Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281199/8/Kl/Pe VwSen-281200/8/Kl/Pe

Linz, 25.03.2010

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 11.1.2010, Ge96-29/3-2009, Ge96-35/4-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung hinsichtlich der Übertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz im angefochtenen Straferkenntnis wird nicht stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch des Straferkenntnisses im vorletzten Absatz „§ 4 Abs.2 Z1 AStV“ zu zitieren ist und als Verwaltungsstrafnorm im Sinn des § 44a Z3 VStG „§ 130 Abs.1 Einleitung ASchG“ zu zitieren ist.

 

 

II. Die Berufungswerberin hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 40 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64  VStG.

 


 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 11.1.2010, Ge96-29/3-2009, Ge96-35/4-2009, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) unter anderem eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von neun Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.1 Z15 ASchG iVm § 4 Abs.2 Z1 AStV verhängt. Folgende Tat wurde zur Last gelegt:

„Weiters wird Ihnen zur Last gelegt, dass am 25. Juni 2009 vom Arbeitsinspektorat im Rahmen einer durchgeführten Kontrolle beim Betrieb in x, festgestellt worden ist, dass die außenliegende Stiege so gestaltet war, dass die Stufenhöhe innerhalb des Stiegenhauses nicht einheitlich war.

In der Arbeitsstätte x, Bäckerei, x wies die unterste Stufe eine Höhe von 29 cm, gemessen an der zur Hofseite hin liegenden Stiegenwange und eine Höhe von ca. 26 cm an der Seite zur Wand, auf.

Dadurch wurde § 4 Abs.4 Z1 AStV übertreten, wonach die Höhe der Stufen höchstens 18 cm betragen darf und innerhalb des Stiegenlaufes einheitlich sein muss.

Gemäß § 130 Abs.1 Z15 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 € bis 7260€, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 € bis 14530 € zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt.“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Geldstrafe wesentlich herabzusetzen, beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es rechtsirrig sei, dass die außenliegende Stiege nicht entspreche. Die Stiege sei den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen zum bedungenen Zweck ausreichend. Die Höhe der Geldstrafe übersteige die finanzielle Leistungsfähigkeit der Bw.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung ist das in der Einleitung angeführte Mitglied des Oö. Verwaltungssenates lediglich für die Übertretung nach dem ASchG zuständig. Hinsichtlich des übrigen Tatvorwurfes ergeht eine gesonderte Entscheidung des hiefür zuständigen Mitgliedes.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 und 3 VStG. Das zuständige Arbeitsinspektorat wurde am Verfahren beteiligt.

 

Im Grunde des Akteninhaltes, insbesondere der Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 7.8.2009, welcher auch Fotos der betreffenden Stiege angeschlossen sind, und im Hinblick darauf, dass die Bw durch ihren Vertreter erster Instanz Akteneinsicht gewährt wurde, steht als erwiesen fest, dass die auf den vorliegenden Fotos abgebildete außenliegende Stiege an der Arbeitsstätte in x, so gestaltet war, dass die Stufenhöhe innerhalb des Stiegenlaufes nicht einheitlich war. Die unterste Stufe wies eine Höhe von ca. 29 cm, gemessen an der der zur Hofseite liegenden Stiegenwange, und eine Höhe von ca. 26 cm an der Seite zur Wand hin, auf. Sie überschritt daher das höchstzulässige Maß von 18 cm und war innerhalb des Stiegenlaufes nicht einheitlich.

 

Dieser Sachverhalt konnte aufgrund der vorliegenden anschaulichen Fotos als erwiesen angenommen werden. Auch hat die Bw im laufenden Verfahren kein sachliches Vorbringen – ausgenommen einer Bestreitung – vorgenommen. Die weiters von ihr angekündigten Berichte bzw. Stellungnahme des Projektanten Prof. x wurden nicht vorgelegt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 4 Abs.2 Z1 Arbeitsstättenverordnung – AStV, BGBl. II Nr. 368/1998, sind Stiegen so zu gestalten, dass die Höhe der Stufen höchstens 18 cm beträgt und innerhalb eines Steigenlaufes einheitlich ist.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z15 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – AschG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt.

 

5.2. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes hat daher erwiesenermaßen die Bw die gesetzliche Anordnung des § 4 Abs.2 Z1 AStV nicht erfüllt, indem die Höhe der Stufen 18 cm übersteigt und innerhalb eines Stiegenlaufes nicht einheitlich ist. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

Wenn hingegen die Bw darauf pocht, dass es sich nicht um eine Fluchtstiege handelt, so ist dies im Sinne der zitierten Gesetzesstelle unerheblich. Gemäß § 4 Abs.1 AStV gelten Stiegen als Verkehrswege und gelten für sie die Bestimmungen des § 2 (nämlich für Verkehrswege) und gegebenenfalls die Bestimmungen über Fluchtwege. Die Bestimmung des § 4 Abs.2 Z1 AStV hingegen ist eine allgemeine Bestimmung über Stiegen und nicht eine Bestimmung über Fluchtwege. Diese sind in den §§ 16 ff AStV geregelt.

 

Als Betreiberin bzw. Betriebsinhaberin und Arbeitgeberin hat sie daher die Tat verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

5.3. Die Bw hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht aus.

Ein Vorbringen zu ihrer Entlastung hat die Bw nicht gemacht. Es wurden auch keine entsprechenden Beweise hinsichtlich einer Entlastung namhaft gemacht. Es ist daher im Sinne der Bestimmung des § 5 Abs.1 VStG auch von zumindest fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

Es war daher das Straferkenntnis auch hinsichtlich der Schuld zu bestätigen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat die von der Bw angegebenen persönlichen Verhältnisse von einer Pension in der Höhe von ca. 700 Euro netto monatlich, keinem Vermögen, keine Kreditbelastungen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Milderungsgründe wurden von der Behörde nicht gefunden. Es liegt daher auch keine Unbescholtenheit der Bw vor. Auch hat die Bw in ihrer Berufung weder zu den persönlichen Verhältnissen geänderte Angaben gemacht, noch hat sie konkret weitere mildernde Umstände vorgebracht. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde entgegen dem ihr  zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Auch ist die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich, nämlich nahe der vorgesehenen Mindeststrafe (von 145 Euro) angesiedelt und daher als sehr niedrig und nicht überhöht anzusehen. Die Strafe ist in Anbetracht des Unrechtsgehaltes der Tat, da genau der Schutzzweck der Norm, nämlich Schutz der Arbeitnehmer, verletzt wurde, erforderlich und auch erforderlich, um die Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und sie zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Es war daher auch die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

6. Weil die Berufung hinsichtlich der Übertretung nach dem ASchG keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 40 Euro, festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung: Nachweis, keine Entlastung

 

 

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