Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550513/2/Wim/Bu

Linz, 13.04.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende Dr. Ilse Klempt, Berichter Dr. Leopold Wimmer, Beisitzer Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der X GmbH vertreten durch X Rechtsanwälte OG, X, vom 24. März 2010 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und den darin ausgeführten Nachprüfungsantrag und Antrag auf Erlassung in einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren betreffend das Vorhaben "X" zur Recht erkannt:

 

Der Wiedereinsetzungsantrag wird als unbegründet abgewiesen.

 

Der Nachprüfungsantrag und der Antrag auf Erlassung auf einer einst­weiligen Verfügung werden als verspätet bzw. unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 1, 2, 4 und 8 Oö. Vergaberechtschutzgesetz 2006- Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006.  

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Schriftsatz von 24. März 2010 wurde von der Antragstellerin vertreten durch X Rechtsanwälte OG ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden mit einem Antrag zur Erkennung der aufschiebenden Wirkung sowie ein gleichzeitig gestellter Nachprüfungsantrag und Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren "X" eingebracht und darin als Antragsgegnerin und Auftraggeberin die X, X, eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung, angegeben.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass in oben bezeichneter Vergaberechtssache die Antragsstellerin mit Schriftsatz von 9.3.2010 gemäß § 3 Oö. VergRSG die Nachprüfung der Zuweisung des Preisgeldes an die " X, X, X, X" sowie der Entscheidung über die Nichtzulassung der Antragstellerin zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren vom 22.2.2010 begehrt habe. Als Auftraggeberin und Antragsgegnerin habe sie dabei die Marktgemeinde X bezeichnet. Mit Schreiben vom 11. 3.2010, VwSen-550508/5 bzw. VwSen-550509/4 habe der UVS Oberösterreich  der Antragstellerin die Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung der X übermittelt in welcher behauptet werde, dass die X Auftraggeberin im gegenständlichen Verfahren sei. Diese Behauptung sei (neben weiterem, nach Auffassung der Antragstellerin unzutreffenden Vorbringen) vor allem auf einen der Antragstellerin bislang nicht bekannt gewesenen (bzw. zur Verfügung stehenden) Gemeinderatsbeschluss gestützt worden, demzufolge der X das Baurecht an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft eingeräumt werden solle.

In einer replizierenden Stellungnahme habe die Antragstellerin eingewandt, dass sich schon aus der Gestaltung der Wettbewerbsordnung die Qualifikation der Marktgemeinde X als Auftraggeberin ergebe, anderseits dass ungeachtet dessen das zugesagte Baurecht noch nicht begründet, weil nicht verbüchert, sei, weshalb sich die behauptete Bauherreneigenschaft der X folglich richtiger Weise auch nicht darauf stützen könne. Ferner habe die X auf ihrer firmeneigenen Homepage dargelegt bloß in abwickelnder Funktion für den Bauherrn tätig zu werden. Letztlich sei auch darauf hingewiesen worden, dass eine allenfalls unrichtige Bezeichnung der Partei einen verbesserungsfähigen Mangel darstelle.

 

Um der anwaltlichen Vorsicht dennoch vollends genüge zu tun, solle mit dem vorliegenden Antrag dem ungenützten Verstreichen der Frist zur Einbringung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgebeugt werden und werde unter einem binnen offener Frist ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, ein Nachprüfungsantrag sowie ein Antrag auf Erlassung  einer einstweiligen Verfügung gegen die X als Antragsgegnerin ausgeführt.

 

1.2. Zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages wurde im Einzelnen vorgebracht, dass erst mit Übermittlung der Stellungnahme der X vom 11.3.2010 der Antragstellerin bekannt wurde, dass geplant sei ein Baurecht für die X einzuräumen. Vor diesem Hintergrund könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Unabhängige Verwaltungssenat Oberösterreich zu dem Ergebnis gelangen könnte, dass die X als Auftraggeberin im gegenständlichen Vergabeverfahren anzusehen wäre. Bei rechtzeitiger Kenntnis hätte fristgerecht ein Antrag auch gegen die X eingebracht werden können. Da die vierzehntägige Frist erst mit dem 11.3.2010 zu laufen begonnen habe, sei der Antrag auf Wiedereinsetzung rechtzeitig eingebracht worden.

 

Als Ereignis im Sinne § 71 Abs. 1 Z 1 AVG würden nach ständiger Rechtssprechung und herrschender Lehre nicht mehr nur tatsächliche, in der Außenwelt stattfindende sondern prinzipiell auch sämtliche inneren psychischen Vorgänge gelten. Im gegenständlichen Fall sei die geplante Einräumung des Baurechts an die X erst nachträglich bekannt geworden und dieser Umstand als Ereignis im  Sinne der vorzitierten Bestimmung anzusehen, zumal die neuere Rechtsprechung selbst einen Rechtsirrtum bzw. die Unkenntnis der Rechtslage als Ereignis qualifiziere. Dies müsse umso mehr für die unverschuldete Unkenntnis der Sachlage gelten. Die Antragsstellerin sei aufgrund der ihr nicht vorwerfbaren Unkenntnis über das erst zukünftig einzuräumende Baurecht daran gehindert gewesen fristgerecht, wenn auch nur vorsichtshalber, beim UVS Oberösterreich einen Nachprüfungsantrag auch gegen die X als Auftraggeberin zu stellen. Es liege darin ein unvorhergesehenes Ereignis vor, dass seitens der Antragstellerin nicht berücksichtigt werden konnte und auch mit zumutbarer Vorsicht nicht vorhergesehen werden konnte.

Sollte der UVS zu dem Entschluss gelangen, dass die X schon zu einem frühern Zeitpunkt auch ohne Wissen um das Baurecht als Auftraggeberin hätte qualifiziert werden können, so sei der Antragstellerin allenfalls ein Rechtsirrtum unterlaufen, der ebenfalls ein unvorhergesehenes Ereignis darstelle. Aufgrund der Wettbewerbsordnung insbesondere der Punkte A1 und A2 habe die Antrag­stellerin vertretbar davon ausgehen können, dass der Nachprüfungsantrag im gegenständlichen Vergabeverfahren gegen die Marktgemeinde X als Auftraggeberin zu richten sei und nicht gegen die X. Durch zweifellos vorhandene Undeutlichkeiten in der Ausschreibung habe die Antragsgegnerin den hier allenfalls vorliegenden Rechtsirrtum zumindest mit veranlasst.

 

Im vorliegenden Fall läge kein Verschulden der Antragsstellerin vor. Jedenfalls wäre ihr, wenn überhaupt, nur ein minderer Grad des Versehens vorzuwerfen welcher einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ebensowenig im Wege stünde. Auf das Baurecht sei in den Ausschreibungsunterlagen nicht hingewiesen worden. Auch die Gemeinderatsbeschlüsse der Gemeinde X seien nicht öffentlich kundgemacht worden, weshalb sie auch nicht öffentlich einsehbar seien. Auch im Grundbuch finde sich kein Hinweis auf ein eingeräumtes Baurrecht.

Auch bei Annahme eines Rechtsirrtums läge kein einen minderen Grad des Versehens überschreitendes Verschulden vor. Die Formulierung der Wettbewerbsordnung lege die Auftraggebereigenschaft der Marktgemeinde X nahe. Die Unrichtigkeit dieser Auffassung sei für einen rechtskundigen Parteienvertreter keineswegs leicht erkennbar gewesen, da die Ausschreibungsunterlagen eine deutliche Bezeichnung der involvierten Personen als Partei bzw. vergebende Stelle nicht durchgehalten hätten und nach dem maßgeblichen Innhalt der Ausschreibungsunterlagen und dem Internetauftritt der X anzunehmen gewesen sei, dass die Marktgemeinde X im gegenständlichen Verfahren als Auftraggeberin zu qualifizieren sei. Im Falle der Nichtverbesserungsfähigkeit des ursprünglich gestellten Antrages liege auch eine versäumte Rechtshandlung, nämlich die rechtzeitige Stellung eines Nachprüfungsantrages gegen die X vor.

 

Die Unkenntnis aller relevanten Tatsachen als unverschuldetes, unvorhergesehenes Ereignis habe gegenständlich in weitere Folge dazu geführt, dass die Antragstellerin an der fristgerechten Einbringung eines Nachprüfungsantrages gegen die X als "wahre" Auftraggeberin gehindert gewesen sei. Erst mit Übermittlung des Gemeinderatbeschlusses sei das Hindernis in Form der Unkenntnis wesentlicher Umstände weggefallen. Die Fristversäumnis sei folglich auch kausal und ausschließlich auf das unvorhergesehene Ereignis (der Unkenntnis der Sachlage auf Grund verborgen gebliebener Tatsachen) zurückzuführen.

Auch ein allfälliger Rechtsirrtum wäre als kausal für die Fristversäumnis anzusehen, da bei Kenntnis der wahren Verhältnisse die X als mögliche Auftraggeberin identifiziert und ein entsprechender Antrag gegen diese ein­gebracht worden wäre.

 

Der Rechtsnachtteil für die Antragstellerin bestehe darin, eine Überprüfung der mit dem nachstehenden Nachprüfungsantrag bekämpften Entscheidungen im Hinblick auf deren materiellen Richtigkeit nicht mehr erlangen zu können.

 

1.3. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass es der Auftraggeberin X möglich wäre im gegenständlichen Vergabeverfahren einen Zuschlag zu erteilen und damit wäre die zweitplazierte Antragstellerin unwiederbringlich um die Möglichkeit gebracht, die Zuerkennung des ersten Platzes im verfahrensgegenständlichen Wettbewerb sowie eine  Teilnahme am nachfolgenden Verhandlungsverfahren zu erwirken. Zudem würde damit auch ein enormer ökonomischer Schaden sowie eine Frustration des bis dato getätigten Aufwandes drohen. Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stünden auch keine schwerwiegenden möglicherweise gefährdeten Interessen anderer Bieter bzw. Wettbewerbsteilnehmer oder des Auftraggebers sowie kein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens entgegen. Dem öffentlichen Interesse an der ordentlichen Abwicklung eines Vergabeverfahrens komme besondere Bedeutung zu. Nach ständiger Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden habe ein Auftraggeber im Übrigen die Möglichkeit einer durch ein Nachprüfungsverfahren für max. zwei Monate bewirkten Verzögerung der Auftragsdurchführung bei der Terminplanung zu berücksichtigen. Eine Gefahr für Leib und Leben läge keinesfalls vor.

 

1.4. In der Folge wurde der Nachprüfungsantrag sowie ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung praktisch inhaltsgleich zu den Anträgen vom 9.3.2010 gegen die Marktgemeinde X aber nunmehr gegen die X als Auftraggeberin ausgeführt.

 

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorliegenden Akten im Zusammenhang mit der gegenständlichen Vergabe (VwSen-550508 bis 550510) sowie in die Homepage der Rechtsvertretung der Antragstellerin "www".

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Im Amtsblatt der EU, Supplement S vom 12.9.2009 zu 2009/S 176-253880 wurde der gegenständliche Wettbewerb bekannt gemacht. Unter der Überschrift "Abschnitt I: Öffentlicher Auftraggeber/Auftraggeber" wurde im Punkt I.1) ausschließlich angegeben: "X" sowie die Adresse und der Ansprechpartner angeführt.

 

In den Vergabeunterlagen "Unterlagen zur Vorentwurfserstellung Wettbewerbsordnung" finden sich unter "Allgemeiner Teil" nachstehende Formulierungen:

"A.1 Bauherr: Die Marktgemeinde X beabsichtigt die etappenweise Erneuerung ihres X. Sie bedient sich der X zur Errichtung des X, welche in weiterer Folge die Funktion des Bauherrn übertragen erhält.

A.2  Abwickler: X,X."

 

Mit Schreiben von 20. Oktober 2009 wurde der Antragstellerin per Telefax auf Briefpapier der X und mit Unterschriftsklausel X mitgeteilt, dass sie bei der Ermittlung der Teilnehmer aus dem Bewerbungsverfahren X auf Grund der erreichten Punktezahl zur Wettbewerbsteilnahme vorgesehen ist. Die Unterlagen zum Architekturwettbewerb wurden der Antragstellerin mit Schreiben vom 9. November 2009 auf Briefpapier der X und mit Stempel X  bei der Unterschrift übermittelt; ebenso erfolgte die Übermittlung der digitalen Wettbewerbsunterlagen an die Antragsstellerin per E-Mail vom 16.11.2009 durch die X. Weiters wurde auch das Ergebnisprotokoll des Architektenhearings vom 27.11.2009 per Mail durch die X am 3. Dezember 2009 an die Antragsstellerin übersendet. Das Protokoll der Jurysitzung über den Architekturwettbewerb wurde per E-Mail vom 23. Februar 2010 ebenfalls von der X an die Antragssteller übersendet. Dem angeschlossen war auch die Mitteilung, dass die Wettbewerbsplatzierung nicht zum Sieg reichte. Auch dieses Schreiben erfolgte auf Kopfpapier der X und war gezeichnet durch den Prokuristen mit Stempel X.

 

Im ersten Nachprüfungsantrag vom 9. März 2010 hat die Antragsstellerin über ihre Rechtsvertretung unter Punkt 2. "Bezeichnung der Auftraggegnerin" ausgeführt, dass zunächst hinzuweisen sei, dass in der Wettbewerbsbekanntmachung vom 12.9.2009 die X Gemeinnützige Landeswohnungsgenossenschaft als öffentliche Auftraggeberin ausgewiesen sei. Aus der Wettbewerbsordnung ergebe sich jedoch, dass die X in dem gegenständlichen Verfahren lediglich als vergebende Stelle bzw. Abwicklerin auftrete. Auftraggeberin des gegenständlichen Verfahrens sei ausweislich der Wettbewerbsordnung unter Hinweis auf deren Punkte A.1 und A.2 die Marktgemeinde Timelkam.

 

Für die Auftraggebereigenschaft sei (alleine) maßgeblich, wer (letztendlich) zivilrechtlicher Vertragspartner werden solle bzw. sollte; eine (irrtümliche) Falschbezeichnung in den Ausschreibungsunterlagen oder in der Bekanntmachung habe keine Auswirkung auf die "wahre" Auftraggebereigenschaft. Insofern sei im gegenständlichen Vergabeverfahren klar die Marktgemeinde X als Auftraggeber im Sinne des § 2 Z 8 BVergG anzusehen.

 

Mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 11.3.2010 wurde der Rechtsvertretung der Antragstellerin die mit gleichem Datum eingelangte Stellungnahme der X im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt. Darin führt die X aus, dass sie im gegenständlichen Vergabeverfahren Auftraggeberin sei und stützt sich dabei ebenfalls auf den Wortlaut der Punkte A.1 und A.2 der Wettbewerbsordnung sowie die EU-Bekanntmachung. Daraus sei eindeutig erkennbar, dass Auslober, Vertragspartner und Bauherr die X sei.

Weiters wurde diesem Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates ein Auszug aus dem Gemeindratssitzungsprotokoll vom 24.4.2008 und ein Schreiben der Marktgemeinde X an die X angeschlossen, aus dem hervorgeht, dass mit der X ein Generalmietvertrag und ein Baurechtsvertrag abgeschlossen werden.

Daraufhin wurde von der Antragstellerin ein weiterer Schriftsatz vom 12.3.2010 eingebracht in dem wiederum Argumente dafür dargelegt wurden, dass die Marktgemeinde X Auftraggeberin sei. Für den Fall, dass der UVS dennoch entgegen den in dieser Stellungnahme vorgebrachten Argumenten die X als öffentliche Auftraggebein ansehen sollte, wurde in eventu die Bezeichnung des Auftraggebers im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren dahingehend richtiggestellt, dass die X als öffentlicher Auftraggeber bezeichnet wurde.

 

In der Folge wurde der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag vom 24.3.2010 eingebracht.

 

Die Rechtsvertretung der Antragstellerin ist auf Vergaberechtssachen spezialisiert.

 

2.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Verfahrensakten des Unabhängigen Verwaltungssenates zum gegenständlichen Vergabeverfahren und den darin befindlichen Schriftstücken. Die Spezialisierung der Rechtsvertretung auf Vergaberechtssachen ist dem Unabhängigen Verwaltungssenat aus eigner Erfahrung bekannt und ist auch in den Einträgen in ihrer Homepage dokumentiert.

 

Da die Akten erkennen lassen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt und überdies eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde war gemäß § 67d AVG von einer Verhandlung abzusehen. 

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Oö. VergRSG sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung binnen vierzehn Tagen ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller bzw. die Antragsstellerin von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können, einzubringen.

§ 5 Abs. 1 Z 2 leg.cit sieht vor, dass der Antrag jedenfalls die genaue Bezeichnung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin zu enthalten hat. Gleiches regelt § 8 Abs. 2 Z 1 für den Antrag auf einstweilige Verfügung.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 leg.cit. ist, sofern kein Nachprüfungsantrag zu Bekämpfung der geltend gemachten Rechtswidrigkeit gestellt wurde, ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur zulässig ist, wenn er vor Ablauf der im § 4 festgelegten Frist für die Geltendmachung der betreffenden Rechtswidrigkeit eingebracht wird.

 

3.2. Die Antragstellerin führt aus, dass sie „um der anwaltlichen Vorsicht genüge zu tun“ nunmehr einen Wiedereinsetzungsantrag gegen die vermeintliche Auftraggeberin X einbringt. Als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, dass sie an der ursprünglichen rechtzeitigen Einbringung dieses Antrages gehindert habe, führt sie das Bekanntwerden der geplanten Baurechtseinräumung seitens der Marktgemeinde X zugunsten der X an.

 

In der EU-weiten Vergabebekanntmachung vom 12. September 2009 ist als öffentliche Auftraggeberin nur die X angeführt. Mit Schreiben von 20. Oktober 2009 wurde der Antragstellerin per Telefax auf Briefpapier der X und mit Unterschriftsklausel X mitgeteilt, dass sie bei der Ermittlung der Teilnehmer aus dem Bewerbungsverfahren X auf Grund der erreichten Punktezahl zur Wettbewerbsteilnahme vorgesehen ist. Die Unterlagen zum Architekturwettbewerb wurden der Antragstellerin mit Schreiben vom 9. November 2009 auf Briefpapier der X und mit Stempel X  bei der Unterschrift übermittelt; ebenso erfolgte die Übermittlung der digitalen Wettbewerbsunterlagen an die Antragsstellerin per E-Mail vom 16.11.2009 durch die LAWOG. Weiters wurde auch das Ergebnisprotokoll des Architektenhearings vom 27.11.2009 per Mail durch die X am 3. Dezember 2009 an die Antragsstellerin übersendet. Das Protokoll der Jurysitzung über den Architekturwettbewerb wurde per E-Mail vom 23. Februar 2010 ebenfalls von der X an die Antragssteller übersendet. Dem angeschlossen war auch die Mitteilung, dass die Wettbewerbsplatzierung nicht zum Sieg reichte. Auch dieses Schreiben erfolgte auf Kopfpapier der X und war gezeichnet durch den Prokuristen mit Stempel X.

 

Alleine schon aus all diesem Umständen wäre es der Antragsstellerin ohne Weiteres möglich gewesen die Auftraggebereigenschaft der X zumindest in Betracht zu ziehen und "aus anwaltlicher Vorsicht" bereits in der ursprünglichen Nachprüfungsfrist auch einen Nachprüfungsantrag gegen die X als Auftraggeberin einzubringen. Die Hinweise, die für die X als mögliche Auftraggeberin sprechen, hätten ein solches Handeln durchaus nahe gelegt.

Es ist somit schon zweifelhaft, ob es sich beim bloßen Bekanntwerden des geplanten Baurechtes um ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis handelt, dass die Antragsstellerin an der Einbringung des Nachprüfungsantrages vorsichtshalber auch gegen die X gehindert hat und so für die eingetretene Säumnis überhaupt kausal war.

 

Die Antragsstellerin war und ist rechtsfreundlich vertreten noch dazu durch eine Kanzlei, die sogar eine Spezialisierung im Bereich des Vergabeverfahrens aufweist. Es ist somit auch die Frage der Annahme eines Rechtsirrtums angesichts der geschilderten Umstände zumindest als zweifelhaft anzusehen.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung ist hinsichtlich des Verschuldens an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an Rechtsunkundige und wird dies im gegenständlichen Fall noch verschärft durch die Spezialisierung der Kanzlei auf dem Bereich Vergaberechtsschutz. Gerade unter dem Aspekt der bloßen anwaltlichen Vorsicht - so ist die Antragstellerin nach dem Inhalt des Wiedereinsetzungsantrages offensichtlich grundsätzlich immer noch davon überzeugt, dass die wahre Auftraggeberin die Marktgemeinde X ist - kann hier nicht von einem minderen Grad des Versehens oder gar einem fehlenden Verschulden ausgegangen werden. Bei Einhaltung der zumutbaren Sorgfalt kann hier nicht von einem Fehler gesprochen werden, der gelegentlich auch einem sorgfältigen fachkundigen Anwalt unterlaufen würde. Somit scheitert der Wiedereinsetzungsantrag auf jedem Fall am Verschulden des Wiedereinsetzungswerbers, der sich das Verhalten seiner Vertretung zurechnen lassen muss.

 

3.3. Durch die nunmehrige endgültige Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag erübrigt sich auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Der Antragsstellerin ist dadurch kein Rechtsnachteil erwachsen, etwa in der Form, als das Vergabeverfahren seitens der X fortgeführt worden wäre.

 

Der gleichzeitig gestellte Nachprüfungsantrag und Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen die X ist aufgrund der nicht zugelassenen Wiedereinsetzung als verspätet bzw. unzulässig im Sinne der zitierten gesetzlichen Bestimmungen anzusehen.

 

Es war deshalb insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 187,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

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