in P beibehalten, jedoch einen neuen Hauptwohnsitz in W begründet hat.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 1991 teilte die belangte Behörde dem Rechtsmittelwerber ihre Rechtsauffassung mit, wonach er den Hauptwohnsitz in P nicht aufgegeben habe, sodaß die Hinterlegung der Strafverfügung vorschriftsmäßig und eine neuerliche Zustellung nicht möglich sei. Eine Kopie der Strafverfügung war dem Schreiben angeschlossen; der RSa-Brief wurde am 6. Dezember 1991 hinterlegt.

Mit Schreiben vom 17. Dezember 1991 legte der Rechtsmittelwerber eine Inskriptionsbestätigung der Universität Wien für das Wintersemester 1991/1992 vor und erhob Einspruch gegen sämtliche Verwaltungsübertretungen in der Strafverfügung mit der Begründung, die Zustellung der Strafverfügung sei gesetzwidrig gewesen und er beantrage, sämtliche damit im Zusammenhang stehende Handlungen für rechtsunwirksam zu erklären und eine neuerliche Zustellung vorzunehmen.

Daraufhin erging seitens der belangten Behörde der bekämpfte Bescheid.

In der Berufung von 4. März 1992 macht der Rechtsmittelwerber geltend, er studiere seit März 1984 in Wien und halte sich seit diesem Zeitpunkt mindestens 6 Tage pro Woche an seinem Studienort auf. In P, sei seine Mutter wohnhaft, die er zehnmal im Jahr besuche. Von einer zulässigen Abgabestelle im Sinne des Gesetzes könne seit März 1984 nicht mehr ausgegangen werden, weshalb die Zustellung gesetzwidrig sei. Er habe aufgrund der schriftlichen Korrespondenz vom zuständigen Referenten der belangten Behörde am 3. Dezember 1991 eine Kopie der Strafverfügung erhalten, weshalb der am 18. Dezember 1991 eingebrachte Einspruch innerhalb offener Frist erfolgt sei.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Zur Frage der Rechtmäßigkeit der Hinterlegung der Strafverfügung ist zunächst festzuhalten, daß der Rechtsmittelwerber, dem zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt sein konnte, daß ein Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn eingeleitet wurde, nicht verpflichtet war, der Behörde die Gründung eines zweiten Hauptwohnsitzes mitzuteilen. Daß die Wohnung in P weiterhin als Hauptwohnsitz des Rechtsmittelwerbers anzusehen ist, ergibt sich aus dem Meldezettel und wurde von diesem auch nicht bestritten. Es bestanden daher keine Bedenken, die Strafverfügung dahingehend zu adressieren.

Der Auffassung der belangten Behörde, es hätte sich kein Anhaltspunkt dafür gefunden, daß der Rechtsmittelwerber ortsabwesend sein könnte, da der Rückschein nur mit dem Vermerk "nicht behoben", aber nicht mit irgendeiner Mitteilung, daß dieser nunmehr in Wien wohnhaft sei, zurückgekommen sei, kann insofern nicht gefolgt werden, als es für die Zulässigkeit der Hinterlegung nicht auf den subjektiven Eindruck des Zustellers ankommt, sondern vielmehr darauf abzustellen ist, ob sich der Empfänger tatsächlich regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz beginnt der Lauf der Hinterlegungsfrist mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem Akteninhalt, daß der Rechtsmittelwerber offensichtlich erst durch ein Telefonat mit der belangten Behörde am 31. Oktober 1991 von der Existenz der Strafverfügung erfahren hat, da er sich seit 10. Juli 1991 in Wien aufhielt und dort auch einen Hauptwohnsitz gegründet hat.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht dahingehend kein Zweifel, nicht zuletzt aufgrund der Vorlage der Inskriptionsbestätigung. Es kann daher von der Ortsabwesenheit des Rechtsmittelwerbers ausgegangen werden, weshalb die Hinterlegung des RSa-Briefes nicht als Zustellung der Strafverfügung anzusehen ist.

Zur Frage, ob die Übermittlung der Ablichtung der Strafverfügung durch die Erstbehörde mit Schreiben vom 3. Dezember 1991 als Zustellung der Strafverfügung mit allen Konsequenzen anzusehen ist, ist auf die Bestimmung des § 7 Zustellgesetz zu verweisen, wonach, wenn bei der Zustellung Mängel unterlaufen, diese als in dem Zeitpunkt vollzogen gilt, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger), tatsächlich zugekommen ist.

Unter "Schriftstück" kann im gegenständlichen Fall nur die Strafverfügung vom 18. Juli 1991 verstanden werden, und nicht deren Kopie. Überdies war ein Wille zur Bescheiderlassung seitens der belangten Behörde nicht gegeben, sodaß eine Strafverfügung bislang nicht erlassen worden ist und eine "Aufhebung der Rechtskraft" weder erforderlich noch möglich ist. Der Einspruch des Rechtsmittelwerbers richtete sich daher gegen eine nicht existente Strafverfügung und wäre daher allenfalls mangels Grundlage als unzulässig, jedoch nicht als verspätet zurückzuweisen gewesen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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