Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550102/59/Gf/Mu

Linz, 31.03.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über den Antrag der x, vertreten durch RA x, auf Nichtigerklärung des Widerrufs der Ausschreibung bezüglich der Auftragsvergabe "Portale, Fenster, Glasfassade - Horterweiterung x" durch die Gemeinde x, vertreten durch RA x, zu Recht erkannt:

Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 12 OöVergRSchG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1.1. Die Gemeinde x hat als öffentliche Auftraggeberin in der Amtlichen Linzer Zeitung vom 15. Mai 2003, Folge 10, S. 29, u.a. einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich betreffend die Errichtung einer außenseitigen Glasfassade im Zusammenhang mit der Erweiterung des Kinderhortes x im offenen Verfahren ausgeschrieben.

1.2. Mit Telefax vom 10. Juli 2003 wurde die Beschwerdeführerin davon in Kenntnis gesetzt, dass die Ausschreibung "aufgrund von konstruktiven und preisrelevanten Veränderungen im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung und der daraus resultierenden nicht eindeutig möglichen Ermittlung eines Bestbieters widerrufen" wird. Dasselbe Schreiben wurde auch dem zweiten Bieter, der sich am Vergabeverfahren beteiligt hatte, übermittelt.

1.3. Mit ihrem am 20. August 2003 - und damit gemäß § 8 Abs. 2 des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes, LGBl. Nr. 153/2002 (im Folgenden:
OöVergNPG), rechtzeitig - per Telefax beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachten Schriftsatz hat die Rechtsmittelwerberin nach § 2 Abs. 5 OöVergNPG einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Widerrufes dieser Ausschreibung gestellt.

Als Beschwerdepunkt i.S.d. § 2 Abs. 2 OöVergNPG wurde der Sache nach die Verletzung im subjektiven Recht auf Durchführung eines gesetzeskonformen Vergabeverfahrens i.S.d. § 105 des Bundesvergabegesetzes, BGBl. Nr. I 99/2002 (im Folgenden: BVergG), geltend gemacht, wodurch ihr ein Schaden in Höhe von zumindest 4.000 Euro entstanden sei.

Begründend wurde dazu zunächst ausgeführt, dass – entgegen der Auffassung der Auftraggeberin – eine Bestbieterermittlung schon auf Grund der vorgelegten Angebote durchaus möglich gewesen wäre, weil sie ein vollständiges, rechnerisch richtiges sowie vergaberechts- und ausschreibungskonformes (Alternativ‑)Angebot erstellt habe und bei der Angebotseröffnung als Billigstbieterin hervorgegangen sei. Demgegenüber sei es unzulässig gewesen, der (einzigen) Mitkonkurrentin im Nachhinein die Möglichkeit zur Abänderung ihres Angebotes –  wobei zudem die Vorschriften der §§ 94 und 97 BVergG nicht eingehalten worden seien – zu gewähren, um dieses mit dem Alternativangebot der Rechtsmittelwerberin vergleichen zu können. Außerdem seien von der Auftraggeberin in ihrer Mitteilung vom 10. Juli 2003 keine stichhaltigen Gründe für den Widerruf der Ausschreibung genannt worden.

1.4. Dagegen brachte die Auftraggeberin in ihrer Äußerung zunächst vor, dass das (Alternativ-)Angebot der Beschwerdeführerin in mehreren Punkten nicht der Ausschreibung entsprochen hätte; die Mängel seien in der Folge teilweise trotz entsprechender Aufforderung nicht verbessert worden bzw. gar nicht verbesserungsfähig gewesen. Überdies sei – weil der Auftrag nach dem Kriterium des günstigsten Preises hätte vergeben werden sollen – ein Alternativangebot von vornherein nicht zulässig gewesen; vielmehr hätten die Produkte vollinhaltlich den Ausschreibungsunterlagen entsprechen müssen.

Davon abgesehen sei die Auftraggeberin vornehmlich schon deshalb zum Widerruf der Ausschreibung berechtigt gewesen, weil sich erst nach der Angebotseröffnung gezeigt habe, dass die beiden Angebote einen unterschiedlichen Qualitätsstandard aufweisen, was aber auf Grund der ohnehin sehr detaillierten Leistungsbeschreibung nicht vorherzusehen gewesen sei. Außerdem hätten sich erst im Zuge des Ausschreibungsverfahrens zuvor nicht bekannte Einsparungsmöglichkeiten (in Höhe von 20%) – nämlich: "Pfosten-Riegel"-Konstruktion anstelle der ursprünglich projektierten "Structural-Glazing"-Variante – ergeben.

1.5. Hiezu hat die Beschwerdeführerin am 18. September 2003 eine Gegenäußerung erstattet.

1.6. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 22. September 2003, Zl. VwSen-550102/11/Gf/Ka, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin abgewiesen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass sich auf Grund des im Akt der Auftraggeberin erliegenden Prüfberichtes des von ihr mit der Ausschreibung und Durchführung des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens beauftragten Architekten vom 16. Juni 2003 zum einen ergebe, dass "aus Einsparungsgründen die Pos. 92.01.90.3 - Rundfenster und die Pos. 92.01.90.04 - Fensterleibungsverkleidungen" zu entfallen hätten; zum anderen habe die Beschwerdeführerin "als Fassadenverkleidung ..... entgegen der Ausschreibung eine hinterlüftete Pfosten-Riegel-Konstruktion" (mit einem bloß um 0,1 W/m2K ungünstigeren Wärmedurchgangskoeffizienten) verwendet, die bei gleichartiger Konstruktionsweise bei ihrer Mitkonkurrentin in Teilbereichen, nämlich der Fassadenverkleidung (Auftragswert im Mittel: ca. 60.000 Euro) zu einer weiteren Preisreduktion von 20% (= ca. 12.000 Euro) und damit insgesamt zu einem um ca. 6.000 Euro günstigeren Angebot (Gesamtauftragssumme: 187.168 Euro [gegenüber 193.095 Euro bei der Beschwerdeführerin]) führe.

Mit Schreiben vom 23. Juni 2003 habe überdies ein von der Auftraggeberin ersuchtes Metallbauunternehmen – weil einem solchen lt. Ausschreibungsunterlage die Regie über die Gesamtfertigung zukommen sollte – mitgeteilt, dass ein Vergleich des der Ausschreibung zu Grunde liegenden Fassadensystems "SG50N" (vgl. Pos. 92.04.10.0 der Ausschreibungsunterlage vom 9. Mai 2003, Version 11, 2002-09; sog; "Structural Glazing") mit jenem des Systems "FW50+" (sog. "Pfosten-Riegel-Konstruktion") ergebe, dass letzteres sowohl hinsichtlich der Materialkosten als auch in Bezug auf Fertigung und Montage preislich günstiger sei, was seiner Einschätzung nach zu einer Preisreduktion zwischen 17% und 22% führen müsse.

Daraus gehe aber insgesamt unzweifelhaft hervor, dass die Auftraggeberin die gegenständlichen Fassadenbauarbeiten nicht nach dem Structural-Glazing-System, sondern nach der Pfosten-Riegel-Bauweise und damit wesentlich anders ausgeschrieben hätte, wenn ihr zuvor bekannt gewesen wäre, dass nach letzterer Methode bei nahezu gleichem Wärmedurchgangskoeffizienten immerhin hinsichtlich eines Drittels des Gesamtauftragsvolumens ein um ca. 20% niedrigerer Angebotspreis zu erzielen ist.

Bei dieser Sachlage sei daher die Auftraggeberin schon gemäß § 105 Abs. 1 BVergG nicht nur berechtigt, sondern im Wege einer Rechtsentscheidung (arg. "ist") sogar dazu verpflichtet gewesen, die Ausschreibung zu widerrufen.

1.7. Der gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde der Rechtsmittelwerberin hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Juni 2005, B 1478/03, insoweit stattgegeben, als er das h. Erkenntnis vom 22. September 2003 infolge Unterlassung der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung und somit wegen Verletzung des Art. 6 EMRK aufgehoben hat.

Im Besonderen vermisste der VfGH eine Klärung der Frage, ob der Widerruf der Ausschreibung tatsächlich deshalb erfolgte, weil die Auftraggeberin erst im Nachhinein Kenntnis vom Einsparungspotenzial der "Pfosten-Riegel-Bauweise" gegenüber dem "Structural-Glazing-System" erlangte.

2.1. Im fortgesetzten Verfahren hat daher der Oö. Verwaltungssenat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Gemeinde x zu Zl. III/4-2501-2003 und die übermittelten Schriftsätze sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 7. Dezember 2005 und am 30. Jänner 2006, zu der als Parteien x und x als Vertreter der Beschwerdeführerin bzw. x als Vertreterin der Auftraggeberin sowie die Zeugen x, x und x erschienen sind.

2.1.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

In dem als "Prüfbericht" titulierten Schreiben des von der Auftraggeberin mit der Durchführung der Baumaßnahmen beauftragten Architekten vom 16. Juni 2003 stellte dieser fest, dass die Beschwerdeführerin entgegen der Ausschreibung ("Structural-Glazing"-System) eine hinterlüftete "Pfosten-Riegel"-Konstruktion angeboten habe.

Um eine "Gleichwertigkeit" (gemeint wohl: Vergleichbarkeit) der Angebote zu erreichen, wurde zum einen auch bei der Mitbieterin angefragt, wobei diese bekannt gab, dass diesfalls eine Minderung von 20% in Abzug zu bringen sei.

Weiters kontaktierte der Architekt diesbezüglich ein neutrales Metallbauunternehmen, das mit Schreiben vom 23. Juni 2003 ausführte, dass in diesem Fall mit einem Preisunterschied zwischen 17 und 22% zu rechnen sei.

Dass zwischen dem anspruchsvolleren "Structural-Glazing"-System und der vergleichsweise kostengünstigeren "Pfosten-Riegel"-Bauweise kein funktioneller, sondern nur ein rein optischer Unterschied besteht, wurde von sämtlichen Zeugen übereinstimmend bestätigt.

Mit Schreiben vom 26. Juni 2003 hat der Architekt der Auftraggeberin empfohlen, die Ausschreibung zu widerrufen, weil "beide Bieter im Rahmen der Zuschlagsfrist gegenüber den ursprünglichen Angeboten konstruktive und z.T. preisrelevante Veränderungen" vorgenommen hätten und "nicht auszuschließen" sei, "dass es sich hierbei um spekulative Veränderungen" handelt.

Zu diesen Formulierungen in der öffentlichen Verhandlung befragt, gab der Architekt an, dass er mit "spekulativ" gemeint habe, dass beide Bieter ihr Angebot jeweils schrittweise wieder reduziert haben, sobald sie den Letztstand des Konkurrenten erfahren hatten, wenngleich diese reduzierten Angebote noch nicht einen solchen Tiefstand erreicht haben, dass für diese insgesamt ein Verlustgeschäft resultiert hätte.

Die Auftraggeberin ist dieser Empfehlung schließlich gefolgt und hat die Ausschreibung mit einem Inserat in der Amtlichen Linzer Zeitung widerrufen, wobei der Text dieser Anzeige den Bietern am 10. Juli 2003 per Telefax zur Kenntnis gebracht wurde.

In der Folge wurden die Gewerke wieder neu – und zwar beschränkt (nicht offen) – ausgeschrieben, wobei in diese neuerliche Auftragsvergabe weder die Antragstellerin noch deren Mitkonkurrentin einbezogen wurde.

2.1.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen ergaben sich aus den glaubwürdigen und im Wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der in der öffentlichen Verhandlung einvernommen Zeugen sowie aus den in dem von der Auftraggeberin vorgelegten Akt enthaltenen Unterlagen.

2.2.1. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 31. Jänner 2006, Zl. VwSen-550102/49/Gf/Mu, wurde sodann dem Antrag der Rechtsmittelwerberin insoweit stattgegeben, als festgestellt wurde, dass der Widerruf der Ausschreibung weder dem § 105 Abs. 1 noch dem § 105 Abs. 2 BVergG entsprach.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 2 Abs. 5 OöVergNPG nach dem Widerruf einer Ausschreibung u.a. festzustellen hatte, ob dieser Widerruf wegen eines Verstoßes gegen das BVergG rechtswidrig war. Nach § 105 Abs. 1 BVergG war die Ausschreibung zu widerrufen, wenn Umstände bekannt wurden, die - wenn sie schon vor der Ausschreibung bekannt gewesen wären - eine Ausschreibung ausgeschlossen oder zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten. Gemäß § 105 Abs. 2 Z. 3 BVergG konnte die Ausschreibung widerrufen werden, wenn für den Auftraggeber schwer wiegende Gründe bestehen, die den Widerruf sachlich rechtfertigten; ein Widerruf der Ausschreibung zu dem alleinigen Zweck, eine neuerliche Ausschreibung zu ermöglichen, um einen Angebotspreis zu reduzieren, war jedoch sachlich nicht gerechtfertigt.

Im gegenständlichen Fall sei nun dem mit der inhaltlichen Abwicklung der Ausschreibung beauftragten Architekten nach dessen eigener Aussage schon zuvor bewusst gewesen, dass – bei gleicher Funktionalität – eine Verkleidung der Fassade des Kinderhortes nach dem optisch ansprechenderen "Structural-Glazing"-System kostspieliger als nach der "Pfosten-Riegel"-Bauweise sein würde. Dennoch habe sich die Auftraggeberin dafür entschieden, die teurere Variante auszuschreiben (vgl. Position 92.04.10.0).

Der nachfolgende Widerruf sei schließlich erfolgt, als sich ergab, dass die Höhe des Einsparungspotenzials nicht unbeträchtlich ist, nämlich bis zu 22% reichen könnte, wie dies auf Anfrage des Architekten sowohl die Mitbieterin als auch das in der Folge zur Wahrung der Objektivität beigezogene externe Metallbauunternehmen bestätigten. Diese Motivlage gehe unzweifelhaft aus der Aussage des Architekten hervor, der zeugenschaftlich angab, dass der Grund für die beabsichtigte Betrauung der Mitkonkurrentin der Beschwerdeführerin darin lag, "dass man aus Kostengründen .....jene Fassade ohne Fenster, die eigentlich als SG-Bauweise ausgeschrieben war, letztlich nur in PR-Bauweise errichten sollte" (vgl. S. 3 f. des h. Verhandlungsprotokolls vom 30. Jänner 2006; vgl. auch S. 10. der Äußerung der Auftraggeberin vom 10. September 2003, ONr. 7 des h. Aktes).

Ein Fall des § 105 Abs. 1 BVergG – erst nachträgliches Hervorkommen von Umständen, die zu einer wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten – sei damit aber im Ergebnis nicht vorgelegen. Denn der mit der Durchführung der Horterweiterung beauftragte Architekt hätte die Frage nach dem preislichen Unterschied zwischen dem "Structural-Glazing"-System und der bloßen "Pfosten-Riegel"-Bauweise für das in Aussicht genommene konkrete Bauvorhaben offenkundig ohne größeren Aufwand auch dadurch klären können, indem er das von ihm herangezogene Metallbauunternehmen schon vor der Ausschreibung kontaktiert hätte, zumal ihm ja nach eigener Aussage durchaus schon ex ante grundsätzlich bewusst war, dass der Unterschied zwischen diesen beiden Systemen nicht in ihrer Funktionalität, sondern lediglich in der Optik und damit eben auch im Preis liege.

Aber auch auf § 105 Abs. 2 Z. 3 (ein Anwendungsfall der Z. 1 oder 2 liege offenkundig nicht vor) BVergG habe der Widerruf nicht rechtmäßiger Weise gestützt werden können, sei dieser doch – wie zuvor dargetan – gerade aus dem im zweiten Satz dieser Bestimmung verpönten Grund, dass ein Widerruf nicht deshalb erfolgen dürfe, um im Wege einer neuerlichen Ausschreibung eine Reduktion des Angebotspreises zu erreichen, vorgenommen worden.

Deshalb sei der gegenständlichen Beschwerde im Ergebnis stattzugeben und gemäß § 14 Abs. 1 OöVergNPG festzustellen gewesen, dass der Widerruf der Ausschreibung weder dem § 105 Abs. 1 BVergG noch dem § 105 Abs. 2 Z. 3 BVergG entsprochen habe.

2.2.2. Dagegen hat die Auftraggeberin eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung mit Erkenntnis vom 24. Februar 2010, Zl. 2006/04/0037, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Wie sich aus dessen Begründung ergibt, steht der VwGH nämlich im Ergebnis – anders als der VfGH, der in seinem Erkenntnis vom 23. Juni 2005, B 1478/03, die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung (vgl. oben, 1.7.) zwecks Erlassung einer Sachentscheidung gefordert hatte  – auf dem Standpunkt, dass der Oö. Verwaltungssenat zufolge mehrerer (ex post, nämlich im Jahr 2009 ergangener) VwGH-Erkenntnisse auf Grund entsprechend konkreter Einwände der Auftraggeberin zuvor zu prüfen gehabt hätte, ob das Angebot der Nachprüfungswerberin ausschreibungswidrig gewesen sei und daher auszuscheiden gewesen wäre.

2.4. Zwischenzeitlich – nämlich am 21. Dezember 2006 – ist das Oö. Vergaberechtsschutzgesetz, LGBl.Nr. 130/2006 (im Folgenden: VergRSchG) in Kraft getreten, wobei gemäß § 24 Abs. 3 erster Satz OöVergRSchG im Falle einer nach dem Inkrafttreten des OöVergRSchG durch den VwGH erfolgten Aufhebung eines Bescheides des Oö. Verwaltungssenates dieser das Verfahren ausdrücklich nach den Bestimmungen des OöVergRSchG fortzuführen hat.

Mangels einer diesbezüglichen Sonderregelung gilt diese Bestimmung somit nicht nur für Leistungsbescheide, sondern auch in jenen Fällen, in denen – wie hier – bloß ein Feststellungsbescheid zu erlassen ist.

3. Davon ausgehend hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach dem Einleitungssatz des § 4 Abs. 1 Z. 3 OöVergNPG konnte ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG unterliegenden Vertrages hatte, u.a. nach dem Widerruf einer Ausschreibung die Feststellung beantragen, dass der Widerruf wegen eines Verstoßes gegen das BVergG rechtswidrig war, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 3 OöVergRSchG kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrages hatte, u.a. die Feststellung beantragen, dass die Erklärung des Widerrufs des Vergabeverfahrens wegen eines Verstoßes gegen bundesgesetzliche Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die dazu ergangenen Verordnungen oder wegen eines Verstoßes gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist.

Von einigen für den gegenständlichen Fall unmaßgeblichen Abweichungen abgesehen erweisen sich diese beiden Bestimmungen als inhaltlich deckungsgleich, sodass die vom VwGH in seinem bereits zuvor zitierten Erkenntnis vom 24. Februar 2010, Zl. 2006/04/0037, geäußerte Rechtsansicht gemäß § 63 Abs. 1 VwGG auch für das fortzusetzende Verfahren maßgeblich ist.

3.2. Davon ausgehend war der Einwand der Auftraggeberin dahin, dass der Beschwerdeführerin die Antragslegitimation für den verfahrensgegenständlichen Nachprüfungsantrag deshalb fehle, weil die von ihr angebotene Fassade nicht ausschreibungskonform gewesen sei (sie habe eine "Pfosten-Riegel-Konstruktion" angeboten, die gegenüber der ausgeschriebenen Fassade ein anderes optisches Erscheinungsbild aufweise und eine billigere Konstruktionsart darstelle, wobei diese Mängel trotz Aufforderung nicht verbessert worden bzw. nicht verbesserungsfähig gewesen seien), entgegen der im aufgehobenen Bescheid vom 31. Jänner 2006, Zl. VwSen-550102/49/Gf/Mu, vertretenen Rechtsmeinung nunmehr als entscheidungserheblich zu berücksichtigen.

Diesbezüglich ergibt sich aus den Aussagen der in der vom Oö. Verwaltungssenat am 30. Jänner 2006 durchgeführten (fortgesetzten) mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen übereinstimmend, dass das Angebot der Beschwerdeführerin nicht ausschreibungskonform gewesen ist, da von ihr anstelle der geforderten "Structural-Glazing"-Konstruktion lediglich eine "Pfosten-Riegel"-Bauweise angeboten wurde, die sowohl ein anderes optisches Erscheinungsbild aufgewiesen hat und auch eine von vornherein billigere Konstruktionsart darstellt (vgl. das h. Protokoll über die fortgesetzte Verhandlung vom 30. Jänner 2006 [ONr. 47], S. 2 ff u. S. 6); Letzteres wurde im Übrigen auch von den Vertretern der Rechtsmittelwerberin selbst gar nicht in Abrede gestellt (vgl. das h. Protokoll über die Verhandlung vom 7. Dezember 2005 [ONr. 31], S. 3 u. 8).

Nach dem vorzitierten VwGH-Erkenntnis, in dem auf weitere Belege aus der Rechtsprechung hingewiesen wird, folgt daraus, dass das Angebot der Beschwerdeführerin somit schon vorweg auszuscheiden gewesen wäre. Davon ausgehend konnte ihr aber durch die behauptete Rechtswidrigkeit des nachfolgenden Widerrufes der Ausschreibung schon von vornherein kein Schaden i.S.d. § 12 Abs. 1 OöVergRSchG entstehen.

3.3. Weil damit letztlich diese in § 12 Abs. 1 OöVergRSchG normierte Prozessvoraussetzung nicht erfüllt ist, war die vorliegende Beschwerde sohin gemäß § 12 OöVergRSchG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

 

VwSen-550102/59/Gf/Mu vom 31. Jänner 2010

 

§ 12 Abs. 1 OöVergRSchG

 

Zurückweisung eines Antrages auf Nichtigerklärung des Widerrufes einer Ausschreibung wegen Unzulässigkeit (in Entsprechung zu VwGH v. 24.2. 2010, Zl. 2006/04/0037), wenn die Antragstellerin ein nicht ausschreibungskonformes Angebot vorgelegt hat, dieses daher von der Auftraggeberin vorweg auszuscheiden gewesen wäre und der Antragstellerin sohin schon von vornherein kein Schaden i.S.d. § 12 Abs. 1 OöVergRSchG entstanden sein kann.

 

Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VwGH vom 01.07.2010, Zl.: 2010/04/0054-3

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